OGH 1Ob520/96

OGH1Ob520/9623.4.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Richard U*****, vertreten durch Dr.Otfried Fresacher, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Verlassenschaft nach der am 11.Mai 1991 verstorbenen Anna R*****, wohnhaft gewesen, vertreten durch Dr.Margot Tonitz, Rechtsanwältin in Klagenfurt, als Verlassenschaftskuratorin, und den Nebenintervenienten Josef R*****, vertreten durch Dr.Friedrich Studentschnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen S 225.150,96 s.A. infolge von Revisionen der klagenden und der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgerichts vom 3.November 1995, GZ 3 R 79/95-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 27.Jänner 1995, GZ 25 Cg 37/94-8, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision der beklagten Partei wird nicht, jener der klagenden Partei wird hingegen teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung insgesamt wie folgt zu lauten hat:

„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 221.593,08 samt 4 % Zinsen seit 22.Oktober 1993 und die mit S 66.918,12 bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen (darin S 7.243,02 Umsatzsteuer und S 23.460 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Das Mehrbegehren von S 3.557,88 samt 4 % Zinsen seit 22.Oktober 1993 wird abgewiesen.“

Text

Entscheidungsgründe:

Die am 11.Mai 1991 verstorbene Mutter des Nebenintervenienten (in der Folge Erblasserin) und ihr am 31.März 1964 verstorbener Ehegatte waren je zur Hälfte Eigentümer einer Liegenschaft in Klagenfurt. Am 21.Februar 1964 errichteten sie ein wechselseitiges Testament, in dem sie einander zu Alleinerben einsetzten. Nach ihrer beider Ableben bestimmten sie den Nebenintervenienten, einen unehelichen Sohn der Erblasserin, zum Nacherben. Dieser sollte das dem jeweiligen Ehepartner vermachte und auch das jeweils eigene Vermögen der Testierenden erhalten. Gleichzeitig bestimmten sie „für den Fall des Ablebens von uns beiden“, dem am 29.November 1962 geborenen Kläger ein Vermächtnis von S 100.000,- -, nach dem Verbraucherpreisindex I, Stand 9.Jänner 1964 (116,8), wertgesichert, das der Nacherbe (Nebenintervenient) dem Kläger „binnen einem halben Jahr nach dem Ableben des Überlebenden von uns beiden bar auszubezahlen“ habe. Der Nachlaß nach dem Ehegatten der Erblasserin wurde dieser am 9.März 1966 mit der Beschränkung der durch die letztwillige Verfügung angeordneten fideikommissarischen Substitution zugunsten des Nebenintervenienten und dessen am 3.Juni 1957 geborenen Sohnes eingeantwortet. In der Einantwortungsurkunde wurde die Einverleibung des Pfandrechts des Klägers für die Vermächtnisforderung von S 100.000,-- auf der gesamten Liegenschaft angeordnet. Dieses Pfandrecht wurde sodann auf dieser Liegenschaft und in der Folge nach deren Teilung dort als Haupteinlage und auf der neugebildeten Liegenschaft als Nebeneinlage einverleibt.

Mit Übergabsverträgen vom 23.März 1966 und 9.Oktober 1968 und Nachträgen vom 5.November 1971 und 8.Oktober 1973 erwarb der Nebenintervenient von der Erblasserin die beiden Liegenschaften. Im Übergabsvertrag vom 23.März 1966 hielten die Vertragsparteien die Pfandrechte - unter anderem für die Vermächtnisforderung des Klägers - fest. Weiters wurde dort festgelegt, daß „der Übernehmer für diese Hypotheken sachlich mit dem Übergabsobjekt“ hafte, „ohne daß sich hiebei am persönlichen Schuldverhältnis der Vertragsparteien gegenüber den Hypothekargläubigern etwas ändert“. Im Nachtrag vom 8.Oktober 1973 wurde ferner festgelegt, daß „hinsichtlich der Substitution zugunsten des Herrn ... (Nebenintervenient).... die Erfüllung durch diesen Vertrag gegeben“ sei, daß das Pfandrecht für die Vermächtnisforderung des Klägers von S 100.000,-- hafte und „diese noch zur Gänze offene Forderung von .... „(Nebenintervenient)...... zur alleinigen Zahlung übernommen“ werde. Der Nebenintervenient verpflichtete sich, die Übergeberin in Ansehung der übernommenen Forderungen klag- und schadlos zu halten.

