OGH 7Ob631/95

OGH7Ob631/9517.7.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Judith E*****, vertreten durch Dr.Wilfried Haslauer, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei S***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Ernst Stolz und Dr.Sepp Manhart, Rechtsanwälte in Bregenz, wegen S 150.000,‑- sA und Feststellung (Feststellungsinteresse S 20.000,‑ ‑), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Teil‑ und Zwischenurteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 5.Juli 1995, GZ 3 R 136/95‑32, womit das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 16.März 1995, GZ 10 Cg 9/93b‑25, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1996:0070OB00631.950.0717.000

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben. Das angefochtene Berufungsurteil wird dahin abgeändert, daß das Urteil der ersten Instanz in seinem Punkt 1a) wiederhergestellt wird.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind als weitere Verfahrenskosten zu behandeln.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Klägerin, die in L***** ihren Schiurlaub verbrachte, wollte am 2.1.1992 gegen 9 Uhr im Sportgeschäft der Beklagten ihre am Vortag dort zum Service abgegebenen Schi abholen, um anschließend Schilaufen zu gehen. Sie trug bereits Schischuhe. Die Schi der Klägerin befanden sich in einem von mehreren Schicontainern aus Metall, welche im rückwärtigen Bereich des Geschäftslokales aufgestellt waren. Die Klägerin begab sich in die Nähe dieser Schicontainer und ersuchte einen Angestellten des Geschäftes, ihr die Schi auszuhändigen. Dieser schickte sich an, dem Wunsch der Kundin zu entsprechen, nahm jedoch ein falsches Paar Schi aus dem Container. Die Klägerin, welche zu diesem Zeitpunkt ihre linke Körperseite dem Schicontainer zugewandt hatte, wollte ihn darauf aufmerksam machen und verband dies möglicherweise mit einer Geste des rechten Arms. Möglicherweise trat sie auch einen Schritt vor. Dabei kam sie aus nicht genau nachvollziehbaren Gründen zu Sturz. Während ihres Sturzes prallte sie mit dem Hinterkopf gegen eine waagrechte Strebe eines der Schicontainer. Es steht nicht fest, ob die Klägerin auf der Längskante der Strebe aufschlug oder das Ende der etwas in den Raum vorstehenden Strebe streifte. Die Klägerin konnte mit ihren Armen den Sturz nach hinten soweit abfangen, daß sie mit dem Gesäß auf dem Boden landete, ihr Kopf aber nicht auf den Boden prallte. Durch den Aufprall an der Querstrebe des Schicontainers erlitt die Klägerin an der linken Hinterkopfseite eine blutende Wunde, der aber der in der Folge die Klägerin behandelnde Arzt in L***** keine Bedeutung zumaß. Erst eine Woche nach dem Vorfall, die Patientin war zwischenzeitlich schon wieder von ihrem Schiurlaub nach Hause zurückgekehrt, bekam sie starke frontale Kopfschmerzen. Während sie joggen ging, wurde ihr schwindlig und sie brach zusammen. Eine Computertomographie ergab eine Gehirnblutung (Subduralhämatom links fronto‑temporo‑parietal). Diese mußte durch eine Operation mit Eröffnung des Schädelknochens und Anlegung eines subduralen Drains behandelt werden.

