OGH 8ObA2150/96a

OGH8ObA2150/96a11.7.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Adamovic sowie die fachkundige Laienrichter Dr.Heinz Paul und Walter Darmstädter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Rudolf K*****, vertreten durch Dr.Wolfgang Zatlasch, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ingrid A*****, vertreten durch Dr.Hans Böck, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 57.483,92,-- sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 16.November 1994, GZ 31 Ra 146/94-40, womit infolge Berufungen beider Parteien das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 21.Juni 1994, GZ 29 Cga 3/93k-27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.871,04 (darin S 811,84 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger - das Verfahren der Erstklägerin ist inzwischen rechtskräftig beendet, sodaß nur mehr der Ausdruck Kläger für den früheren Zweitkläger gebraucht wird - begehrte in seiner am 16. Februar 1993 bei Gericht eingelangten Klage die Zahlung des der Höhe nach außer Streit stehenden, die Gehälter für die Monate September bis Dezember 1992 betreffenden Klagsbetrages (AS 35) mit dem Vorbringen, er sei seit 11.9.1989 bei der Beklagten als Angestellter beschäftigt gewesen und am 7.9.1992 unberechtigt entlassen worden.

Die Beklagte bestritt das Klagsvorbringen, beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor, der Kläger sei berechtigt entlassen worden; nach der Entlassung sei eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit 31.8.1992 vereinbart worden.

Das Erstgericht traf die Feststellung, daß der Kläger formell Angestellter der Beklagten, sein Beschäftigungsverhältnis aber intern in der im einzelnen dargestellten Weise als die eines freien Mitarbeiters gestaltet war. Die Beklagte hat einen Anteil der von ihm eingebrachten Provisionen, die mit seinem Gehalt verrechnet wurden, erhalten. Am 7.9.1992 wurde er von der Beklagten entlassen, anschließend aber eine einvernehmliche Auflösung seines Beschäftigungsverhältnisses zwischen den Streitteilen und weiters vereinbart, daß der Kläger zum 31.8.1992 abgemeldet werden und offiziell als freier Mitarbeiter weiter arbeiten solle. Der Kläger hatte die Gründung eines eigenen Unternehmens geplant und mit Wirkung vom 1.9.1992 eine GmbH gegründet, an der sich mit 15.10.1992 ein weiterer freier Mitarbeiter der Beklagten beteiligte. Nicht vereinbart wurde, daß der Kläger sein Gehalt, das ihm vordem als Angestellter verrechnet wurde, weiterhin beziehen solle. Der Kläger hat bis zur Klagseinbringung auch keine finanzielle Entschädigung aus dem behaupteten Dienstverhältnis gefordert. Im September 1992 ist er bereits für sein Unternehmen tätig geworden, am 1.10.1992 wurden die Mietrechte am Bürolokal der Beklagten unentgeltlich auf ihn übertragen. Er bezog vom 12.10.1992 bis 31.12.1992 Arbeitslosengeld. Einerseits war er nun offiziell als freier Mitarbeiter der Beklagten tätig und andererseits führte er die Geschäfte seiner Gesellschaft.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, da die Ausgestaltung des freien Dienstverhältnisses nach dem 1.9.1992 der freien Vereinbarung unterlegen und eine Gehaltsforderung nicht Inhalt des Vertrages geworden sei und auch der Fall der Entlassung aus einem Dienstverhältnis nicht vorliege, bestehe für den Kläger für die Monate September bis Dezember 1992 dem Grunde nach kein Anspruch auf Bezahlung des Gehaltes oder einer Kündigungsentschädigung.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge.

Es billigte die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis einer ordnungsgemäßen Beweiswürdigung und eines mängelfreien Verfahrens. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, das Beschäftigungsverhältnis des Klägers sei als freier Arbeitsvertrag zu beurteilen und die Klagsabweisung sei "insgesamt" berechtigt.

Gegen den den Kläger betreffenden Teil des berufungsgerichtlichen Urteiles richtet sich seine Revision aus dem Grund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil aufzuheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Urteilsfällung an das Gericht erster oder zweiter Instanz zurückzuverweisen; hilfsweise, es abzuändern und seinem Klagebegehren vollinhaltlich stattzugeben.

