OGH 11Os81/96

OGH11Os81/969.7.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Juli 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Hager, Dr.Schindler, Mag.Strieder und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Spieß als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Günter S***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 13.November 1995, GZ 17 Vr 1648/94-47, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugemittelt.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch enthält, wurde Günter S***** (zu 1 und 2) des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er ("im Rückfall") mit dem Vorsatz, sich (und teilweise auch Angela M*****) durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Nachgenannte durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, die diese oder andere am Vermögen schädigten, und zwar

(1) in der Zeit vom 27.April 1992 bis 4.Juli 1994 in Spittal an der Drau und anderen Orten Mag.Heinrich T***** durch Täuschung über seine Rückzahlungsfähigkeit und -willigkeit, insbesondere durch die Vorgabe, er habe von Lieselotte H***** Liegenschaftsvermögen in Brasilien geschenkt erhalten und werde aus dem hieraus zu erwartenden Verkaufserlös von 8 bis 9 Mio S alle von Mag.T***** erhaltenen Geldbeträge zurückzahlen, und in der Folge durch die Vorspiegelung, daß sich die Abwicklung des Liegenschaftsverkaufes schwierig gestaltete und mit hohen Kosten verbunden sei, zur wiederholten Ausfolgung bzw Überweisung von Geldbeträgen (Darlehen) in der Gesamthöhe von 1,069.528,12 S verleitet, wodurch Mag.Heinrich T***** um den genannten Betrag an seinem Vermögen geschädigt wurde, wobei er den schweren Betrug in der Absicht beging, sich durch dessen wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen;

(2) in der Zeit vom 21.März bis 19.April 1994 in Rio de Janeiro (Brasilien) Angestellte des Hotels L***** durch Täuschung über seine Zahlungsfähigkeit und -willigkeit zur Gewährung von Quartier für sich und seine brasilianische Freundin Angela M***** und von Telefongesprächen sowie zur Ausfolgung von Speisen und Getränken verleitet, wodurch die Eigentümer des genannten Hotels um den Betrag von mindestens 11.000 US-Dollar (= zumindest 110.000 S) an ihrem Vermögen geschädigt wurden.

Rechtliche Beurteilung

Der Sache nach nur den Schuldspruch zu Punkt 1 bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, indes zu Unrecht.

Soweit die Nichtigkeitsbeschwerde inhaltlich des - auf gänzliche Urteilsaufhebung abzielenden - Rechtsmittelantrages auch den Schuldspruch wegen des Einmietbetruges in Brasilien (Punkt 2 des Urteilsspruches) erfaßt, ist sie mangels näherer Substantiierung keiner sachlichen Erwiderung zugänglich und damit nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt (§§ 285 Abs 1, 285 a Z 2 StPO).

Entgegen dem Vorbringen in der Verfahrensrüge (Z 4) bewirkte die Abweisung des in der Hauptverhandlung vom 21.September 1995 (hier ohne Angabe eines Beweisthemas) gestellten Beweisantrages "die Ergebnisse der Interpol über die von der Kriminalabteilung beantragten Ermittlungen allfälliger Vermögenswerte des Angeklagten in Brasilien einzuholen" (127/II), der in der Hauptverhandlung vom 13. November 1995 unter Neuformulierung "wiederholt" wurde, nämlich "auf Einholung einer entsprechenden Auskunft von Interpol" zum Beweis dafür, "daß der Angeklagte Günter S***** über Vermögenswerte in Brasilien verfügt, die den Schadensbetrag laut gegenständlicher Anklage bei weitem übertreffen" (155/II), keine Beeinträchtigung von Verteidigungsinteressen des Angeklagten, wobei es nach Lage des Falles auf sich beruhen kann, daß das Schöffengericht entgegen der Vorschrift des § 238 Abs 2 StPO das abweisende Zwischenerkenntnis in der Hauptverhandlung lediglich mit dem Hinweis auf die "entsprechende mangelnde Substantiierung" des Beweisantrages und sodann erst im Urteil begründet hat (Mayerhofer/Rieder StPO3 § 238 Abs 2 E 10 und 11).