Im Inneren des Geschäftes der beklagten Partei ist ein Boden mit Natursteinplatten aus norwegischem Schiefer ausgelegt. Die Oberfläche dieser Platten ist weder geschliffen noch poliert, sondern naturbelassen und daher rauh. Durch ihre naturbelassene Oberfläche sind die Platten unterschiedlich hoch und bilden daher keine einheitliche glatte Fläche. Am Tag des Unfalles lag auf dem Steinboden vor dem Geschäftseingang eine Gummimatte für das Abstreifen der Schuhe. Im Eingangsbereich wird durch einen Fön ständig warme Luft aus dem Boden geblasen. Geschäftslokal und Eingangsbereich außerhalb des Hauses sind unterkellert. Die Kellerräume werden beheizt. Zum Unfallszeitpunkt lag auf dem mit Steinplatten ausgelegten Bereich vor dem Geschäftseingang kein Schnee. Auch der Boden im Innenraum des Geschäftes war schneefrei, doch gab es wegen des mit den Schuhsohlen von Kunden hereingetragenen Schnees nasse Stellen. Insgesamt war der Natursteinboden außerhalb und innerhalb des Geschäftslkokales wegen seiner naturbelassenen rauhen Oberfläche problemlos begehbar. Es bestand zum Unfallszeitpunkt keinerlei Rutschgefahr. Die Schicontainer ‑ insgesamt drei Stück ‑ standen nebeneinander am rückwärtigen Ende des Geschäftslokals, ungefähr 6 m vom Eingang entfernt. Ihre Grundkonstruktion besteht aus einem Eisen‑ oder Stahlrohrrahmen, welcher eine Grundfläche von 69 x 88,5 cm umschließt. Diese ist als Stellfläche für die Schi vergittert und für den Transport unten mit vier Rollen versehen. Der weitere Aufbau besteht ausschließlich aus der offenen Rohrrahmenkonstruktion, welche am rückwärtigen Ende eine Höhe von 176 cm erreicht und mit daran angebrachten Bügeln die Schi in aufrechter Position hält. Vorne ist der Rohrrahmen zum Zwecke der ungehinderten Beladung und Entladung offen. Die seitliche Rohrrahmenkonstruktion erreicht lediglich eine Höhe von 105 cm über dem Boden und findet dort ihren Abschluß in einem waagrechten Metallrohr, welches die Tiefe des Containers von 88,5 cm auf beiden Seiten um 18 cm nach vorne überragt. Dieser überstehende Teil des Rohrrahmens dient als Haltegriff während des Transports der Container durch Schieben oder Ziehen. Die Hohlprofil‑Vierkantrohre der Container‑Rahmenkonstruktion weisen eine Dimension von 3,5 x 3,5 cm auf. Die Außenkanten der Vierkantrohre sind gerundet. Der Rundungsradius beträgt 1,2 mm. Die vorstehenden Griffenden der waagrechten Seitenrohre sind entlang der Außenkanten der "Stirnfläche" gefasst, d.h. durch Abschleifen entgratet. Herstellerseits waren die Rohrenden mit einer Hartplastikschutzkappe versehen. Diese wies einen seitlich bündig mit dem Rohr abschließenden Kopf mit gerundeten Kanten auf. Es kann nicht festgestellt werden, ob der Schicontainer, gegen den die Klägerin bei ihrem Sturz prallte, mit den Schutzkappen an den Rohrenden versehen war oder nicht. Es läßt sich auch nicht klären, ob die klagende Partei bei ihrem Sturz gerade gegen das Ende eines waagrechten Rohres eines Schicontainers prallte oder gegen eine Seitenkante des Stahlrohres in seinem weiteren waagrechten Verlauf. Die 1978 hergestellten Schicontainer entsprachen damals dem Stand der für sie geltenden Sicherheitstechnik. Bis zum Zeitpunkt des Unfalles im Jahr 1992 hat sich die Sicherheitstechnik weiter entwickelt. Dementsprechend wurden auch die einschlägigen Normen verschärft, indem nicht mehr bloß auf scharfe Ecken und Kanten (Gefahr von Schnittverletzungen) Bezug genommen, sondern die Vermeidung von Verletzungen allgemein angestrebt wird, so in der ÖNorm B 4904 aus dem Jahr 1980 betreffend fahrbare Regalanlagen: "Die Kanten und Ecken der Konstruktion sind durch Formgebung oder Bearbeitung so auszuführen, daß Verletzungen vermieden werden." Weitergehende Vorschriften sind für den Schulbau eingeführt, DIN 158125 aus dem Jahr 1984: "Kanten, Ecken und Haken und Einrichtungsgegenstände, die in Verkehrsbereiche hineinragen, sind so auszubilden oder so zu sichern, daß keine besonderen Verletzungsgefahren bestehen. In den Verkehrsbereich vorstehende Teile von technischen Einrichtungen sind zu vermeiden." Bestimmte Rundungsradien für Kanten sind lediglich in der ÖNorm A 2120 aus dem Jahr 1984 für Schultafeln vorgesehen: "Die Längskante von Kreideablagen müßen einen Rundungsradius von mindestens 3 mm aufweisen. ... Scharfe Kanten (Radius > 1 mm) und Ecken müßten vermieden werden." Heute hergestellte Schicontainer sind ergonomisch und sicherheitstechnisch weiterentwickelt, indem sie nicht bloß waagrechte, sondern auch schräg verlaufende bzw. gebogene Seitenteile aufweisen, zum Teil nicht mehr aus Vierkantrohren, sondern auch aus Rundrohren gefertigt werden.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Bezahlung von S 150.000,‑- sA sowie die Feststellung deren Haftung für alle künftigen Folgen ihres Sturzes vom 2.1.1992. Der geschliffene Steinboden im Geschäft der Beklagten sei naß gewesen. Sie sei in der Nähe des Verkaufspultes ausgerutscht und im Fall mit dem Kopf gegen eine scharfkantige 1 m lange Eisenstange eines neben dem Verkaufspult aufgestellten Schicontainers gestürzt. Aufgrund der erlittenen Gehirnblutung seien Spätfolgen nicht auszuschließen. Die beklagte Partei habe ihren Verkehrssicherungspflichten nicht entsprochen, weil sie in ihrem Lokal keinen rutschsicheren Boden verlegt, keine ausreichend großen Abstreifer aus Riffelmetall eingebaut und auch keinen Schuhabstreifer verlegt habe. Andererseits habe sie einen Schicontainer in der Nähe des Verkaufspultes aufgestellt, an welchem in ca. 1 m Höhe ungeschützte Vierkantrohre aus Metall 15 cm vorgestanden seien. Die Schicontainer hätten zum Zeitpunkt des Unfalles nicht dem Stand der Technik entsprochen, insbesondere seien Schutzkappen an jenem Schicontainer, mit dem die Klägerin kollidiert sei, nicht angebracht gewesen. Die herausragenden Rohre des Schicontainers seien im Zusammenhang mit dem Sturz der Klägerin mitauslösend für deren schwere Verletzungen gewesen.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung und wendete im wesentlichen ein:

Der Steinboden im Geschäftslokal bestehe aus rutschfestem norwegischem Schiefer. Die Klägerin habe offenbar durch eine Drehbewegung im Geschäft das Gleichgewicht verloren und sei deshalb gestürzt. Der Schicontainer, welcher mit Schutzkappen aus Hartplastik versehen gewesen sei, sei normgerecht und keinesfalls gefährlich gewesen. Der Boden im Geschäftslokal sei mit Sicherheit schneefrei gewesen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren auch im zweiten Rechtsgang ab. Die Schicontainer hätten den zum Zeitpunkt ihrer Anschaffung entsprechenden Normen und dem damaligen Stand der Sicherungstechnik entsprochen. Auch wenn dies jetzt nicht mehr der Fall sei, könne die Beklagte nicht verpflichtet werden, wegen der inzwischen eingetretenen technischen Weiterentwicklung die bei ihr ungefähr 14 Jahre (unfallfrei) in Verwendung stehenden Schicontainer überhaupt aus dem Verkehr zu ziehen oder wesentlich umzubauen. Denn Räume, in denen vergleichbare Kanten völlig fehlten, gebe es im praktischen Leben nahezu nicht. Vielmehr sei die Verwendung handelsüblicher Vierkantrohre mit herstellerseits gerundeten Kanten für gewisse Einrichtungsgegenstände, wie Stiegengeländer, weitgehend üblich und würden sogar in Kindergärten verwendet. Die waagrechte Kante des Stahlrohrs am Seitenteil unterscheide sich nicht wesentlich von Kanten anderer Möbelstücke (Tischplatte, Ladentisch), weshalb die Beklagte überfordert sei, die Möglichkeit eines ungebremsten Sturzes dagegen vorherzusehen. Hingegen fehle es hinsichtlich der ungesicherten Rohrenden an dem Nachweis der Ursächlichkeit dieses Fehlers für die eingetretenen Folgen des Unfalles, weil nicht festgestellt werden konnte, daß die Klägerin gegen einen Schicontainer ohne Plastikschutzkappen an deren Enden prallte, noch daß sie überhaupt mit dem Rohrende in Berührung gekommen sei. Eine Erschütterung des Schädels der Klägerin und die daraus resultierende Hirnblutung habe sowohl beim Sturz gegen das (ungenügend gesicherte) Rohrende als auch gegen die Seitenkante des Stahlrohres geschehen können. Es könne sogar die Auffassung vertreten werden, daß aufgrund der nicht wesentlich weitergehenden Abrundung der Plastikkappe eine solche Erschütterung des Kopfes der Klägerin mit widrigen Folgen selbst dann eingetreten wäre, wenn die Klägerin gegen ein mit einer Plastikkappe versehenes Rohrende gefallen wäre. Die Klägerin habe insoweit nicht einmal den Anscheinsbeweis erbracht, daß die ungenügende Abdeckung des Rohrendes ursächlich für die aufgetretenen behaupteten schweren Folgen gewesen seien.

