European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1996:0050OB02075.96Z.0430.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Gericht erster Instanz zurückverwiesen.
Text
Begründung
Die namentlich angeführten Parteien dieses Verfahrens sind ‑ zusammen mit anderen Verfahrensbeteiligten - Mit‑ und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ ***** mit dem Grundstück 556/3, auf dem sich das sogenannte "R*****zentrum", eine aus Wohnungen und Geschäftslokalen bestehende Anlage, befindet.
Laut Kauf‑ und Wohnungseigentumsvertrag vom 8.7.1977 gehörten insgesamt 94 Wohnungseigentumsobjekte zu dieser Anlage. Ihr mit Beschluß des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 2.7.1977 festgelegter Gesamtnutzwert betrug 5.255. Das Objekt Top 41, ein Geschäftslokal im Erdgeschoß des Hauses B, hatte damals eine Nutzfläche von 372,06 m2.
Eigentümerin des Geschäftslokals Top 41 blieb zunächst die Wohnungseigentumsorganisatorin, die R***** GesmbH. Mit Kaufvertrag vom 2.10.1980 erwarb der Antragsteller einen Teil dieser Einheit; erst mit der Vereinbarung über Schenkungsvorgänge und Wohnungseigentum vom 25.10.1984 wurden dann die Miteigentumsanteile berichtigt und gleichzeitig die Wohnungseigentumsobjekte Top 95, 96 und 97 geschaffen. Sämtliche Miteigentümer unterfertigten diesen Vertrag.
In diesem Zusammenhang erwarb der Antragsteller die Top 41 (ursprünglich 165/5255 Anteile, neu 165/5123 Anteile) und die Top 95 (ursprünglich 80/5255 Anteile, neu 80/5123 Anteile). Zum Zeitpunkt des Erwerbs war das Objekt gerade in Errichtung; der Vertrag wies die von ihm erworbenen Anteile (Objekte) mit einer Geschäftsraumwidmung aus.
Die nunmehrige Top 41 liegt am südlichen Ende der Anlage. Nördlich daran anschließend befindet sich die Top 95, daran anschließend eine Wohnungseigentumseinheit, die der R***** registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung gehört und jeweils vermietet ist. Wiederum nördlich daran anschließend befinden sich weitere Geschäftslokale.
In der nunmehrigen Top 41 wird derzeit ein China‑Restaurant betrieben, das abends bis ca 23.00 Uhr geöffnet ist. Dieses Lokal wird durchschnittlich frequentiert. Es handelt sich um ein typisches Speiselokal, in dem Speisen und Getränke verabreicht werden.
Ursprünglich hatte der Antragsteller in Top 41 das Cafe F***** betrieben, wobei er einen Durchgang zu Top 95 geschaffen und auch dieses Lokal als Gastraum benützt hatte. Im hinteren Bereich (des Lokals Top 95) war zwischendurch eine Backstube eingerichtet, im vorderen Teil kurzfristig eine Eisdiele betrieben worden, ehe der Raum wieder für den normalen Cafe‑Betrieb benützt wurde.
In das Objekt Top 95 konnte man auf zwei Arten gelangen, einerseits über Top 41, andererseits über einen Windfang, der zur benachbarten Wohnungseigentumseinheit der R***** reg. GenmbH gehört. Die R***** war damit einverstanden, daß von diesem Windfang ein Zugang zu Top 95 besteht, machte diese Zustimmung jedoch davon abhängig, daß auch der jeweilige Mieter ihres Lokales zustimmt. Nun ist die Vermietung des Lokals zum Betrieb einer Apotheke vorgesehen. Der zukünftige Mieter hat dem Antragsteller bereits mitgeteilt, daß er der weiteren Benützung seines Objektes als Zugang zu Top 95 nicht zustimmt. Da Top 41 nunmehr als China‑Restaurant benützt wird und von dort kein Zugang mehr zur Top 95 besteht, verfügt Top 95 derzeit nur über einen Eingang vom rückseitig gelegenen Stiegenhaus. Das Amt der Stadt Feldkirch hat mit Schreiben vom 20.10.1994 dem Antragsteller bereits mitgeteilt, daß es sich bei dem von ihm vorgesehenen Einbau einer Tür zur Straße um eine nur unwesentliche Änderung handle, die sich auf das Aussehen des Gebäudes nicht auswirkt und auch keine Beeinträchtigung der Sicherheit und Gesundheit sowie von Nachbarrechten zur Folge hat.
