OGH 8ObA2025/96v

OGH8ObA2025/96v25.4.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Adamovic sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Peter Scheuch und Mag.Wilhelm Patzold als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Josef Georg K*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr.Kurt Klein und Dr.Paul Wuntschek, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei S*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Schönherr, Barfuß, Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 968.515,-- brutto sA (Revisionsinteresse des Klägers S 109.004,31 brutto sA; Revisionsinteresse der beklagten Partei S 757.210,45 brutto sA), infolge Revision beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27.November 1995, GZ 8 Ra 114/95-23, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 31.März 1994, GZ 29 Cga 179/94v-13, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision des Klägers wird Folge gegeben. Der Revision der beklagten Partei wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden - unter Einbeziehung der bereits in Teilrechtskraft erwachsenen Abweisung eines Betrages von S 102.300,24 brutto sA - abgeändert wie folgt:

Die Klagsforderung besteht mit S 866.214,80 brutto sA zu Recht, hinsichtlich eines Teilbetrages von S 102.300,20 brutto sA nicht zu Recht.

2.) Die Gegenforderung besteht bis zur Höhe der Klagsforderung zu Recht.

3.) Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger einen Betrag von S 968.515,-- brutto samt 4 % Zinsen aus S 751.480,-- brutto vom 15.7.1994 bis 12.10.1994 und aus S 968.515,-- brutto ab 13.10.1994 zu bezahlen, wird abgewiesen.

4.) Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die Verfahrenskosten

der ersten Instanz von S 112.518,-- (darin S 18.753,-- USt),

der zweiten Instanz von S 46.932,08 (darin S 6.938,68 USt und S 5.300,-- Barauslagen) und

der dritten Instanz von S 48.587,-- (darin S 3.679,50 USt und S 26.510,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war seit 1974 bei der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei und sodann bei dieser beschäftigt und zwar seit 1984 als handelsrechtlicher Geschäftsführer. Mit Schreiben vom 11.Juli 1994, zugegangen am 12.Juli 1994, wurde er entlassen. Mit der Behauptung, die Entlassung sei unberechtigt erfolgt, begehrt er Kündigungsentschädigung und Urlaubsentschädigung in der Höhe des - später ausgedehnten (AS 45) - Klagebegehrens. Der ihm gemachte Vorwurf, er habe sich in Überschreitung seiner Befugnisse zusätzliche Prämien bzw Urlaubsablösen zugewendet, treffe nicht zu. Die Geschäftsführung habe ihm diese Prämienzahlungen gewährt, bei den periodischen Kontrollen und Prüfung der Buchhaltungsunterlagen sei dies nicht beanstandet worden. Überdies sei die Entlassung vom 11. Juli 1994 im Hinblick auf den Bericht vom 16.Mai 1994 an die Muttergesellschaft der beklagten Partei verspätet.

Die beklagte Partei bestritt das Klagsvorbringen, beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor, der Kläger sei berechtigt entlassen worden; er habe sich unberechtigt Prämien mit einem Gesamtbetrag von S 1,274.891,-- zugewendet. Dieser Betrag werde aufrechnungsweise eingewendet.

Das Erstgericht stellte die Klagsforderung mit S 757.210,45 brutto und die bis zur Höhe der Klagsforderung eingewendete Gegenforderung der beklagten Partei mit S 682.876,-- brutto jeweils als zu Recht bestehend fest; demzufolge verpflichtete es die beklagte Partei zur Zahlung von S 74.334,45 brutto samt 4 % Zinsen seit 13.10.1994 und wies das Mehrbegehren von S 894.180,55 brutto sA ab.

Dabei ging es von folgenden wesentlichen Feststellungen aus:

Der zunächst als Verkaufsleiter bei der beklagten Partei tätig gewesene Kläger wurde im September 1985 zum Geschäftsführer bestellt. Die Stelle eines Verkaufsleiters wurde nicht nachbesetzt, sondern diese Tätigkeit weiterhin vom Kläger ausgeübt.

