OGH 7Ob2190/96a

OGH7Ob2190/96a17.7.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Verlassenschaftssache der am 9. August 1991 verstorbenen Josefine T***** infolge Revisionsrekurses des erbserklärten Erben Dr.Werner T*****, vertreten durch Dr.Paul Bauer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 1.März 1996, GZ 53 R 1, 16/96-174, mit dem der Beschluß des Bezirksgerichtes Silz vom 16. Mai 1995, GZ A 1161/92w-155, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und die angefochtene Entscheidung dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wieder hergestellt wird.

Text

Begründung

Die am 9.8.1991 verstorbene Josefine T***** hinterließ zwei Kinder, nämlich ihren Sohn Dr.Werner T***** und ihre Tochter Christine J*****, geborene T*****. In ihrem Testament vom 18.4.1984 samt Beilage vom gleichen Tag setzte sie ihren Sohn zum Erben ein. Gleichzeitig vermachte sie ihren gesamten Liegenschaftsbesitz samt allem Zubehör und Inventar mit Ausnahme eines Perserteppichs ihrer Tochter Christine J*****. Die von Dr.Werner T***** abgegebene bedingte Erbserklärung als Alleinerbe wurde vom Verlassenschaftsgericht angenommen und ihm die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses eingeräumt. Er beantragte die Inventarisierung und Schätzung des Nachlasses unter anderem auch im Haus M*****, F*****heim ***** sowie in der Wohnung I*****, H***** Straße 5. Das Erstgericht hat dazu festgestellt, daß die Verstorbene nicht nur in M*****, F*****heim *****, sondern vor allem unmittelbar vor ihrem Ableben in der Wohnung I*****, H***** Straße 5 lebte. Die Verstorbene hatte die in ihrem Eigentum stehende Wohnung längere Zeit vor ihrem Tod ihrer Tochter Christine J***** geschenkt, sich jedoch daran ein Wohnrecht vorbehalten. Dem Schreiben des Rechtsvertreters der Christine J***** vom 2.4.1995 ist zu entnehmen, daß sich in dieser Wohnung eine Reihe von Nachlaßgegenständen der Verstorbenen befindet. Christine J***** hat in einem von ihrem Bruder Dr.Werner T***** angestrebten Verfahren die Nachlaßgegenstände, die sich in dieser Wohnung befinden, zu 5 Nc 101/94s des Bezirksgerichtes Innsbruck angegeben und einen Eid dahin geleistet, daß ihre Angaben vollständig und richtig sind. Die Vollständigkeit dieser Angaben wurde jedoch vom Testamentserben bestritten. Christine J***** hat mehrfach erklärt, der Gerichtskommission am dem vom Gerichtskommissar anberaumten Inventarisierungstermin 12.5.1995 den Zutritt zur Wohnung I*****, H***** Straße 5 zu verweigern (vgl ON 147 f AS 589 und 595 ff).

Das Erstgericht ordnete daraufhin die Inventarisierung und Schätzung des beweglichen Nachlasses der Verstorbenen sowohl im Hause M*****, F*****heim *****, als auch in der Wohnung I*****, H***** Straße 5 an und sprach aus, daß Christine J***** das Betreten der letztgenannten Wohnung durch die Gerichtskommission einschließlich des Schätzers und der Parteienvertreter zu gestatten habe. Die Verstorbene habe in zwei Wohnungen gelebt. Eine eidesstättige Erklärung der Legatarin über die in dem Nachlaß fallenden Sachen könne nicht die vom Gesetz geforderte Inventarisierung und Schätzung ersetzen. Sei die Zugehörigkeit von Gegenständen zum Nachlaß strittig, sei dies mit einem entsprechenden Vermerk ins Inventar aufzunehmen.

Das Rekursgericht hob diesen Beschluß ersatzlos auf. Es erklärte den Revisionsrekurs gemäß § 14 Abs 1 AußStrG für unzulässig. Ein Vermächtnisnehmer sei dann Beteiligter am Verlassenschaftsverfahren, wenn durch eine Verfügung des Verlassenschaftsgerichtes unmittelbar in seine Rechte eingegriffen werde. Gegen die Anordnung der Schätzung komme dem Vermächtnisnehmer im allgemeinen kein Rechtsmittelrecht zu, ebenso habe er keinen Einfluß auf die Errichtung des Inventars zu nehmen. Mit dem erstgerichtlichen Beschluß sei jedoch die Inventarisierung und Schätzung in Wohnungen angeordnet worden, die im Eigentum der Legatarin stehen. Die vom Erstgericht angeordneten Maßnahmen griffen in unzulässiger Weise in die Rechtssphäre der Legatarin ein. Dies müsse sie nicht dulden. Es sei nicht Sache des Verlassenschaftsgerichtes, in nicht zum Nachlaß gehörigen Wohnungen auf Grund der Behauptungen eines Beteiligten nachzuforschen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung erhobene Revisionsrekurs des erbserklärten Erben Dr.Werner T***** ist berechtigt.

