OGH 1Ob2154/96p

OGH1Ob2154/96p25.6.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Claudia S*****, vertreten durch Dr.Wilhelm Winkler, Dr.Gebhard Heinzle und Dr.Julia Winkler, Rechtsanwälte in Bregenz, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen 77.430,31 S sA infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgerichts vom 21.Mai 1996, GZ 1 R 111/96-15, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 16 Abs 2 Z 3 MRG ist ein Bestandobjekt der Ausstattungskategorie C „eine Wohnung in brauchbarem Zustand, die zumindest über eine Wasserentnahmestelle und ein Klosett im Inneren verfügt“.

Die Revisionswerberin erkennt zutreffend, das Landesgericht Feldkirch habe im Vorprozeß „in keiner Weise“ bezweifelt, daß sich die Wendung „im Inneren der Wohnung auch auf die Wasserentnahmestelle“ beziehe. Nach dessen Entscheidung 1 c R 253/92 war aber die „Wasserentnahmestelle“ als im Wohnungsinneren gelegen anzusehen, wie sich aus den nachstehenden Ausführungen ergibt:

„Die Berufungswerberin vertritt nun die Auffassung, daß bei Fehlen mehrerer Ausstattungsmerkmale ein Kategorieausgleich nach § 16 Abs 3 MRG nicht mehr möglich sei. Für die Ausstattungskategorie C fehlt es an der von der Klägerin gemieteten Wohnung an einem Klosett im Inneren der Wohnung. Dieses fehlende Ausstattungsmerkmal wird jedoch durch die zentrale Wärmeversorgungsanlage aufgehoben, worauf schon das Erstgericht zutreffend hingewiesen hat ... . Darüber hinaus vertritt die Berufungswerberin die Auffassung, daß es noch an einem weiteren Merkmal fehle, nämlich einer Wasserentnahmestelle im Inneren der Wohnung. Der Berufungsgegner weist nun zutreffend darauf hin, daß der Gesetzgeber bei der Errichtung der Mietzinskategorien das typische Wiener Mietshaus vor Augen hatte, in dem es für alle Bewohner einer Etage nur 1 WC gab und auch die Wasserentnahmestelle im Flur gelegen war. Wie schon erwähnt, befindet sich in der Wohnung der Klägerin eine Wasserentnahmestelle im Bad und in der Küche ... . Nur wenn sich die Wasserentnahmestelle im Gang befände, könnte vom Fehlen eines wesentlichen Merkmals der Kategorie C gesprochen werden.“

Dieselbe Ansicht hatte bereits das Bezirksgericht Bregenz als Gericht erster Instanz in seiner Entscheidung 5 C 2394/91 vertreten, wurde doch dort ausgeführt:

„Die Wohnung der Klägerin verfügt über eine Wasserentnahmestelle in der Küche und im Badezimmer, in welchem auch das WC untergebracht ist. Dieses WC liegt nicht im Inneren der Wohnung, sondern ist nur über den Gang, der Teil des Stiegenhauses ist und auch als Zugang zur Dachgeschoßwohnung dient, erreichbar. Für die Unterstellung eines Mietgegenstandes unter die Kategorie C ist ein Klosett im Inneren erforderlich. Dieses bei dem klagsgegenständlichen Mietobjekt fehlende Ausstattungsmerkmal wird jedoch durch die zentrale Wärmeversorgungsanlage aufgewogen, weshalb die Wohnung der Ausstattungskategorie C zuzuordnen ist.“

