OGH 5Ob46/95

OGH5Ob46/959.7.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Schwarz, Dr.Floßmann und Dr.Adamovic als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragsteller 1.) Emerich P*****, Kaufmann, und 2.) Paraschiva P*****, Kauffrau, beide ***** beide vertreten durch Dr.Harry Neubauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner 1.) Walter S*****, Pensionist, ***** vertreten durch Dr.Erwin Dick, Rechtsanwalt in Wien, und 2.) Sieglinde M*****, Geschäftsfrau, ***** vertreten durch Dr.Manfred Müllauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG, infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 20.September 1994, GZ 48 R 870/94-74, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 31.Mai 1994, GZ 47 Msch 1/94m-69, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird, soweit er den die Zweitantragsgegnerin betreffenden Sachbeschluß bekämpft, zurückgewiesen.

Im übrigen wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben.

Die den Erstantragsgegner betreffenden Teile der Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Dem Erstgericht wird insoweit eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung

Die Zweitantragsgegnerin ist Hauptmieterin des Geschäftslokales in Wien 7., ***** (M*****), das vom Erstantragsgegner an die Antragsteller "verpachtet" (bzw nach Ansicht der Antragsteller untervermietet) wurde.

Mit Antrag vom 30.9.1987 begehrten die Antragsteller nach vorausgegangenem Verfahren vor der Schlichtungsstelle (§ 40 Abs 2 MRG) - die Feststellung, der vereinbarte, als "Pachtzins" bezeichnete Untermietzins von monatlich S 50.000,- sei unangemessen hoch, und die Ermäßigung des Untermietzinses ab dem folgenden Zinstermin auf monatlich S 7.000,- zuzüglich Betriebskosten und Umsatzsteuer.

Die Antragsgegner wendeten im Wesentlichen ein, es sei ein lebendes Unternehmen (Imbißstube) verpachtet worden; überdies seien die Antragsteller infolge in der Zwischenzeit erfolgter Weitergabe des Geschäftslokales nicht aktiv legitimiert.

Das Erstgericht wies die Anträge der Antragsteller ab und verhielt diese zum Kostenersatz an den Erstantragsgegner.

Das Erstgericht stellte im Wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Die Zweitantragsgegnerin ist Hauptmieterin ua der verfahrensgegenständlichen Geschäftslokalitäten, die in einem der Republik Österreich gehörenden Haus gelegen sind. Die Hauseigentümerin hatte früher die Untervermietung nur einmal (an ein anderes Unternehmen als das von den Antragstellern betriebene) gestattet, nicht jedoch die Bewilligung zur Untervermietung an die Antragsteller erteilt.

Der Hauptmietzins, den die Zweitantragsgegnerin bei Abschluß des Hauptmietvertrages zu zahlen hatte, betrug ca S 8.000,-. Dazu kamen noch ca S 2.100,- als Betriebskosten. Zum Zeitpunkt der Antragstellung in diesem Verfahren (September 1987) betrug der auf die verfahrensgegenständlichen Räumlichkeiten entfallende Mietzins ca S 7.000,- zuzüglich Betriebskosten und Umsatzsteuer.

Mit Wissen und Zustimmung der Zweitantragsgegnerin schloß der Erstantragsgegner, der damalige Lebensgefährte der Zweitantragsgegnerin am 6.11.1986 mit den Antragstellern einen sogenannten Pachtvertrag über die genannten Geschäftsräumlichkeiten, wobei eine Betriebspflicht vereinbart und festgehalten wurde, daß der Erstantragsgegner einen Betrieb, der zur Ausübung des Handels mit Waren aller Art und des Gastgewerbes geeignet ist, betreibt. Es wurde ein monatlicher Pachtschilling von S 50.000,- zuzüglich laufender Betriebskosten, öffentlicher Abgaben, Ersatzes der Gebrauchsabgabe für das Geschäftsschild und Umsatzsteuer vereinbart. Aus dem Vertragstext geht nicht hervor, daß tatsächlich, wie vom Erstantragsgegner behauptet, dort eine Imbißstube geführt wird. Der Erstantragsgegner hatte allerdings früher eine Imbißstube eingerichtet und diese etwa ein Jahr vorher verpachtet gehabt. Nach Beendigung dieses Pachtvertrages wegen finanzieller Schwierigkeiten der Pächterfamilie wollte der Erstantragsgegner neuerlich einen Pachtvertrag abschließen, weil eine Untervermietung laut den Konditionen der Hauseigentümerin verboten war.

Tatsächlich gab es zum Zeitpunkt der Übergabe des Bestandobjektes an die Antragsteller keine Einrichtung einer Imbißstube in diesem Geschäftslokal.

Schon bei Vertragsabschluß wurde dem Erstantragsgegner mitgeteilt, daß die Antragsteller nicht die Fortführung einer Imbißstube planen, sondern einen Elektrohandel führen wollen.

