OGH 4Ob2076/96i

OGH4Ob2076/96i25.6.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek und Dr.Niederreiter sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Manfred B*****, vertreten durch Dr.Helmut A.Kellner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Brigitte V*****, vertreten durch Dr.Hans Robicsek, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 23.358,48 sA und Feststellung (Streitwert S 343.686,22; Revisionsinteresse S 186.504,70), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 5.Dezember 1995, GZ 12 R 57/95-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 17.Jänner 1995, GZ 3 Cg 203/94h-7, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Ersturteil wiederhergestellt wird.

Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 85.869,50 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 12.083.25 Umsatzsteuer und S 13.370 Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Ehe der Streitteile wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes H***** vom 21.Februar 1992, *****, einvernehmlich geschieden. Am selben Tag schlossen die Parteien einen Scheidungsvergleich. Hierin übertrug der Kläger seine 92/2522stel-Anteile an der Liegenschaft EZ ***** KG O*****, womit sein halber Mindestanteil des Wohnungseigentums an der Wohnung top Nr. 8 im Hause W*****, verbunden war, an die Beklagte und gab die entsprechende Aufsandungserklärung ab. Außerdem verpflichtete er sich, ab 1.März 1992 der Beklagten einen monatlichen Unterhaltsbetrag von S 12.700 und seiner Tochter einen solchen von S 12.500 zu zahlen. Die Beklagte übernahm nach dem schriftlichen Vergleichstext die offene Darlehensschuld bei der Ersten Österreichischen Spar-Casse-Bank in der Höhe von rund S 600.000 und beim Land Wien in der Höhe von rund S 500.000 mehr oder weniger zur alleinigen Rückzahlung und verpflichtete sich, insoweit den Kläger schad- und klaglos zu halten. Für die Besicherung dieser beiden Kredite waren im Grundbuch Pfandrechte einverleibt.

Anläßlich der Erörterung der Lösung für die Scheidung vereinbarten die Streitteile allerdings, daß die Beklagte sämtliche Rückzahlungsraten für die Wohnung übernehmen werde. Zum Zeitpunkt der Scheidung haftete noch ein Kredit bei der A*****-Versicherung mit dem Betrag von S 279.394,80 aus, der nicht im Grundbuch sichergestellt worden war. Dieses Darlehen hatte der Kläger am 11.April 1983 aufgenommen, um die Eigentumswohnung kaufen zu können. In dem Darlehensvertrag war eine monatliche Rückzahlung von S 3.336,74 für eine Laufzeit von 240 Monaten vorgesehen. Dem lag eine Verzinsung von 8 % jährlich zugrunde.

Über dieses Darlehen wurde vor Abschluß des Scheidungsvergleiches nicht gesprochen; die Streitteile vergaßen daher, es in den Vergleich aufzunehmen. Als die Streitteile dieses Versäumnis ein bis zwei Wochen später entdeckten, vereinbarten sie, daß der Kläger den (gerundeten) Betrag von S 3.337 von den monatlichen Unterhaltsraten abziehen könne. Die Beklagte sagte dabei mündlich zu, daß sie auch dieses A*****-Darlehen zur Rückzahlung übernehme.

Zwischen den Streitteilen war also vereinbart, daß die Beklagte sämtliche mit der Wohnung im Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten, dh sämtliche für die Wohnung aufgenommenen Kredite im Innenverhältnis übernehmen solle und den Kläger im Falle seiner Inanspruchnahme schad- und klaglos halten solle.

Der Kläger leistete seine Unterhaltszahlungenn regelmäßig bis Juni 1994. Dann stellte er sie ein, weil die Beklagte eine Lebensgemeinschaft eingegangen war.

Am 1.Oktober 1992 hatte der Kläger die restliche Darlehensschuld in der Höhe von S 267.000 an die A*****-Versicherung zurückgezahlt. Die Beklagte verkaufte die Eigentumswohnung am 14.Dezember 1993.

