OGH 4Ob2072/96w

OGH4Ob2072/96w30.4.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Graf und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stefanie W*****, vertreten durch Dr.Hans Gradischnig, Rechtsanwalt in Villach, wider die beklagte Partei Sportverein D*****, vertreten durch Dr.Gerald Herzog und andere Rechtsanwälte in Klagenfurt, sowie des der beklagten Partei beigetretenen Nebenintervenienten Sportverein A*****, vertreten durch Dr.Hans Jalovetz und Dr.Paul Wachschütz, Rechtsanwälte in Villach, wegen S

166.904 sA und Feststellung (Gesamtstreitwert S 196.904; Revisions- und Rekursinteresse S 98.452), infolge Revision und Rekurses der beklagten Partei gegen das Urteil und den Beschluß des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 26.November 1995, GZ 2 R 347/95-18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Villach vom 9.August 1995, GZ 16 C 2699/93d-11, teilweise bestätigt, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision und der Rekurs werden zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508 a Abs 1, § 526 Abs 2 Satz 2 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichtes liegen die Voraussetzungen des § 502 Abs 1, § 519 Abs 2 ZPO - nicht vor:

Die Entscheidung hängt nämlich nicht von der nach Meinung des Berufungsgerichtes erheblichen Rechtsfrage ab, ob "die Annahme eines unentgeltlichen Vertrages gerechtfertigt ist, bzw ob sich daraus ein Unterschied in der Haftung für Verkehrssicherung ergibt". Selbst wenn man bei Bestehen eines Vertragsverhältnisses eine strengere Haftung des Veranstalters als bei bloßer Verletzung der Verkehrssicherungspflichten annehmen wollte, könnte das hier am Ergebnis nichts ändern.

Das Bestehen von Verkehrssicherungspflichten, deren schuldhafte Verletzung Ersatzpflichten auslöst, wird heute - sowohl in der Bundesrepublik Deutschland als auch in Österreich - allgemein anerkannt (Koziol, Haftpflichtrecht2 II 57 mit Nachweisen aus Schrifttum und Rechtsprechung; SZ 60/256). Der Gedanke der Verkehrssicherung beschränkt sich nach heutiger Auffassung nicht mehr auf den räumlich-gegenständlichen Bereich, innerhalb dessen ein Verkehr stattfindet, sondern umfaßt die Sicherung des Verkehrs vor Gefahrenquellen aller Art (Mertens im Münchener Kommentar2 Rz 183 zu § 823 BGB; Koziol aaO 57 f, 61 f; Reischauer in Rummel, ABGB2 Rz 5 zu § 1294; SZ 52/5; SZ 60/256 uva). Nach diesem Grundsatz haben die Veranstalter von Sportwettbewerben für die im Interesse der Sicherheit von Beteiligten und Zuschauern erforderlichen Vorkehrungen zu sorgen (Zeuner in Soergel11 Rz 170 zu § 823 BGB; SZ 49/154; SZ 60/256). Liegt - wie im vorliegenden Fall - die Möglichkeit nahe, daß sich aus einer Veranstaltung Gefahren für andere ergeben, so hat der Verantwortliche im Rahmen des Zumutbaren auch dagegen angemessene Maßnahmen zu treffen (Zeuner aaO; BGH in NJW 1980, 223). Die allgemeine Verkehrssicherungspflicht verlangt Sicherungsmaßnahmen zum Schutz aller Personen, deren Rechtsgüter durch die Schaffung einer Gefahrenlage verletzt werden können (SZ 60/256 ua).

Daß bei Eishockeyspielen die Zuschauer durch Puckflug gefährdet sind, steht fest. Daraus folgt aber, daß der Beklagte unabhängig davon, ob er von seinen Zuschauern Eintrittsgeld verlangt oder nicht, verpflichtet ist, diese im Rahmen des ihm Zumutbaren vor den Gefahren zu schützen. Aus SZ 57/57 läßt sich nicht der Schluß ziehen, daß der Veranstalter eines Eishockeyspiels nur bei Verletzung seiner gegenüber den Zuschauern begründeten vertraglichen Schutzpflicht in Anspruch genommen werden könnte. Schon die sich aus § 1295 ABGB sich ergebende Verkehrssicherungspflicht ist eine hinreichende Grundlage für die Haftung (vgl SZ 49/154).

Die angefochtene Entscheidung hält sich im Rahmen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu den Verkehrssicherungspflichten. Das Berufungsgericht hat ohnehin berücksichtigt, daß der Beklagten nicht Sicherungsmaßnahmen im gleichen Umfang zugemutet werden können wie "in Form von Geschäftsbetrieben geführten Eishockeyvereinen mit Millionenbudgets". Soweit das Berufungsgericht der Meinung war, der Beklagten wären die Aufstellung besser sichtbarer Warntafeln und der Einsatz einer Ordnerdienstes zumutbar gewesen, steht das mit den Grundsätzen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes in Einklang; von einer Verkennung der Rechtslage, die im Interesse der Rechtssicherheit wahrgenommen werden müßte, kann keine Rede sein. Ob allenfalls eine andere Verschuldensteilung zu rechtfertigen wäre, ist keine erhebliche Rechtsfrage (Kodek in Rechberger, Rz 3 zu § 502 mwN).

Ein Verstoß gegen § 405 ZPO liegt nicht vor, hat doch die Klägerin ausdrücklich schon in der Klage ihr Begehren (auch) auf eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht gestützt (S. 5).

Der Ausspruch über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf § 40 ZPO. Da die Klägerin auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen hat, diente ihre Rechtsmittelbeantwortung nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung (RZ 1977, 134; EvBl 1986/128 uva).

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