OGH 7Ob2034/96k

OGH7Ob2034/96k15.5.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Brunhilde R*****, vertreten durch Dr.Walter Schuppich, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Gertrude S*****, vertreten durch Dr.Franz Kreibich und andere, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen S 1,048.125,13 sA infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 24.Jänner 1996, GZ 1 R 246/95-19, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Eine Verletzung der Auslegungsregeln liegt nicht vor: Nach ständiger Rechtsprechung (MietSlg 30.125; EvBl 1980/99; RdW 1987, 205) trifft denjenigen, der eine vom Wortlaut des schriftlichen Vertrages abweichende Vereinbarung behauptet, die Beweislast. Erst dann, wenn ein derartiger Beweis nicht erbracht werden kann, ist die Bestimmung im Wege der rechtlichen Beurteilung anhand der Regel des § 914 ABGB auszulegen (EvBl 1980/99; EvBl 1992/112). Da die Beklagte die vom schriftlichen Vertragstext abweichende Vereinbarung, daß ihr die Kaufpreisschuld nach dem Tod der beiden Verkäufer erlassen wird, nachgewiesen hat, kommt eine Auslegung in der Richtung, ob die Vertragsparteien des Kaufvertrages dennoch die Vererblichkeit der Kaufpreisforderung beabsichtigt haben, nicht in Frage.

Das Abgehen von der in der schriftlichen Vertragsurkunde vorgesehenen Schriftlichkeitsklausel ist, ob ausdrücklich oder schlüssig, jederzeit möglich und für vorausgehende und gleichzeitige Nebenabreden möglich (MietSlg 26.064; MietSlg 26.085; JBl 1981, 317; ÖBl 1983, 68).

Die Vereinbarung, daß Ratenzahlungen mit dem Tod des Gläubigers enden sollen, die Schuld also erlassen wird, ist unentgeltlicher Schulderlaß und nicht Schenkung auf den Todesfall (EvBl 1977/244). Der unentgeltliche Schulderlaß ist nach der Rechtsprechung (EFSlg 41.163; JBl 1981, 650; SZ 51/15; EvBl 1974/79; RZ 1968/108; JBl 1950,

509) formfrei. Der Notariatsaktsform bedarf es auch dann nicht, wenn die Schuld auf den Todesfall erlassen wird (EFSlg 41.163; EvBl 1977/244). Auf die Kritik an dieser herrschenden Rechtsprechung (Fenyves in Ruppe, Handbuch der Familienverträge2, 77 f; Rummel in Rummel, ABGB2 Rz 8 zu § 1444: Kralik, Erbrecht3, 169) braucht diesmal nicht eingegangen zu werden, wurde im vorliegenden Fall doch nicht bloß eine Schuld erlassen, sondern ist die festgestellte, vom schriftlichen Kaufvertragstext abweichende Vereinbarung, daß die Kaufpreisschuld mit dem Tod der Verkäufer enden soll, nicht anders zu beurteilen wie ein formfreier Leibrentenvertrag, bei dem die Schuld mit dem Tod des Gläubigers endet, ohne daß es eines besonderen Aktes des Verzichts bedarf.

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