Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der Sachbeschluß des Rekursgerichtes wird aufgehoben. Dem Rekursgericht wird eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Text
Begründung
Die Parteien sind Mit- und Wohnungseigentümer des Hauses *****. Die Erstantragsgegnerin übt als Mehrheitseigentümerin auch die Hausverwaltung aus.
Der Antragsteller begehrt - soweit für das Verfahren über den Revisionsrekurs noch von Bedeutung - die Erstantragsgegnerin als Verwalterin zu entheben und der Wohnungseigentümergemeinschaft aufzutragen, dem Gericht binnen 4 Wochen einen Verwalter aus dem Kreis der zur Ausübung der Immobilienverwaltung berechtigten Gewerbebetreibenden für dieses Haus namhaft zu machen. Der Antragsteller begründete sein Begehren damit, die Verwalterin habe die ihr obliegenden Pflichten grob vernachlässigt (Versperrthalten des Stiegenaufganges zum Dachboden mittels Scherengitters, wodurch den Antragsteller die Nutzung allgemeiner Teile des Hauses entzogen werde und er auch schon Nachteile bei der Telefonumstellung erlitten habe; Durchführung von Erhaltungsarbeiten ohne Einholung mehrerer Kostenvoranschläge und ohne vorausgehende Information des Antragstellers; Durchführung von Wärmedämmarbeiten unter Benachteiligung des Antragstellers; Anbringung einer Gegensprechanlage unter Ausschluß des Antragstellers; Durchführung von Wärmedämmarbeiten nicht durch ein gewerberechtlich befugtes Unternehmen; Nichtinformation des Antragstellers von Reparaturarbeiten an der Wasserleitung, wodurch es zum Durchbrennen eines Wasserboilers gekommen sei; Vernachlässigung der Schneeräumung; Verursachung von Mehrkosten durch Nichtwahrnehmung des Termines eines Schädlingsbekämpfungsunternehmens).
Die Antragsgegnerinnen beantragten Abweisung der Anträge des Antragstellers und rechtfertigten im einzelnen ihr Verhalten in den ihnen vom Antragsteller vorgeworfenen Punkten. Die Verwaltung sei stets ordnungsgemäß erfolgt. Soweit Pflichtverletzungen vorlägen, könnten sie wegen Verschweigung bzw Verjährung nicht mehr geltend gemacht werden.
Das Erstgericht enthob die Erstantragsgegnerin als Verwalterin (Punkt 1. des Sachbeschlusses), trug der Wohnungseigentümergemeinschaft die Namhaftmachung eines Verwalters aus dem Kreis der zur Ausübung der Immobilienverwaltung berechtigten Gewerbebetreibenden binnen 4 Wochen auf (Punkt 2. des Sachbeschlusses) und verhielt die Antragsgegnerinnen zur Zahlung von S 410,- an Barauslagen binnen 14 Tagen (Punkt 5. des Sachbeschlusses).
Die antragsabweisenden Punkte 3. und 4. des erstgerichtlichen Sachbeschlusses sind nicht Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens.
