OGH 2Ob45/95

OGH2Ob45/9525.4.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Daniela H*****, vertreten durch Dr.Ekkehard Beer und Dr.Kurt Bayr, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagten Parteien 1. Josef M*****, 2. V*****, beide vertreten durch Dr.Arne Markl, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 13.556,49 sA infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 14.März 1995, GZ 1 R 56/95-10, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 9. November 1994, GZ 18 C 2032/94f-6, als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 3.573,50 (darin S 595,58 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die beklagten Parteien haften der Klägerin dem Grunde nach für die Folgen eines Verkehrsunfalles.

Mit der am 17.6.1994 zu AZ 18 C 1315/94i beim Bezirksgericht Innsbruck eingebrachten Klage begehrte die Klägerin den Zuspruch von Schmerzengeld in der Höhe von S 56.000 sA. Sie führt dazu aus, daß ihr Schmerzengeldanspruch S 75.000 betrage; zudem gebühre ihr der Ersatz von unfallskausalen Spesen von S 2.000 und Heilungskosten von S 240. An vorprozessualen Kosten verzeichnete sie S 13.556,49.

Das Bezirksgericht Innsbruck erließ antragsgemäß den Zahlungsbefehl und sprach tarifmäßige Kosten von S 7.553,54 zu. Infolge eines Ergänzungsantrages der Klägerin wurden die beklagten Parteien auch zur ungeteilten Hand zur Zahlung der begehrten vorprozessualen Kosten verpflichtet. Dem dagegen erhobenen Rekurs der beklagten Parteien gab das Landesgericht Innsbruck im Sinne einer Abweisung des Antrages der Klägerin auf Ergänzung der Kostenentscheidungn statt, weil der Zuspruch vorprozessualer Kosten schon am nicht verbesserungsfähigen Mangel von Bescheinigungsmitteln scheitere.

Die Klägerin begehrt nun die solidarische Verpflichtung der beklagten Parteien zur Zahlung von S 13.556,49 sA. Die beklagten Parteien hätten in der Zwischenzeit sämtliche restlichen Hauptansprüche durch Zahlung von restlich S 21.240 erfüllt. Die vorprozessualen Kosten könnten daher als Hauptforderung geltend gemacht werden.

Die beklagten Parteien erhoben die Einrede der entschiedenen Sache, bestritten und beantragten die Abweisung der Klage.

Das Erstgericht verpflichtete die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 8.932,67 und wies das Mehrbegehren ab. Es führte dazu im wesentlichen aus, daß der Prozeßkostenerstattungsanspruch akzessorisch zu einem Hauptanspruch, der den Gegenstand einer Prozeßführung bilde oder gebildet habe, sei. Da im Verfahren 18 C 1315/94i des Bezirksgerichtes Innsbruck noch nicht der gesamte Hauptanspruch erledigt worden sei und der restlich verbliebene Hauptanspruch der Klägerin vor neuerlicher gerichtlicher Geltendmachung durch die beklagten Parteien bezahlt worden sei, lägen die Voraussetzungen zur selbständigen Geltendmachung vor.

Gegen den klagsstattgebenden Teil dieser Entscheidung richtete sich die Berufung der beklagten Parteien wegen Nichtigkeit zufolge entschiedener Sache.

Das Gericht zweiter Instanz hob das erstgerichtliche Urteil im angefochtenen Umfang als nichtig auf und erklärte auch das vorangegangene Verfahren einschließlich der Klagszustellung in diesem Umfang für nichtig und wies die Klage zurück.

Rechtlich erörterte das Berufungsgericht, daß es sich bei der Entscheidung über einen Kostenerstattungsanspruch ungeachtet des öffentlich-rechtlichen Charakters dieses Anspruches um einen im Zivilprozeß ergangenen Beschluß handle, mit welchem über ein Rechtsschutzbegehren entschieden werde. Derartige Entscheidungen erwüchsen in Rechtskraft. Die Klägerin habe bereits im Verfahren 18 C 1315/94i des Bezirksgerichtes Innsbruck den nunmehr als Hauptanspruch geltend gemachten Kostenersatzanspruch als prozessualen Nebenanspruch in Form vorprozessualer Kosten geltend gemacht. Dieser Zuspruch sei bereits meritorisch überprüft und über ihn in einer der Rechtskraft fähigen Entscheidung, nämlich durch die in Beschlußform ergangene Kostenentscheidung, abgesprochen worden. Dem nunmehr verfolgten Anspruch stehe das Prozeßhindernis der Rechtskraft entgegen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs gegen den Beschluß des Berufungsgerichtes, mit dem es die Klage aus formellen Gründen zurückweist (§ 519 Abs 1 Z 1 ZPO) ist zwar jedenfalls zulässig, das Rechtsmittel der Klägerin jedoch nicht berechtigt.

