Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Tadzedin R***** wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über seine Berufung und seine Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Hingegen wird der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter H***** teilweise Folge gegeben, gemäß § 290 Abs 1 StPO auch in Ansehung der Angeklagten Renate G*****, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt,
1. im Ausspruch, daß der Wert der von Peter H***** und von Renate G***** verhehlten Sachen 500.000 S (weit) übersteigt und
2. demgemäß in der Unterstellung der Hehlerei auch unter § 164 Abs 4 erster Fall StGB,
3. in den sie treffenden Strafaussprüchen (einschließlich des Ausspruches über die Vorhaftanrechnung) sowie
4. die diese jeweils betreffenden Beschlüsse gemäß § 494 a StPO aufgehoben
und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter H***** zurückgewiesen.
Mit ihren Berufungen und Beschwerden werden dieser Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Tadzedin R***** auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen (auch unangefochtene Schuldsprüche des Rufat K***** und der Renate G***** enthaltenden) Urteil (berichtigt: ON 216) wurden Tadzedin R***** des Verbrechens des (ergänze: teils versuchten, teils vollendeten) schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 zweiter Satz erster (richtig: zweiter) Fall (ergänze: und § 15) StGB (I./1.und 2.) und Peter H***** des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 und 4 StGB (II.) schuldig erkannt.
Tadzedin R***** wird angelastet, seit 1993 (genauer: vom 9.April bis 14. Juni 1994) mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz gewerbsmäßig durch Einbruch in Wohnungen gemeinsam mit Rufat K*****
und teilweise einem abgesondert Verfolgten Bargeld, Schmuck und Gebrauchsgegenstände im Wert von zumindest 76.000 S gestohlen zu
haben, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb (I./1. und 2.).
Peter H***** liegt zur Last, gemeinsam mit Renate G***** seit 1991 bis 14.Juli 1994 Wertsachen in 500.000 S (weit) übersteigendem Wert, die teils Mitangeklagte, teils andere (auch unbekannt gebliebene) Täter durch Verbrechen und Vergehen gegen fremdes Vermögen erlangt hatten, durch Kauf oder Belehnen gewerbsmäßig an sich gebracht zu haben (II.).
Rechtliche Beurteilung
R***** und H***** wenden sich mit Nichtigkeitsbeschwerde gegen die jeweils sie treffenden Schuldsprüche (R***** aus Z 3, 5, 5a, 8 und 9 lit a, Peter H***** aus Z 5, 5a, 9 lit a und 11 des § 281 Abs 1 StPO).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Tadzedin R*****:
Die Verfahrensrüge (Z 3) meint, durch die Verlesung von Aussagen des (in der Hauptverhandlung nicht vernommenen abgesondert verfolgten) Demir M***** sei gegen § 252 Abs 1 StPO verstoßen worden. Trotz kursorischer Protokollierung ("Verlesen wird der wesentlichste Akteninhalt"; S 202/IV) ergebe sich dies aus dem Urteilshinweis auf dessen Aussage "in seinem eigenen Verfahren" (US 15).
Der Einwand versagt. Gerichtliche oder sonstige amtliche Protokolle über die Vernehmung von Mitbeschuldigten oder Zeugen oder solche Aussagen enthaltende amtliche Schriftstücke dürfen unter anderem dann verlesen werden, wenn deren Aufenthalt unbekannt ist (§ 252 Abs 1 Z 1 StPO). Nach dem Akteninhalt (s. S 30 verso des Antrags- und Verfügungsbogens und der Aktenübersicht zu ON 122) ist die Anschrift des bezeichneten Zeugen unbekannt. Wegen des ausdrücklichen einverständlichen Verzichtes auf weitere Zeugenvernehmungen (AS 202/IV) kann vorliegend überdies auf die Zustimmung zur Verlesung geschlossen werden (Mayerhofer/Rieder, aaO, E 50, 51).
