OGH 1Ob2121/96k

OGH1Ob2121/96k4.6.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Florian M*****, infolge Rekurses des Minderjährigen gegen den Beschluß des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgerichts vom 10.April 1996, GZ 2 R 124/96-23b, womit der Beschluß des Bezirksgerichts Feldkirchen vom 11.März 1996, GZ P 2146/95-20, teilweise aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Erstgericht sprach mit Beschluß vom 10.August 1992 ua aus, daß der vom unehelichen Vater seinem minderjährigen Sohn ab 1.Juni 1992 zu leistende Unterhaltsbetrag auf monatlich 2.700 S erhöht wird (ON 7). Am 17.November 1995 beantragte der Minderjährige eine Erhöhung des Unterhaltsbetrags auf monatlich 4.000 S ab 1.September 1995 (ON 13) und schränkte dieses Begehren am 23.Jänner 1996 auf einen Betrag von monatlich 3.600 S ab 1.September 1995 ein (ON 16).

Das Erstgericht gab diesem Erhöhungsbegehren statt und legte seiner Entscheidung folgenden Sachverhalt zugrunde:

Der Unterhaltspflichtige sei als kaufmännischer Angestellter beschäftigt und habe 1995 einschließlich der Sonderzahlungen ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 27.161 S erzielt. Diese Bezüge seien infolge eines außergerichtlichen Ausgleichs des Unterhaltspflichtigen als Geschäftsführer „seiner seinerzeitigen Firma“, einer Gesellschaft mbH, bis auf das Existenzminimum gepfändet, sodaß lediglich ein Betrag von monatlich 14.942 S zur Auszahlung gelange. Der Unterhaltsschuldner habe außer für den Antragsteller noch „für seine berufstätige Ehefrau sowie einen volljährigen studierenden Sohn gesetzlich zu sorgen“. Der Minderjährige besuche derzeit die erste Klasse eines „Gymnasiums“ und befinde sich in der Obsorge seiner verheirateten Mutter, die über ein Nettoeinkommen von monatlich rund 10.800 S verfüge und ebenso noch für ein weiteres Kind zu sorgen habe.

Diesen Sachverhalt beurteilte das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht im wesentlichen dahin, daß der Unterhalt aufgrund der altersmäßigen Bedürfnisse des Kindes und der finanziellen Leistungsfähigkeit des Vaters unter Berücksichtigung dessen Sorgepflichten auszumitteln sei. Nach der als Berechnungshilfe heranzuziehenden „Prozentsatzkomponente“ habe der Unterhaltsberechtigte, der 11 Jahre alt sei, Anspruch auf rund 18 % des „anrechenbaren väterlichen Einkommens“. Das ergebe einen Betrag von monatlich rund 4.900 S. Durch die Unterhaltserhöhung auf monatlich bloß 3.600 S werde demnach „der durch die überaus hohe Kreditbelastung des Vaters herbeigeführte finanzielle Engpaß berücksichtigt“. Unterhaltsansprüche würden durch das Gesetz bevorzugt. Der Schuldner habe daher bei Begründung sonstiger Verbindlichkeiten auf bestehende Unterhaltspflichten gehörig Bedacht zu nehmen und seinen Ausgabenrahmen entsprechend anzupassen.

Das Rekursgericht hob diese Entscheidung in Ansehung der Erhöhung des Unterhaltsbetrags von monatlich 3.000 S auf 3.600 S ab 1.September 1995 auf, trug dem Erstgericht in diesem Umfang die Ergänzung des Verfahrens und neuerliche Entscheidung auf und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es erwog in rechtlicher Hinsicht im wesentlichen, es könne nicht generell gesagt werden, daß die durch die frühere Erwerbstätigkeit des Unterhaltspflichtigen entstandenen Schulden die Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht minderten. Es komme vielmehr auf deren Rechtsgrund, den Zeitpunkt ihres Entstehens und auf deren „Voraussehbarkeit, Vermeidbarkeit, Vorwerfbarkeit und Tilgbarkeit“ an. Um eine abschließende rechtliche Beurteilung zu ermöglichen, bedürfe es daher ergänzender Tatsachenfeststellungen. Es werde noch zu klären sein, warum ein außergerichtlicher Ausgleich notwendig gewesen sei und auf welchen Vereinbarungen dieser beruhe, ob es Erwägungen über einen gerichtlichen Ausgleich gegeben habe, welche Bedingungen die Gläubiger gestellt hätten, an wen die durch den Arbeitgeber vom Arbeitseinkommen des Unterhaltspflichtigen abgezogenen Beträge überwiesen würden und ob „die behaupteten Kredite ausschließlich zur Schuldentilgung aus dem Ausgleich aufgenommen worden“ seien oder „damit auch Kosten der Lebensführung gedeckt werden“ sollten.

Der Rekurs ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Es entspricht ständiger Rechtsprechung, daß Kredite und die für deren Tilgung aufzubringenden Beträge nur dann von der Unterhaltsbemessungsgrundlage abzuziehen sind, wenn jene etwa zur Finanzierung existenznotwendiger Bedürfnisse bzw unabwendbarer außergewöhnlicher Belastungen oder zur Erhaltung der Arbeitskraft des Unterhaltsschuldners aufgenommen wurden (ZIK 1996, 35 [hier: Finanzierung eines gerichtlichen Zwangsausgleichs]; EFSlg 73.205; JBl 1991, 720; RZ 1991/70). Diese Grundsätze sind auch für die Beantwortung der Rechtsfrage maßgebend, ob die zur Finanzierung von Schulden aus einem außergerichtlichen Ausgleich erforderliche Kreditaufnahme eine Abzugspost von der Unterhaltsbemessungsgrundlage zu bilden vermag. Das Ergebnis deren Anwendung wird dabei von wertenden und auf die Umstände des Einzelfalls bezogenen Erwägungen bestimmt, die nicht als erhebliche Rechtsfragen im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG anzusehen sind, weil ihnen keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Die aufgrund eines außergerichtlichen Ausgleichs zu erfüllenden Verbindlichkeiten stellen im übrigen keine finanziellen Belastungen dar, die bei Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage anders als sonstige Schulden (allgemein dazu etwa: EFSlg 73.206; JBl 1991,720; RZ 1991/70) zu behandeln wären. Der Rekurswerber unterließ es auch, die im angefochtenen Beschluß ausgesprochene Rechtsansicht konkret zu bekämpfen und beschränkte seine Entscheidungskritik bloß auf die ganz allgemein gehaltenen Behauptungen, daß er auf den begehrten Unterhalt von monatlich 3.600 S „dringend angewiesen“ sei und „die Kreditrückzahlungen des ae.Vaters.....sicher nicht zu Lasten des Unterhaltes des Minderjährigen gehen“ könnten. Der Unterhaltsberechtigte vermag in seinem Rechtsmittel also ebenso keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufzuzeigen, die gegen die vom Rekursgericht ausgesprochene Rechtsansicht ins Treffen geführt werden könnte.

An den Ausspruch über die Zulassung des Rekurses gegen den vom Gericht zweiter Instanz gefaßten Aufhebungsbeschluß ist der Oberste Gerichtshof nicht gebunden; das Rechtsmittel des Unterhaltsberechtigten ist gemäß § 16 Abs 3 AußStrG in Verbindung mit § 510 Abs 3 ZPO zurückzuweisen.

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