Solcherart betrifft der Beweisantrag bei der gegebenen Sachlage - der Angeklagte verweigerte (dem Gericht und seinem Verteidiger) jegliche Auskunft darüber, wo sich sein (von ihm behauptetes) Vermögen oder darauf bezughabende Schriftstücke in Brasilien befinden; die (angebliche) Geschenkgeberin Lieselotte H***** ist zwischenzeitig verstorben - ein gleichsam unerreichbares Beweismittel, dessen Nichtaufnahme dem Gericht unter dem Gesichtspunkt des § 281 Abs 1 Z 4 StPO nicht zum Vorwurf gemacht werden kann (aaO § 281 Z 4 E 104, 105 b); zudem fehlen bei der gegebenen Beweislage, wonach (die zwischenzeitig verstorbene) Lieselotte H***** gegen den Angeklagten im Jahr 1988 wegen verschiedener Betrügereien Strafanzeige erstattet und dabei von einer derartigen Schenkung nichts erwähnt hat, und in den Unterlagen des Angeklagten über seine Brasilienaufenthalte nicht der geringste Hinweis enthalten ist, daß er in Brasilien über Vermögen verfüge, worüber er sachdienliche Auskünfte zur Auffindung dieses behaupteten Vermögens verweigerte, dem Beweisantrag jedenfalls erforderlich konkrete Hinweise dahin, aus welchen Gründen erwartet werden kann, daß die Durchführung des beantragten Beweises auch tatsächlich das vom Antragsteller behauptete Ergebnis haben werde (vgl aaO § 281 Z 4 E 19).

Die in diesem Zusammenhang erst in der Rechtsmittelschrift (und daher verspätet) beantragte Einvernahme des John Alfred Paraleon H***** ist nicht von dem (hier allein maßgeblichen) Beweisbegehren in der Hauptverhandlung umfaßt, sodaß es dem Angeklagten insofern an der formellen Legitimation zur Geltendmachung des bezeichneten Nichtigkeitsgrundes gebricht.

Die Mängelrüge (Z 5) bezeichnet den Ausspruch des Gerichtes zunächst ganz allgemein als "unverständlich und widersprüchlich, weil sich das Gericht nicht mit den gesamten Ergebnissen des Beweisverfahrens auseinandergesetzt hat". In seiner weiteren Ausführung, das Erstgericht habe die Geldzuwendungen des Geschädigten an den Angeklagten im Zeitraum vom 14.September 1984 bis 5.Jänner 1989 und vom 27.April 1992 bis 4.Juli 1994 als Darlehen eingestuft, gleichzeitig aber festgestellt, daß der Geschädigte sich darüber im klaren gewesen sei, daß er die Geldzuwendungen in Wirklichkeit geschenkt hätte und nicht ernstlich mit einer Rückzahlung durch den Angeklagten gerechnet habe, wendet sich der Beschwerdeführer allerdings gegen die ausdrückliche Urteilsbegründung, wonach das Erstgericht für den Zeitraum der Geldzuwendungen von 1975 bis 26. April 1992 von Schenkungen ausgegangen ist (US 7, 28), für den Zeitraum ab 27.April 1992 bis 4.Juli 1994 aber unmißverständlich zum Ausdruck gebracht hat, daß alle Zahlungen von Mag.T***** an den Angeklagten ab diesem Zeitpunkt nur mehr auf Grund der (konkreten) Rückzahlungsversprechen des Angeklagten erfolgten, also echte Darlehen waren (US 10). Mit seiner Argumentation bekämpft der Nichtigkeitswerber somit nicht die - aus einer Gesamtbetrachtung aller erhobenen Beweisergebnisse und des persönlichen Eindrucks (gemäß § 258 Abs 2 StPO) gewonnenen und mängelfrei begründeten - erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen, sondern kritisiert lediglich die Erwägungen und Schlußfolgerungen der Tatrichter, indem er die für den Tatzeitraum von 1984 bis 1989 angenommenen Schenkungen an den Angeklagten - entgegen dem tatsächlichen Urteilsinhalt - auch auf den Zeitraum von April 1992 bis Juli 1994 umzulegen versucht. Er versucht damit nach Art einer im kollegialgerichtlichen Nichtigkeitsverfahren unzulässigen Schuldberufung die Beweiswürdigung in Zweifel zu ziehen, um schließlich beweiswürdigend und resümierend zum Schluß zu kommen, daß das Erstgericht mit einem Freispruch vorzugehen gehabt hätte. Ein Begründungsmangel in der Bedeutung der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO wird damit allerdings nicht aufgezeigt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285 d StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Über die Berufungen wird der hiefür gemäß § 285 i StPO zuständige Gerichtshof zweiter Instanz zu entscheiden haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

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