Die Rekurswerberin beschränkt sich in ihren Ausführungen darauf, daß nach der rechtskräftigen Beendigung des Vorverfahrens noch ein Restanspruch von S 21.240 offen geblieben sei, den die beklagten Parteien nach Geltendmachung bezahlt hätten. Da zufolge dieser Zahlung der Hauptsache die Akzessorietät der vorprozessualen Kosten weggefallen sei, könnten diese selbständig gerichtlich geltend gemacht werden.

Mit diesen Ausführungen übersieht die Rechtsmittelwerberin aber, daß die nun selbständig gerichtlich geltend gemachten vorprozessualen Kosten inhaltlich vollkommen ident mit den im Verfahren 18 C 1315/94i des Bezirksgerichtes Innsbruck verzeichneten vorprozessualen Kosten sind und daß das Berufungsgericht die Klage nicht wegen des Prozeßhindernisses der Unzulässigkeit des Rechtsweges, sondern wegen des Prozeßhindernisses der materiellen Rechtskraft einer Vorentscheidung zurückgewiesen hat. Nach der herrschenden prozessualen Rechtskrafttheorie liegt in der materiellen Rechtskraft die Anordnung der prozessualen Folge, daß über den rechtskräftig entschiedenen Anspruch kein neues Verfahren mehr durchgeführt werden darf. Die so in § 411 ZPO angeordnete Einmaligkeitswirkung schließt zwischen gleichen Parteien die neuerliche Anhängigmachung eines gleichen Begehrens, das auf den gleichen rechtserzeugenden Sachverhalt gestützt wird, aus und verwehrt die Sachverhandlung und Entscheidung über dieses idente Rechtsschutzbegehren (Fasching III, 694).

Wie vom Berufungsgericht zutreffend ausgeführt, handelt es sich bei einer gerichtlichen Entscheidung über einen Kostenersatzanspruch, ungeachtet dessen öffentlich-rechtlichen Charakters, um einen im Zivilprozeß ergangenen Beschluß, mit welchem über ein Rechtsschutzbegehren entschieden wird. Derartige Entscheidungen werden der materiellen Rechtskraft teilhaftig, da die Rechtssicherheit und der Rechtsfrieden nur dann hinreichend geschützt sind, wenn nicht nur die im Gesetz in § 411 ZPO bezeichneten besonderen, sondern alle Entscheidungen über Rechtsschutzansprüche durch das Einmaligkeits- und Abweichungsverbot geschützt sind (Fasching, LB2 Rz 1507).

Nach ständiger Rechtsprechung bilden Prozeßkosten im Normalfall einen vom Ausgang des Rechtsstreites abhängigen Teil des Hauptanspruches und können nicht mit gesonderter Klage geltend gemacht werden, außer, die Akzessorietät des Kostenersatzanspruches ist untergegangen, sodaß sich dieser Anspruch verselbständigt hat (zuletzt 4 Ob 515/94 uva).

Die Klägerin hat bereits im Verfahren 18 C 1315/94 einen Teilbetrag von S 56.000 und vorprozessuale Kosten von S 13.556,49 geltend gemacht. Über die verzeichneten vorprozessualen Kosten wurde aber bereits meritorisch im Sinne einer Abweisung dieser Kosten entschieden, weil die Klägerin entgegen der Vorschrift des § 54 Abs 1 ZPO diese Kosten nicht bescheinigt hatte. Bei der in der letztgenannten Gesetzesstelle enthaltenen Verpflichtung zur Bescheinigung der verzeichneten Kosten handelt es sich um eine anspruchsbegründende Voraussetzung zur Entscheidung über den Kostenersatzanspruch, deren Verletzung den Verlust des Kostenanspruches bewirkt. Im Vorverfahren wurde daher rechtskräftig über den verzeichneten Kostenersatzanspruch der Klägerin abgesprochen. Hat aber der Mangel der Bescheinigung zum Verlust des Kostenersatzanspruches geführt, kann ein solcher Anspruch nicht mehr neuerlich unter Nachbringung der erforderlichen Bescheinigung geltend gemacht werden.

Da über den Kostenersatzanspruch der Klägerin bereits rechtskräftig abgesprochen wurde, steht dem nunmehrigen Begehren das Prozeßhindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegen, weshalb der Entscheidung des Berufungsgerichtes kein Rechtsirrtum anhaftet.

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