Das Erstgericht stellte folgenden Sachverhalt fest:
Die Erstantragsgegnerin ist zu 690/1290 Anteilen, die Zweitantragsgegnerin zu 350/1290 Anteilen und der Antragsteller zu 250/1290 Anteilen Miteigentümer der bereits genannten Liegenschaft. Mit diesen Miteigentumsanteilen ist das Wohnungseigentum an je einer der drei im Haus befindlichen Wohnungen verbunden. Auf Grund des zu 4 C 176/76 des Bezirksgerichtes Floridsdorf am 19.5.1976 geschlossenen Vergleiches wird die Verwaltung des Hauses von der Erstantragsgegnerin ausgeübt. Abgesehen von kurzen Unterbrechungen wird von den Antragsgegnerinnen seit Jahren der Stiegenaufgang in diesem Haus mittels Scherengitters verschlossen gehalten, sodaß es dem Antragsteller die meiste Zeit über nicht möglich ist, auf den Dachboden, einen allgemeinen Teil des Hauses, zu gelangen. Die im Obergeschoß gelegenen Wohnungen der Antragsgegnerinnen haben jeweils Wohnungstüren, welche die Wohnungen gegen das Stiegenhaus abgrenzen. Im Jahre 1993 wurde die zum Nachbargrundstück grenzende Feuermauer des Hauses neu verputzt und an der Feuermauer eine Wärmedämmung angebracht, allerdings erst ab einer Höhe von ca. 2 m, sodaß die im Erdgeschoß gelegene Wohnung des Antragstellers von der Wärmedämmung teilweise nicht erfaßt ist. Die Erstantragsgegnerin ließ die Wärmedämmplatten deshalb nicht bis zum Boden verlegen, weil sie eine Beeinträchtigung des Nachbargrundstückes vermeiden wollte. Sie befürchtete, daß sich bei einem bis zum Boden reichenden Dämmputz und der damit verbundenen Verdickung der Mauer etwa 4 cm das Gartentor des Nachbarn nicht mehr einwandfrei öffnen ließe. Der Nachbar sah es als vereinbart an, daß die Dämmung der Feuermauer in einer Höhe von etwa 2 m abgeschlossen werde, um eine mit erheblichen Mehrkosten verbundene Versetzung des Gartentores vermeiden zu können. Die Kosten für die Arbeiten an der Feuermauer trug die Erstantragsgegnerin allein. Es kann nicht festgestellt werden, ob mit der Durchführung dieser Wärmedämmarbeiten überhaupt ein gewerberechtlich befugtes Unternehmen beauftragt worden war. In der Jahresabrechnung für 1992 wurde dem Antragsteller die Renovierung der Feuermauer angekündigt. Über die Auftragsvergabe selbst und die Durchführung der Arbeiten wurde er jedoch nicht informiert.
Im Zuge der Arbeiten an der Feuermauer wurden Schäden an den Kaminen des Hauses entdeckt. In der Annahme, daß Gefahr in Verzug vorläge und die Reparatur der Kamine ehebaldigst erfolgen müsse, sah die Verwalterin von der Einholung von Kostenvoranschlägen ab und ließ ohne Information des Antragstellers entsprechende Reparaturarbeiten durchführen. Die Kosten wurden von den Miteigentümern der Liegenschaft anteilig getragen.
Im Jahre 1993 wurden an der Wasserleitung des Hauses Reparaturarbeiten durchgeführt, die von den Miteigentümern anteilsmäßig zu bezahlen waren. Kostenvoranschläge wurden von der Verwalterin vor der Auftragserteilung nicht eingeholt, weil sie meinte, die Reparatur der Wasserleitung sei zur Vermeidung ernsthafter Schäden dringend notwendig. Der Antragsteller wurde von der Durchführung der Arbeiten erst anläßlich der Rechnungslegung verständigt.
Trotz Aufforderung weigert sich die Erstantragsgegnerin kategorisch, Kostenvoranschläge vor Vergabe von Aufträgen einzuholen und dem Antragsteller den ungehinderten Zugang zum Dachboden zu gewähren.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt wie folgt:
Die Voraussetzungen des § 18 Abs 1 Z 3 WEG für die Abberufung des Verwalters wegen grober Vernachlässigung seiner Pflichten auf Antrag auch nur eines Miteigentümers seien erfüllt. Als grobe, Vertrauensverlust bewirkende Pflichtverletzung sei ein Verhalten anzusehen, daß begründete Zweifel an Beobachtung der Treuepflicht des Verwalters - auch in Zukunft - gegenüber allen Miteigentümern, also auch gegenüber der Minderheit, erregen könne, wie zB die nicht gerechtfertigte Begünstigung eines Wohnungseigentümers zum Schaden der anderen oder die Verletzung der Pflicht zur wahrheitsgemäßen und vollständigen Information.
