OGH 12Os73/96

OGH12Os73/9627.6.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 27.Juni 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Schindler, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Fostel als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Johann L***** und Peter K***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 zweiter Satz, § 15 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Johann L***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 3.April 1996, GZ 22 Vr 2.483/95-102, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Johann L***** wurde mit dem angefochtenen Urteil, das auch rechtskräftige Freisprüche enthält, (A) des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 zweiter Satzund § 15 StGB und (C) des Vergehens der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 298 Abs 1 StGB (zu ergänzen: als Bestimmungstäter nach § 12 zweiter Fall StGB - Leukauf/Steininger Komm3 § 12 RN 31) schuldig erkannt.

Darnach hat er in Innsbruck und Zirl

(A) fremde bewegliche Sachen in einem 25.000 S übersteigenden Wert anderen mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, weggenommen bzw wegzunehmen versucht, indem er durch Abdrehen von Zylinderschlössern in Gebäude einbrach, nämlich (I./1.) in der Nacht zum 12.Juni 1995 Gewahrsamsträgern der Firma M***** Zigaretten im Wert von 82.600 S; (I./2.) zwischen 24. und 26.Juni 1995 dem Andreas L***** Zigaretten, Parkwertkarten, Lose, Stempelmarken, Briefmarken und eine Aktentasche mit Bargeld im Gesamtwert von ca 140.000 S; (I./3.) zwischen 25. und 26.August 1995 dem Christian D***** Zigaretten, Feuerzeuge und Souvenirartikel im Gesamtwert von ca 230.000 S und (II.) am 28.August 1995 als Mittäter mit Peter K***** (der das Urteil in Rechtskraft erwachsen ließ) Gewahrsamsträgern der Tabaktrafik F***** Zigaretten und Bargeld, wobei die Tat beim Versuch geblieben ist;

(C) am 1.Juni 1995 dem Markus H***** als zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Beamten die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung wissentlich vorgetäuscht, indem er durch seine (gutgläubige) Lebensgefährtin Brigitte V***** bei der Bundespolizeidirektion Innsbruck, Wachzimmer Wilten, Anzeige wegen des Diebstahls des PKW Opel Ascona, polizeiliches Kennzeichen I-8270 F, erstatten ließ.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 4, 5 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Die Verfahrensrüge (Z 4) versagt zunächst schon aus formellen Gründen, weil der abgelehnte Antrag auf Beiziehung eines weiteren "polizeiunabhängigen" Sachverständigen zum Beweis dafür, daß (zu A/I) möglicherweise doch ein anderes Werkzeug benützt worden sein kann (98 iVm 125/II), über die schlichte Bestreitung der Richtigkeit des von Johann Z***** erstatteten Gutachtens hinaus der - in der Beschwerde nicht mehr nachholbaren (SSt 41/71) - Angabe von Gründen, etwa der Bezeichnung von Mängeln im Sinne der §§ 125, 126 StPO, bedurft hätte, welche die nur ausnahmsweise zulässige Beiziehung eines zweiten Experten geboten erscheinen lassen konnte.

Der Antrag war im übrigen aber auch sachlich unberechtigt, weil die - in der Mängelrüge (Z 5) - behaupteten Widersprüche des Gutachtens nicht gegeben sind:

Die Tatsache, daß dem Sachverständigen (zu A/I/2) Teile von vier Schlössern zur Untersuchung übermittelt worden waren, obwohl bei dem betreffenden Diebstahl nach den polizeilichen Erhebungen (303/I) nur drei Schloßzylinder beschädigt worden sein sollen, läßt den Inhalt des schuldspruchsrelevanten Gutachtens unberührt und kann demnach - zumal sie den Angeklagten in Ansehung der Zahl der ihm angelasteten Fakten nicht benachteiligt - als irrelevant auf sich beruhen.

Entgegen der Beschwerdeauffassung ist die Aussage des Sachverständigen, wonach sich die vom Rollgabelschlüssel bei mehrmaliger Verwendung hinter- lassenen Spuren in weichen Materialien, etwa Messing, wenn überhaupt nur geringfügig änderten, im konkreten Fall (zu A/I) die Zylinderschlösser zwar teilweise mit einer - gegenüber Messing etwas härteren - Stahlschicht überzogen gewesen seien, die groben Schartenspuren aber dennoch jeweils gleich gewesen seien, in sich logisch widerspruchsfrei.