Ein am 21.2.1980 ergangener Bescheid des Amtes der Stadt Feldkirch vom 21.2.1980 enthält in Punkt 1. folgende Feststellung: "Im Anschluß an das Cafe F***** wurde(n) eine Eisdiele mit 14 Sitzplätzen, eine Backstube für die Konditorei und sanitäre Anlagen errichtet." Tatsächlich betrieb der Antragsteller - wie vorhin erwähnt ‑ in Top 41 zunächst das Cafe‑Restaurant F***** und nutzte dabei die anschließende Top 95 als weiteren Gastraum, wo im wesentlichen ebenfalls Cafe‑Betrieb herrschte. Dieses Cafe war von 8.30 Uhr bis 24.00 Uhr geöffnet; das Amt der Stadt Feldkirch bewilligte sogar eine Sperrstundenverlängerung bis 2.00 Uhr früh. Wegen Überschreitung der Sperrstunde gab es fallweise Reklamationen von Miteigentümern der darüberliegenden Wohnungen. Die Eisdiele selbst wurde bis etwa 1982/1983 betrieben. Danach wurde die Eingangstür des Windfangs zur Straße geschlossen und der Windfang in Übereinstimmung mit dem Mieter des benachbarten Lokales ebenfalls als weitere Gasträumlichkeit genutzt. Ab diesem Zeitpunkt bestand also kein straßenseitiger Zugang mehr zur Top 95. Ab 1982/83 wurde in den Räumlichkeiten des Antragstellers auch nur mehr ein Cafe betrieben.
In weiterer Folge verkaufte der Antragsteller Top 95 an den Mieter des benachbarten Lokals. Dieser betrieb in beiden Wohnungseigentumseinheiten (dem eigenen und dem gemieteten) ein Küchenstudio, das er im Jahre 1994 schloß. Danach stand Top 95 leer. Im April 1995 erwarb der Antragsteller diese Wohnungseigentumseinheit wieder. Er beabsichtigt nun, darin ein Cafe/Pub mit vier Tischen (insgesamt 13 Sitzplätzen) sowie einer Theke mit mehreren Stehplätzen zu betreiben. Als Öffnungszeit ist 9.00 Uhr bis 24.00 Uhr vorgesehen. Im Bereich der früheren Backstube sind WC‑Anlagen und ein Lagerraum vorgesehen. Es ist nicht beabsichtigt, im Cafe/Pub Speisen zu verkaufen; es ist lediglich an den Ausschank von alkoholischen und nicht alkoholischen Getränken gedacht, allenfalls sollen kleine Speisen wie Toast oder eine Gulaschsuppe verabreicht werden.
Die Entlüftung sowohl des China‑Restaurants (in Top 41) als auch der Top 95 erfolgt seit Errichtung über die Tiefgarage. Geplant ist eine neue Entlüftungsanlage für beide Wohnungseigentumseinheiten über das Dach, zumal es Reklamationen über Geruchsbelästigungen von den Mitbewohnern des Gebäudes gegeben hat. Bisher wurde diese Lüftungsanlage nicht errichtet.
Zur Wohnungseigentumsanlage "R*****zentrum" gehören Parkplätze, wobei an den in der Tiefgarage gelegenen Parkplätzen ebenfalls Wohnungseigentum begründet ist. In der Umgebung des R*****zentrums besteht eine beschränkte Anzahl von Parkplätzen, die von Besuchern der Bewohner dieses Zentrums und Kunden der Geschäfte genützt werden. Es kommt immer wieder vor, daß Besucher nicht sofort einen Parkplatz finden, sondern in größerer Entfernung parken müssen.