Diese Voraussetzungen seien nach den getroffenen Feststellungen hier gegeben:
Durch das Versperren des Stiegenaufganges mittels Scherengitters sei dem Antragsteller die Benützungsmöglichkeit allgemeiner Teile des Hauses genommen. Insofern liege eine sachlich nicht gerechtfertigte Begünstigung der Antragsgegnerinnen zum Nachteil des Antragstellers vor. Selbst unter der Annahme, daß das Scherengitter baulich notwendig sei, um das Eindringen fremder in die Wohnung der Erstantragsgegnerin zu verhindern (was nicht richtig sei), hätte die Benachteiligung des Antragstellers durch Aushändigung eines Schlüssels zum Scherengitter, allenfalls mit der zu vereinbarenden Verpflichtung, es stets versperrt zu halten, hintangehalten werden können. In diesem Zusammenhang sei zu bemerken, daß trotz entsprechenden Begehrens dem Antragsteller nie ein Schlüssel zum Scherengitter ausgehändigt worden sei und daß sich die Erstantragsgegnerin selbst in der gerichtlichen Verhandlung kategorisch geweigert habe, dem Antragsteller diesbezüglich ungehinderten Zugang zu verschaffen.
Auch habe die Erstantragsgegnerin als Hausverwalterin die Verpflichtung zur vollständigen Information der Miteigentümer bezüglich der durchgeführten Kamin- und Wasserleitungsreparaturen verletzt. Eine Verletzung der Informationspflicht sei selbst dann gegeben, wenn man wegen der Dringlichkeit der Arbeiten davon ausgehe, daß die Einholung von Kostenvoranschlägen habe unterbleiben können. Auch bezüglich der Arbeiten an der Feuermauer sei weitgehend die Information des Antragstellers unterblieben. Der Umstand, daß der Antragsteller diesbezüglich nicht zur anteilsmäßigen Kostentragung herangezogen worden sei, enthebe die Erstantragsgegnerin nicht ihrer umfassenden Informationspflicht. Durch die Verletzung dieser Pflicht sei dem Antragsteller die Möglichkeit genommen worden, seine Interessen wahrzunehmen, somit auf eine vollständige Anbringung der Wärmedämmung hinzuwirken. Überdies sei der Antragsteller nie darüber informiert worden, wer die Arbeiten an der Feuermauer tatsächlich durchgeführt habe.
Bedeutsam sei, daß sich die Erstantragsgegnerin noch im Gerichtssaal geweigert habe, hinsichtlich allfällig durchzuführender Installationsarbeiten Kostenvoranschläge einzuholen, weil sie das von ihr ins Auge gefaßte Unternehmen kenne.
Im Ergebnis sei daher festzuhalten, daß die Erstantragsgegnerin als Verwalterin mehrmals ihrer Treuepflicht gegenüber den Miteigentümern nicht nachgekommen sei und daß - nicht zuletzt im Hinblick auf das offenkundig gespannte Verhältnis zwischen dem Antragsteller einerseits und den Antragsgegnerinnen anderseits - begründete Zweifel bestünden, daß die Erstantragsgegnerin ihrer Treuepflicht in Zukunft ordnungsgemäß nachkommen werde. Weitere Verletzungen der Treuepflicht seien durch das uneinsichtige Verhalten der Erstantragsgegnerin im Gerichtssaal geradezu vorprogrammiert.
Verschweigung bzw Verjährung der Geltendmachung der Pflichtwidrigkeiten liege nicht vor. Bei Vorhandensein von noch nicht lange zurückliegenden Pflichtverletzungen könnte auch länger zurückliegendes Verhalten bei Beurteilung der Frage, ob eine grobe Pflichtverletzung gegeben sei, mitberücksichtigt werden (5 Ob 165/86). Die im Versperrthalten des Stiegenaufganges gelegene Begünstigung der Antragsgegnerinnen stelle eine fortgesetzte Pflichtverletzung dar, die insbesondere durch die permanente ausdrückliche Weigerung, dem Antragsteller einen entsprechenden Schlüssel auszuhändigen, entscheidungsrelevante Qualität erreiche, sodaß von einer Verschweigung bzw Verjährung der Geltendmachung dieser Pflichtverletzung nicht ausgegangen werden könne. Diese gelte auch für die Weigerung, in Zukunft Kostenvoranschläge einzuholen. Es sei daher wie in den Punkten 1. und 2. des Sachbeschlusses zu entscheiden gewesen. Die in Punkt 5. des Sachbeschlusses enthaltene Kostenentscheidung gründe sich auf § 26 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 19 MRG, § 41 und § 43 Abs 2 ZPO.