Die vom Erstantragsgegner im Lokal getätigten Investitionen, die per Dezember 1986 einen Wert von S 352.987,- darstellten, waren keine solchen spezifisch für eine Imbißstube, sondern Investitionen allgemeiner Art. Die Antragsteller übernahmen weder Buchhaltungsunterlagen noch ein Warenlager vom Erstantragsgegner, sondern nur diverses Inventar, das aber nicht viel wert war.

Die Antragsteller richteten nach Übernahme des Lokals ein Elektrogeschäft ein und machten darin in der Folge Geschäfte mit diversen Kunden aus Ungarn.

Unbestritten ist, daß das vertragsgegenständliche Geschäftslokal eine Nutzfläche von 162,76 m2 hat und daß der angemessene Hauptmietzins S 91.100,- betragen würde.

Die Firma S***** ist - entgegen der Behauptung der Antragsgegner - nicht Rechtsnachfolgerin der Antragsteller und hat keinerlei Geschäftsanteile an deren Unternehmen erworben.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt wie folgt:

Die Zweitantragsgegnerin sei nicht passiv legitimiert, weil sie in keinerlei Rechtsverhältnis mit den Antragstellern stehe. Sie sei zwar Hauptmieterin der Bestandräumlichkeiten, doch habe nicht sie, sondern der über das Bestandobjekt verfügungsberechtigte Erstantragsgegner den sogenannten Pachtvertrag im eigenen Namen abgeschlossen. Der vereinbarte Pachtzins von monatlich S 50.000,-, der in Wahrheit als Untermietzins zu qualifizieren sei, liege unterhalb des für das Geschäftslokal angemessenen monatlichen Hauptmietzinses von S 91.100,- und sei demgemäß keineswegs unangemessen hoch.

Das Rekursgericht bestätigte den Sachbeschluß des Erstgerichtes und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Das Rekursgericht begründete seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt:

Die Anwendbarkeit des § 26 MRG setze voraus, daß das Untermietverhältnis von einem Hauptmietverhältnis, nicht aber etwa von anderen Benützungsrechten abgeleitet werde. Diese Voraussetzung fehle in dem hier zu beurteilenden Fall. Vertragspartner der Antragsteller sei der Erstantragsgegner, der selbst nicht Hauptmieter sei, sondern seine Benützungsrechte von einer Hauptmieterin ableite. Es gehe daher nicht an, den von der Hauptmieterin zu zahlenden Hauptmietzins mit dem zwischen dem Erstantragsgegner und den Antragstellern vereinbarten Untermietzins in Relation zu setzen. Für einen solchen Fall könne § 26 MRG seiner Intention nach gar keine Geltung haben, weil etwa in allen denjenigen Fällen, in denen der Benützungsberechtigte selbst kein Entgelt für die Benützung des Bestandobjektes zu leisten habe, jede Grundlage für die Unverhältnismäßigkeitsprüfung fehlen würde.

Anhaltspunkte für ein Schein- oder Umgehungsgeschäft lägen nicht vor.

Dem im Ergebnis nicht berechtigten Rekurs sei daher der Erfolg zu versagen gewesen, ohne daß es erforderlich gewesen wäre, auf die anderen Rekursausführungen (Aktenwidrigkeit; unrichtige bzw mangelhafte Tatsachenfeststellung) einzugehen.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu der Frage fehle, ob die Anwendbarkeit des § 26 MRG die Ableitung des Untermietverhältnisses von einem Hauptmietverhältnis voraussetze.

Gegen den Sachbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen in antragsstattgebendem Sinn abzuändern; hilfsweise wurden Aufhebungsanträge gestellt.

Der Erstantragsgegner beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist, soweit er die Entscheidung bezüglich das Vertragsverhältnis mit dem Erstantragsgegner betrifft, aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zulässig und im Sinne seiner Aufhebungsanträge auch berechtigt, im übrigen (betreffend die Zweitantragsgegnerin) jedoch unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

a) Zur teilweisen Unzulässigkeit:

Nach den insoweit unbekämpften Feststellungen besteht zwischen den Antragstellern und der Zweitantragsgegnerin - wie die Vorinstanzen zutreffend ausführten - kein Vertragsverhältnis, sodaß sich diesbezüglich auch nicht die Frage der Anwendbarkeit des § 26 MRG stellt.

b) Zum Aufhebungsbeschluß in Bezug auf die den Erstantragsgegner betreffenden Sachbeschlüsse:

Nach § 26 MRG in der hier anzuwendenden Fassung vor dem 3. WÄG (Art II Abschnitt II Z 10 des 3. WÄG) darf der vom Untermieter zu zahlende Untermietzins die im Vergleich zu dem vom Untervermieter zu entrichtenden Mietzins und etwaigen sonstigen Leistungen des Untervermieters angemessene Gegenleistung nicht unverhältnismäßig übersteigen.