Im derzeitigen China‑Restaurant wird keine laute Musik gespielt. Es sind in diesem Zusammenhang bisher auch keine Lärmbelästigungen der Bewohner des Hauses und anderer Miteigentümer aufgetreten. Wohl aber parken Besucher dieses Lokales ihre Fahrzeuge in unmittelbarer Umgebung des R*****zentrums. Insbesondere wenn sie zu späterer Nachtstunde das Lokal verlassen, werden die Miteigentümer durch Zuschlagen der Autotüren und die mit dem Aufbruch verbundenen Geräusche gestört. Dies betrifft vor allem jene Miteigentümer, die ihre Wohnungen direkt über dem China‑Restaurant haben, zumal sich auch die Schlafzimmer straßenseitig, also auf der Seite des Ein‑ und Ausgangs des China‑Restaurants befinden. Durch den Betrieb des China‑Restaurants kommt es auch fallweise zu Verschmutzungen des Liftes, wenn Lebensmittel vom Keller in das Restaurant transportiert werden.
Um sein Vorhaben verwirklichen zu können, im Objekt Top 95 einen gastgewerblichen Betrieb in der Form eines Cafe/Pub einzurichten, hat der Antragsteller den Antrag gestellt, die Antragsgegner, das sind jene Mit‑ und Wohnungseigentümer, die ihm eine Zustimmungserklärung verweigerten, zur Duldung der entsprechenden Umwidmung des Lokals Top 95 sowie der Errichtung eines separaten straßenseitigen Zugangs zu verpflichten; in eventu hätten sie ihm die erforderlichen Zustimmungen zu erteilen. Begründet wurde dieses Begehren im wesentlichen damit, daß es letztlich nur um eine Änderung der Bewirtschaftungsform eines bereits bestehenden Gastronomiebetriebs gehe. Die Kundenfrequenz werde gegenüber dem seinerzeitigen Betrieb einer Backstube und Eisdiele sogar zurückgehen. Die vorgesehenen Änderungen entsprächen der Übung des Verkehrs und überdies einem wichtigen Interesse des Antragstellers; andererseits würden schutzwürdige Interessen der Antragsgegner nicht beeinträchtigt.
Dem hielten die Antragsgegner entgegen, daß durch die angestrebte Änderung sehr wohl schutzwürdige Interessen anderer Miteigentümer verletzt würden. Es sei ein Vergleich zwischen der tatsächlichen Verwendung des Lokals Top 95 in den letzten Jahren (als Küchenstudio) und der beabsichtigten Einrichtung eines zusätzlichen Gastronomiebetriebes anzustellen. Dieser Betrieb führe zu verstärkten Lärmbelästigungen (nicht zuletzt wegen der beabsichtigten Ausschank von Alkohol), einer Ausweitung der Betriebszeit (auch im Vergleich zur ehemals vorhandenen Eisdiele), zu einer Verschärfung der Parkplatznot und sei im übrigen auch deshalb nicht zu bewilligen, weil schon die Teilung der Wohnungseigentumseinheit Top 41 der nie erteilten Zustimmung sämtlicher Mit‑ und Wohnungseigentümer bedurft hätte.
Das Erstgericht wies den Sachantrag des Antragstellers ab. Es vertrat in rechtlicher Hinsicht die Auffassung, daß ein Cafe/Pub naturgemäß eine ganz andere Besucherklientel aufweise als das derzeit vorhandene China‑Restaurant. Es würde sich durch Pub‑Gäste, die in der Regel nur Getränke konsumieren, die Besucherfrequenz, das Pkw‑Aufkommen und die Lärmbelästigung erhöhen. Die vom Antragsteller vorgeschlagene Angleichung der Öffnungszeiten von China‑Restaurant und Pub bringe nichts, da er als Betreiber beider Unternehmen Einfluß auf die Sperrstundenregelung nehmen könne. Damit lägen die in § 13 Abs 2 WEG normierten Voraussetzungen für die beabsichtigte Änderung nicht vor. Die Errichtung eines weiteren Einganges zu Top 95 sei unabhängig davon nicht zu billigen, weil der Antragsteller beim Erwerb dieses Lokals gewußt habe, daß es über keinen straßenseitigen Zugang verfügt.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Sachbeschluß. Es führte aus:
Der Anspruch eines Wohnungseigentümers auf Widmungsänderung seines Objektes umfasse nicht bloß bauliche, sondern auch rechtliche Änderungen. Diesbezüglich zähle § 13 Abs 2 Z 1 WEG Kriterien auf, die eine Änderung unzulässig machten, gleichgültig, welche Teile der Liegenschaft davon nachteilig betroffen würden (MietSlg 38.626, 40.642 ua).