Am 11.Dezember 1981 überwies der Nebenintervenient dem Kläger S 100.000,- -. Dieser unterfertigte eine vom damaligen Vertreter des Nebenintervenienten vorbereitete Löschungsquittung zur Lastenfreistellung der beiden betroffenen Liegenschaften von den zugunsten seiner Vermächtnisforderung einverleibten Pfandrechten, in der er „infolge vollständiger Bezahlung der Forderung“ diese Zustimmung erteilte.

Eine Verlassenschaftsabhandlung nach der Erblasserin fand mangels Vermögens bisher nicht statt. Der Nebenintervenient nahm weder diese Erbschaft noch die Nacherbschaft nach deren Ehegatten an.

Mit Klage vom 17.April 1992 begehrte der Kläger vom Nebenintervenienten die nicht geleistete Wertsicherung in Höhe von S 211.851,35 mit der Begründung, dieser habe durch mehrere Verträge das Liegenschaftsvermögen von seiner Mutter übernommen und sich auch zur alleinigen Zahlung der Vermächtnisforderung verpflichtet. Der Nebenintervenient wendete dort ein, er sei weder Erbe nach seiner Mutter noch nach deren Ehegatten, habe kein persönliches Zahlungsversprechen abgegeben und keine persönliche Haftung übernommen. Von einer Wertsicherung habe er keine Kenntnis gehabt. Durch die Fertigung der Löschungsquittung habe der Kläger auf die Geltendmachung weiterer Forderungen aus seinem Vermächtnis verzichtet.

Das Erstgericht wies dieses Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es führte im wesentlichen aus, bei der im Nachtrag vom 5.November 1971 (richtig wohl vom 8.Oktober 1973) vom Nebenintervenienten übernommenen Verpflichtung, die noch zur Gänze offene Vermächtnisforderung zur alleinigen Zahlung zu übernehmen und die Übergeberin klag- und schadlos zu halten, handle es sich um eine Erfüllungsübernahme gemäß § 1404 ABGB, die dem Dritten (hier dem Kläger) keinen unmittelbaren Anspruch gewähre. Durch den Tod der Erblasserin sei der ihr gegenüber dem Nebenintervenienten zustehende Anspruch auf Schad- und Klagloshaltung sowie auf Erfüllung der Vermächtnisforderung im Sinne der verfügten Wertsicherung auf ihren Nachlaß - die nunmehr beklagte Verlassenschaft - übergegangen, dessen Rechte der Kläger aber nicht ohne weiteres geltend machen könne. Er müsse vielmehr - als Gläubiger der unbedingt erbserklärten Vorerbin - die weiterhin parteifähige ruhende Verlassenschaft nach dieser, somit die beklagte Partei, in Anspruch nehmen.

Mit der nun vorliegenden Klage begehrte der Kläger die Zahlung des Aufwertungsbetrags (des Vermächtnisses von S 100.000,- -) in der zum Jänner 1994 errechneten Höhe von S 225.150,96.

Die beklagte Partei wendete insbesondere ein, sie sei vermögenslos, weshalb allein die begehrte Leistung unmöglich sei. Gegen den Nebenintervenienten stünde ihr eine Forderung nicht zu, weil dieser alle mit der Übergeberin geschlossenen Verträge erfüllt habe. Er sei allenfalls Schuldner in bezug auf das intabulierte Pfandrecht, nicht aber persönlicher Schuldner der Wertsicherung gewesen. Die mit der Erblasserin geschlossenen Verträge enthielten keine Vereinbarung, daß das Vermächtnis des Klägers wertgesichert sein sollte. Im übrigen habe dieser durch Unterfertigung der Löschungsquittung vom 5.März 1982 auf die Geltendmachung weiterer Forderungen aus seinem Vermächtnis ausdrücklich verzichtet.

