OGH 11Os104/96

OGH11Os104/969.7.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Juli 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Hager, Dr.Schindler, Mag.Strieder und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Spieß als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Bernd M***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG (als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB) und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Jugendschöffengericht vom 12. April 1996, GZ 20 Vr 1281/95-21, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugemittelt.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Bernd M***** (zu I) des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG (als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB) und (zu II/1 bis 4) des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG schuldig erkannt.

Nach dem im Rechtsmittelverfahren relevanten Teil des Schuldspruchs hat er in Vorarlberg zu den Straftaten des Christian N*****, welcher durch eine Fahrt zwischen Mitte März bis Ende April 1995 1 kg Cannabisharz aus Holland nach Österreich geschmuggelt und damit den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge ein- und ausgeführt und in Verkehr gesetzt hat, dadurch beigetragen, daß er über Erwin P***** 80 g Cannbisharz vorbestellte, P***** um Vorfinanzierung (dieser Lieferung) bei N***** in der Höhe von 4.000 S ersuchte und später P***** diese 4.000 S bezahlte.

Rechtliche Beurteilung

Nur gegen den Schuldspruch wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SuchtgiftG (I) richtet sich die auf die Ziffern 4, 5, 5 a, 8 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, indes zu Unrecht.

Der Verfahrensrüge zuwider (Z 4) wurde durch die Abweisung des in der Hauptverhandlung vom 12.April 1996 gestellten Antrages (247) auf Einvernahme des Zeugen Erwin P***** zum Beweis dafür "daß der Angeklagte vor der zweiten Schmuggelfahrt des Christian N***** kein Geld erhalten hatte und daher auch kein Geld des Angeklagten Bernd M***** an Christian N***** zur Beschaffung von Cannabisharz im August übergeben konnte, sodaß der Angeklagte keinerlei Tatbeitrag geleistet hat" Verteidigungsrechte nicht verletzt. Denn zum einen hat das Erstgericht in seinem abweislichen Zwischenerkenntnis (249) den durch den abgelehnten Beweisantrag unter Beweis zu stellenden Umstand (daß der Angeklagte vor der Schmuggelfahrt des Christian N***** kein Geld an Erwin P***** übergeben hat, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt den Betrag von 4.000 S an P***** bezahlte) ohnedies als erwiesen angenommen (Mayerhofer/Rieder StPO3 § 281 Z 4 E 63 a); zum anderen hat es richtig dargelegt, daß der in Rede stehende Beweisantrag im übrigen, "daß der Angeklagte keinerlei Tatbeitrag geleistet hat" nicht auf die Klärung einer Tatfrage abzielte, sondern auf die Beantwortung von Rechtsfragen und damit die Beweisaufnahme keine beweisbedürftige rechtserhebliche Tatsache betraf (aaO § 281 Z 4 E 27 a).

In seiner (undifferenziert ausgeführten) Mängel (Z 5)- und Tatsachenrüge (Z 5 a) behauptet der Beschwerdeführer, die Feststellung, "Christian N***** fuhr daher mit der Bestellung des M***** ........... nach Holland" sei aktenwidrig, nicht begründet bzw begründbar, da hiefür jedwede Beweisergebnisse fehlten; jedenfalls ergäben sich diesbezüglich aus den Akten erhebliche Bedenken.