Der Hinweis auf die Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Miteigentümer lasse erkennen, daß auf den Einzelfall abzustellen sei und alle in Betracht kommenden Umstände der Interessenbeeinträchtigung zu berücksichtigen seien, wobei es nicht nur auf die Interessenlage einzelner Miteigentümer untereinander, sondern auch auf die Benützungssituation der gesamten Liegenschaft ankommen könne (MietSlg 35.608, 36.614, 38.626 ua).
Bei der Prüfung der Zulässigkeit von Widmungsänderungen komme es auf die mit der angestrebten Widmungsänderung erfahrungsgemäß typischerweise verbundene Beeinträchtigung der übrigen Miteigentümer an. Das ergebe sich daraus, daß die Folgen von Widmungsänderungen, die erst nach Erteilung behördlicher Bewilligungen durchgeführt werden dürfen, in der Regel nur aufgrund der in Zukunft typischerweise zu erwartenden Entwicklungen beurteilt werden können.
Nach ständiger Rechtsprechung sei dabei auf die Vertragsgrundlage der Mit‑ und Wohnungseigentümer, also auf die dem Wohnungseigentumsvertrag zugrundeliegende Parifizierung (Nutzwertfestsetzung) abzustellen. Nicht jede Beeinträchtigung von Interessen der Miteigentümer stehe der Änderung eines Wohnungseigentumsobjektes entgegen, sondern nur eine wesentliche Beeinträchtigung, die die Interessen der anderen Miteigentümer schutzwürdig erscheinen lasse (MietSlg 38.624 ua).
Der Antragsteller sei Eigentümer von Top 41 und Top 95. Zunächst sei in diesen beiden Tops ein Gastgewerbebetrieb geführt worden; nunmehr begehre der Antragsteller durch die Trennung der beiden Tops auch bauseits die Installierung von zwei Lokalen, wozu er der Zustimmung der Antragsgegner bedürfe. Es verstehe sich von selbst, daß durch die Führung von zwei Gastgewerbebetrieben ein wesentlich erhöhtes Gästeaufkommen zu erwarten sei. Diese erhöhte Besucherfrequenz habe auch ein erhöhtes Pkw‑Aufkommen zur Folge. Dadurch werde die ohnehin prekäre Parkplatzsituation verschärft. Es träten zusätzliche Lärmbelästigungen durch das Zuschlagen von Fahrzeugtüren auf, dies vor allem in den Abend‑ und Nachtstunden. Durch die Umwidmung von Top 95 käme es damit zu einer erheblichen Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der Antragsgegner. Mit Recht habe daher das Erstgericht den Antrag des Antragstellers abgewiesen.
Dies gelte auch hinsichtlich der begehrten Zustimmung zur Errichtung eines separaten straßenseitigen Zuganges für Top 95. Der Antragsteller sei Eigentümer von Top 41 und Top 95. Er habe die örtliche Situation von Anbeginn an gekannt. Es bestehe daher kein Grund, die Miteigentümer zu verpflichten, die Errichtung eines zusätzlichen Einganges zu Top 95 zu dulden.
Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Begründet wurde dies mit der zu lösenden Rechtsfrage, ob es durch die Aufteilung eines Gastgewerbebetriebes in zwei Betriebe zu einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Miteigentümer komme. Diesbezüglich bestehe, soweit ersichtlich, keine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes.