Das Berufungsgericht änderte mit dem angefochtenen Teilzwischenurteil die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß das Zahlungsbegehren der Klägerin dem Grunde nach zu Recht bestehe. Zu diesem Entscheidungsteil erklärte es die Revision für zulässig. Im übrigen hob es das Ersturteil (hinsichtlich der Höhe des geltend gemachten Anspruches und des Feststellungsinteresses) auf. Die beklagte Partei wäre verpflichtet gewesen, die in ihrem Geschäftslokal aufgestellten Schicontainer dem aktuellen Stand der Technik anzupassen oder sie gegen solche auszutauschen, welche den geltenden Sicherheitsvorschriften entsprächen. Die beklagte Partei treffe als Inhaberin eines Sportgeschäftes, in welchem ein Schiservice angeboten werde, eine erhöhte Verkehrssicherungspflicht. Da die Schicontainer in ihrem Lokal nicht dem aktuellen Stand der Technik entsprochen hätten und nach den Feststellungen des Erstgerichtes die herausragenden Hohlprofilvierkantrohre größtenteils nicht mit Schutzkappen versehen gewesen seien, sei der Beklagten eine objektive Verletzung von Schutz‑ und Sorgfaltspflichten anzulasten. Daraus folge, daß die Beklagte den Beweis ihrer Schuldlosigkeit oder den ihrer Erfüllungsgehilfen zu erbringen gehabt hätte. Die Beklagte habe nicht bewiesen, daß sich der Unfall der Klägerin auch bei Einhalten der Sicherheitsnormen mit den gleichen Folgen ereignet hätte. Auch wenn nicht feststehe, ob die Klägerin auf die Längskante oder gegen die vorstehende Strebe aufschlug und ob das Rohrende des Schicontainers, auf welchen die Klägerin prallte, mit einer Schutzkappe versehen war oder nicht, gehe dies zu Lasten der Beklagten, weil die Möglichkeit, daß die Klägerin auf das Rohrende prallte und dieses nicht mit einer Schutzkappe versehen war, nach den Feststellungen des Erstgerichtes nicht ausgeschlossen werden könne. Daher sei die Haftung der Beklagten auch aus diesem Grunde zu bejahen, weil das ungeschützte Rohrende auf jeden Fall gegen die bereits bei Anschaffung der Schicontainer geltenden Sicherheitsvorschriften verstieß.

 

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung von der beklagten Partei erhobene Revision ist berechtigt.

Das Berufungsgericht hat zwar in seinem ersten Aufhebungsbeschluß vom 10.11.1993 (ON 11) die damals vom Erstgericht getroffenen Feststellungen (zunächst) nicht in Zweifel gezogen (vgl. AS 106), aber in der Folge die Frage, ob die sperrigen Seiten der hervorstehenden Metallstäbe mit Hartplastik verkleidet waren oder nicht, als den Feststellungen des Erstgerichtes nicht entnehmbar bezeichnet und für aufklärungsbedürftig angesehen. Das Erstgericht ist im zweiten Rechtsgang dazu zum Ergebnis gekommen, daß diese Frage nicht mehr geklärt werden kann. Die vorerst von der Revisionswerberin in diesem Zusammenhang gerügte Mangelhaftigkeit des berufungsgerichtlichen Verfahrens bzw. Aktenwidrigkeit liegt daher nicht vor, es käme ihr aber auch keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu.