Der Nebenintervenient brachte vor, er habe von der Wertsicherungsvereinbarung erstmals anläßlich des Ablebens seiner Mutter Kenntnis erlangt. Einen Aufwertungsbetrag habe er niemals zur Zahlung versprochen. Eine allfällige Erfüllungsübernahme habe sich nur auf das Pfandrecht und die dadurch gedeckte Legatsforderung bezogen, zumal dem Kläger das Vermächtnis erst mit dem Ableben der Erblasserin angefallen sei. Selbst wenn dem Kläger eine Forderung gegen die beklagte Partei zustünde, müßte er sich eine Kürzung gemäß § 692 ABGB gefallen lassen, weil weder die Verlassenschaft nach dem Ehegatten der Erblasserin noch jene nach dieser eine höhere Leistung zuließen als die vom Kläger bereits erhaltene. Das Klagebegehren sei nicht durchsetzbar, weil der Nebenintervenient kompensable Gegenforderungen gegen die beklagte Partei habe. Durch den Empfang von S 100.000,-- sei der Beklagte bereichert, weil die Vermächtnisforderung seinerzeit noch nicht entstanden gewesen sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt beurteilte es dahin, das im wechselseitigen Testament vom 21.Februar 1964 dem Kläger ausgesetzte Vermächtnis sei schon zu Lebzeiten der Erblasserin angefallen und spätestens ein halbes Jahr nach ihrem Ableben fällig gewesen. Sowohl ihr als auch dem Nebenintervenienten als dem auf die Substitutionsmasse Anwartschaftsberechtigten sei die Verpflichtung zur Erhaltung der für die Abdeckung des Vermächtnisses erforderlichen Substanz oblegen. Die beklagte Partei könne sich nicht auf die Unkenntnis der Wertsicherung berufen; der Nebenintervenient habe von dieser Kenntnis gehabt. Er habe im Nachtrag vom 8.Oktober 1973 seiner Mutter gegenüber die noch zur Gänze offene Vermächtnisforderung zur alleinigen Zahlung übernommen und sich dabei verpflichtet, die Übergeberin klag- und schadlos zu halten. Diese Vereinbarung stelle eine Erfüllungsübernahme gemäß § 1404 ABGB, somit einen unechten Vertrag zugunsten des Klägers, dar. Der obligatorische Anspruch der Erblasserin gegen den Nebenintervenienten auf Erfüllung der Vermächtnisforderung und auf Schad- und Klagloshaltung sei auf ihren Nachlaß übergegangen. Der Kläger habe auf die Wertsicherung nicht schlüssig verzichtet. Die beklagte Partei habe den Beweis für die Unzulänglichkeit des Nachlasses nicht erbracht, weshalb eine Kürzung des Legats nach § 692 ABGB nicht in Betracht komme. Die dem Nebenintervenienten übergebenen Liegenschaften repräsentierten einen realen Wert in Millionenhöhe, das Vermögen der Erblasserin habe im Zeitpunkt der Übergabe der Liegenschaft an den Nebenintervenienten ausreichend Deckung auch für das Vermächtnis des Klägers einschließlich der Wertsicherung geboten. Der Kläger sei durch die vorzeitige Empfangnahme des Teilbetrags von S 100.000,-- nicht bereichert, weil einerseits die Erblasserin in einem Zusatz zum wechselseitigen Testament ausdrücklich die Möglichkeit einer Auszahlung von Beträgen bereits vor ihrem Ableben vorgesehen habe und andererseits die vorzeitige Auszahlung im Interesse des Nebenintervenienten (wegen der Löschung des Pfandrechts) gelegen gewesen sei. Dennoch sei das Klagebegehren nicht berechtigt, weil die beklagte Partei vermögenslos sei. Daß der ruhende Nachlaß eine Forderung gegen den Nebenintervenienten auf Entrichtung der für den Kläger vorgesehenen Wertsicherung habe, sei deshalb bedeutungslos, weil der Nebenintervenient gegen diese Forderung beträchtliche, die Klagsforderung übersteigende Gegenforderungen, und und zwar aufgrund der Zahlung von Steuerschulden des Ehegatten der Erblasserin und der Begleichung von Schadenersatzansprüchen nach dem tödlichen Unfall seines Bruders einwenden könne. Es sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß die beklagte Partei die eingeklagte Leistung auch in Hinkunft nicht werde erbringen können, weshalb deren Verurteilung zur Leistung nicht in Betracht komme.

