OGH 11Os38/96

OGH11Os38/9623.4.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. April 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Hager, Dr. Schindler, Dr. Rouschal und Dr. Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Eckert-Szinegh als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Nedzad H***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 9. Jänner 1996, GZ 18 Vr 1037/95-25, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Zehetner, und des Verteidigers Mag. Wirt, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Nedzad H***** des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG, teilweise in Form der Bestimmungs- und Beitragstäterschaft nach § 12 zweiter und dritter Fall StGB sowie des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG schuldig erkannt.

Darnach hat er

I./ von Jänner bis Anfang Mai 1995 den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift, dessen Menge zumindest das 25-fache der in § 12 Abs 1 SGG angeführten Menge ausmachte, ein- und ausgeführt sowie in Verkehr gesetzt bzw dazu bestimmt oder beigetragen, und zwar

1./ im Jänner 1995 in Feldkirch 1.000 Stück Ecstasy-Tabletten an Ilker G***** verkauft;

2./ Ende Jänner 1995 in Feldkirch 2.000 Stück Ecstasy-Tabletten an Ilker G***** verkauft;

3./ Mitte Februar 1995 gemeinsam mit dem abgesondert verfolgten Thomas D***** 2.000 Stück Ecstasy-Tabletten aus Deutschland nach Österreich geschmuggelt und in Feldkirch an Ilker G***** verkauft;

4./ Ende Februar/Anfang März 1995 fernmündlich von Vorarlberg aus bei "Ali" in Holland 2.500 Stück Ecstasy-Tabletten bestellt, den abgesondert verfolgten Thomas D***** zum Schmuggel dieser Tabletten aus Deutschland nach Österreich bestimmt und sie in Feldkirch an Ilker G***** verkauft;

5./ Ende März 1995 zum Schmuggel von 10.000 Stück Ecstasy-Tabletten durch Thomas D***** aus Deutschland in die Schweiz sowie zum Verkauf an Ilker G***** in der Schweiz dadurch beigetragen, daß er von Vorarlberg aus fernmündlich diese Ecstasy-Tabletten bei "Ali" in Holland bestellte und Thomas D***** die Übergabe- und Weitergabemodalitäten mitteilte;

6./ Ende April/Anfang Mai 1995 von Vorarlberg aus 10.000 Stück Ecstasy-Tabletten bei "Ali" in Holland bestellt und gemeinsam mit dem abgesondert verfolgten Thomas D***** in Singen an Ilker G***** verkauft;

II./ in Vorarlberg außer den Fällen der §§ 12 und 14a SGG den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift erworben und besessen und zum Teil anderen überlassen, und zwar

1./ von Sommer 1994 bis Mai 1995 gelegentlich Cannabisharz konsumiert und zum Teil andere zum Konsum eingeladen;

2./ von Jänner/Februar 1995 bis April 1995 Kokain konsumiert und zum Teil anderen überlassen;

3./ im Sommer 1994 in Hohenems eine "Linie Speed" konsumiert;

4./ von Frühjahr 1994 bis Mai 1995 rund 5 bis 10 Stück Ecstasy-Tabletten konsumiert.

Rechtliche Beurteilung

Nur gegen den Schuldspruch wegen der Urteilsfakten I/5 und 6 richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit b StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die jedoch nicht im Recht ist.

Dem Beschwerdeeinwand (Z 5), die Feststellungen über den Ort, an dem die Vereinbarungen über die Durchführung von Suchtgiftgeschäften getroffen wurden, seien unvollständig und demnach die hiezu in der rechtlichen Beurteilung gezogenen Schlußfolgerungen unrichtig, ist entgegenzuhalten, daß das Schöffengericht bereits im Urteilsspruch, der eine Einheit mit den Entscheidungsgründen bildet, anführt, daß die in Rede stehenden Suchtgifttransaktionen jeweils mit einer telefonischen Bestellung des Suchtgiftes durch den Angeklagten von Vorarlberg aus eingeleitet wurden. Zum Urteilsfaktum I/6 finden sich auch in den Urteilsfeststellungen entsprechende, auf die geständigen Angaben des Angeklagten (S 131, 136) gegründete Ausführungen (US 8). Ein formeller Begründungsmangel liegt daher nicht vor.