Die beklagte Partei beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Soweit sich der Kläger gegen die die rechtliche Beurteilung, er sei aufgrund eines freien Arbeitsvertrages tätig geworden, rechtfertigenden Feststellungen wendet, führt er den Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung nicht gesetzmäßig aus. Zur Frage, ob bei einem freien Arbeitsvertrag kein Anspruch auf Kündigungsentschädigung (und restliches Gehalt) besteht, ist wie folgt Stellung zu nehmen:

Den Ausführungen der Lehre (Wachter, Der sogenannte freie Dienstvertrag, DRdA 1984, 405, 414) ist die Rechtsprechung in der Beurteilung der analogen Anwendung der Kündigungsmodalitäten der §§ 1159, 1159a und b ABGB sowie der §§ 1162 bis 1162d ABGB auf das freie Arbeitsverhältnis gefolgt (zur Analogie der "Nichtschutznormen" des Arbeitsrechtes im allgemeinen: SZ 58/20 = Arb 10.406 = EvBl 1985/80, 403 = RdW 1985, 159 = GesRZ 1985, 142 = ÖBl 1985, 124; Zur Anwendung des § 1162 b ABGB im besonderen: DRdA 1984/18, 442; EvBl 1991/194, 825 = RdW 1991, 367 = Arb 10.944 jeweils mwN). Demzufolge hätte der Kläger allenfalls aus der Entlassung vom 7.9.1992 einen Anspruch auf Kündigungsentschädigung ungeachtet des Umstandes, daß er im Rahmen eines freien Arbeitsverhältnisses - zunächst intern und später "offiziell" - tätig war.

Nach den Feststellungen wurde aber die Entlassung vom 7.9.1992 einvernehmlich rückgängig gemacht, indem das Beschäftigungsverhältnis des Klägers - allenfalls zu geänderten Bedingungen - fortgeführt wurde. Der vom Kläger in seiner Klage geltend gemachte Anspruchsgrund, nämlich die unberechtigte Entlassung, scheidet daher als Anspruchsgrundlage für eine Kündigungsentschädigung - unabhängig davon, ob diese im Rahmen eines "echten" Angestelltenverhältnisses auf § 29 AngG oder im Rahmen eines freien Arbeitsverhältnisses auf § 1162 b ABGB gegründet werden kann - aus.

Die Rechtsausführungen des Klägers in seiner Berufung (ON 30) und seiner Revision gelten nahezu ausschließlich der von ihm bestrittenen Beurteilung seines Arbeitsverhältnisses als das eines "freien Mitarbeiters"; hingegen nimmt er zur Rücknahme der Entlassung und zur mehr oder weniger weitreichenden Novation seiner Vertragsbeziehung zur Beklagten nicht Stellung. Soweit er jedoch für seine Rechtsausführungen, ihm stehe eine Kündigungsentschädigung zu, nicht von der Feststellung ausgeht, die Entlassung sei einvernehmlich zurückgenommen worden, führt er den Rechtsmittelgrund nicht gesetzmäßig aus. Soweit er in der Revision aber eine "weitere Entlassung per 30.9.1992" behauptet (AS 229), verstößt er gegen das Neuerungsverbot, denn bis dahin hat er seinen Anspruch auf die Entlassung vom 7.9.1992 gegründet. In den vom Berufungsgericht gebilligten Feststellungen des Erstgerichtes ist eine Entlassung vom 30.9.1992 nicht einmal andeutungsweise enthalten. Das Erstgericht hat vielmehr eine einvernehmliche Auflösung (mit Wirkung von Ende August) und die Gestaltung des Beschäftigungsverhältnisses in finanzieller Hinsicht ab 1.9.1992 (vgl AS 134) festgestellt. Es sei aber - so die weitere Feststellung des Erstgerichtes - nicht vereinbart worden, daß dem Kläger das Gehalt, das ihm vordem als Angestellter verrechnet wurde, ab 1.9.1992 weiterhin zustehen sollte. Der Kläger habe bis zur Klagseinbringung "daher auch" keine finanzielle Entschädigung aus dem behaupteten Arbeitsverhältnis gefordert.

Von einer späteren Entlassung des Klägers ist nichts erwähnt; der einzige im Akt enthaltene Hinweis auf die vom Kläger als Kündigungsentschädigung geltend gemachte Forderung (S 3 seiner Klage) bezieht sich auf vier Monatsgehälter (September 1992 bis Dezember 1992) aus der ungerechtfertigten Entlassung vom 7.September 1992. Nach der Außerstreitstellung der Höhe des Klagebegehrens (AS 35) finden sich keine weiteren Angaben zur Anspruchsgrundlagen des Klägers, die losgelöst von der Entlassung vom 7.9.1992, deren einvernehmliche Rücknahme festgestellt ist, einen Schadenersatzanspruch im Sinne des § 1162 b ABGB insbesondere aus einer zweiten Entlassung rechtfertigen könnten. Zu einem (geringfügigen) Teil des Klagebegehrens aus dem bis zur Entlassung vom 7.September 1992 noch aufrechten Beschäftigungsverhältnis (als Erfüllungsanspruch) finden sich keine Behauptungen bzw Feststellungen, so daß anzunehmen ist, durch die Novation (im Anschluß an die dadurch zurückgenommene Entlassung vom 7.9.1992) sei dieser (Teil-)Anspruch bereinigt worden.

Der im Ergebnis somit unberechtigten Revision ist daher nicht Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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