Das Rekursgericht änderte den erstgerichtlichen Sachbeschluß, der in seinen Punkten 3. und 4. als unbekämpft unberührt geblieben war, in seinem Punkt 1. und 2. in antragsabweisendem Sinn, in seinem Punkt 5. dahin ab, daß dem Antragsteller Kostenersatz an die Antragsgegnerinnen auferlegt wurde, und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Das Rekursgericht übernehme die Feststellungen des Erstgerichtes, daß sich die Erstantragsgegnerin trotz diesbezüglicher Aufforderung weigere, Kostenvoranschläge vor Vergabe von Aufträgen einzuholen, nicht, weil der Antragsteller einen diesbezüglichen Vorwurf betreffend künftiges Verhalten der Erstantragsgegnerin nicht erhoben habe. Desgleichen werde die bekämpfte Feststellung, daß die Erstantragsgegnerin dem Antragsteller trotz seines Verlangens keinen Schlüssel zum Gittertor ausgefolgt habe, vom Rekursgericht mangels Relevanz nicht übernommen.
Ausgehend von den ansonst übernommenen Feststellungen sei jedoch das Enthebungsbegehren des Antragstellers aus folgenden Gründen nicht berechtigt:
Zwar könne die Abberufung des Verwalters nach § 18 Abs 1 Z 3 WEG im Falle grober Pflichtverletzung trotz des Verzichtes der Rechtsvorgängerin des Antragstellers auf Bestellung eines berufsmäßigen Hausverwalters in dem zu 4 C 176/76 des Bezirksgerichtes Floridsdorf abgeschlossenen Vergleiches erfolgen, doch müsse es sich dabei um nach allgemeiner Verkehrsauffassung so gewichtige Gründe handeln, daß die Wahrnehmung der Interessen der Wohnungseigentümer nicht mehr gesichert sei. Auch könnten mehrere einzelne Pflichtverletzungen zusammen das Gewicht einer groben Vernachlässigung von Pflichten erreichen, doch sei dies im vorliegenden Fall nicht gegeben:
Die Behauptung des Antragstellers, die Erstantragsgegnerin hätte die Rechnungslegung unterlassen und weitere Arbeiten im Haus ohne Einholung von Kostenvoranschlägen durchführen lassen, sei zu wenig konkret, um darin eine grobe Pflichtwidrigkeit zu erkennen. Auch behaupte er nicht, dadurch einen konkreten Schaden erlitten zu haben. Irrelevant sei, ob die Erstantragsgegnerin einen Termin zum Auslegen von Rattenködern versäumt habe, den Antragsteller nicht gefragt habe, ob er daran interessiert wäre, an die Gegensprechanlage angeschlossen zu werden, ob der Anschluß an das Digitalnetz infolge Versperrung des Dachbodens erst mit 10 tägiger Verspätung erfolgte, sowie ob die Erstantragsgegnerin dem Antragsteller trotz Aufforderung einen Schlüssel zum Scherengitter verweigerte, die Rechnung betreffend die Wasserleitungsreparatur im Jahre 1993 insofern manipuliert habe, als sie sich selbst und nicht die Zweitantragsgegnerin (die ja nicht Verwalterin sei) als Empfängerin ausgab, ferner den Antragsteller nicht zur Zahlung der Sanierung des Hauskamins aufforderte, sondern sofort eine Klage einbrachte. Alle diese Versäumnisse erreichten in ihrer Gesamtheit nicht das Gewicht einer groben Vernachlässigung von Pflichten.
Hinsichtlich des Vorwurfes, die Erstantragsgegnerin hätte die Reinigung des Gehsteiges nur mangelhaft und verspätet durchgeführt, fehle eine Behauptung, daß dadurch eine konkrete Gefährdung von Personen gedroht habe.
Aus dem Vorbringen des Antragstellers über die Durchführung einer Wasserleitungsreparatur und das Durchbrennen seines Wasserboilers sei kein Kausalzusammenhang ersichtlich.