Das - somit im Sinne der §§ 125, 126 StPO mängelfreie - Sachverständigengutachten, welchem die Tatrichter im Rahmen der Beweiswürdigung unter Ablehnung der (zu A/I gänzlich) leugnenden Verantwortung des Beschwerdeführers Schlüssigkeit zubilligten, bildet für den Schuldspruch (A) jene tragfähige Grundlage, die die Beschwerde zu Unrecht vermißt. Das weitere Beschwerdevorbringen, mit welchem der Angeklagte unter dem Prätext unvollständiger Begründung (Z 5) mit überwiegend spekulativen Argumenten sowohl gegen das Gutachten, als auch die Beurteilung seiner Glaubwürdigkeit Stellung nimmt, ist als - hier - unzulässige Bekämpfung der schöffengerichtlichen Beweiswürdigung unbeachtlich. Dies gilt namentlich für die Einwände gegen die vom Sachverständigen beim Spurenvergleich verwendeten, dasselbe Spurenbild wie die Originalschlüssel gewährleistenden Bleifolien.

Angesichts des - wie dargelegt - formell einwandfrei begründeten Schuldspruchs (zu A/I) ist dem Einwand, im Urteilsfaktum A/II sei der - nach der Verantwortung des Beschwerdeführers unter 25.000 S liegende - Wert der zu stehlen beabsichtigten Gegenstände im Urteil nicht festgestellt und überdies bei alleiniger Verurteilung wegen des Einbruchsversuches "§ 130 StGB nicht erfüllt", im Hinblick auf die Bestimmung des § 29 StGB der Boden entzogen.

Die Mängelrüge (Z 5) versagt schließlich auch in bezug auf den Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 298 Abs 1 StGB (C). Die Frage, ob die vorgetäuschte Straftat ein schwerer Diebstahl war, ist für die Schuldfrage irrelevant und betrifft somit keine entscheidende Tatsache. Gleiches gilt - abgesehen davon, daß das Erstgericht ohnehin von der möglichen Vertuschung der vom Beschwerdeführer verursachten Schäden am Fahrzeug gegenüber seiner Lebensgefährtin ausgegangen ist (US 29) - für das Motiv des Angeklagten. Die Einwände gegen die vom Schöffengericht mit einer am gesamten Beweisergebnis orientierten Begründung als glaubwürdig beurteilten Zeugin Daniela E***** schließlich bedürfen als (auch unter dem Gesichtspunkt des § 281 Abs 1 Z 5 a StPO unzulässige) Kritik an der Beweiswürdigung keiner sachlichen Erwiderung.

Das Beschwerdevorbringen (zu A und C) bietet auch keinen Grund zu ernsthaften Zweifeln (Z 5 a) an der Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrunde gelegten Tatsachenfeststellungen. Dies umsoweniger, als die in diesem Zusammenhang erhobenen Einwände gegen die Objektivität des Sachverständigen, der angeblich "als Kriminalbeamter zumindest unterbewußt an die Sache von vornherein mit dem Ziel, etwas zu finden, was zu einer Verurteilung führt", herangegangen sein soll, mit dem den Angeklagten in erheblichem Ausmaß entlastenden Gutachten (271 f/I) schlechthin unvereinbar und sich demnach als bloße Unterstellungen disqualifizieren.

Der weiteren Tatsachenrüge zuwider kann auch von einem nahezu "lückenlosen Alibi" des Beschwerdeführers (zu A/I/3) keine Rede sein, verblieben ihm doch selbst bei Richtigkeit der entlastenden Aussagen einiger - vom Erstgericht in ihrer Glaubwürdigkeit allerdings als bedenklich eingestuften (US 22 f) - Zeugen mehrere Stunden zur Begehung des betreffenden Trafikeinbruches. Seine Täterschaft ist in diesem Fall auch nicht deshalb besonders unwahrscheinlich, weil der Mitangeklagte Peter K***** kurz nach der Tat Teile aus der Diebsbeute von einem Unbekannten - wie das Schöffengericht im Zweifel zu dessen Gunsten annahm - erworben und im Keller des Angeklagten eingelagert hat.

Mit der auf die bloße Wiederholung der (zu A/I) leugnenden Verantwortung des Beschwerdeführers gestützten Behauptung endlich, das Erstgericht "hätte bei richtiger Würdigung aller Beweisergebnisse die gewerbsmäßige Absicht des Angeklagten verneinen müssen", ohne dagegen sprechende aktenkundige Umstände auch nur zu behaupten, gelangt der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5 a StPO (EvBl 1989/24) nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Innsbruck zur Entscheidung über die vom Angeklagten außerdem erhobene Berufung (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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