OGH 7Ob2098/96x

OGH7Ob2098/96x17.7.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I*****gesmbH, ***** vertreten durch Dr.Herbert Gartner und Dr.Thomas Furherr, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Marija B*****, vertreten durch Dr.Georg Getreuer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 143.640,-- sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 23.Jänner 1996, GZ 11 R 141/95-21, womit infolge der Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 11.Mai 1995, GZ 20 Cg 77/94d-11, aufgehoben wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Beklagte war bücherliche Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ ***** GB ***** M*****. Am 25.4.1993 erteilte die Beklagte der klagenden Partei einen bis 1.12.1993 befristeten Alleinvermittlungsauftrag über sämtliche freie Wohnungen in ihrem Haus. Der zu erzielende Kaufpreis wurde mit S 13.000,-- bis S 15.000,-- pro m2 festgelegt. Die "Freiflächen" betragen insgesamt 397,25 m2. Die klagende Partei suchte Wohnungskäufer. Aufgrund ihrer Vermittlung wurden die Wohnungen top Nr 1, 2, 5 und 6 im Ausmaß von insgesamt 164,25 m2 verkauft, wofür die klagende Partei auch Provision erhielt. Für eine weitere Wohnfläche von rund 100 m2 konnte die klagende Partei einen Kaufinteressenten namens H***** gewinnen. Die Beklagte erschien jedoch zum vereinbarten Termin zur Unterfertigung des Kaufvertrages nicht und verschob diesen Termin in der Folge immer wieder. Da der Kaufinteressent H***** den Kaufpreis bereits in einer Rechtsanwaltskanzlei treuhändig hinterlegt hatte, folgte ihm die klagende Partei die Wohnungsschlüssel aus. Als H***** die betreffende Wohnung aufsuchte, erfuhr er, daß die Beklagte in der Zwischenzeit sowohl diese Wohnung als auch all jene Wohnungen, für die die klagende Partei noch keine Kaufanbote vermittelt hatte (top Nr 4, 7, 10 und 20 im Ausmaß von insgesamt 133 m2) an Herrn Ho***** verkauft hatte. Die klagende Partei ersetzte dem Kaufinteressenten H***** dessen Spesen und klagte den auf die Wohnfläche von rund 100 m2 entfallenden Provisionsanteil (für die Vermittlung des Interessenten H*****) und ihre damit zusammenhängenden Kosten beim Bezirksgericht Favoriten ein.

Die klagende Partei begehrte (nach Klagseinschränkung) S 143.640,-- sA als restlichen Provisionsanspruch für 133 m2 Wohnfläche, wobei sie einen zu erzielenden Kaufpreis von S 15.000 pro m2 zugrundelegte. Im Alleinvermittlungsauftrag sei vereinbart worden, daß die Provision auch zu zahlen sei, wenn das Rechtsgeschäft von der Beklagten allein oder mit Hilfe eines Dritten abgeschlossen werde. Auf Grund der Vereinbarung sei die klagende Partei weiters auch berechtigt, nicht nur die Verkäuferprovision, sondern auch die Käuferprovision von der Beklagten zu begehren.

Die Beklagte wendete, soweit noch wesentlich, ein, daß der Alleinvermittlungsauftrag ungültig sei, weil gemäß der Immobilienmaklerverordnung ein Vermittlungs- auftrag nur für die Höchstdauer eines halben Jahres vereinbart werden dürfe. Außerdem sei der angenommene Kaufpreis von S 15.000,-- pro m2 überhöht. Die Beklagte habe sich keinesfalls zur Zahlung auch der Käuferprovision verpflichtet.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Da im Alleinvermittlungsauftrag entgegen der Bestimmung des § 4 Abs 5 Immobilienmaklerverordnung eine 6 Monate übersteigende Bindungsfrist vorgesehen gewesen sei, könne ein Maklervergütung nach § 9 Abs 1 ImmMV selbst dann nicht gefordert werden, wenn der Abschluß - von der Auftraggeberin alleine oder mit Hilfe eines anderen Maklers - innerhalb der 6-monatigen Frist erfolgt sei, weil dann die Alleinvermittlungsvereinbarung überhaupt unwirksam sei.

Dieses Urteil bekämpfte die klagende Partei insoweit mit Berufung, als mehr als S 71.820,-- sA - nämlich (auch) der auf die Verkäuferprovision entfallende Hälfteanteil - abgewiesen wurden. Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung Folge und hob das Urteil im angefochtenen Umfang auf. Es sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. § 4 Abs 5 ImmMV enthalte nicht nur eine Standesregel, sondern sei auch eine Schutzbestimmung gegenüber Kunden. Im übrigen unterliege die Dauer einer vertraglichen Bindung jedenfalls der Inhaltskontrolle des § 879 ABGB. Der Verstoß gegen § 4 Abs 5 ImmMV bewirke jedoch nicht die Nichtigkeit der gesamten Vereinbarung, sondern lediglich die Nichtigkeit jenes Vertragsteiles, der über die höchstzulässige Frist von 6 Monaten hinausgehe. Der Alleinvermittlungsauftrag sei daher mit einer Bindung des Auftraggebers für 6 Monate wirksam gewesen. Im fortgesetzten Verfahren werde somit der Zeitpunkt des Abschlusses der Kaufverträge hinsichtlich der hier strittigen Flächen festzustellen sein. Die Provision werde entsprechend § 12 ImmMV nach dem im Alleinvermittlungsauftrag festgesetzten Preis zu ermitteln sein. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil zur Frage, ob ein Alleinvermittlungsauftrag, der eine angemessene Dauer überschreite, zur Gänze oder nur hinsichtlich des die angemessene Dauer übersteigenden Zeitraumes ungültig sei, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege und die Stellungnahmen der Lehre hiezu widersprüchlich seien.