Die Mängelrüge (Z 5) reklamiert unzureichende Gründe für die Feststellungen zur inneren Tatseite, insbesondere zur Annahme der Gewerbsmäßigkeit.
Die Rüge ist nicht nur in Ansehung des Diebstahls, dessen Begehung durch Einbruch und des daraus erhellenden inneren Vorhabens des Angeklagten unberechtigt, sondern auch in Ansehung der (Urteilsspruch I. und zu US 19) Gewerbsmäßigkeit, die (siehe US 9 oben) aus dem Fehlen eines redlichen Erwerbes in Verbindung mit der Häufigkeit der begangenen Einbruchsdiebstähle und der Verwertung der nicht unerheblichen Beutegegenstände zureichend begründet wurde.
Der weitere Einwand, der zu I. des Urteils angeführte Zeitpunkt des Beginnes der Straftaten ("seit 1993") stehe im Widerspruch zu den darauf folgend festgestellten, genauen, im Jahre 1994 liegenden Tatzeiten, übersieht, daß "seit 1993" auch 1994 erfaßt, abgesehen davon, daß der Tatzeitpunkt (in aller Regel, so auch hier) keine entscheidende Tatsache betrifft (Mayerhofer/Rieder, aaO, § 260 E 21 f, 32, 37 und 46 a).
Auch das Fehlen von Feststellungen über den Wert der zu I./1./d aufgeführten Schmuckgegenstände sowie des Bargeldes ist im vorliegenden Zusammenhang nicht entscheidenswesentlich, weil im Hinblick auf die übrigen Fakten die Wertgrenze von 25.000 S (§ 128 Abs 1 Z 4 StGB) in jedem Fall überschritten worden ist.
Ebenso geht der Vorwurf des Fehlens jeder Begründung für die erstgerichtliche Feststellung der Täterschaft des Angeklagten zum Urteilsfaktum I./2. fehl. Die Aussage des abgesondert verfolgten M***** (S 77 in ON 41/I des Aktes 1 c Vr 10566/95, welcher in der Hauptverhandlung noch als ON 2 des vorliegenden Aktes zur Verlesung gelangte und erst später ausgeschieden wurde) läßt nämlich hinreichend deutliche Rückschlüsse auf die Täterschaft des Nichtigkeitswerbers auch in Ansehung dieses Faktums zu.
Mit Beziehung auf den Zweitangeklagten Rufat K***** hat hingegen das Urteil in diesem Schuldspruch die Anklage (ON 114) mangels entsprechender Ausdehnung (wenn auch unbekämpft) überschritten.
Im übrigen weist die vom Erstgericht für die dem Nichtigkeitswerber sowie dem Angeklagten Rufat K***** gemeinsam angelasteten Taten gegebene Begründung (US 16) dem Rechtsmittelvorbringen zuwider keinen formalen Begründungsmangel auf.
Die Tatsachenrüge (Z 5 a) behauptet, keiner der in der Hauptverhandlung vom 21.Juni 1995 vernommenen Zeugen hätte den Angeklagten belastet. Unter Beachtung der Angaben des Zeugen Alfred E***** (S 601/3) übersieht die Beschwerde, daß diese weder Tatzeugen noch Entlastungszeugen gewesen sind und das Gericht ihre Aussagen auch nicht zur Begründung der Annahme der Täterschaft herangezogen hat. In den Akten begründete erhebliche Bedenken vermag der Angeklagte damit ebensowenig aufzuzeigen wie mit seinen nicht näher konkretisierten Vorbringen, das Protokoll der Hauptverhandlung enthalte nur unbestimmte und somit keine verwertbaren Aussagen. Die Mittäterschaft des Erst-(und der Zweit)angeklagten wurde auf ganz andere Prämissen gestützt (nochmals US 16).
