OGH 4Ob2105/96d

OGH4Ob2105/96d29.5.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek, Dr. Niederreiter, Dr. Schalich und Dr. Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gisela A*****, *****" *****, vertreten durch Dr. Karl J.Grigkar, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei I***** Handels GesmbH, ***** vertreten durch Dr. Betram Grass und Mag. Christoph Dorner, Rechtsanwälte in Bregenz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 500.000), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 29. März 1996, GZ 2 R 82/96t-12, womit der Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 9. Februar 1996, GZ 9 Cg 10/96x-6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses vorläufig selbst zu tragen; die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionrekursbeantwortung endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Beide Parteien betreiben in Wien den Handel mit Parfümeriewaren und kosmetischen Artikeln. Im November 1995 versandte die Beklagte Werbeprospekte, in denen verschiedene kosmetische Produkte zu einem "Sparpreis" angeboten wurden. Dabei setzte sie jeweils Preise von Konkurrenzunternehmen daneben ("gesehen um"). In den dazu angebrachten Fußnoten wurden die Konkurrenzunternehmen bezeichnet, welche die angeführten höheren Vergleichspreise verlangen. Auf die Klägerin nahm die Beklagte bei folgenden Produkten Bezug:

Iceberg Homme Eau de Toilette Spray

Montana Homme Eau de Toilette Spray

Iceberg Twice Homme Eau de Toilette Spray

Ungaro Homme Eau de Toilette Spray.

Die Vergleichspreise soll die Klägerin laut Erklärung in den Fußnoten in der Zeit vom 9. bis 20. bzw 27. Oktober 1995 in Wien verlangt haben.

Mit der Behauptung, daß dieser Preisvergleich deshalb unrichtig sei, weil die Klägerin die angeführten Produkte in dem genannten Zeitraum überhaupt nicht geführt habe (und auch nicht führe), begehrt die Klägerin zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, in von ihr verbreitetem Werbematerial zum Zweck der Hervorhebung einer angeblichen besonderen Preiswürdigkeit der eigenen Produkte unter ausdrücklicher Nennung des Unternehmens der Klägerin irreführende Preisvergleiche mit Produkten, die von dieser nicht geführt wurden oder werden, vorzunehmen.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Ihre Preisangaben seien wahr, weil die in der Klage angeführten Produkte am 12. Oktober 1995 im Geschäft der Klägerin in W***** zu den im Prospekt angeführten Preisen tatsächlich geführt worden seien.

Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag (mit einer sprachlichen Verdeutlichung: "... Preisvergleiche mit Produkten vorzunehmen, die von der gefährdeten Partei zu dem in der Werbung genannten Vergleichszeitpunkt nicht geführt werden.") statt. Ob die Klägerin die im Preisvergleich angeführten Produkte überhaupt geführt habe, habe sich im Provisorialverfahren nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit klären lassen. Die Beweislast für die Unrichtigkeit einer Werbeaussage treffe zwar grundsätzlich den Kläger. Im vorliegenden Fall trete aber eine Verschiebung der Beweislast ein, weil die Klägerin mangels genauer Kenntnis der Tatumstände ganz besondere, unverhältnismäßige Beweisschwierigkeiten habe, wogegen der Beklagten diese Kenntnisse zur Verfügung stünden und es ihr daher nicht nur leicht möglich, sondern nach Treu und Glauben auch ohne weiteres zumutbar sei, die erforderlichen Aufklärungen zu geben.

Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Ob die bekämpfte Negativfeststellung des Erstgerichtes unbedenklich sei, könne offenbleiben. Die von der Rechtsprechung zur Beweislast bei Alleinstellungswerbungen angestellten Erwägungen träfen auf die Fälle vergleichender Werbung in der Regel nicht zu. Welche Produkte in einem Geschäft nicht geführt werden, könne der Geschäftsinhaber ohne weiteres bescheinigen. Die von der Klägerin im Rekursverfahren nicht in Zweifel gezogene Negativfeststellung gehe daher zu ihren Lasten.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluß erhobene außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig, weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist; er ist auch berechtigt.

Die von den Vorinstanzen und den Parteien angestellten Überlegungen zur Beweislast in den Fällen des § 2 UWG bedürfen hier keiner Erörterung:

§ 2 UWG regelt irreführende Angaben über die eigenen geschäftlichen Verhältnisse des Werbenden (Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2 II 39; ecolex 1993, 537-Gewinnummer). Unrichtige herabsetzende Angaben über das Unternehmen eines anderen fallen unter § 7 UWG. In den Fällen unzutreffender vergleichender Werbung ist eine Konkurrenz der Tatbestände nach § 2 und 7 UWG möglich, kann doch hier sowohl eine Irreführung über eigene als auch über fremde geschäftliche Verhältnisse vorliegen (Koppensteiner aaO; Schuhmacher in WBl 1987, 159, zur Entscheidung WBl 1987, 157 = ÖBl 1989, 42 - 7 von 10 Vorarlbergern). Wird etwa in einem Werbevergleich der eigene Preis zu niedrig angegeben, liegt ein Verstoß gegen § 2 UWG vor; werden aber unrichtige Angaben über einen zu hohen Preis des Mitbewerbers gemacht, dann liegt darin eine kreditschädigende herabsetzende Äußerung im Sinn des § 7 UWG.

Soweit die Beklagte im Werbeprospekt behauptet hat, die Klägerin vertreibe bestimmte Produkte teurer als sie selbst, hat sie damit eine Tatsache behauptet, die geeignet ist, den Betrieb des Unternehmens der Klägerin zu schädigen. Ihr ist eine solche Behauptung zu verbieten, sofern sie nicht erweislich wahr ist (§ 7 Abs 1 UWG). Den Wahrheitsbeweis hat in einem solchen Fall also immer der Beklagte zu erbringen (SZ 51/39 = ÖBl 1978, 92 - Emailschmuck; ÖBl 1987, 97 - Avanti (Federsel); ÖBl 1994, 25 - IMAS - Report uva). Das gilt auch bei einer herabsetzenden vergleichenden Werbung (MR 1989, 68 - Schadensberatung).

Aus diesen Erwägungen war in Stattgebung des Revisionsrekurses die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekurses der Klägerin gründet sich auf § 393 Abs 1, jener über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 Abs 1, § 52 ZPO.

Stichworte