Spruch:
Die mit Beschluß des Bezirksgerichtes Freistadt vom 20.März 1996, P 10/93-8, gemäß § 111 Abs 1 JN verfügte Übertragung der Pflegschaftssache der mj. Kinder Albert, Elfi, Stefan und Klaudia P***** an das Bezirksgericht Gmünd wird gemäß § 111 Abs 2 JN nicht genehmigt.
Text
Begründung
Aus Anlaß ihrer Scheidung vereinbarten Karl P***** und Elfriede P*****, daß die Obsorge über ihre vier minderjährigen Kinder der Mutter zukommen solle. Der Vergleich wurde vom Bezirksgericht Freistadt mit Beschluß vom 10.Februar 1993, P 10/93-5, pflegschaftsbehördlich genehmigt.
Am 19.März 1996 beantragte Elfriede P*****, den Unterhalt ihrer Kinder neu festzusetzen. Sie gab an, nunmehr in K*****, S*****, zu wohnen; sie beantrage aber nicht, die Zuständigkeit an das nunmehr zuständige Bezirksgericht Weitra (jetzt Gmünd) zu übertragen, weil sie in Freistadt arbeite und die Kinder dort zur Schule gingen.
Mit Beschluß vom 20.März 1996, P 10/93-8, übertrug das Bezirksgericht Freistadt die Zuständigkeit für die Pflegschaftssache der mj. Kinder Albert, Elfi, Stefan und Klaudia P***** dem Bezirksgericht Gmünd. Die Kinder hielten sich jetzt ständig in S***** auf; es sei daher zweckmäßiger, wenn das Bezirksgericht Gmünd diese Pflegschaftssache führe.
Das Bezirksgericht Gmünd lehnte es ab, die Zuständigkeit zu übernehmen. Die Mutter habe sich gegen eine Übertragung der Zuständigkeit ausgesprochen, weil sich der Lebensmittelpunkt ihrer Kinder weiterhin in Freistadt befinde.
Das Bezirksgericht Freistadt legte den Akt gemäß § 111 Abs 2 JN dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Bezirksgericht Freistadt verfügte Übertragung ist nicht gerechtfertigt.
Gemäß § 111 Abs 1 JN kann das Pflegschaftsgericht seine Zuständigkeit einem anderen Gericht übertragen, wenn dies im Interesse des Pflegebefohlenen gelegen erscheint, insbesondere wenn dadurch der dem Pflegebefohlenen zugedachte Schutz voraussichtlich besser verwirklicht werden kann. Diese Voraussetzung liegt in der Regel vor, wenn die Pflegschaftssache jenem Gericht übertragen wird, in dessen Sprengel der Mittelpunkt der Lebensführung des Kindes liegt (EFSlg 46.620; 57.691; 60.722; 66.880; 69.749; 72.819 uva; Mayr in Rechberger, ZPO § 111 JN Rz 2 mwN). Maßgebend ist immer das Kindeswohl (EFSlg 60.723; 72.818; 4 Nd 507/95 ua).
Die Kinder Albert, Elfi, Stefan und Klaudia P***** wohnen zwar in S***** im Sprengel des Bezirksgerichtes Gmünd, gehen aber weiterhin in Freistadt zur Schule. S***** ist somit nicht der (ausschließliche) Mittelpunkt ihrer gesamten Lebensführung. Dazu kommt, daß ihre Mutter in Freistadt arbeitet und es für diese daher leichter ist, beim Bezirksgericht Freistadt vorzusprechen. Schließlich ist auch die Entfernung von K***** nach Freistadt spürbar kürzer (24 km) als nach Gmünd (33 km). Die dadurch ersparte Zeit und Mühe kommt letztlich den Kindern zugute (s EFSlg 66.898); eine Übertragung der Zuständigkeit an das Bezirksgericht Gmünd liegt demnach nicht im Interesse der Kinder.
Die Übertragung war daher nicht zu genehmigen.
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