OGH 15Os86/96 (15Os87/96)

OGH15Os86/96 (15Os87/96)11.6.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.Juni 1996 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichts- hofes Mag.Strieder, Dr.Mayrhofer, Dr.Rouschal und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Spieß als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Harry R***** wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Z 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 12.April 1996, GZ 24 Vr 160/96-54, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen den gleichzeitig mit dem Urteil gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO gefaßten Beschluß in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung sowie über die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Harry R***** wurde des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Z 2 StGB schuldig erkannt, weil er (gegen drei Uhr) des 9.Oktober 1995 in Huben (Osttirol) entweder eigenhändig oder durch Besprechen der Tatausführung und durch Anhalten des PKWs am Tatort im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit einem unbekannt gebliebenen Begleiter versucht hat, durch Aufbrechen eines Behältnisses, nämlich eines versperrten Münzautomaten, der Tankstellenpächterin Paula K***** Geldmünzen, somit fremde bewegliche Sachen, mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich oder einen Dritten durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Zugleich widerrief das Erstgericht gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO die dem Angeklagten mit Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 8.Juni 1995 zum AZ 21 BE 341/95 gemäß § 3 Amnestie 1995 gewährte bedingte Nachsicht und ordnete den Vollzug des Strafrestes von drei Monaten und siebzehn Tagen an.

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Schuldspruch richtet sich die vom Angeklagten auf die Z 4, 5, "9 lit a, b und c" des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde; den Strafausspruch bekämpft er mit Berufung, den Widerrufsbeschluß mit Beschwerde.

Mit dem zuerst genannten Nichtigkeitsgrund (Z 4) wendet sich der Beschwerdeführer gegen das Zwischenerkenntnis des Gerichtshofes (§ 238 Abs 1 StPO), mit dem die von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung beantragte zeugenschaftliche Einvernahme der Irmgard P***** abgelehnt wurde, die bestätigen sollte, daß er sich am Sonntag, dem 8.Oktober 1995, um die Mittagszeit mit seiner Tochter Michaela bei ihr aufgehalten hat (307).

Diese unter Beweis gestellte Tatsache betrifft indes keinen entscheidenden (dh entweder für die Schuld oder für den anzuwendenden Strafsatz maßgebenden) Umstand; hat doch der Angeklagte vor Gericht (302) in Übereinstimmung mit dem Beschwerdevorbringen (337) zugegeben, zur präzisen Tatzeit (am Montag, dem 9.Oktober, zwischen 3 Uhr und 3.30 Uhr) am fraglichen Tatort anwesend gewesen zu sein. Daß durch die Aussage der Zeugin P***** zudem die Richtigkeit bzw Glaubwürdigkeit seiner (jegliche Beteiligung am inkriminierten Einbruchsdiebstahl leugnenden) Verantwortung insgesamt bewiesen (336) und dargetan werden sollte, er habe damals kurze Haare getragen (339), wird erst in der Beschwerdeschrift und damit verspätet vorgebracht. Demnach wurden durch die Nichtaufnahme des beantragten Beweises berechtigte Verteidigungsinteressen des Beschwerdeführers nicht beeinträchtigt.

Die Mängelrüge (Z 5) bezeichnet den Ausspruch des Gerichtshofes über entscheidende Tatsachen zunächst ganz allgemein als undeutlich, unvollständig, mit sich selbst im Widerspruch stehend, unzureichend und aktenwidrig begründet. In den weiteren Ausführungen macht der Nichtigkeitswerber aber den entscheidenden Fehler, daß er nicht die - aus einer Gesamtbetrachtung aller erhobenen Beweisergebnisse und des persönlichen Eindrucks gewonnenen und mängelfrei begründeten - erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen (US 4 f) bekämpft, sondern lediglich die an sich unanfechtbaren Erwägungen und Schlußfolgerungen der Tatrichter (US 5 f) kritisiert, indem er jedes der vier Glieder der Indizienkette, die nach Ansicht des Schöffengerichtes den Schuldspruch nur im Zusammenhang zu tragen vermögen (abermals US 5 f), isoliert herausgreift und sie voneinander losgelöst nach Art einer im kollegialgerichtlichen Nichtigkeitsverfahren unzulässigen Schuldberufung in Zweifel zieht, um schließlich beweiswürdigend zum Schluß zu kommen, daß kein Indiz für sich allein seine Täterschaft zu beweisen vermöge.

Wie das Erstgericht jedoch zutreffend ausführt (US 6), besteht das Wesen eines (nach der Strafprozeßordnung zulässigen und beim Leugnen eines Angeklagten, wenn Tatzeugen oder sonstige unmittelbare Beweise fehlen, einzige Grundlage des Schuldspruchs bildende) Indizienbeweises gerade darin, daß aus einer geschlossenen Kette von mehreren Indizien (Beweisergebnissen) ein logischer Schluß auf die Täterschaft gezogen wird (vgl hiezu Mayerhofer/Rieder aaO § 258 E 32 ff).

Die behaupteten formellen Begründungsmängel haften daher dem bekämpften Schuldspruch nicht an.

Nur der Vollständigkeit halber sei noch angemerkt, daß nicht - wie die Beschwerde vermeint (339 unten) - der Zeuge Harald Re*****, sondern der Zeuge Alfons K***** in der Hauptverhandlung ausgeführt hat (vgl 304), der tatgegenständliche Münzautomat sei am Sonntag Abend (8.Oktober) entleert worden, sodaß der Täter in der darauffolgenden Nacht möglicherweise keine Münzen erbeutet haben könnte.

Die nominell und undifferenziert auf § 281 Abs 1 "Z 9 lit a, b und c" StPO gestützten Rechtsrügen bringen keinen der genannten materiellen Nichtigkeitsgründe zur gesetzmäßigen Darstellung. Das gesamte Vorbringen beschränkt sich nämlich bloß auf eine unvollständige Zitierung eines einzigen Halbsatzes der erstgerichtlichen Erwägungen (US 6 dritter Absatz), wonach keines der in den Punkten 1. bis 4. der angeführten Indizien für sich allein betrachtet für den Schuldbeweis ausreicht. Ohne Rücksicht auf die weitere Urteilsbegründung zieht nun der Beschwerdeführer aus dieser Urteilspassage den verfehlten Schluß, das Schöffengericht habe damit selbst größte Zweifel über die Täterschaft des Angeklagten zum Ausdruck gebracht, weshalb er nach dem Zweifelsgrundsatz folgerichtig freigesprochen hätte werden müssen, zumal auch nach Meinung der Beschwerde ein Nachweis für die Täterschaft des Angeklagten zur Gänze fehle. Diese urteilsfremde und eigenwillige Beschwerdeargumentation setzt sich aber prozeßordnungswidrig über alle fehlerfrei begründeten subjektiven und objektiven Konstatierungen des Erstgerichtes über die Täterschaft des Angeklagten hinweg.

Demnach war die Nichtigkeitsbeschwerde teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt gemäß § 285 d Abs 1 Z 1 und Z 2 StPO iVm § 285 a Z 2 StPO bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Daraus folgt, daß zur Entscheidung über die Berufung und über die Beschwerde gegen den Widerrufsbeschluß das Oberlandesgericht Innsbruck berufen ist (§ 285 i StPO).

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