Im jetzt vorliegenden Revisionsrekurs macht der Antragsteller geltend, daß den Antragsgegnern kein schutzwürdiges Interesse daran zuzubilligen sei, in den verfahrensgegenständlichen Objekten nur einen gastgewerblichen Betrieb (statt zwei) zu führen. Die widmungsgemäße Verwendung eines Geschäftslokals hänge nämlich nur von der Art seiner Benützung und nicht von der Anzahl der nutzenden Betriebe ab. Es treffe auch nicht zu, daß die Einrichtung eines Cafe/Pub die Besucherfrequenz erhöhen werde, weil schon bisher beide Objekte gastgewerblich genutzt wurden und durch die jetzt beabsichtigte getrennte Betriebsführung ‑ wegen des zusätzlichen Platzbedarfs für Garderobe, Vorratsräumen, WC‑Anlagen etc ‑ eine Reduktion der Sitzplätze eintreten werde. Auch im Vergleich zum seinerzeitigen Brotverkauf werde es zu einer Verringerung der Besucherfrequenz sowie der Lärm‑ und Abluftbelästigung kommen. Vor allem aber sei zu berücksichtigen, daß das R*****zentrum schon jetzt im Erdgeschoß ausschließlich Geschäftsbetriebe beherberge. Wer sich eine Wohnung in einer solchen Anlage kaufe, nehme die von Geschäftsbetrieben ausgehenden Immissionen, den Parkplatzmangel etc von Anfang an in Kauf und sei daher nicht schutzwürdig. Was die Schaffung eines eigenen straßenseitigen Zugangs zum Lokal Top 95 betreffe, entspreche die Änderung der Übung des Verkehrs und überdies einem wichtigen Interesse des Antragstellers; daß sie zu keiner Schädigung des Hauses führe und keine schutzwürdigen Interessen der Antragsgegner verletze, sei allenfalls noch festzustellen. Das Änderungsrecht des Antragstellers sei jedenfalls nicht dadurch verwirkt, daß er das Objekt Top 95 ohne separaten straßenseitigen Eingang erwarb. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, den angefochtenen Beschluß entweder im Sinne einer Stattgebung des Sachantrages abzuändern oder aber aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Rekursgericht zurückzuverweisen.
Von den durch die Rechtsanwälte Dr.Hans Mandl und Dr.Georg Mandl vertretenen Antragsgegnern liegt dazu eine fristgerecht erstattete Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag vor, dem Rechtsmittel keine Folge zu geben. Sie argumentieren vor allem damit, daß ein Vergleich zum Betrieb eines Küchenstudios in Top 95 (der letzten tatsächlichen Verwendung dieses Objektes) anzustellen sei, daß ein zweiter Gastronomiebetrieb im Haus auf jeden Fall zu größeren Belästigungen der Mitbewohner führen werde (konkret wegen des Nachtbetriebs und der Ausschank von Alkohol in einem Pub), und daß es nicht angehe, aus einem Wohnungseigentumsobjekt (ehemals Top 41) mehrere zu schaffen und dann noch jeweils getrennte (straßenseitige) Eingänge zu verlangen.
Der Revisionsrekurs ist zulässig und im Sinn seines Aufhebungsbegehrens (das allerdings eine Verfahrensergänzung durch das Erstgericht zweckmäßiger erscheinen läßt als eine Verhandlung in zweiter Instanz) auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Zutreffend hat schon das Rekursgericht darauf hingewiesen, daß die Zulässigkeit einer Widmungsänderung (die gemäß § 13 Abs 2 Einleitungssatz WEG wie jede andere Änderung eines Wohnungseigentumsobjektes zu behandeln ist) nur beurteilt werden kann, wenn man die gültige Widmung des betreffenden Objekts der beabsichtigten Verwendung (gemessen an den typischen Auswirkungen einer solchen Änderung: vgl MietSlg 38.626) gegenüberstellt. Ansatzpunkt der Überlegung hat daher zu sein, welche Widmung derzeit für das Objekt Top 95 besteht. Das erfordert, wie ebenfalls schon das Rekursgericht ausführte, einen Rückgriff auf die vertragliche Einigung der Mit‑ und Wohnungseigentümer. Allein dieser Widmungsakt gibt Auskunft über die bestehende, nunmehr einem Änderungsbegehren ausgesetzte Rechtslage (vgl Call in WoBl 1990, 80 f zu 5 Ob 56, 57/89; derselbe in WoBl 1992, 159 f zu 5 Ob 69/91; derselbe in WoBl 1993, 17/10 zu 5 Ob 104/91 und 174 f zu 5 Ob 1106/92 bzw 5 Ob 24/93); bloß tatsächliche Vorgänge, etwa die vorübergehende Einstellung der Geschäftstätigkeit in einem hiefür gewidmeten Wohnungseigentumsobjekt, lassen die Widmung unberührt (vgl MietSlg 40/16). Selbst baupolizeiliche Benützungsgenehmigungen bzw ‑vorschreibungen könnten nur indirekt Aufschluß über die innerhalb der Wohnungseigentumsgemeinschaft gültige privatrechtliche Widmung eines bestimmten Objektes geben.
