OGH 14Os51/96

OGH14Os51/969.7.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Juli 1996 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer, Dr.Ebner, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Hawlicek als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Andreas O***** und andere Angeklagte wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 iVm §§ 15 und 12 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Raphaela M***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 18.Oktober 1995, GZ 8 b Vr 5.455/95-20, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Schroll, der Angeklagten M***** und der Verteidigerin Dr.Fädler zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Der Angeklagten Raphaela M***** fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen - auch die Angeklagten Andreas O*****, Michaela O***** und Kirsten M***** betreffenden - Urteil wurde Raphaela M***** des Vergehens des schweren Betruges als Beteiligte nach §§ 12 zweiter und dritter Fall, 146, 147 Abs 2 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat sie in Kaltenleutgeben

1./ Andreas O***** und Michaela O***** dazu bestimmt, am 5.Oktober 1992 mit Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz Verfügungsberechtigte der B*****Versicherung durch die Vorspiegelung eines falschen Unfallgeschehens vom 4.Oktober 1992 zwischen dem von Andreas O***** gelenkten und von Michaela O***** gehaltenen PKW Audi Quattro, Kennzeichen W 857 FS, und dem von Raphaela M***** gehaltenen PKW Honda Civic ESI, Kennzeichen W 261 TX, sohin durch Täuschung über Tatsachen, zur Auszahlung von 131.106 S zu verleiten, sowie zur Ausführung der strafbaren Handlung beratend und dadurch beigetragen, daß sie ihren PKW an der vereinbarten Unfallstelle abstellte (Punkt II/1 des Urteils);

2./ zur Ausführung der strafbaren Handlung des Andreas O***** und der Michaela O***** beigetragen, die am 5.Oktober 1992 Verfügungsberechtigte der B*****-Versicherung durch die Vorspiegelung des Diebstahls eines Autoradios samt CD-Wechsler und 11 CDs betrügerisch täuschten und hiedurch zur Auszahlung von 28.144 S verleiteten, indem M***** gemäß einer vor der Tat mit Andreas O***** und Michaela O***** getroffenen Vereinbarung die als gestohlen gemeldeten Gegenstände in Kenntnis des wahren Sachverhaltes an sich nahm (Punkt II/2 des Urteils).

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft Raphaela M***** mit einer auf die Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, den Strafausspruch ficht sie mit Berufung an.

Keine Berechtigung kommt der Verfahrensrüge (Z 4) zu, mit der die Beschwerdeführerin die Abweisung von Beweisanträgen geltend macht. Der Antrag auf Einvernahme eines informierten Vertreters der B***** (gemeint wohl: der A*****-Bank GmbH) zum Beweis dafür, daß die Angeklagte M***** "im Falle eines Totalschadens Zahlungen hätte leisten müssen und dadurch einen Nachteil gehabt hätte" (S 364), läßt offen, aus welchen Gründen die Beschwerdeführerin mit einem von der Versicherung nicht gedeckten Schaden hätte rechnen müssen, zumal ihr Fahrzeug nach der Aktenlage sogar vollkaskoversichert war. Die solcherart mangelhaft gebliebene Antragstellung schließt die Geltendmachung des relevierten Nichtigkeitsgrundes aus.

Gleiches gilt für den Antrag auf Beischaffung des Aktes 3 C 1641/93 des Bezirksgerichtes Liesing, durch den bewiesen werden sollte, daß zwischen der Beschwerdeführerin und Michaela O***** ein Rechtsstreit anhängig war, der in weiterer Folge zu Feindseligkeiten geführt habe. Die Führung eines Rechtsstreites wurde von keinem der Beteiligten bestritten; ein besonderes Vorbringen, weshalb dem Gerichtsakt auch zu entnehmen sei, daß dieser Zivilprozeß in weiterer Folge Feindseligkeiten ausgelöst habe, fehlt.

Auch die behaupteten Begründungsmängel (Z 5) sind nicht gegeben. Der Beschwerde zuwider bestehen zwischen den Urteilsfeststellungen, daß einerseits die Idee der Vortäuschung eines Verkehrsunfalls von der Angeklagten M***** ausging und sie die Angeklagten Andreas O***** und Michaela O***** zur Tat bestimmte, und sie andererseits an den Vorbereitungen zum Unfallsgeschehen beratend teilnahm, kein Widerspruch, weil letzteres keineswegs die Erweckung des Tatentschlusses durch sie ausschließt.

Soweit das Erstgericht im Umstand, daß der Beschwerdeführerin ihr Autoradio zu Silvester 1992/93 gestohlen wurde, ein Indiz für ihren Wunsch nach einem neuen Radio erblickt, handelt es sich um keinen Ausspruch über eine relevante Tatsache. Entscheidende Bedeutung kommt nur jenen Tatsachen zu, die entweder auf die Unterstellung der Tat unter das Gesetz oder auf die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes Einfluß üben, wogegen Aussprüche über die Erwägungen, von denen das Gericht bei Entscheidung der Rechtsfrage und bei Beseitigung der vorgebrachten Einwendungen geleitet wurde, nicht der Anfechtung durch die Mängelrüge unterliegen (Mayerhofer-Rieder StPO3 § 281 Z 5 E 26).

