OGH 6Ob1520/96

OGH6Ob1520/968.5.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Zechner und Dr.Prückner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Rudolf P*****, vertreten durch Dr.Helmut Salzbrunn, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Franz B*****, vertreten durch Dr.Karl Benkhofer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Zuhaltung eines Vertrages (Streitwert 680.000,-- S), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 22.November 1995, GZ 13 R 159/95-62, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Beim geplanten Verkauf einer Liegenschaft des Beklagten an den Kläger bestand zwischen den Parteien Einigung über den Kaufpreis (ein Teil sollte durch Übernahme eines Pfandrechtes berichtigt werden). Die Liegenschaft ist mit einer in der Natur ersichtlichen Servitut (Kanal zugunsten eines Liegenschaftsnachbarn) und einer Abtretungsverpflichtung zugunsten des öffentlichen Gutes belastet (außerbücherliche Lasten).

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht ist mit seiner Ansicht, daß der Kaufvertrag trotz fehlender Erörterung der Parteien über die Tragung dieser außerbücherlichen Lasten zustandegekommen sei, nicht von der oberstgerichtlichen Rechtsprechung abgewichen. Mangels Vorbehaltes einer Einigung über diesen Nebenpunkt (die Qualifizierung als Nebenpunkt ist eine hier unbedenkliche Vertragsauslegung nach den Umständen des Einzelfalls) kam der Kaufvertrag schon mit der Einigung über den Kaufgegenstand und den Kaufpreis zustande. Die fehlenden Punkte sind aus dem Willen der Parteien oder aus dem Gesetz zu erschließen (SZ 61/136, 62/9). Dem grundsätzlich richtigen Hinweis des Revisionswerbers auf die oberstgerichtliche Rechtsprechung, wonach ein Vertrag als nicht zustandegekommen erachtet wird, wenn ein Vorbehalt hinsichtlich offengebliebener Punkte gemacht wurde, sind die Feststellungen des Erstgerichtes über das Fehlen eines solchen Vorbehaltes entgegenzuhalten.

Es mag sein, daß der Käufer hinsichtlich der allenfalls aufgrund ergänzender Vertragsauslegung anzunehmenden Verpflichtung zur Übernahme von außerbücherlichen Lasten (vor allem hinsichtlich der offenkundigen Servitut) einen falschen Rechtsstandpunkt vertritt (in der Klage wird die Zusage des Beklagten über die Lastenfreiheit behauptet). Dies ändert aber nichts daran, daß er aufgrund des zustandegekommenen Kaufvertrages einen Anspruch darauf hat, daß eine für die Verbücherung ausreichende Vertragsurkunde ausgestellt bzw diese durch Gerichtsurteil ersetzt wird. Für den Eigentumsverschaffungsanspruch des Klägers muß die Frage der Lastentragung und eine allfällige Depurierungspflicht des Beklagten nicht abschließend geklärt werden. Der vom Kläger angestrebte Kaufvertragstext enthält nur die nach dem Parteiwillen übereinstimmenden, unstrittigen Hauptpunkte der Vereinbarung, insbesondere die unbedingte Verpflichtung des Käufers zur Zahlung des Kaufpreises. Wegen dieser Einigung liegt kein Dissens vor. In den gegensätzlichen Auffassungen über die außerbücherlichen Lasten liegt ein versteckter Teildissens über einen Nebenpunkt. Diese Regelungslücke ist - wie die Vorinstanzen zutreffend erkannten - durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen (7 Ob 625/92). Das Ergebnis dieser Lückenschließung ist jedoch keine präjudizielle Vorfrage für den Anspruch des Klägers auf Errichtung eines verbücherungsfähigen Kaufvertrages. Sie müßte nur dann gelöst werden, wenn der Kläger auch die Frage der Lastenfreiheit zum Gegenstand seines Urteilsantrages gemacht hätte.

Stichworte