Nun kann allerdings die Widmung eines Wohnungseigentumsobjektes auch durch konkludente Willenseinigung der Mit‑ und Wohnungseigentümer erfolgen (SZ 64/146; WoBl 1994, 152/29; EWr II/1/7; WoBl 1996, 81/25 ua). Eine solche Widmung ist etwa dann anzunehmen, wenn bei Abschluß oder Änderung eines Wohnungseigentumsvertrages bestimmte Benützungsverhältnisse vorgefunden werden, unwidersprochen bleiben und in die Festsetzung bzw Änderung der Nutzwerte eingehen. Im konkreten Fall ist daher spätestens anläßlich der "Vereinbarung über Schenkungsvorgänge und Wohnungseigentum" vom 25.10.1984 bzw 15.7.1985 allseitige Einigung darüber erzielt wurde, daß aus dem ehemaligen Geschäftslokal Top 41 zwei Objekte (mit den Bezeichnungen Top 41 und Top 95) entstanden sind und daß für beide die Widmung als Geschäftsraum gilt. Damals dienten beide Geschäftslokale der Führung eines (einzigen) Cafe‑Betriebes, und eben daran ‑ nicht an der zwischenzeitigen Unterbringung eines Küchenstudios im Objekt Top 95 - ist auch zu messen, ob die Unterbringung eines Pub/Cafe in Top 95 (neben dem in Top 41 betriebenen China‑Restaurant) samt den erforderlichen Umbaumaßnahmen gemäß § 13 Abs 2 Z 1, 2 und 4 WEG zu genehmigen ist.
Gegen die Genehmigung dieser Änderung wenden die Antragsgegner ein, daß die Errichtung eines gastgewerblichen Betriebs wegen der damit verbundenen Lärm‑ und Geruchsbelästigung sowie der Verknappung von Parkplätzen in einer Wohnungseigentumsanlage an sich nicht geduldet werden müsse. Dabei wird jedoch übersehen, daß schon die bisherige Widmung des Objektes Top 95 eine Nutzung zu gastgewerblichen Zwecken zuließ. Mit dem Hinweis auf die Entscheidung MietSlg 38.626, in der ausgesprochen wurde, daß die Begleiterscheinungen eines durchschnittlichen Gaststättenbetriebs (grundsätzlich) eine wesentliche Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der Mit‑ und Wohnungseigentümer mit sich bringen, ist daher die Ablehnung des Änderungswunsches des Antragstellers nicht zu begründen. Es ist ein Unterschied, ob Magazin‑ und Kellerräume (wie in der genannten Entscheidung) oder schon bisher für Gäste eines Cafes dienende Räume (mit entsprechender Geschäftsraumwidmung) für gastgewerbliche Zwecke genützt werden sollen. Fraglich könnte daher nur sein, ob die Antragsgegner die vom Antragsteller angestrebte Änderung der Betriebsart (und die dazu erforderlichen Umbaumaßnahmen) dulden müssen. Darauf wird noch zurückzukommen sein.
Ein zweiter Einwand der Antragsgegner gegen den Änderungswunsch des Antragstellers besteht darin, daß grundsätzliche Bedenken gegen die Errichtung eines zusätzlichen (zweiten) Gastronomiebetriebes in einer Wohnungseigentumsanlage bestehen. Auch in diesem Punkt trägt jedoch die als Belegstelle zitierte Judikatur (5 Ob 69/92 ‑ EWr II/13/15) das Gegenargument nicht. Abgesehen davon, daß es immer auf die Größe der Wohnungseigentumsanlage ankommt, ob sie einen zweiten (zusätzlichen) Gastgewerbebetrieb "verträgt", war ein entscheidendes Argument gegen die Genehmigung eines zweiten Gastronomiebetriebes im angeführten Beispielsfall die dadurch entstehende, vom betroffenen Wohnungseigentümer als Versagungsgrund geltend gemachte Konkurrenzsituation. Eine solche Konkurrenzierung ist hier nicht zu befürchten. Auch was die Qualität der angestrebten Änderung betrifft, besteht zwischen dem damals entschiedenen und jetzt zu entscheidenden Fall ein wesentlicher Unterschied. Während es in der Entscheidung 5 Ob 69/92 um die Umwandlung eines Lebensmittelgeschäftes in einen Gastgewerbebetrieb, also um Betriebe mit ganz verschiedenen Öffnungszeiten, verschiedenen Kundenkreisen und verschiedenen Emissionen ging, bewegen sich die Änderungen, die der Antragsteller herbeiführen will, doch im Rahmen eines Geschäftszweiges, den die bestehende Geschäftsraumwidmung grundsätzlich schon jetzt abdeckt. Nur gravierende Abweichungen des geplanten Pub‑Betriebes von dem der Geschäftsraumwidmung zugrunde liegenden Cafe‑Betrieb könnten überhaupt einer Widmungsänderung iSd § 13 Abs 2 WEG unterstellt werden.