Die Verkehrssicherungspflicht verpflichtet denjenigen, der auch erlaubterweise eine Gefahrenquelle schafft bzw. die Schaffung einer solchen zuläßt, dafür zu sorgen, daß daraus anderen kein Schaden entsteht, d.h. er hat die erforderlichen Vorkehrungen gegen eine Schädigung Dritter zu treffen (vgl. Reischauer in Rummel ABGB2 § 1294 Rz 4 f mwN; Wussow, Unfallhaftpflichtrecht14 Rz 149). Im vorliegenden Fall kann jedoch die Ursache des Sturzes der Klägerin nicht auf eine von der beklagten Partei geschaffene Gefahrenquelle zurückgeführt werden. Nach den vorliegenden Feststellungen ist der Sturz der Klägerin in seiner Ursache ungeklärt geblieben. Zwar wurde der Verlauf des Sturzes durch einen in der Fallinie der Klägerin stehenden Schicontainer beeinflußt, doch ist auch diese Sturzrichtung nicht auf eine Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten zurückzuführen. Die Unfallsverletzung stellt sich sohin als eine sekundäre Folge des in seiner Ursache ungeklärt gebliebenen Sturzes der Klägerin dar. Die Verpflichtung zur Freihaltung von Sturzräumen bzw. zur Abpolsterung sperriger oder kantiger Gegenstände in der Umgebung stellt sich nur dort, wo mit Stürzen gerechnet werden muß, so bei Schipisten (vgl. Reischauer in Rummel ABGB2 § 1319a Rz 24a mwN) bzw. ganz allgemein bei entsprechenden Sportveranstaltungen. Auch bei der Ausgestaltung von Spielplätzen und Spielgeräten kann die Rechtsprechung über den Hinweis auf die allgemeine, wenngleich mit Rücksicht auf die Verkehrsbeteiligten erhöhte Verkehrssicherungspflicht hinaus in der Regel keine generellen Richtlinien vorgeben, es ist daher in jedem Einzelfall abzuwägen, ob ein Sorgfaltsverstoß vorliegt (vgl. 5 Ob 540/94 mwN). Die Frage, inwieweit die beklagte Partei in ihrem Geschäftslokal mit Stürzen ihrer Kunden und Besucher rechnen mußte und sie daher Vorkehrungen zu treffen hatte, daß sich diese dabei nicht über das bei Stürzen übliche Maß hinaus verletzen, muß dahin beantwortet werden, daß auch in einem Geschäftslokal, das möglicherweise von Besuchern mit vereisten Schuhsohlen betreten wird, keine über die sonst in Sportgeschäften üblichen Sicherheitsvorkehrungen hinausgehende Maßnahmen zu treffen sind. Vor allem muß in jedem Sportgeschäft (und nicht nur dort) vom Besucher mit Kanten und Regalen bzw. sperrigen Ständen gerechnet werden. Bei den in einer Ecke des Geschäftslokales der Beklagten aufgestellten Containern handelte es sich von ihrer Bauart her zwar um kantige und sperrige Gegenstände, doch befanden sie sich in einem Lokalteil, der von den Besuchern üblicherweise nicht betreten wird und sie standen auch nicht auf einem Platz, auf dem bei entsprechendem Publikumsandrang mit einem Sturz von Besuchern in diese Richtung zu rechnen war. Daß der Schicontainer, an dem sich die Klägerin verletzt hat, nicht mehr dem letzten Stand der Sicherungstechnik entsprach, schadet der beklagten Partei solange nicht, als nicht zwingend neue Normen zwischenzeitig erlassen werden, die eine Verbesserung der alten Sicherungslage bestimmen (vgl. Geigel‑Schlegelmilch, Der Haftpflichtprozeß21, 384 [Rz 99]). Es ist daher der beklagten Partei kein Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht in ihrem Lokal anzulasten, der die Folgen des Sturzes der Klägerin vergrößert hätte.

Der Kostenvorbehalt erfolgte nach § 52 ZPO.

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