Das Gericht zweiter Instanz verurteilte die beklagte Partei zur Zahlung von S 151.198,63 und wies das Mehrbegehren von S 73.952,33 ab; es sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen einschließlich jener über das Bestehen von Gegenforderung des Nebenintervenienten gegen die beklagte Partei im Betrag von S 135.919,03 und führte in Erledigung der Rechtsrüge aus, entgegen der Ansicht des Erstgerichts sei die vom Kläger begehrte Leistung nicht im Sinne des § 1447 ABGB unmöglich. Geldleistungen seien niemals unerschwinglich; der Klagsforderung könne weder die Einrede der Unmöglichkeit noch jene der Unerschwinglichkeit der Leistung entgegengehalten werden. Es bestehe eine ernstzunehmende Chance, daß die von der beklagten Partei begehrte Leistung erbracht werden könne. Die dem Kläger gegenüber bestehende Leistungspflicht sei nämlich durch die mit dem Nebenintervenienten vereinbarte Schuldübernahme abgesichert. Dieser könne mangels Vorliegens der Kompensationsvoraussetzung der Gleichartigkeit der Forderungen und angesichts des speziellen Schuldinhalts des Vertrags auf Leistung an einen Dritten nicht mit den von ihm behaupteten Gegenforderungen gegen die beklagte Partei aufrechnen. Zweck der Schuldübernahme sei es nämlich gewesen, die durch die vorzeitige Übergabe der gesamten Substitutionsmasse an den Nacherben (Nebenintervenienten) bewirkte Verkürzung des Klägers als Vermächtnisnehmers durch Begründung einer dem Testierwillen der Erblaserin und deren Ehegatten entsprechenden rechtsgeschäftlichen Zahlungspflicht des Nacherben auszugleichen. Eine Legatsreduktion komme nicht in Betracht. Das Zahlungsversprechen des Nebenintervenienten, der von der Wertsicherungsvereinbarung Kenntnis gehabt habe, sei auf die einheitliche, sich aus dem pfandrechtlich sichergestellten Grundbetrag und dem aus der Wertsicherungsvereinbarung zu errechnenden Erhöhungsbetrag ergebende Vermächtnisforderung zu erstrecken. Der Kläger habe im Dezember 1981 nur die Grundforderung erhalten, auf die Bezahlung des Aufwertungsbetrags dabei aber nicht verzichtet. Zur Annahme der vorzeitigen und nur teilweisen Tilgung seiner Vermächtnisforderung sei der Kläger nicht verpflichtet gewesen. Mit dem Zahlungstag sei der Gegenstand der Wertsicherung (die Hauptforderung) weggefallen. Der Kläger habe deshalb nur mehr Anspruch auf Geltendmachung des bis zum Dezember 1981 berechneten Aufwertungsbetrags. Dies führe zum Zuspruch von S 151.198,63. Daß der Verpflichtung des Nebenintervenienten zur Zahlung des Aufwertungsbetrags keine Gegenleistung der Übergeberin gegenübergestanden sei, habe der Nebenintervenient nicht bewiesen.

Die Revision des Klägers ist teilweise berechtigt; der Revision der beklagten Partei kommt keine Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

1. Zum Rechtsmittel der beklagten Verlassenschaft:

Die auf das dem Kläger ausgesetzte Geldlegat gestützte Vermächtnisklage ist zu Recht gegen den (ruhenden) Nachlaß gerichtet, weil dieser bis zur Einantwortung ein dem Erben - selbst bei Überlassung seiner Besorgung und Vewaltung - fremdes Vermögen ist, deshalb für die Nachlaßverbindlichkeiten, zu welchen auch die Vermächtnisse zu rechnen sind, allein haftet (EvBl 1986/11; SZ 48/86 uva; Kralik in Ehrenzweig, Erbrecht3, 211; Welser in Rummel, ABGB2 § 647 Rz 13; Koziol/Welser, Grundriß2 II 371) und der Nebenintervenient als letztwillig eingesetzter Alleinerbe die Erbschaft (bisher noch) nicht angetreten hat.

Mit der namens der beklagten Verlassenschaft in erster Linie erhobenen Einwendung, diese sei (endgültig) vermögenslos, weil die Erblasserin ihr Vermögen dem Nebenintervenienten schon zu Lebzeiten übergeben habe, beruft sich die Nachlaßkuratorin der Sache nach auf Unerschwinglichkeit und damit auf (nachträgliche) Unmöglichkeit der Leistung, übersieht dabei indessen, daß die Erfüllung einer Geldschuld - und eine solche ist das Barlegat - niemals als unerschwinglich beurteilt werden kann (SZ 54/4; SZ 52/188 uva; Reischauer in Rummel aaO § 920 Rz 4 mwN), weil das Unvermögen, die geschuldete Zahlung zu leisten - mag dessen Beseitigung im einzelnen Fall auch äußerst unwahrscheinlich sein -, rechtlich stets nur als vorübergehendes Unvermögen zu beurteilen ist (Pisko/Gschnitzer in Klang 2 VI 549 f; Koziol/Welser aaO I 221 mwN). Nichts anderes kann gelten, wenn ein ruhender Nachlaß die Geldleistung schuldet, kann doch immer noch nachträgliches Vermögen hervorkommen. Die Erwägungen des Berufungsgerichts, nach der neueren Rechtsprechung sei der Schuldner allerdings nur dann zur geschuldeten Leistung zu verurteilen, wenn eine noch irgendwie ins Gewicht fallende Chance bestehe, daß die Leistung später erbracht werden kann (vgl dazu insbesondere EvBl 1989/17 unter Berufung auf Bydlinski in Klang 2 IV/2, 114), sind deshalb im vorliegenden Fall nicht weiter zu beachten, weil das Gericht zweiter Instanz übersehen hat, daß dieser - vorwiegend zum Doppelverkauf bzw zum Erfordernis der Mitwirkung eines Dritten an der geschuldeten Leistung entwickelte - Rechtssatz jedenfalls nicht für die Geldschuld gelten kann. Im übrigen ist der Einwendung der Leistungsunmöglichkeit im vorliegenden Fall auch aus anderem Grund der Boden entzogen:

