OGH 1Ob2084/96v

OGH1Ob2084/96v23.4.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stefan P*****, vertreten durch Dr.Helmut Winkler, Dr.Otto Reich-Rohrwig, Dr.Udo Elsner und Dr.Alexander Illedits, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Petr B*****, vertreten durch Dr.Max Urbanek, Rechtsanwalt in St.Pölten, wegen S 165.237,60 s.A. infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichts vom 26.September 1995, GZ 39 R 416/95-28, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Dem Kläger war auf Grund einer 1979 mit den Eigentümern eines Hauses in Wien-Ottakring getroffenen Vereinbarung das Recht eingeräumt, sämtliche im Haus freiwerdenden Wohnungen neu zu vermieten, um ihm so die Möglichkeit zu geben, bei freiwerdenden Wohnungen höhere Mietzinse als die gesetzlich vorgeschriebenen zu erzielen. Der Kläger gab dem Beklagten im Jänner 1980 die Wohnungen top 35 und 36 für zwei Jahre, vom Februar 1980 an die Wohnung top 37 für drei Jahre und seit 1.April 1982, somit nach dem Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes, die nun zusammengelegten Wohnungen top 35 bis 38 als einheitliches Objekt in Unterbestand; dieses Untermietverhältnis wurde am 26.Mai 1983 für die Dauer eines weiteren Jahres verlängert. Ab 1984 leistete der Beklagte an den Kläger keine Mietzinszahlungen mehr.

Die Hauseigentümer schlossen mit dem Beklagten am 1.März 1986 einen Hauptmietvertrag über die Wohnungen top 35 bis 38, kündigten dem Kläger am 10.Juni 1986 die diesem erteilte Vollmacht auf und teilten ihm gleichzeitig mit, daß sie sich die Wohnung top 35 bis 38 selbst vorbehielten. Der Kläger erwiderte darauf mit Schreiben vom 12.Juni 1986, er gebe seine Mietrechte an der Wohnung nicht auf. Ab diesem Zeitpunkt forderten die Hauseigentümer den Beklagten auf, den Zins an sie zu bezahlen, was auch geschah.

Im Verfahren AZ 6 C 3396/87 des Bezirksgerichts Hernals (3 Ob 552/91 = SZ 64/66 = WoBl 1992, 238 und 3 Ob 1525/93) wurde zwischen den Hauseigentümern und dem Kläger (dort als Beklagtem) rechtskräftig festgestellt, daß dieser jedenfalls seit Juli 1987 nicht mehr Hauptmieter der Wohnungen top 35 bis 38 sei und seit dem Widerruf der Vollmacht seit Juli 1986 auch nicht mehr Hauptmieter dieser Wohnungen gewesen sei.

Der Kläger stellt auch im laufenden Verfahren (ON 22) außer Streit, er sei seit Juli 1987 nicht mehr Hauptmieter dieser Wohnungen gewesen.

Die Vorinstanzen wiesen das Begehren des Klägers auf Zahlung von wertgesichertem Benützungsentgelt für die Wohnung top 35 bis 38 für den Zeitraum von Juli 1987 bis Jänner 1991 ab. Die Entscheidungsgründe der zweiten Instanz lassen sich dahin zusammenzufassen, bei keiner der beiden möglichen Varianten sei der Klagsanspruch berechtigt: Sollten Haupt- und Untermietung der in der Folge zusammengelegten Wohnungen noch vor Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes (am 1.Jänner 1982) erfolgt sein, komme dem Kläger wegen seiner Stellung als - dem Mieter eines ganzen Hauses gleichzuhaltender - obligatorischer Frucht- genußberechtigter oder „Generalmieter“ die Stellung eines Hauptmieters nicht zu; sollte dagegen der Hauptmietvertrag vor Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes, der Untermietvertrag indessen danach abgeschlossen worden sein, müsse ein Umgehungsgeschäft angenommen werden, weil mit der 1979 getroffenen Vereinbarung bezweckt worden sei, höhere als die gesetzlich zulässigen Mietzinse zu erzielen.

Die außerordentliche Revision des Klägers zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf und ist deshalb unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Sie macht unter Hinweis auf die - nicht veröffentlichte - Entscheidung 6 Ob 524/91 geltend, das Verhältnis zwischen Haupt- und Untermieter stelle ein abgesondert vom Hauptmietverhältnis bestehendes Schuldverhältnis dar; ob dieses mit dem Ende der Hauptmiete seine Wirksamkeit verliere, sei nach dem Inhalt des Schuldverhältnisses zu beurteilen. Der Fortbestand sei möglich, weil selbst ein Unbefugter ohne jeden Rechtstitel einen Mietvertrag schließen könne. Auch der titellose Hauptmieter bleibe an den Untermietvertrag gebunden.