Mit der Behauptung, daß die Beklagte sich weigere, die von ihr mündlich übernommene Darlehensschuld bei der A*****-Versicherung zu zahlen, begehrte der Kläger letztlich die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von S 23.358,48 sA sowie die Feststellung, daß die Beklagte ihm gegenüber verpflichtet sei, monatlich S 3.336,74 103mal, vom 1.Jänner 1995 bis zum 1.Juli 2003, jeweils am Ersten eines jeden Monates, zu zahlen.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Sie habe sich nicht zur Übernahme des Kredites bei der A*****-Versicherung verpflichtet.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die Vereinbarung zwischen den Streitteilen habe dahin gelautet, daß die Beklagte alle mit der Wohnung zusammenhängenden Kredite zur alleinigen Rückzahlung übernehme und sich verpflichte, den Kläger insoweit schad- und klaglos zu halten. Daß dann letztlich versäumt wurde, den A*****-Kredit in den Scheidungsvergleich aufzunehmen, ändere nichts an ihrer Zahlungspflicht, weil sie dem Kläger auch noch nach der Scheidung die Übernahme dieses Kredites zugesagt habe. Die Streitteile hätten somit im Innenverhältnis eine Erfüllungsübernahme vereinbart. Außerdem sei zwischen den Streitteilen vereinbart worden, daß der Kläger weiterhin die Leistungen an die Gläubigerin erbringe, die Beklagte jedoch ihrer Verpflichtung dadurch Rechnung trage, daß sie einer Aufrechnung dieses Betrages mit ihrer Unterhaltsforderung gegen den Kläger zustimme. Da die Unterhaltsverpflichtung des Klägers gegenüber der Beklagten infolge Aufnahme einer Lebensgemeinschaft ruhe, müsse die Beklagte ihrer Erfüllungsübernahme insoweit Rechnung tragen, als sie den Betrag von S 3.336,74 nunmehr unmittelbar dem Kläger am Ersten eines jeden Monates überweise. Außerdem habe sie die vom Kläger schon beglichenen Beträge für den Zeitraum von August bis einschließlich Dezember 1994 zu ersetzen. Das rechtliche Interesse des Klägers an der Feststellung sei zu bejahen, weil die Beklagte den Anspruch des Klägers auf die künftigen, nicht fälligen Leistungen bestreite.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil (nur) im Feststellungsausspruch dahin ab, daß die Beklagte zur Zahlung eines Betrages von bloß S 157.181,52 an den Kläger verpflichtet sei, und wies das Mehrbegehren auf Feststellung, der Beklagte sei zur Zahlung eines weiteren Betrages von S 186.504,70 verpflichtet, ab; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Die Beklagte schulde den mit Leistungsklage begehrten, der Höhe nach nicht mehr detailliert bestrittenen Betrag. Das Feststellungsbegehren erweise sich hingegen als teilweise nicht berechtigt. Grundsätzlich sei ein rechtliches Interesse des Klägers an der Feststellung einer noch nicht fälligen bestrittenen Zahlungsverpflichtung der Beklagten anzuerkennen. Die Möglichkeit einer Klage auf Zahlung der noch nicht fälligen Leistungen der Beklagten sei im Hinblick auf die eng auszulegende Vorschrift des § 406 ZPO zu verneinen. Wie sich aber aus dem Vorbringen des Klägers und den Feststellungen des Erstgerichtes ergibt, habe der Kläger die restliche Darlehensschuld von S 267.000 am 1.Oktober 1992 an die A*****-Versicherung zurückgezahlt. Er könne daher nur den Ersatz dieses Betrages von der Beklagten verlangen. Der Kläger, der durch die Rückzahlung der Darlehensschuld nicht zum Darlehensgeber der Beklagten geworden sei, habe nur Anspruch auf Zahlung des von ihm geleisteten Betrages, wenn auch, der Vereinbarung entsprechend, in monatlichen Raten. Zwischen 1.Oktober 1992 und Mai 1994 habe der Kläger Zahlungen in der Gesamthöhe von S 86.460 im Wege der Aufrechnung einbehalten. Dazu komme noch der mit Leistungsklage zugesprochene Betrag von S 23.358,48, insgesamt also S 109.818,48, welcher Betrag von S 267.000 abzuziehen sei. Das Feststellungsbegehren bestehe daher nur im Umfang von S 157.181,52 zu Recht.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen den abändernden Teil dieses Urteils erhobene außerordentliche Revision des Klägers ist zulässig und berechtigt.

Wie der Kläger mit Recht aufzeigt, hat das Berufungsgericht den Zeitfaktor außer acht gelassen. Hat nämlich die Beklagte den vom Berufungsgericht ermittelten Kapitalsbetrag ohne Verzinsung in monatlichen Raten zu rund S 3.337 - also in etwas mehr als 47 Raten - zurückzuzahlen, dann erhält der Kläger weniger als er selbst geleistet hat, macht es doch wirtschaftlich einen wesentlichen Unterschied, zu welchem Zeitpunkt ein Geldbetrag gezahlt wird.