Verfehlt ist schließlich auch die Rechtsrüge (Z 9 lit a). Soweit sich diese gegen die rechtliche Beurteilung der Einwirkung der Beschwerdeführerin auf Andreas O***** und Michaela O***** zur Vortäuschung eines Verkehrsunfalls gegenüber der Versicherung (Punkt II/1 des Urteils) als Bestimmung (§ 12 zweiter Fall StGB) zum schweren Betrug richtet, ist sie nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, weil sie nicht vom Urteilssachverhalt ausgeht, demzufolge die Beschwerdeführerin die Genannten zur Ausführung der Tat veranlaßt hat.

Da die tatsächlichen Feststellungen des Erstgerichtes den Schuldspruch der Beschwerdeführerin wegen Bestimmung zum schweren Betrug jedenfalls zu tragen vermögen, stellt sich das weitere, gegen die Annahme einer Beitragstäterschaft (§ 12 dritter Fall StGB) zum genannten Vergehen gerichtete Beschwerdevorbringen als nicht zum Vorteil der Beschwerdeführerin ausgeführt dar, weil ein sonstiger Tatbeitrag in der Bestimmungstäterschaft aufgeht. Die - im übrigen nicht gerügte - rechtsirrtümliche Anlastung der Beitragstäterschaft neben der Bestimmungstäterschaft vermag bei einer wertenden Betrachtung keinen Nachteil für die Beschwerdeführerin und damit keine Nichtigkeit des Urteils zu begründen (SSt 48/92).

Im übrigen würde das Abstellen des PKWs an der vereinbarten Unfallstelle - isoliert betrachtet - keine straflose Vorbereitungshandlung zum Betrug darstellen, wie die Beschwerdeführerin vermeint. Auf die zeitliche Nähe des Tatbeitrages zur Ausführung der geförderten Tat kommt es nicht an, sodaß sich diese zum Zeitpunkt der Beitragshandlung noch im Vorbereitungsstadium befunden haben kann. Diesfalls wird der Beitragstäter erst dann strafbar, wenn der geförderte unmittelbare Täter - unabhängig von der Frage seiner individuellen Strafbarkeit - das Versuchsstadium erreicht. Soweit die Beschwerdeführerin aber die Förderung der unmittelbaren Täter durch die erwähnte Beitragshandlung in Zweifel zu ziehen sucht, übergeht sie die Feststellungen des Erstgerichtes zur Tatausführung gemäß dem gemeinsamen und von ihr sogar initiierten Tatplan, sodaß sich die Beschwerde in diesem Umfang als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt darstellt.

Gleiches gilt für die Rüge, daß es an einer Feststellung dahin mangle, daß die vor der Tat (Punkt II/2 des Urteils) vereinbarte Übernahme des Autoradios samt Zubehör durch die Beschwerdeführerin eine Förderung der Tatausführung bewirkt habe. Das Erstgericht hat in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise dargelegt, daß die Zusage der Angeklagten M***** zur Übernahme der angeblich gestohlenen Gegenstände und die Einhaltung dieser Zusage für die Ausführung des Betruges an der Versicherung durch Andreas O***** und Michaela O***** kausal war, zumal erst die Beiseiteschaffung der versicherten Gegenstände eine einigermaßen gefahrlose Inanspruchnahme der Versicherung ermöglichte.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über Raphaela M***** nach § 147 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe von vier Monaten, welche unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Die dagegen erhobene Berufung, mit der die Umwandlung der Freiheitsstrafe in eine Geldstrafe und deren bedingte Nachsicht unter Festsetzung einer Probezeit von einem Jahr angestrebt wird, ist unbegründet.

Zusätzliche, vom Erstgericht unbeachtet gelassene Milderungsgründe vermag die Berufungswerberin nicht aufzuzeigen. Das geltend gemachte Wohlverhalten seit der längere Zeit zurückkliegenden Tatbegehung wurde durch die Zuerkennung des Milderungsgrundes des § 34 Z 2 StGB miterfaßt. Die vorliegende Bestimmungstäterschaft schließt den relevierten Milderungsgrund untergeordneter Tatbeteiligung (Z 6) von vornherein aus. Ein sonstiger Tatbeitrag geht zwar, wie erwähnt, in der Bestimmungstäterschaft auf, die mehrfache Beteiligung - wie hier - ist allerdings bei der Bewertung der tatbezogenen Schuld in der Relation zu jener der übrigen Angeklagten entsprechend zu gewichten.

Der angestrebten Anwendung des § 37 Abs 1 StGB stehen spezialpräventive Erwägungen entgegen. Auch der Berufung konnte daher kein Erfolg beschieden sein.

Die Kostenentscheidung ist in § 390 a StPO begründet.

Stichworte