§ 2 Abs 3 MRG ist nach herrschender Auffassung auch dann anzuwenden, wenn der Hauptmietvertrag vor, der Untermietvertrag jedoch nach Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes geschlossen wurde (verstärkter Senat 3 Ob 523/94 = SZ 67/65 = JBl 1994, 693 = EvBl 1994/177 ua). Wird ein Mieter, mit dem ein Untermietvertrag geschlossen wurde, gemäß § 2 Abs 3 MRG ex tunc (SZ 64/66) als Hauptmieter anerkannt, so ist der von seinem Vermieter zur Umgehung abgeschlossene Hauptmietvertrag ungültig (SZ 60/8). Das Verlangen auf Anerkennung als Hauptmieter ist auch außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs 3 MRG zulässig. Die Wirksamkeit der Anerkennung ist dann allerdings im Falle der Bestreitung durch den "Hauptmieter" in einem zwischen den Parteien des Umgehungsgeschäfts zu führenden Rechtsstreit als Vorfrage zu klären (SZ 64/66 ua). Die Wirksamkeit der Anerkennung durch den Hauseigentümer ist hier durch den Rechtsstreit AZ 6 C 3396/87 des Bezirksgerichts Hernals geklärt.

Steht dem Kläger - was er schließlich auch außer Streit gestellt hat - die Rechtsstellung eines Hauptmieters und damit auch ein Gebrauchsrecht an der Wohnung top 35 bis 38 nicht (mehr) zu, hat er auch keinen Anspruch auf Zahlung von Benützungsentgelt, weil nicht sein, sondern das Bestandobjekt der Hauseigentümer vom Beklagten benützt wurde, dem übrigens die Hauptmietrechte von diesen ausdrücklich eingeräumt worden waren. Das Verfahren AZ 4 C 1, 2/89 des Bezirksgerichts Hernals (6 Ob 1516/90) betrifft insofern einen anderen Sachverhalt, als dort Mietzinse für die Zeit vor Juli 1987 zugesprochen wurden. Auch die - oben zitierte und vom Kläger ins Treffen geführte - Entscheidung 6 Ob 524/91 betraf einen anderen Sachverhalt: Der Wegfall der Bestandrechte des Hauptmieters deshalb, weil der diesen Rechten zugrundeliegende Vertrag als nichtig erklärt worden sei, berühre im Verhältnis zwischen Haupt- und Untermieter nicht die Wirksamkeit des Untermietvertrags, weil diese von dessen Erfüllbarkeit unterschieden werden müsse. Der Wegfall der Bestandrechte des Hauptmieters, der diesen zur Räumung verpflichte, bilde deshalb keinen Kündigungsgrund gegenüber den Mieter. Der Untermieter behalte bis zur tatsächlichen Entfernung das Recht, gegen Zahlung des Untermietzinses im Bestandobjekt belasten zu werden.

Der Kläger übersieht in diesem Zusammenhang, daß die Rechtsfolgen des § 2 Abs 3 MRG - als einer gegenüber § 916 ABGB spezielleren Norm (JBl 1987, 321 ua) - zu ganz anderen Ergebnissen führen: Ist der Untermieter danach als Hauptmieter anzuerkennen, ist von vornherein anstelle des „Untermietvertrags“ zwischen dem „Hauptmieter“ und dem "Untermieter" ein Hauptmietverhältnis zwischen Vermieter (Hauseigentümer) und „Untermieter“ zustandegekommen (SZ 64/66 ua; zuletzt wieder MietSlg 46.217/26 = WoBl 1995/20 [Dirnbacher]). Dieses Hauptmietverhältnis bleibt durch den Inhalt des seinerzeit geschlossenen - aber ex tunc weggefallenen - Untermietvertrags bestimmt, soweit er mit dem Wesen eines Hauptmietverhältnisses vereinbar ist (MietSlg 46.216/26). Das Umgehungsverbot des § 2 MRG schließt es somit geradezu aus, den Scheinuntermieter einem Untervermieter, der wirksam in Unterbestand gegeben hat, und den Scheinuntermieter, der von vornherein Hauptmieter ist (§ 2 Abs 3 MRG), einen Untermieter, der diese Rechtsstellung als Untermieter trotz Fortfalls der Bestandrechte seines Vermieters beibehält, gleichzusetzen und dem Scheinuntervermieter in einem solchen Fall ein Benützungsentgelt gerade für den verbotenen Umgehungsfall zuzusprechen.

Einer noch weitergehenden Begründung bedarf dieser Beschluß nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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