Der Kläger hat in erster Instanz vorgebracht, daß er den Kredit am 1. Oktober 1992 ausgezahlt habe (S. 25). Die Beklagte hat daraus (in erster Instanz) nicht den Einwand abgeleitet, daß sich der Kläger deshalb etwas erspart habe und dies zu ihren Gunsten zu berücksichtigen sei. Das ist aber nicht so selbstverständlich und offenkundig, daß es ohne entsprechendes Parteivorbringen und konkrete Feststellungene der Entscheidung zugrunde gelegt werden könnte:

Ob es wirtschaftlich günstig ist, einen Kredit vorzeitig zurückzuzahlen, kann nicht allgemein beantwortet werden; das ist vielmehr von den Umständen des Einzelfalles abhängig. So kann es wirtschaftlich zweckmäßiger sein, einen niedrig verzinsten Kredit, wenn die Zinsen auch noch als Sonderausgaben im Sinne des § 18 EStG geltend gemacht werden können, in den bedungenen Raten, statt vorzeitig aus eigenen Mitteln zurückzuzahlen. Es kann ja möglich sein, die Eigenmittel so anzulegen, daß der Ertrag hieraus größer ist als die Ersparnis durch den Wegfall der (steuerlich allenfalls zu berücksichtigenden) Kreditzinsen. Gerade im vorliegenden Fall kann nicht ohne weiteres angenommen werden, daß die vorzeitige Rückzahlung des Kredites dem Kläger eine Ersparnis gebracht hat. Der Kredit war nur mit 8 % verzinst. Kredite für die Anschaffung von Wohnungen können unter Umständen als Sonderausgaben zur Reduktion der Steuerbemessungsgrundlage führen. Angesichts des hohen Einkommens des Klägers - dem Scheidungsvergleich wurde sein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen mit S 63.000 zugrundegelegt - ist anzunehmen, daß er in die höchste Steuerprogression gelangt ist, so daß Sonderausgaben zu einer merklichen Reduktion der Steuerlast geführt haben. Bei dieser Sachlage ist es durchaus möglich, daß es für den Kläger selbst dann, wenn er den Kredit aus Eigenmitteln zurückzuerstatten in der Lage war, günstiger gewesen wäre, den Kredit weiterlaufen zu lassen und seine Eigenmittel so anzulegen, daß deren Ertrag die Belastung durch die Kreditzinsen übersteigt. Sollte er - wie er in der Revision behauptet -, zur Rückzahlung des Kredites im Hinblick auf sein Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis mit der A*****-Versicherung gezwungen, auf einen anderen Kredit mit einem höheren Zinssatz umgeschuldet haben, dann wäre es ganz eindeutig, daß er aus der vorzeitigen Rückzahlung überhaupt keinen Vorteil gezogen hat.

Da sich aber die Beklagte gar nicht darauf berufen hat, daß der Kläger durch die Auszahlung des Kredites besser gestellt sei und sich dies auch nicht aus den Feststellungenn ergibt, durfte das Berufungsgericht aus der vorzeitigen Kreditrückzahlung nicht den Schluß ziehen, daß dem Kläger ein geringerer Rückersatz zustehe.

Aus diesen Erwägungen war das Ersturteil in seinem Feststellungsausspruch zur Gänze wiederherzustellen. Beiden Vorinstanzen ist darin beizupflichten, daß dem Kläger in Ansehung der erst künftig fällig werdenden Raten keine Leistungsklage zustand, weil er keine Forderung geltend gemacht hat, die unter § 406 Satz 2 ZPO (Fasching, LB2 Rz 1064) fällt; für bloße Wiederkehrschuldverhältnisse als solche, bei denen die eingeklagte Leistung periodisch punktuell zu erbringen ist, ist nämlich eine Leistungsklage vor Fälligkeit der einzelnen Leistungen ausgeschlossen (Fasching aaO Rz 1066; MietSlg 20.696 [für Mietzinsleistungen]; JBl 1964, 268; SZ 37/168 [für Ausgleichsraten]; JBl 1960, 156 [für Dienstbezüge]).

Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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