Die einzige Gesellschafterin der Beklagten, die S*****ges.m.b.H in H***** hat für ihre Selling Companies, auch die in Österreich, eine Bevollmächtigungsrichtlinie mit Gültigkeit ab Jänner 1986 herausgegeben, die im Ergebnis umfangreiche interne Beschränkungen der Befugnisse des Geschäftsführers enthält. Der Genehmigung durch den Verkaufsdirektor der S***** GmbH in H***** bedurften unter anderem die Vergütungen und Zulagen für Manager, die Gewährung einmaliger und wiederkehrender Prämien und sonstiger Vergütungen. Der für die Genehmigung von Prämien zuständige Verkaufsdirektor der S***** GmbH H*****, zuletzt bis 1993 Sch*****, erließ auch den Richtlinien entsprechend mehrmals Regelungen für die Berechnung der Erfolgszuwendungen an Manager.

Der Kläger beschwerte sich mehrmals schriftlich über die Prämienregelung. Im Bereich der S***** GmbH haben die häufigen schriftlichen Beschwerden des Klägers teilweise Anstoß erregt. Da seine Arbeitsergebnisse aber tadellos waren, wurden ihm von Sch***** neben den Prämien auch jährliche Gehaltssteigerungen in überdurchschnittlicher Höhe gewährt.

Aufgrund der Meldungen über die Belastung des Klägers empfahl Sch***** die Einstellung eines neuen Verkaufsleiters. Der Kläger hat seit 1989 nur 13 Tage Urlaub verbraucht. Er beklagte auch gegenüber Sch***** immer wieder - wenngleich in diesem Fall fast ausschließlich mündlich - es sei ihm und seinen leitenden Angestellten unmöglich, Urlaub zu konsumieren. Sch***** nahm diese Beschwerden aber nicht sehr ernst, sondern hielt sie mehr oder weniger für Übertreibungen. Er erklärte dem Kläger, daß er es als untragbar ansehe, den Mitarbeitern den Urlaub vorzuenthalten, auch der Kläger selbst nütze ihm nichts, wenn er eines Tages im Krankenhaus liege, er solle daher seinen Urlaub nehmen.

Sch***** hat den Kläger nie angewiesen oder ermächtigt, Ablösen für nichtkonsumierte Urlaube zu zahlen.

Davon, daß der Kläger auch dem Managementteam neben den offiziell genehmigten Leistungsprämien weitere Zahlungen bewilligte, wußte Sch***** nichts.

Bei der Beklagten wurden jedes Jahr zwei Revisionen der Buchführung durchgeführt. Die S***** H***** hielt die Unterlagen über die Prämien für Manager relativ geheim. Die Revisoren bekamen die Berechnungsgrundlagen für diese Prämien nur über gesonderte Anforderungen zu Gesicht.

R***** hat alle schriftliche Anweisungen des Klägers, Leistungsprämien und Urlaubsablösen zu zahlen, ebenso in einer Mappe gesammelt und aufbewahrt wie die jährlichen Listen der von Sch***** und seinem Vorgänger genehmigten Gehälter und diverse andere Korrespondenzen. Auch Revisoren haben im Zuge ihrer Prüftätigkeit wiederholt in diese Mappe Einsicht genommen. Die S***** H***** erhielt am 16.5.1994 einen ersten Bericht der Revisoren über die Ergebnisse der Lohn- und Gehaltsprüfung im Bereich der beklagten Partei. Am 12.7.1994 wurde dem Kläger ein vorbereitetes Entlassungsschreiben übergeben. Für alle Geschäftsjahre bis einschließlich 1993 wurde dem Kläger als Geschäftsführer die Entlastung erteilt.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, die Entlassung sei verspätet erfolgt. Die beklagte Partei habe bereits durch den Revisionsbericht vom 16.5.1994 von den Verfehlungen des Klägers erfahren. Sie habe vom Kläger erst zwei Wochen später eine Stellungnahme verlangt, wobei ihm noch eine Frist von weiteren drei Wochen bis zu einem zufällig stattfindenden Meeting eingeräumt worden sei. Als auch anläßlich dieser Besprechung der Kläger keine zufriedenstellende Erklärung habe abgeben können, hätte die Entlassung des Klägers schon ausgesprochen werden können. Die Beklagte habe nicht einmal dienstrechtliche Konsequenzen angedroht, somit habe der Kläger einen Verzicht auf ein allfälliges Entlassungsrecht annehmen können.

