Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Michael G***** des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu vier Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Zugleich widerrief das Erstgericht eine bedingte Entlassung (§ 494 a Abs 1 Z 4 StPO).
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat der Angeklagte am 4.Juli 1995 in Innsbruck die Isabella A***** durch gefährliche Drohung, nämlich durch die Äußerung, er werde sie einmal "abpassen", wobei er eine Gebärde machte, als würde er eine Spritze aufziehen und mit dieser zustechen, zu einer Handlung, nämlich zum Verlassen ihres Arbeitsplatzes zu nötigen versucht.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den Gründen der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO; den Strafausspruch ficht er mit Berufung, den Widerrufsbeschluß mit Beschwerde an.
Die Nichtigkeitsbeschwerde versagt.
Entgegen der Mängelrüge (Z 5) ist es nicht entscheidungswesentlich, ob die als Begehungsmittel der Nötigung gebrauchte gefährliche Drohung zu einer Ängstigung der bedrohten Person geführt hat oder von dieser überhaupt ernst genommen worden ist. Maßgeblich ist vielmehr allein die - vom Erstgericht bejahte - objektive Eignung einer solchen Drohung, dem Bedrohten begründete Besorgnis einzuflößen (siehe insb Schwaighofer im WK § 105 Rz 65). Davon abgesehen hat das Erstgericht ohnedies ausdrücklich als erwiesen angenommen, daß sich die Zeugin Isabella A***** "persönlich nicht geängstigt hat" (US 7).
Es versagt aber auch die Rechtsrüge (Z 9 lit a), mit welcher der Beschwerdeführer seinem festgestellten Drohverhalten die objektive Eignung abspricht, der Zeugin Isabella A***** begründete Besorgnis einzuflößen, wozu nur am Rande bemerkt sei, daß sowohl das Erstgericht als auch die Beschwerde den für die Qualität einer gefährlichen Drohung im Sinne des § 74 Z 5 StGB maßgebenden Begriff der "begründeten Besorgnis" mit jenem - weiterreichenden - der "Furcht und Unruhe" vermengen, der nur für den subjektiven Tatbestand des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 StGB von Bedeutung ist (siehe dazu Leukauf-Steininger Komm3 § 107 RN 4 und Kienapfel BT I3 § 107 RN 8).
Bei der rechtlichen Beurteilung dieses Drohverhaltens, das vom Erstgericht in tatsächlicher Beziehung unmißverständlich als tätergewollte Drohung mit einer Verletzung am Körper (durch Zustechen mit einer Spritze) festgestellt wurde, ist zunächst von einem auf einen besonnenen Durchschnittsmenschen abzustellenden objektiven Maßstab auszugehen; zudem sind aber auch in der Person des Bedrohten gelegene Umstände mitzuberücksichtigen. Unter Zugrundelegung eines derartigen objektiv-individuellen Maßstabes hat das Schöffengericht mit dem Hinweis auf die vom Angeklagten insgesamt gezeigte tatrelevante Aggressivität und die von ihm dabei zur Bestärkung seiner Drohäußerung demonstrierte Bereitschaft zum Zustechen mit einer Spritze zutreffend dargelegt, daß vom Tatopfer die Verwirklichung des angedrohten Übels, nämlich die Zufügung einer keineswegs bloß völlig unerheblichen Körperverletzung, im Falle der Verweigerung des geforderten Verhaltens nach Lage des Falles auch tatsächlich zu erwarten war. Da die Imminenz der Übelszufügung weder für die Qualität der Drohung noch für den Nötigungstatbestand erforderlich ist, war es auch belanglos, daß der Angeklagte im Zeitpunkt der Tatbegehung keine Spritze in der Hand hielt (Leukauf-Steininger Komm3 § 105 RN 11). Damit hat das Erstgericht aber die in Rede stehende Eignung des Drohverhaltens des Angeklagten zutreffend bejaht und dessen Tat demzufolge auch rechtsrichtig als versuchte Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB beurteilt.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Michael G***** war daher zu verwerfen.
Über seine Berufung und seine Beschwerde konnte nicht mitentschieden werden, weil ihm wegen seines unbekannten Aufenthaltes die Ladung zum Gerichtstag nicht zugestellt werden konnte. Über diese Rechtsmittel wird - nach Ausforschung des Angeklagten - das Oberlandesgericht Innsbruck zu entscheiden haben (Mayerhofer-Rieder StPO3 E 16 a und 20 zu § 296 StPO).
Der Ausspruch über die Kostenersatzpflicht fußt auf § 390 a StPO.
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