Der Rekurs der beklagten Partei ist aus den vom Gericht zweiter Instanz angeführten Gründen zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Wie die Vorinstanzen zutreffend dargelegt haben, enthält die hier anzuwendende Verordnung des Bundesministeriums für Handel, Gewerbe und Industrie vom 16.6.1978 über die Ausübungsregeln für Immobilienmakler, BGBl 1978, 323, nach ständiger Rechtsprechung nicht nur Standesrecht der Immobilienmakler, sondern auch Konsumentenschutzbestimmungen, auf die sich wegen ihrer allgemeinen Geltung auch Kunden berufen können (EvBl 1981, 73; ImmZ 1992, 170 ua), und zwar insbesondere in jenen Vorschriften, welche die dem Immobilienmakler gebührende Provision regeln (8 Ob 502/93; 6 Ob 551/95 zu § 9 ImmVO). Nichts anderes kann für die Bestimmung des § 4 Abs 5 ImmMV gelten, insbesondere soweit sie unmittelbare Auswirkungen auf die gemäß § 9 Abs 1 Z 1 ImmMV über die an sich zulässig vereinbarte Provisionspflicht ohne Rücksicht auf den Erfolg der Vermittlung hat ("..... wenn der Auftraggeber innerhalb der vereinbarten Frist a) den Alleinvermittlungsauftrag widerruft oder b) das im Alleinvermittlungsauftrag bezeichnete Rechtsgeschäft alleine oder mit Hilfe eines anderen Immobilienmaklers abschließt").

Nach der Ansicht Derbolavs (in ImmMV, 42) kann der Makler die Vergütung nach § 9 Abs 1 ImmMV auch dann nicht fordern, wenn der Widerruf bzw der Abschluß innerhalb der zulässigen Frist erfolgt, weil nach den Intentionen der Immobilienmaklerverordnung eine Vergütung ohne erfolgreiche Vermittlung weitgehend eingeschränkt werden soll. Dieses Argument vermag jedoch nicht zu überzeugen. Die Immobilienmaklerverordnung sieht ja grundsätzlich die Möglichkeit der wirksamen Vereinbarung einer Provision auch ohne erfolgreiche Vermittlung vor, schränkt diese aber ohnehin durch die Ausnahmetatbestände des § 9 Abs 1 ImmVO ein, wobei der Fall des § 9 Abs 1 Z 1 ImmMV auch noch durch die Befristung des § 4 Abs 5 ImmMV weiter begrenzt wird.

Wie schon das Gericht zweiter Instanz zutreffend ausgeführt hat, hängt die Frage, ob Gesamt- oder Teilnichtigkeit eines Vertrages oder auch nur eines Vertragspunktes vorliegt, vom Normzweck ab. Entscheidend ist nicht, ob die Parteien auch ohne verbotene Klauseln den Restvertrag geschlossen hätten, sondern welchen Schutzzweck die Verbotsnorm verfolgt. Gröblich nachteilige Vertragsbestimmungen sind nur insoweit nichtig, als die Gröblichkeit ihrer Nachteiligkeit reicht (Krejci in Rummel2 I, Rz 250, 256 zu § 879 ABGB mwN). Ein Alleinvermittlerauftrag, der zur Provisionspflicht führt, wenn das Rechtsgeschäft vom Auftraggeber "allein" innerhalb der Höchstfrist des § 4 Abs 5 ImmMV abgeschlossen wird, wird als grundsätzlich zulässig angesehen. Dem Schutzzweck der Norm des § 4 Abs 5 iVm § 9 Abs 1 Z 1 ImmMV, eine übermäßig lange Bindung des Auftraggebers mit Kostenfolgen bei einem "Verstoß" gegen den Alleinvermittlungsauftrag hintanzuhalten, ist Genüge getan, wenn die normwidrig länger vereinbarte Bindungsfrist auf die zulässige Frist reduziert wird (vgl Krejci aaO, Rz 11 zu § 6 KSchG mwN; Iro in RDW 1987, 7). Es ist daher der von Jabornegg (HVG, 310) vertretenen Ansicht zu folgen, daß ein befristeter Alleinvermittlungsauftrag der allgemeinen Inhaltskontrolle nach § 879 ABGB mit der Maßgabe unterliegt, daß bei Alleinvermittlung von Wohnungen die besonderen Bindungshöchstfristen des § 4 Abs 5 ImmMV einzuhalten sind und daß Teilnichtigkeit nur für die über diese Höchstfristen hinausgehende Dauer anzunehmen ist (in diesem Sinn auch die bereits vom Gericht zweiter Instanz zitierten Autoren Schimetschek in ImmZ 1983, 21; Rustler in ImmZ 1958, 251; Fromherz, Der Zivilmaklervertrag, 255 unter teilweiser Zitierung der deutschen Lehre).

Der auf der zutreffenden Rechtsansicht des Gerichtes zweiter Instanz beruhende Aufhebungsbeschluß war daher zu bestätigen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

Stichworte