Da sohin der Erstantragsgegnerin eine grobe Vernachlässigung ihrer Pflichten nicht anzulasten sei, seien auch die von ihrem Rekurs geltend gemachten Feststellungsmängel für die Beurteilung des Sachverhaltes irrelevant.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil es sich bei der hier vorzunehmenden Beurteilung von Pflichtverletzungen eines Hausverwalters nicht um über den Einzelfall hinausgehende Fragen handle.
Gegen den Sachbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, den Sachbeschluß des Rekursgerichtes im Sinne einer Wiederherstellung der Punkte 1., 2. und 5. des erstgerichtlichen Sachbeschlusses abzuändern, in eventu, den angefochtenen Sachbeschluß aufzuheben und die Rechtssache an das Rekursgericht zurückzuverweisen. Die Antragsgegnerinnen beantragen, in der ihnen freigestellten Rechtsmittelgegenschrift den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, in eventu, ihm nicht Folge zu geben. Der Revisionsrekurs des Antragstellers ist zulässig und im Sinne seines Eventualantrages berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
a) Zur Zulässigkeit:
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht, wie noch gezeigt werden wird, die Rechtslage verkannte, wenn es nicht nur die vom Erstgericht festgestellten, sondern auch die darüber hinaus geltend gemachten Pflichtverletzungen, selbst wenn sie vorlägen, in ihrer Gesamtheit nicht als ausreichend für eine grobe Vernachlässigung der Verwalterpflichten im Sinne des § 18 Abs 1 Z 3 WEG ansah.
b) Zur Sachentscheidung:
Entgegen der Meinung des Rekursgerichtes stellen schon die vom Erstgericht festgestellten Verhaltensweisen der Erstantragsgegnerin infolge der von dieser gezeigten Beharrlichkeit bei der Beobachtung ihres Fehlverhaltens und der festgestellten Ankündigung, auch in Zukunft so vorzugehen, eine den Vertrauensverlust rechtfertigende grobe Pflichtverletzung im Sinne des § 18 Abs 1 Z 3 WEG dar. Der Oberste Gerichtshof billigt diesbezüglich vollständig die überzeugenden, oben wiedergegebenen Überlegungen des Erstgerichtes. Vor allem in kleinen Häusern mit wenigen Miteigentümern - wie hier - kann die beharrliche Mißachtung von Minderheitsrechten zu einer Vergiftung der Atmosphäre und im Zusammenhang damit zu einem nicht wieder gut zu machenden Vertrauensverlust führen. Um geringfügige und entschuldbare Fehlleistungen - nur solche, wenn auch mehrere Pflichtverletzungen stünden der Enthebung der Verwalterin entgegen (WoBl 1989, 19/7) - handelt es sich beim festgestellten Verhalten der Erstantragsgegnerin gewiß nicht. Gerade in dem vom Untersuchungsgrundsatz geprägten Verfahren nach § 26 Abs 2 Einleitungssatz WEG iVm § 37 Abs 3 MRG konnte das Gericht auch auf zukünftige Auswirkungen gezeigten Fehlverhaltens Bedacht nehmen, selbst wenn insofern konkretes Vorbringen nicht erstattet wurde, weil offensichtlich erst durch die Einbeziehung einer solchen Zukunftsprognose - soweit sie nicht auch schon bloß als Ergebnis rechtlicher Beurteilung in die Gewichtung festgestellten Verhaltens Eingang zu finden hätte - eine umfassendere Beurteilung des aus Einzelhandlungen bestehenden Verhaltens des Verwalters möglich wird. Eine Abänderung des Sachbeschlusses des Rekursgerichtes durch den Obersten Gerichtshof im Sinne einer Wiederherstellung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses ist jedoch nicht möglich, weil das Rekursgericht die gegen die erstgerichtlichen Feststellungen gerichtete Tatsachenrüge nicht erledigt hat, der Oberste Gerichtshof jedoch, der selbst nicht Tatsacheninstanz ist, nur auf Grund nicht mehr anfechtbarer Tatsachengrundlage entscheiden