In seiner auf § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO gestützten Rechtsrüge macht der Beschwerdeführer geltend, die angefochtenen Taten seien der inländischen Gerichtsbarkeit entzogen, weil das Suchtgift nur im Ausland geschmuggelt wurde und nie nach Österreich gelangte. Daß die Bestellung der Suchtstoffe von Österreich aus erfolgte, vermöge die inländische Gerichtsbarkeit nicht zu begründen.

Nach § 67 Abs 2 StGB hat der Täter eine mit Strafe bedrohte Handlung an jenem Ort verübt, an dem er gehandelt hat oder hätte handeln sollen oder ein dem Tatbild entsprechender Erfolg ganz oder zum Teil eingetreten ist oder nach der Vorstellung des Täters hätte eintreten sollen. Werden Deliktshandlungen teils im Inland, teils im Ausland begangen, so gibt jede im Inland liegende Phase des als rechtliche Einheit zu wertenden Gesamtgeschehens die Möglichkeit, den Täter für die ganze Tat, also auch für den im Ausland liegenden Teil, der inländischen Bestrafung zu unterziehen. Führt jemand die Tat nicht selbst aus, sondern nimmt er an ihr nur als Bestimmungs- oder Beitragstäter teil, begeht er auch dann eine Inlandstat, wenn er vom Inland aus die Tatausführung im Ausland vorsätzlich veranlaßt oder fördernd unterstützt (Leukauf/Steininger Komm3 § 67 RN 6a).

Daraus folgt, daß die inländische Gerichtsbarkeit hinsichtlich der beiden bekämpften Fakten zu bejahen ist, weil der Angeklagte sowohl Ende März 1995 als auch Ende April/Anfang Mai 1995 die Ecstasy-Tabletten telefonisch von Vorarlberg aus bei einem Verkäufer namens "Ali" in Holland bestellte und mit diesem die Übergabemodalitäten vereinbarte. Bei der Bestellung Ende März 1995 teilte er die Absprachen dann noch im Inland dem abgesondert verfolgten Haupttäter Thomas D***** mit. Damit hat er aber den später im Ausland ausgeführten Suchtgiftschmuggel vom Inland aus vorsätzlich fördernd unterstützt. Zum Faktum I/6 hat er einen Teil der Deliktshandlung, nämlich die Bestellung des Suchtgiftes telefonisch von Vorarlberg aus und die Vereinbarung der Übergabemodalitäten, im Inland begangen, wodurch der später im Ausland durchgeführte Suchtgiftschmuggel der inländischen Gerichtsbarkeit unterliegt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht hat bei der Strafbemessung das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, die mehrfache Begehung sowie die Tatwiederholung und den Umstand als erschwerend gewertet, daß der Angeklagte trotz Festnahme und laufendem Verfahren weiter delinquierte. Als mildernd nahm es hingegen sein reumütiges Geständnis, die teilweise Sicherstellung des Suchtgiftes, den bisherigen ordentlichen Lebenswandel und das Alter unter 21 Jahren an. Mit Rücksicht darauf erachtete es unter Bedachtnahme gemäß §§ 31 Abs 1, 40 StGB auf das Urteil des Amtsgerichtes München vom 21. August 1995, 102 Ls 457 Js 175368/94 jug.56, eine Zusatzstrafe in der Dauer von zweieinhalb Jahren für tatschuldangemessen.

Die eine Strafmilderung anstrebende Berufung des Angeklagten bringt lediglich generell vor, das Schöffengericht habe die Milderungsgründe zu wenig, die Erschwerungsgründe indes zu sehr berücksichtigt und eine zu strenge Zusatzstrafe verhängt. Die Staatsanwaltschaft vertritt in ihrer Berufung hingegen den Standpunkt, angesichts der gewinnsüchtigen Vorgangsweise des selbst nicht süchtigen Angeklagten wäre die Freiheitsstrafe zu erhöhen.

Beide Berufungen sind nicht berechtigt.

Nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes hat das Schöffengericht die Strafbemessungsgründe im wesentlichen vollständig erfaßt, sie vor allem aber auch ihrem Gewicht gemäß gewertet. Zu einer Veränderung der über den Angeklagten verhängten Freiheitsstrafe in die eine oder die andere Richtung fand sich daher nach Prüfung der gesamten Strafbemessungssituation und des Berufungsvorbringens kein Anlaß, weswegen auch beiden Berufungen der Erfolg zu versagen war.

Die Kostenentscheidung basiert auf § 390 a StPO.

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