Unter diesem Gesichtspunkt machen die Antragsgegner die bereits angesprochenen Befürchtungen geltend, der Pub‑Betrieb werde die Kundenfrequenz erhöhen, mehr Lärm verursachen und die Parkplatznot verschärfen. Schutzwürdige Interessen iSd § 13 Abs 2 Z 1 WEG, die dem Änderungsvorhaben des Antragstellers entgegenstünden, sind damit freilich nicht dargetan.
Richtig ist, daß der in § 13 Abs 2 WEG gebrauchte Begriff der Änderung (Widmungsänderung) auch die Änderung des Gegenstandes oder der Betriebsform eines im Wohnungseigentumsobjekt betriebenen Unternehmens betrifft (MietSlg 40/16; WoBl 1993, 61/49 mwN; Markl, Das Änderungsrecht des Wohnungseigentümers gemäß § 13 Abs 2 Z 1 bis 3 WEG, WoBl 1994, 98). Für jede von einem Wohnungseigentümer betriebene Änderung seines Objektes (und damit auch für die Änderung des Gegenstandes oder der Betriebsform seines Unternehmens) gilt jedoch, daß sie nur abgewehrt werden kann, wenn sie mit wesentlichen Interessen der anderen Mit‑ und Wohnungseigentümer kollidiert (MietSlg 35.608; WoBl 1991, 175/108 ua). Ganz besonders gilt dies ‑ wie erwähnt ‑ für die Änderung des in einem Geschäftslokal betriebenen Unternehmens, da es in der Natur der Sache liegt (und daher bei der Geschäftsraumwidmung eines Wohnungseigentumsobjektes schon vorherzusehen ist), daß sich ein Unternehmer - will er erfolgreich sein ‑ stets den Erfordernissen des Marktes und den sonstigen wirtschaftlichen Bedingungen anpassen muß (vgl MietSlg 40/16). Änderungen unter Beibehaltung des Geschäftszweiges sind daher großzügig zu behandeln. In diesem Sinn mag etwa die Änderung eines Tages‑Cafes in ein Nacht‑Cafe per se als den schutzwürdigen Interessen anderer Mit‑ und Wohnungseigentümer widerstreitend zu werten sein (vgl WoBl 1993, 61/49) oder die Umgestaltung eines Speiserestaurants in ein Tanzlokal, doch sind die allgemein mit einer Änderung des Betriebes einhergehenden Begleiterscheinungen wie erhöhte Kundenfrequenz oder Lärmentwicklung nur dann ein Versagungsgrund, wenn sie gravierende Einbußen an Lebensqualität oder Vermögen der anderen Mit‑ und Wohnungseigentümer mit sich bringen.