Die erblasserische Tochter und Legatarin hat in ihrer Klagebeantwortung auf das von Dr.Werner T***** geltend gemachte Pflichtteilsergänzungsbegehren zu ***** Cg ***** des Landesgerichtes I***** zugestanden, daß sich die gemeinsame Mutter in der Wohnung, I*****, H***** Straße 5, einen ihr stets verfügbaren Wohnbereich bestehend aus Zimmer mit Bad, WC und Küche rechtlich vorbehalten hat und daß sie die Erblasserin auch dort vor ihrem Tod versorgt und gepflegt hat (vgl AS 405 ON 113). Die vom Gerichtskommissär für den 16.5.1995 angeordnete Inventarisierung der in dieser Wohnung befindlichen Fahrnisse wurde von der Legatarin mit der Begründung verweigert, daß die zur Verlassenschaft gehörigen Gegenstände bereits bereitgestellt worden seien und vom Erben abgeholt werden könnten (vgl ON 147 f = AS 589 und 595 ff). Dementsprechend fand eine Inventarisierung der in der Wohnung I***** H***** Straße 5 befindlichen Gegenstände in der Folge nicht statt.

Unstrittig ist, daß sich Nachlaßgegenstände in der Wohnung in M***** F*****heim *****, die die Verstorbene vor ihrem Aufenthaltswechsel nach I***** benützte, befinden. Diese Gegenstände wurden zwar am 21.11.1991 inventarisiert (vgl AS 64 in ON 22), die vom Erbenvertreter beantragte Schätzung dieser Gegenstände (vgl AS 77 in ON 27) konnte aber wegen der Weigerung der Legatarin, Zutritt zur Wohnung zu gewähren, nicht durchgeführt werden.

Nach § 97 Abs 1 und 104 Abs 1 AußStrG ist alles bewegliche und unbewegliche Vermögen, das der Erblasser zur Zeit seines Todes besessen hat, in das Inventar aufzunehmen und dessen Wert auszuweisen. Maßgeblich für die Frage, ob eine Sache in dieses Inventar aufzunehmen ist, ist daher nur der Besitz des Erblassers, nicht aber sein Eigentum am Todestag. Ob sich eine Sache im Besitz des Erblassers befunden hat, hat das Abhandlungsgericht ohne Verweisung auf den Rechtsweg zu entscheiden, auch wenn die betreffende Sache nunmehr in Händen Dritter ist (vgl MGA AußStrG2 § 97/1 f). Die Befugnis des Eigentümers nach § 354 ABGB, jeden anderen von der Sache auszuschließen, steht dem Inventarisierungsgebot nicht entgegen; denn nach § 364 Abs 1 ABGB findet die Ausübung des Eigentumsrechtes nur insoweit statt, als dadurch weder in die Rechte eines Dritten eingegriffen wird, noch die in den Gesetzen zur Erhaltung und Beförderung des allgemeinen Wohls vorgeschriebenen Einschränkungen übertreten werden (7 Ob 84/73). Es sind daher auch angeblich fremde Sachen oder Sachen, an denen nach dem äußeren Anschein (zB Vorhandensein in einer gemeinsamen Wohnung) zumindest Mitbesitz des Erblassers vorlag, in das Inventar aufzunehmen. Nur vom Erblasser zu seinen Lebenszeiten verschenkte Sachen, die sich zur Zeit seines Todes nicht mehr in seinem Besitz befanden, sind von der Inventarisierung ausgenommen. Ob ein Vermögensobjekt in das Inventarverzeichnis aufzunehmen ist oder nicht, hat daher das Abhandlungsgericht auch dann zu beurteilen, wenn es hiezu eines förmlichen Beweisverfahrens bedarf (vgl RZ 1989/46). Nachdem von der Legatarin selbst zugestanden worden ist, daß die Verstorbene sich in dem ihr von dieser geschenkten Haus ein Wohnrecht vorbehalten hat und dort vor ihrem Ableben wohnte, muß sie eine Inventarisierung in jener Wohnung dulden; ebenso wird sie auch in der Wohnung in M*****, wo die Verstorbene unbestrittenermaßen von ihrem Aufenthaltswechsel nach I***** gewohnt hat und sich nach wie vor Inventargegenstände befinden (vgl AS 64 ff in ON 22), deren beantragte Schätzung (vgl AS 77 in ON 27) zulassen müssen.

Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben.

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