Der Rüge nach Z 8 zuwider hat das Tatgericht zum Urteilsfaktum I./2. die Anklage (zwar hinsichtlich des Angeklagten R***** K*****, jedoch) hinsichtlich des Beschwerdeführers nicht überschritten. Daß im Urteilstenor als Mittäter zu dieser Tat nicht wie in der Anklage der abgesondert verfolgte Demir M***** sondern der Mitangeklagte Rufat K***** angeführt wird, ändert nichts daran, daß in Ansehung des Nichtigkeitswerbers eine Identität zwischen Anklage und Urteilstat besteht.
Auch die Rechtsrüge (Z 9 lit a) versagt. Sie behauptet völlig undifferenziert mangelnde Feststellungen zur subjektiven Tatseite, übergeht dabei aber jene, die die Mängelrüge vergeblich bekämpfte. Da die Ausführung dieser Rüge einerseits das einschränkungslose Festhalten am Urteilssachverhalt und den auf dieser Basis geführten Nachweis rechtsirrtümlicher Beurteilung durch das Erstgericht voraussetzt, andererseits aber auch die deutliche und bestimmte Bezeichnung jener Tatumstände verlangt, die den Nichtigkeitsgrund bilden sollen, wenn nicht ausdrücklich so doch durch deutliche Hinweisung (§ 285 a Z 2 StPO), mangelt es der Rechtsrüge an einer entsprechenden Ausführung.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter H*****:
Die Mängelrüge (Z 5) behauptet Undeutlichkeit der Feststellung, daß der Angeklagte im Tatzeitraum "zwischen einem und zwei Kilogramm Goldschmuck" erworben (US 15) und daß der Schmuck österreichische Punzierungen aufgewiesen habe (US 17).
Der Angeklagte verkennt, daß damit keine entscheidende (für die Unterstellung der Tat unter das Gesetz und auf die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes Einfluß übende) Tatsache betroffen ist, weil für die Qualifikation nach der ersten Alternative des § 164 Abs 4 StGB (nicht die Menge, des punzierten oder unpunzierten Goldes sondern) ausschließlich das Überschreiten der Wertgrenze von 500.000 S maßgeblich (worauf allerdings noch einzugehen sein wird) ist. Darüber hinaus ist der Angeklagte auf die Beweiswürdigung (US 17) zu verweisen, in der ausreichend ausführlich und keineswegs Denkgesetze verletzend dargelegt wurde, welche Überlegungen den Feststellungen zugrunde liegen.
Zwar blieb die Konstatierung, vom Drittangeklagten sei in einschlägigen Kreisen bekannt gewesen, daß er Goldschmuck ankaufe und nicht nach dessen Herkunft frage, ohne weitere Begründung. Doch stellt dies (mangels konkret abgeleiteter Konsequenzen) keinen entscheidungsrelevanten Umstand dar. Der weitere Umstand, daß die Angeklagten einander kannten, wird dem Beschwerdevorbringen zuwider im Urteil nicht zur Begründung der Täterschafts des Beschwerdeführers, sondern als Argument für jene des Erst- und Zweitangeklagten herangezogen (US 16).
Auch konnte die Vorgangsweise des Angeklagten zur Begründung der inneren Tatseite herangezogen werden, wie der Besitz von Scheidewasser, der Ankauf einer Vielzahl von Schmuckstücken (US 15), der Mangel an ausreichenden Barmitteln (US 9 und 17) und der Wiederverkauf oder das Versetzen des angekauften Schmuckes (US 18).
Als Aktenwidrigkeit wird (US 9) gerügt, daß der Angeklagte unangemeldet in Österreich gelebt habe und keiner Beschäftigung nachgegangen sei. Dies stehe in Widerspruch zu den Polizeierhebungen. Wie sich aus den gesamten Urteilsdarlegungen jedoch ergibt, beziehen sich diese kritisierten Feststellungen ausschließlich auf den Erstangeklagten. Dem Erstgericht ist in dieser Hinsicht lediglich ein (berichtigungsfähiger) Schreibfehler unterlaufen.