Die hier von den Antragsgegnern vorgebrachten Einwendungen haben nach der Aktenlage zu geringes Gewicht. Ihr Argument, zu einem Tagesbetrieb (China‑Restaurant) komme ein zusätzlicher Abend‑ und Nachtbetrieb (Pub/Cafe), ist schon deshalb nicht stichhältig, weil auch das bei der Geschäftsraumwidmung bestehende Cafe eine Öffnungszeit von 8,30 Uhr bis 24 Uhr hatte. Die Kundenfrequenz mag höher werden, weil sich sonst die Investitionen des Antragstellers gar nicht rentieren würden, doch ist keine außergewöhnliche Steigerung abzusehen, weil durch die Errichtung eines Pubs in Top 95 - wie der Antragsteller zutreffend argumentiert - auch Platz für präsumtive Kunden des anderen Gastronomiebetriebes (derzeit ein China‑Restaurant) verloren geht. Außerdem ist zu berücksichtigen, daß auch einem möglichen Erwerber des Lokals Top 95, bei dem es sich um ein selbständiges Wohnungseigentumsobjekt mit Geschäftsraumwidmung handelt, der Betrieb eines Unternehmens, das Kunden anlockt, grundsätzlich nicht untersagt werden könnte. Ähnliche Argumente gelten für die befürchtete Lärmentwicklung des Pub‑Cafes. Der von den Antragsgegnern angestellte Vergleich mit den Emissionen eines Küchenstudios ist aus den bereits angeführten Gründen nicht zielführend; andererseits unterscheidet sich das Publikum eines bis Mitternacht offenen Cafes nicht so wesentlich von einem Pub‑Cafe mit gleichen Öffnungszeiten, daß auf eine gravierende Erhöhung des Lärmpegels geschlossen werden müßte. Bei all dem ist auch noch zu bedenken, daß das in der Stadt situierte "R*****zentrum" mehrere Geschäftslokale beherbergt, daß also keineswegs von einer typischen Wohnanlage gesprochen werden kann.
Was schließlich die befürchtete Parkplatzverknappung betrifft, ist der Umstand von Bedeutung, daß davon nach der Aktenlage nicht etwa die zur Wohnungseigentumsanlage gehörigen Stellplätze betroffen sind, sondern offensichtlich Park‑ und Haltemöglichkeiten auf öffentlichem Straßengrund. Ein Recht auf Freihaltung solcher Parkplätze steht den Mit‑ und Wohnungseigentümern nicht zu, weshalb sie auch nicht in ihren schutzwürdigen Interessen beeinträchtigt werden, wenn sie ‑ sei es durch die allgemeine Steigerung des Verkehrsaufkommens, sei es durch Kunden des neuen Pub‑Cafes ‑ verloren gehen.
Aus all dem folgt, daß dem Änderungsbegehren des Antragstellers, im Geschäftslokal Top 95 ein Pub‑Cafe einzurichten, nichts im Weg steht. Mit diesem Begehren untrennbar verbunden ist jedoch sein zusätzlicher Wunsch, einen straßenseitigen Zugang für das Gastlokal zu schaffen. Daß dem nicht mit der von den Vorinstanzen reklamierten Ausschließlichkeitswirkung entgegengehalten werden kann, schon beim Erwerb dieses Wohnungseigentumsobjektes habe der Antragsteller gewußt (und sich daher jetzt damit abzufinden), daß kein straßenseitiger Zugang existiert, ergibt sich schon aus der Regelung des § 13 Abs 2 WEG, weil sich das Änderungsrecht regelmäßig auf die Umgestaltung eines zunächst akzeptierten Zustandes bezieht. Es ist daher an Hand der Kriterien des § 13 Abs 2 Z 1 (ob schutzwürdige Interessen der anderen Mit‑ und Wohnungseigentümer beeinträchtigt werden) und Z 2 WEG (ob die Änderung der Übung des Verkehrs entspricht oder einem wichtigen Interesse des Antragstellers dient) zu prüfen, ob ein Versagungsgrund vorliegt. Da zweifellos ein wichtiges Interesse des Antragstellers an der Änderung besteht und die Gefährdung schutzwürdiger Interessen der Antragsgegner nur im Zusammenhang der äußeren Erscheinung bzw Sicherung der Bausubstanz des Hauses naheliegend erscheinen, bleibt die Frage zu prüfen, ob sich der gewünschte Einbau einer straßenseitigen Eingangstür zum Objekt Top 95 ohne Beeinträchtigung der Fassade und Schaden für das Haus verwirklichen läßt. Der Antragsteller bemerkt selbst, daß dazu keine Entscheidungsgrundlagen vorhanden sind.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden, um das Verfahren im aufgezeigten Sinn vom Erstgericht ergänzen zu lassen.
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