OGH 4Ob2103/96k

OGH4Ob2103/96k14.5.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Griß und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Gerhardt P*****, vertreten durch Dr.Ernst Hagen und Dr.Günther Hagen, Rechtsanwälte in Dornbirn, wider die beklagte Partei Erzdiözese Wien, vertreten durch Dr.Alfred Haberhauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert S 50.001), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 28.Februar 1996, GZ 35 R 40/96h-24, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 19.Juli 1995, GZ 7 C 117/95f-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei wird gemäß § 526 Abs 2 letzter Satz ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528 a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtsweges ist nach ständiger Rechtsprechung in erster Linie der Wortlaut des Klagebegehrens und darüber hinaus der Klagesachverhalt (die Klagebehauptungen) maßgebend. Es kommt auf die Natur, das Wesen des geltend gemachten Anspruches an. Ist er privatrechtlicher Art, dann haben darüber die Zivilgerichte zu entscheiden (SZ 61/88; SZ 62/108; SZ 63/96; SZ 64/57; ÖBl 1993, 8 uva; Mayr in Rechberger, ZPO, Rz 6 vor § 1 JN mwN).

Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch ist aber seiner Natur nach kein privatrechtlicher. Sein Begehren - die Beklagte schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, die Erfüllung religiöser Pflichten, insbesondere die Zahlung der nach der KBO festgesetzten Beiträge, durch die Inanspruchnahme staatlichen Zwanges durchzusetzen; in eventu festzustellen, daß die Beklagte zu solchen Maßnahmen nicht berechtigt sei - zielt darauf ab, der Beklagten das Recht auf Klage- und Exekutionsführung (und auch auf jede sonstige Inanspruchnahme behördlicher Maßnahmen) abzusprechen. Darauf hat aber der Kläger jedenfalls keinen privatrechtlichen Anspruch. Die Regelung, ob und in welcher Weise ein Rechtsobjekt Ansprüche mit staatlicher Hilfe durchsetzen kann, gehört zum öffentlichen Recht (vgl nur Fasching III 9; derselbe, LB2, Rz 13).

Die Frage, ob die Beklagte berechtigt ist, zur Durchsetzung eines Anspruches gegen den Kläger den Rechtsweg zu beschreiteen, ist eine prozessuale Frage, die in einem solchen Prozeß nach den Bestimmungen des Verfahrensrechtes (das zum öffentlichen Recht gehört) zu lösen ist; der Kläger kann aber nicht aus dem Privatrecht (= bürgerlichem Recht) einen Anspruch darauf ableiten, daß die Beklagte den Rechtsweg gar nicht beschreitet (oder sonst den Staat zu Hilfe ruft).

Die Rechtsmittelausführungen des Klägers liegen größtenteils neben der Sache; die von ihm aufgeworfenen rechtlichen Probleme sind für die Lösung der hier allein maßgeblichen Frage ohne Bedeutung.

Aus dem Hinweis auf Fasching III 8 f (Anmerkung 11 vor §§ 226 ff ZPO) ist für den Standpunkt des Klägers nichts zu gewinnen. Selbst wenn man sich der vom Kläger offenbar vertretenen Auffassung anschließen wollte, die katholische Kirche (und damit die Beklagte) habe auf ihre Ansprüche verzichtet, könnte das nur zur Abweisung von deren Klagen führen, nicht aber die Unzulässigkeit des Rechtsweges für das hier erhobene Klagebegehren begründen. Entgegen den Rechtsmittelausführungen richtet sich das Klagebegehren sehr wohl gegen den Justizgewährungsanspruch für die Beklagte. Sollten die Ausführungen des Klägers zu Punkt 3 lit c des Rechtsmittels dahin verstanden werden, daß die "Kirche", also auch die hiesige Beklagte, zwar klagen könne, ihre Klagen aber abgewiesen werden müßten, dann stehen sie im Widerspruch zu dem Klagebegehren, das ja nicht auf die Feststellung gerichtet war, die Beklagte habe gegenüber dem Kläger auf ihren Kirchenbeitragsanspruch verzichtet, sondern darauf, der Beklagten ganz allgemein die Inanspruchnahme staatlicher Zwangsmaßnahmen zu untersagen (oder ein entsprechendes Feststellungsurteil zu erlassen).

Stichworte