Die beklagte Partei habe auch in der Zeit zwischen 22.6.1994 (Meeting) und dem Entlassungstag nicht etwa weitere Nachforschungen zu den bereits bekannten Fakten angestellt, sondern nur die Revision auf die vorangegangenen Jahre ab 1987 ausgedehnt, um zusätzliche Verfehlungen zu suchen. Die Entlassung sei daher nicht mit der erforderlichen Unverzüglichkeit erfolgt.

Gemäß § 25 GmbHG hafte der Kläger jedoch für den Schaden aus der unberechtigten Auszahlung von Leistungsprämien und Urlaubsablösen. Durch die Entlastungen des Klägers als Geschäftsführer sei auf diese Forderung nicht verzichtet worden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise Folge, nicht aber jener der beklagten Partei; es änderte das Urteil erster Instanz ab, in dem es die Klagsforderung mit S 757.210,45 brutto samt 4 % Zinsen seit 13.10.1994 als zu Recht bestehend und die Gegenforderung der beklagten Partei bis zur Höhe der Klagsforderung als nicht zu Recht bestehend feststellte. Es sprach daher dem Kläger einen Betrag von S 757.210,45 brutto sA zu und wies das Mehrbegehren von S 211.304,55 brutto sA ab. Weiters erklärte es die Revision gemäß § 46 Abs 1 ASGG für zulässig; es fehle eine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Überprüfungspflicht des Jahresabschlusses einer Gesellschaft.

Das Berufungsgericht billigte die Feststellungen des Erstgerichtes. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, die Entlassung des Klägers hätte schon spätestens nach der Besprechung mit der deutschen Muttergesellschaft am 22.6.1994 ausgesprochen werden können. Die beklagte Partei habe nicht einmal arbeitsrechtliche Konsequenzen angedroht, so daß der Kläger mit Recht habe annehmen dürfen, die beklagte Partei verzichte auf ein allfälliges Entlassungsrecht. Die dem Kläger alljährlich erteilte Entlastung sei aufgrund von unzureichend sorgfältig durchgeführten Revisionen erfolgt. Wegen der weitgehenden Einschränkungen der Befugnisse des Klägers in seiner Geschäftsführerbefugnis sei es jedenfalls unzureichend, daß der Muttergesellschaft der beklagten Partei die Unterlagen über die Managementprämien nur über gesonderte Anforderungen zugänglich gemacht worden seien. Den Revisoren sei das offiziell genehmigte Gehalt des Klägers bekannt gewesen, ebenso daß er 1991 eine um S 160.000,-- und 1992 eine um S 330.000,-- höhere Prämie ausbezahlt erhielt. Die von der beklagten Partei verursachte Nichterkennbarkeit von Ersatzansprüchen könne nicht den Kläger nachteilig treffen.

Gegen das berufungsgerichtliche Urteil richten sich die jeweils auf den Grund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützten Revisionen beider Streitteile, und zwar die des Klägers gegen die Abweisung eines Teilbetrages von S 109.004,31 brutto sA und die der beklagten Partei gegen den stattgebenden Teil von S 757.210,45 brutto sA. Der Kläger beantragt, dem Klagebegehren mit einem Betrag von S 866.214,80 brutto sA stattzugeben, die beklagte Partei stellt den Antrag, das Klagebegehren zur Gänze abzuweisen.

Die Teilabweisung des Klagebegehrens im Ausmaß von S 102.300,24 brutto sA ist in Rechtskraft erwachsen.