kann. Sollte sich im fortgesetzten Verfahren zeigen, daß nicht alle Feststellungen des Erstgerichtes betreffend Pflichtverletzungen der Erstantragsgegnerin aufrecht erhalten werden können, so werden vor der abschließenden Beurteilung auch noch über die anderen, vom Antragsteller der Erstantragsgegnerin gemachten Vorwürfe Feststellungen zu treffen sein, die vom Erstgericht wegen des seiner Meinung nach schon ausreichend festgestellten Fehlverhaltens der Erstantragsgegnerin als nicht mehr entscheidungswesentlich erachtet, vom Rekursgericht jedoch unzutreffend schon abstrakt nicht als Pflichtverletzung bewertet wurden. Entgegen der Meinung des Rekursgerichtes stellen nämlich auch die weiteren, vom Antragsteller der Erstantragsgegnerin angelasteten Verhaltensweisen im Falle deren Erweisbarkeit sehr wohl Pflichtverletzungen dar:
Die behauptete Unterlassung der Rechnungslegung und die Einholung von Kostenvoranschlägen stellt schon wegen der in § 17 Abs 1 Z 1 und 2 WEG getroffenen Regelungen eine Pflichtverletzung dar, auch wenn infolge Unterlassung dieser Vorgangsweise kein Schaden eingetreten ist.
Die angebliche Versäumung eines Termines zur Auslegung von Rattenködern ist wegen der damit verbundenen Kostenfolgen gleichfalls als Pflichtverletzung zu werten. Der geltend gemachte Ausschluß von einer angebrachten Gegensprechanlage stellt eine grobe Pflichtverletzung zum Nachteil des betreffenden Miteigentümers dar, weil gemäß der Kundmachung des Magistrats der Stadt Wien vom 7.1.1992 (siehe Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht19 886 ff) Haustore in der Zeit von 7 Uhr bis 21 Uhr offenzuhalten sind (§ 1), sofern nicht seitens der Bundespolizeidirektion Wien eine Ausnahmegenehmigung erteilt wurde (§ 2 Abs 1) oder Gegensprechanlagen oder Toröffnungsanlagen (§ 3 lit b) vorhanden sind, die sich selbstverständlich auf alle Wohnungen des Hauses beziehen müssen. Die Vorgangsweise der Erstantragsgegnerin, für sich und die Zweitantragsgegnerin eine Gegensprechanlage zu installieren, den Antragsteller jedoch ohne Kontaktaufnahme davon auszuschließen und so seine Kommunikationsmöglichkeit mit außenstehenden Personen entscheidend zu beeinträchtigen, stellt, wenn schon nicht eine Bosheit, so doch jedenfalls eine Pflichtverletzung des Verwalters dar, die geeignet ist, begründete Bedenken gegen seine Treue- und Interessenswahrungspflichtung zu erwecken.
Auch der Ausschluß der Erstantragsgegnerin vom Zugang zum Dachboden, wodurch der Anschluß des Telefons des Antragstellers an das Digitalnetz erst mit 10 tägiger Verspätung unter Verbrauchung eines weiteren Urlaubstages möglich wurde, fällt in die Kategorie der letztgenannten Verhaltensweisen. Dasselbe gilt auch dafür, daß die Erstantragsgegnerin als Verwalterin aufgelaufene Kosten sofort einklagte, ohne den Antragsteller vorher zur Zahlung aufgefordert zu haben.
Schließlich ist auch noch darauf hinzuweisen, daß ein Kausalzusammenhang zwischen der Durchführung von Reparaturarbeiten an der Wasserleitung und dem Durchbrennen eines Wasserboilers nicht von vornherein verneint werden kann, weil nach allgemeiner Lebenserfahrung vom Absperren einer Wasserhauptleitung - von Notfällen abgesehen - immer die Inhaber von daran angeschlossenen Wohnungen verständigt werden, letzlich auch deswegen, weil die infolge der Reparaturarbeiten allenfalls eintretende Entleerung von Rohren sehr wohl ein Durchbrennen von Warmwasserbereitungsanlagen zur Folge haben kann.
Aus den dargelegten Gründen war daher dem Rekursgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.
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