Der Einwand der Aktenwidrigkeit versagt schon deshalb, weil die Beschwerde nicht darzutun vermag, inwieweit in den Entscheidungsgründen als Inhalt einer Urkunde oder Aussage etwas angeführt wurde, was deren Inhalt nicht bildet oder inwieweit der Inhalt einer Aussage oder eines anderen Beweismittels im Urteil unrichtig wiedergegeben worden ist. Der unter dem Gesichtspunkt des Begründungsmangels nur einen formalen Vergleich gestattende Nichtigkeitsgrund einer Aktenwidrigkeit wird jedenfalls nicht zur Darstellung gebracht, wenn - wie hier - behauptet wird, daß zwischen den vom Gericht getroffenen Tatsachenfeststellungen und den diesen zugrundegelegten Beweisergebnissen ein Widerspruch bestehe. Die Richtigkeit der auf freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) beruhenden Schlüsse kann unter dem Gesichtspunkt einer Aktenwidrigkeit nicht angefochten werden (aaO § 281 Z 5 E 191). Abgesehen davon, daß die Urteilsannahme, daß N***** mit der Bestellung des M***** und einer Reihe weiterer Bestellungen nach Holland gefahren ist, im Zusammenhang mit den weiteren Urteilsannahmen US 6 "er (der Angeklagte) kam diesbezüglich mit Erwin P***** ins Gespräch und bestellte bei Erwin P***** 80 g Cannabisharz, wobei er wußte, daß P***** diese Bestellungen an Christian N***** weiterleiten und Christian N***** das Suchtgift aus Holland mitbringen werde" im Zusammenhang zu lesen ist, konnten sich die Tatrichter insoweit auf die Angaben des Angeklagten vor dem Untersuchungsrichter im Zusammenhang mit den Aussagen weiterer, bereits rechtskräftig abgeurteilter "Sammelbesteller" stützen, weshalb sich die Beschwerdebehauptung, die Überlegungen der Tatrichter entbehrten einer entsprechenden Grundlage, als unzutreffend erweist.

Aber auch unter dem Aspekt der Tatsachenrüge (Z 5 a) gelingt es der Beschwerde nicht, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen zu wecken, weil sich auch diese Ausführungen darauf beschränken, die erstrichterliche Beweiswürdigung zu bekämpfen, ohne derartige Bedenken aus den Akten aufzuzeigen.

Als Anklageüberschreitung (Z 8) monierte die Beschwerde, das Erstgerichtes habe den Angeklagten schuldig erkannt, zur Tat des Christian N***** dadurch beigetragen zu haben "indem er über Erwin P***** 80 g dieses Suchtgifts vorbestellte und Erwin P***** um Vorfinanzierung bei Christian N***** in der Höhe von 4.000 S ersuchte und ihm später diese 4.000 S bezahlte", während die Anklageschrift erkennbar darauf abgestellt habe, daß der Betrag von 4.000 S vom Angeklagten an P***** vor der Schmuggelfahrt des Christian N***** übergeben worden ist. Der angezogene Nichtigkeitsgrund liegt jedoch nur dann vor, wenn das Urteil den Angeklagten eines Verhaltens schuldig erkennt, das nicht Gegenstand der Anklage war. An die Auffassung des Anklägers über den konkreten Ablauf jeder einzelnen Phase eines von ihm verfolgten Vorganges ist das Gericht genauso wenig gebunden wie an die rechtliche Beurteilung des Vorganges durch den Ankläger, solange kein Zweifel besteht, daß der sich aus den Beweisergebnissen ergebende Vorgang vom Ankläger inkriminiert ist, mag er sich auch in Einzelheiten anders abgespielt haben, als ihn der Ankläger sah (aaO § 281 Z 8 E 8 und 10). Ob der Angeklagte die Bezahlung seines Anteiles am Schmuggelgut vor der Übergabe an ihn oder - nach vorläufiger Kreditierung der Kaufsumme durch P***** - danach vorgenommen hat, stellt kein Identitätsmerkmal der gegenständlichen Straftat dar, sodaß die behauptete Nichtigkeit nicht vorliegt.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) negiert einerseits mit dem Vorbringen, das Erstgericht habe keine (ausdrückliche) Feststellung getroffen, derzufolge die Bestellung des Angeklagten für den Ankauf des geschmuggelten 1 kg Cannabisharz kausal gewesen wäre, die gegenteiligen, den Tatbeitrag und dessen Ursächlichkeit zum Schmuggel des Christian N***** tragenden Urteilsannahmen (Urteilsseite 5, 6), andererseits stellt sie unter Hinweis auf einzelne, durch Herausreißen aus dem Zusammenhang in ihrem Aussageinhalt veränderte Beweisergebnisse auf verfahrensfremder Grundlage Spekulationen über den Tathergang ohne Bestellung der Teilmenge durch den Angeklagten über Erwin P***** an. Damit orientiert sie sich aber nicht - wie bei Rechtsrügen geboten - am gesamten Urteilssachverhalt und gelangt somit nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285 d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Über die Berufung wird demzufolge der hiefür zuständige Gerichtshof zweiter Instanz zu befinden haben (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

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