Während Würth in Korinek/Krejci, HBzMRG 384 es noch als mehr als zweifelhaft ansah, ob die Regelung des § 26 MRG auch auf Untermietverhältnisse anzuwenden ist, die sich nicht von einem Hauptmieter, sondern von anderen Untervermietern (Wohnungsberechtigten, Entlehnern, Prekaristen) ableiten, vertritt er in Rummel, ABGB2, Rz 1 zu § 26 MRG, sowie in Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht19, § 26 MRG Rz 1 (ohne nähere Begründung für den Meinungswandel) strikt die Ansicht, die Anwendbarkeit des § 26 MRG setze voraus, daß das Untermietverhältnis von einem dem MRG unterliegenden Hauptmietverhältnis abgeleitet sein müsse.

Nach den in dieser Rechtssache getroffenen Feststellungen gibt es einen Hauptmieter des verfahrens- gegenständlichen Geschäftslokales. Der Untermietvertrag zwischen den Antragstellern und dem Erstantragsgegner wurde mit Zustimmung des Hauptmieters (= der Zweitantragsgegnerin) abgeschlossen. Auch in diesem Fall ist daher in Wahrheit Grundlage des Untermietvertrages ein Hauptmietvertrag, wenn auch ein solcher, der bloß Voraussetzung dafür war, daß der Erstantragsgegner - ohne selbst Hauptmieter zu sein - den Untermietvertrag abschließen konnte, leitete doch der Erstantragsgegner als Untervermieter seine Berechtigung zur Untervermietung von der Rechtsstellung des Hauptmieters ab. Wäre aber die Zweitantragsgegnerin als Untervermieterin an die Bestimmungen des § 26 MRG gebunden, so gilt dies auch für den Erstantragsgegner, dessen von der Rechtsstellung der Zweitantragsgegnerin abgeleitete Rechtsposition bezüglich der mit der Untervermietung verbundenen Rechtsfolgen nicht günstiger sein kann, als es die der Zweitantragsgegnerin als Hauptmieterin und Untervermieterin aus dieser Position heraus wäre. Zusammenfassend bedeutet dies:

Jedenfalls dann, wenn (im Anwendungsbereich des MRG) der Untervermieter zwar nicht selbst Hauptmieter ist, aber den Untermietvertrag mit Zustimmung des Hauptmieters im eigenen Namen abschließt, muß der Untervermieter die Bestimmungen des § 26 MRG gegen sich gelten lassen, und zwar ohne Rücksicht darauf, welcher Art das materiellrechtliche Verhältnis zwischen ihm und dem die Untervermietung gestattenden Hauptmieter ist.

In dieser Rechtssache muß darüber hinaus zur vorhin dargestellten Ansicht Würths betreffend die Untervermietung durch andere Untervermieter, die ihre Rechtsstellung nicht von einem Hauptmieter ableiten, nicht Stellung genommen werden.

Maßgebend für die Beurteilung der Zulässigkeit des Untermietzinses und die Berechtigung des Herabsetzungs- begehrens ist - wie das Rekursgericht zutreffend ausführte - nicht der angemessene Hauptmietzins, der im Falle einer Neuvermietung von einem Hauptmieter zu erzielen wäre, sondern der vom konkreten Hauptmieter (hier: der Zweitantragsgegnerin) auf Grund seines Vertrages mit dem Vermieter tatsächlich zu zahlende Mietzins, soweit dieser zulässig ist. Im Sinne dieser Einschränkung ist nämlich das Wort "angemessen" in § 26 Abs 1 MRG zu verstehen (Würth in Rummel, aaO, Rz 3 zu § 26 MRG). Feststellungen über die Höhe des angemessenen Hauptmietzinses, wie sie im erstgerichtlichen Sachbeschluß getroffen wurden, sind daher entbehrlich. Auf die diesbezügliche Rüge im Rekurs an die zweite Instanz kommt es somit nicht an.

Neben dem vom Hauptmieter zu zahlenden Mietzins ist für die Beurteilung der Angemessenheit des Untermietzinses auch von Bedeutung, welche Leistungen sonst dem Untermieter von seinem Vertragspartner erbracht wurden, hier also auch, in welchem Ausmaß besondere, für den Untermieter nützliche Investitionen, die der Untervermieter tätigte, vom Untermieter durch den von ihm zu zahlenden Zins abzugelten sind (vgl Würth in Rummel, aaO, Rz 3 zu § 26 MRG unter Hinweis auf MietSlg 22.373 und 30.396/26).

Zu diesem Themenkomplex wurde im bisherigen Verfahren nur eine pauschale Feststellung über den Wert der insgesamt getätigten Investitionen getroffen. Es wurde aber weder mit den Parteien erörtert noch wurden Feststellungen darüber getroffen, welche Investitionen im einzelnen für den Untermieter nützlich waren und daher Grundlage für die von ihm in Form des Untermietzinses zu erbringende Gegenleistung sein können. Insofern ist daher das Verfahren noch ergänzungsbedürftig, bevor eine zahlenmäßig richtige Entscheidung über die den Erstantragsgegner betreffenden Begehren der Antragsteller getroffen werden kann.

In Stattgebung des Revisionsrekurses der Antragsteller waren daher die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen - soweit sie sich auf den Erstantragsgegner beziehen - aufzuheben, und dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

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