OGH 4Ob2163/96h

OGH4Ob2163/96h9.7.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr. Schalich und Dr. Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Erika V*****, 2. Adolf V*****, beide vertreten durch Dr. Erich Proksch und Dr. Diethard Schimmer, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei K***** GesellschaftmbH, ***** vertreten durch Dr.Wolfgang Waldeck und Dr.Hubert Hasenauer, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 639.609,24 sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 16.Jänner 1996, GZ 12 R 217/95-70, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Parteien wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Besitzer iS des § 1319 ABGB ist derjenige, der in der Lage ist, durch die erforderlichen Vorkehrungen die Gefahr rechtzeitig abzuwenden und hiezu auch durch eine Beziehung zu dem Gebäude oder Werk verpflichtet wäre. Die strenge Haftung soll denjenigen treffen, der die Vorteile aus der Sache zieht und über ihren Gebrauch disponieren kann, in moderner Terminologie also der Halter. Derjenige, der durch seine Beziehung zum Werk zur Gefahrenabwehr verpflichtet ist, ist eben der Halter. Als solcher ist er auch in der Lage, die erforderlichen Vorkehrungen gegen Gefahren zu treffen (SZ 61/132 mwN; Reischauer in Rummel, ABGB**2 § 1319 Rz 12 mwN). Besitzer eines Baugerüstes ist daher der Baumeister, der es im Zuge der Bauführung errichtet hat; der Bauführer, der eine Ankündigungstafel aufzustellen und zu entfernen hatte, und die Baugesellschaft während der Bauführung, also vor der Übergabe an den Bauherrn (Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht**2 II 398f mwN). Halter eines Kraftfahrzeuges ist nach Rechtsprechung und Lehre, wer das Kraftfahrzeug für eigene Rechnung in Gebrauch und die Verfügungsgewalt darüber hat (Apathy, Kommentar zum EKHG § 5 Rz 10 mwN; Veit, Das Eisenbahn- und Kraftfahrzeug-Haftpflichtgesetz 73f mwN).

Mit dieser Rechtsprechung steht die angefochtene Entscheidung im Einklang. Die Beklagte hat den Kalksilo für von ihr zu lieferndes Baumaterial auf Anforderung des Bauunternehmens für Bauarbeiten am Haus des Sohnes der Kläger, das sich auf der Nachbarliegenschaft befindet, zur Verfügung gestellt. Während der Bauarbeiten konnte das Bauunternehmen über den Gebrauch des Kalksilos disponieren; der Vorteil, daß ein Kalksilo vorhanden war, kam ihm zugute. Besitzer iS des § 1319 ABGB war daher nicht die Beklagte; sie hatte den Kalksilo weder in Gebrauch noch hatte sie darüber die Verfügungsgewalt. Die Beklagte war daher auch dann nicht "Halter" des Silos, wenn, wie von den Klägern begehrt, der Halterbegriff des EKHG zugrunde gelegt wird.

In der Berufung haben die Kläger zwar erwähnt, daß sie ihren Anspruch auch auf § 364a ABGB gestützt haben; in ihren weiteren Ausführungen haben sie sich aber nur mit der Haftung nach § 1319 ABGB befaßt. Das Berufungsgericht hat daher zu Recht angenommen, daß die Kläger den in erster Instanz geltend gemachten Anspruch nach § 364a ABGB nicht weiter verfolgen (EvBl 1985/154; Kodek in Rechberger, ZPO § 471 Rz 9 mwN).

Stichworte