Beide Streitteile beantragen in ihren Revisionsbeantwortungen, der Revision der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionen sind gemäß § 46 Abs 3 Z 1 ASGG - der Streitgegenstand im Verfahren über die entlassungsabhängigen Ansprüche des Klägers, über den das Berufungsgericht entschieden hat, übersteigt insgesamt 50.000,-- S - "jedenfalls" zulässig, sodaß der Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichtes, die Revision sei wegen einer Rechtsfrage im Sinne des § 46 Abs 1 ASGG zulässig, überflüssig war.

Der Kläger wendet sich in seiner Revision dagegen, daß in die Bemessungsgrundlage seiner Ansprüche nicht die Erfolgsprämie für das Jahr 1994 einbezogen wurde.

Die beklagte Partei führt aus, der Kläger habe eine besondere Vertrauensstellung gehabt, die er für die Ausbezahlung von Urlaubsablösen ohne Genehmigung durch die Muttergesellschaft an ihn (und einen Mitarbeiter) mißbraucht habe. Die Entlassung sei auch nicht verspätet, zumal eine persönliche Konfrontation des Klägers mit dem bis dahin erhobenen Sachverhalt erst in der Besprechung vom 11.7.1994 möglich gewesen sei. Überdies habe er alles unternommen, um den Sachverhalt nicht bekannt werden zu lassen. Die Revisoren hätten die Unterlagen über die Prämien nicht einsehen können und daher die Regelung auf ihre inhaltliche Richtigkeit hin nicht überprüfen können. Der Kläger habe aus dem Verhalten der Muttergesellschaft nicht berechtigt darauf schließen dürfen, es werde auf das Entlassungsrecht verzichtet; er habe vielmehr gewußt, daß die konzerninternen Untersuchungen noch weitergeführt würden. Unrichtig sei, daß mit der Entlastung des Klägers als Geschäftsführer Schadenersatzansprüche der beklagten Partei ihm gegenüber erloschen seien; der Kläger habe die als Prämien gewährten Urlaubsablösen verschleiert.

Die Revision des Klägers ist berechtigt, jene die der beklagten Partei ist teilweise berechtigt.

1.) Zur Revision des Klägers:

Die dem Kläger für das Jahr 1994 gewährte Prämie von S 182.850,-- ist in die Berechnungsgrundlage der ihm zustehenden Kündigungsentschädigung und Urlaubsentschädigung einzubeziehen, weil es sich dabei um eine regelmäßig gewährte Prämie (vgl Arb 9942, 9899 ua) handelt. Vergleichbare Prämien wurden dem Kläger in den vorausgehenden Jahren gewährt und wären, sofern nicht das Arbeitsverhältnis durch Entlassung beendet worden wäre, aller Voraussicht nach auch in den weiteren Jahren gewährt worden (vgl dazu Schrank, Berechnung der Abfertigung, in Runggaldier (Hrsg), Abfertigungsrecht, 151, Zur Korrekturbedürftigkeit des Aktualitätsprinzipes durch das Regelmäßigkeitsprinzip, 165 ff).

2.) Zur Revision der beklagten Partei:

Es ist dem Berufungsgericht zuzustimmen, daß die Entlassung des Klägers, die wegen des Entlassungsgrundes der Untreue (§ 27 Z 1 erster Tatbestand AngG) berechtigt gewesen wäre, von der beklagten Partei verspätet ausgesprochen wurde. Schon nach dem Prüfbericht vom 16.5.1994 (Beil A) betreffend die Jahre 1991 bis 1993 war die Differenz zwischen den "auszahlbaren", dh die dem Kläger aufgrund von Beschlüssen der beklagten Partei rechtmäßig gebührenden Prämien, und den tatsächlich ausbezahlten (in vier- bzw fünffacher Höhe) erkennbar, sodaß wegen des überaus langen Zuwartens mit der Aufklärung der Höhe der tatsächlich genehmigten Prämien und der Rücksprache mit dem früheren Verkaufsleiter der beklagten Partei (Direktor S*****), sowie der Einholung einer Stellungnahme des Klägers erst bei einer Besprechung am 22.6.1994 kein gerechtfertigter Grund für eine erst am 12.7.1994 ausgesprochene Entlassung vorliegt. Die Entlassung ist als derart verspätet anzusehen, daß für den Kläger der Eindruck entstehen mußte, den ihm gegenüber erhobenen Vorwürfen aus dem Prüfbericht vom 16.5.1994 werde nicht ein solches Gewicht beigemessen, daß sie - im Vergleich zu einer Kündigung in Verbindung mit einer Rückforderung der zu Unrecht bezogenen Prämien - sogar zu seiner Entlassung führen würden. Die weitergehende Prüfung der Unterlagen über die Prämien in den vorausgegangenen Jahren hat hinsichtlich der bereits einen Entlassungstatbestand bildenden Prämienverrechnung für die Jahre 1991 bis 1993 keine zusätzlichen Erkenntnisse gebracht, sie war weder geeignet noch wäre es erforderlich gewesen, den bereits einen Entlassungsvorwurf rechtfertigenden Sachverhalt noch zu vertiefen. Die beklagte Partei hätte, wäre ihr der Vorwurf gegen den Kläger gewichtig erschienen, zumindest mit einer Dienstfreistellung vorgehen müssen, um den Eindruck, sie würde auf ihr Entlassungsrecht verzichten, zu vermeiden.

Die Erwähnung im Besprechungsprotokoll vom 11.7.1994 (Beil 10), daß nunmehr der Revisionsbericht vorliege, ist aus allen diesen Gründen ohne Bedeutung. Der Kläger hat im übrigen über die Vertraulichkeit der Gehaltsunterlagen hinaus diese dem Prüfer nicht "vorenthalten", sie wurden immerhin auf Anforderung offengelegt.

Hinsichtlich der Aufrechenbarkeit der Gegenforderung ist die Revision der beklagten Partei berechtigt.

Die Entlastungen des Klägers als Geschäftsführer bedeuten dann keinen Rückforderungsausschluß, wenn die an sich erkennbaren Entlastungshindernisse vom Kläger verschwiegen wurden (vgl WBl 1992, 408; Gellis, GmbHG-Komm3, 304). Auch unter der Annahme, die Prüfer hätten leicht fahrlässig bei früheren Prüfungen der Unterlagen die überhöhten Prämienauszahlungen an den Kläger übersehen, so tritt diese Fahrlässigkeit gegenüber der bewußten Verschweigung durch den Kläger so in den Hintergrund, daß eine allfällige Sorgfaltswidrigkeit vernachlässigt werden kann. Gegenüber der Schädigung in der Verschuldensform Vorsatz wird Fahrlässigkeit in der Regel zu vernachlässigen sein (vgl Reischauer-Rummel, ABGB2 Rz 5 zu § 1304).

Die allein vom Kläger zu Unrecht bezogenen Prämien (Differenz zwischen den genehmigten Prämien und den tatsächlich ausbezahlten Prämien der Jahre 1990 bis 1993 laut der Zusammenstellung auf Seite 16 des Urteils erster Instanz = AS 157) übersteigen die ihm gebührende Kündigungsentschädigung und Urlaubsentschädigung (von S 866.214,80 brutto, Summe der von ihm zu Unrecht bezogenen Prämien S 929.205,-- brutto), sodaß die berechtigte Klagsforderung aus der verspäteten Entlassung wegen der Gegenforderung aus diesen Prämien durch Aufrechnung getilgt wird. Auf die weitergehenden Gegenforderungen aus Prämien, die der Kläger zu Unrecht anderen Mitarbeitern auszahlen ließ, muß daher nicht mehr eingegangen werden.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Der Kläger, dessen Forderung letztlich zur Gänze abgewiesen wurde, hat der beklagten Partei die notwendigen Kosten zu ersetzen. Da er jedoch mit seiner Revision (Berücksichtigung der Prämie für 1994 für die entlassungsabhängigen Ansprüche) erfolgreich war und dadurch ein größerer Anteil der Gegenforderung zur Aufrechnung heranzuziehen war, steht für die insoweit erfolglos erstattete Revisionsbeantwortung der beklagten Partei (ON 30) kein Anspruch auf Kostenersatz zu.

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