Fehl geht auch die Tatsachenrüge (Z 5 a), wonach die Feststellung des Erstgerichtes über die Kenntnis des Angeklagten von der unredlichen Herkunft (aus Einbruchsdiebstählen) des Schmuckes im Widerspruch zu den Beweisergebnissen und seiner Verantwortung stehe. Das Erstgericht konnte sich nämlich auf die Identifikation von Schmuckstücken aus Einbruchsdiebstählen durch zahlreiche Zeugen stützen (US 15 und und 17), wobei auch der Schluß, daß die auf unredliche Art erworbenen Schmuckstücke durchwegs aus Einbruchsdiebstählen erbeutet wurden, den Denkgesetzen nicht widerspricht. Der Einwand des Angeklagten, er habe sich durch entsprechende Fragen der redlichen Herkunft des Schmuckes versichert, er sei der Meinung gewesen, es habe sich um Sammlungen von Jugoslawen für deren Landsleute gehandelt sowie er habe den Schmuck im Vereinslokal offen aufbewahrt, vermag keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen aufzuzeigen.
Gleiches trifft auch auf die weitere Rüge zu, solche Bedenken ergäben sich auch gegen die Feststellungen bezüglich der Motivation für den Ankauf und die mangelnde wirtschaftliche Fähigkeiten zum redlichen Erwerb dieser Schmuckstücke.
Der Rechtsrüge (Z 9 lit a, sachlich Z 10), das Gericht habe keine Feststellungen zur Gewerbsmäßigkeit und der Kenntnis über die die Strafdrohung begründenden Umstände betroffen, stehen die vom Erstgericht (US 15 und 16) getroffenen (ausreichenden) Feststellungen entgegen. Der Angeklagte führt somit diesfalls seine Rechtsrüge nicht prozeßordnungsgemäß aus.
Die Beschwerde rügt jedoch (wie auch im Rahmen der Tatsachenrüge, Z 5 a) mit Recht das Fehlen von Gründen für die Annahme des Erstgerichtes, der Wert der verhehlten Schmuckstücke habe mehr als 500.000 S betragen. Dem Urteil kann nicht entnommen werden, wie das Erstgericht zu dieser Annahme gelangte, so daß der Schuldspruch II. hinsichtlich der Qualifikation auch nach § 164 Abs 4 erster Fall StGB in Ansehung dieses Angeklagten mit der erwähnten Nichtigkeit behaftet ist.
Da zur Feststellung des Wertes der verhehlten Gegenstände die Anordnung einer neuen Verhandlung nicht zu vermeiden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes aus diesem Grund in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat, war der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten in diesem Umfang Folge zu geben und das Urteil wie aus dem Spruch ersichtlich, aufzuheben (§ 285 e). Dieselben Gründe die dieser Verfügung zugrunde liegen, kommen auch der Mitangeklagten Renate G***** zustatten. Gemäß § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO war daher von Amts wegen der diese Angeklagte betreffende Teil des Urteils in gleichem Maß zu kassieren wie im Falle des Beschwerdeführers. Dessen darüber hinaus noch erhobene Strafzumessungsrüge bedarf wegen Kassierung des Strafausspruches keiner weiteren Erörterung.
Die Aufhebung der Strafaussprüche betrifft auch die damit untrennbar verbundenen (bekämpften) Beschlüsse gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO (H*****) und § 494 a Abs 1 Z 2 StPO (G*****) weswegen nicht nur die Berufungen sondern auch die Beschwerden des Peter H***** und der Staatsanwaltschaft darauf zu verweisen waren.
Im übrigen waren jedoch die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Tadzedin R***** (zur Gänze) und Peter H***** (im aufgezeigten Umfang) teils als offenbar unbegründet, teils jedoch mangels prozeßordnungsgemäßer Darstellung schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1 und 2 iVm 285 a Z 2 StPO).
Demgemäß ist zur Entscheidung über die Berufung und der Beschwerde des Angeklagten Tadzedin R***** das Oberlandesgericht Wien berufen (§ 285 i).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)