Nun ist aber, wie das Berufungsgericht richtig darlegte, die Bestimmung des § 16 Abs 2 Z 3 MRG schon sprachlich unklar. Obgleich sich der Begriff „im Inneren“, wie im Schrifttum ohne nähere Erörterung angenommen wird (Würth in Rummel, ABGB2 Rz 22 und 23 c zu § 16 MRG; ders in Korinek/Krejci, Handbuch zum MRG 358; Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht19 Rz 30 zu § 16 MRG) auch auf die „Wasserentnahmestelle“ beziehen wird, läßt das Gesetz jedoch nicht erkennen, daß unter „Wohnung“ mit einer „Wasserentnahmestelle ... im Inneren“ nur ein baulich, nicht aber auch ein rechtlich „geschlossener Verband“ mit zumindest zwei Zimmern zu verstehen sei. Zu dieser Frage finden sich weder in den Gesetzesmaterialien noch im Schrifttum Erörterungen. Vor der Entscheidung 5 Ob 52/95, deren Gegenstand die hier maßgebende Wohnung war, gab es dazu auch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs. Es war zwar bereits in den Entscheidungen MietSlg 37.326 und 36.319, 36.345/43 von einem „Wohnungsverband“ die Rede, daß jedoch darunter nur zumindest zwei in baulicher Hinsicht innen verbundene Räume zu verstehen seien, läßt sich weder dieser Rechtsprechung noch dem in MietSlg 37.326 zitierten Schrifttum (Würth in Korinek/Krejci aaO 358) entnehmen. Gerade das war jedoch bei der hier maßgebenden Wohnung, die aus mehreren Räumen, aber ohne eine innere bauliche Verbindung besteht, von Bedeutung. Da sich eine der beiden Wasserentnahmestellen aber in der zum rechtlichen Wohnungsverband gehörenden Küche befindet, ist die Ansicht der Gerichte des Vorprozesses im Rahmen des durch das Gesetz offen gelassenen Auslegungsspielraums vertretbar. Es ist nämlich auch die Küche der hier zu beurteilenden Wohnung „baulich in sich“ geschlossen (Würth in Rummel aaO Rz 23 c) und Teil des rechtlichen Wohnungsverbands. Entgegen dem Prozeßstandpunkt der Revisionswerberin ist daher den Gerichten des Vorprozessen nicht vorzuwerfen, daß sie ohne sorgfältige Begründung von einer klaren Gesetzeslage und eindeutigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen wären. Die Ansicht des Berufungsgerichts im Vorprozeß, „daß der Gesetzgeber bei der Errichtung der Mietzinskategorien das typische Wiener Miethaus“ mit einem WC auf einer Etage für alle Bewohner und einer „Wasserentnahmestelle“ im Flur vor Augen gehabt habe, ist - entgegen der Ansicht der Revisionswerberin - auch keine „aus der Luft gegriffene, juristisch nicht belegbare Tatsache“, sondern wird durch die Ausführungen Würths (in Korinek/Krejci aaO 355) nahegelegt, wo die Rede davon ist, „der Gesetzgeber“ sei sich bewußt gewesen, daß die „von ihm festgesetzten Stufen nicht immer der Realität“ entsprächen und „vor allem in vielen Wr Altbauten die Ausstattungsmerkmale der Kategorien A und B mit Ausnahme der aus Gründen der Bausubstanz oft nicht möglichen (oder unwirtschaftlichen) Integration des WC in den Wohnungsverband“ vorlägen.

Im Amtshaftungsprozeß stellt sich demnach gar nicht die in der Revision aufgeworfene Frage, daß sich der Ersatzanspruch nicht aufgrund einer „nachgeschobenen“ vertretbaren, wenngleich ebenso unrichtigen Rechtsansicht abweisen lasse. Die Revision geht aber unzutreffend auch vom Fehlen einer Rechtsprechung aus, daß an die Haftung des Rechtsträgers grundsätzlich der gleiche Maßstab wie für jene von Rechtsanwälten oder sonstigen Fachleuten anzulegen sei (vgl etwa: SZ 62/72; JBl 1991, 526; SZ 60/217).

Der durch die Revisionswerberin vertretene Prozeßstandpunkt liefe letztendlich darauf hinaus, den Gerichten jeden Auslegungsspielraum nach dem Inhalt einer später ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidung im nachhinein abzusprechen.

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