Der Nebenintervenient übernahm mit Nachtrag vom 8.Oktober 1973 der Erblasserin gegenüber - unter anderem - „die noch zur Gänze offene“ Vermächtnisforderung „zur alleinigen Zahlung“ und verpflichtete sich, die Übergeberin schad- und klaglos zu halten. Er übernahm damit aber auch die schon angefallenen und die erst anfallenden Wertsicherungsbeträge in seine Zahlungsverpflichtung, wurde doch die letztwillig angeordnete Wertsicherung der Legatsforderung von dieser Abmachung nicht ausgenommen, obwohl sie dem Nebenintervenienten damals bekannt war. Aufgrund dieses Nachtrags steht der beklagten Verlassenschaft somit - was sie übrigens in der Revision gar nicht mehr in Abrede stellt - gegen den Nebenintervenienten ein Anspruch auf Auszahlung der fälligen Wertsicherungsbeträge an den Kläger zu. Von beklagter Seite wird indessen ins Treffen geführt, dem Nebenintervenienten stünden diese Forderung der beklagten Partei bei weitem übersteigende kompensable Gegenforderungen (aus der Begleichung von Abgabenschulden des Ehegatten der Erblasserin und aus Schadenersatzleistungen nach dem tödlichen Unfall des Bruders des Nebenintervenienten, dessen Erbin die Übergeberin und deren Ehegatte gewesen seien) zu, so daß die beklagte Verlassenschaft die Forderung aus dieser Abmachung nicht mit Erfolg geltend machen könnte. Auch diese Einwendung erweist sich nicht als stichhältig:

Das Zahlungsversprechen des Nebenintervenienten ist als Erfüllungsübernahme im Sinne des § 1404 ABGB zu beurteilen, die angesichts des Eigeninteresses des Hauptschuldners ein „unechter Vertrag zugunsten Dritter“ ist (Rummel in Rummel aaO § 881 Rz 2), für den § 1404 zweiter Satz ABGB ausdrücklich anordnet, daß dem Gläubiger hieraus unmittelbar kein Recht erwächst. Deshalb ist erst gar nicht zu prüfen, ob nicht doch der Gläubiger nach dem besonderen Vertragszweck ausnahmsweise das Recht unmittelbar erwerben soll, die Befriedigung vom Erfüllungsübernehmer zu fordern (JBl 1988, 518). Fraglich ist es demnach, ob der Erfüllungsübernehmer dem Begehren seines Vertragspartners auf Leistung an den Dritten vertragsfremde Gegenforderungen gegen den Versprechensempfänger mit Erfolg entgegenhalten kann:

Ehrenzweig (System2 II/1, 332) bejaht die Gleichartigkeit und Gegenseitigkeit, wenn dem Anspruch auf Geldzahlung an einen Dritten eine Geldforderung gegen den Versprechensempfänger gegenübersteht. Dazu beruft er sich - ohne weitere Argumente - auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs SZ 7/199, in der diese Auffassung ohne eigenständige Überlegungen auf die von diesem Autor in der ersten Auflage (II/1, 307 f) vertretene Ansicht gestützt wird. Mit der Problematik der Aufrechenbarkeit vertragsfremder Gegenforderungen setzt sich Ehrenzweig nicht besonders auseinander.

Dagegen hatte Hellwig (Die Verträge auf Leistung an Dritte, 77) schon früher die Meinung vertreten, es sei zweifelhaft, ob der Schuldner dem Gläubiger gegenüber mit einer gegen diesen gerichteten Forderung aufrechnen könne, wenn er zur Leistung an einen Dritten verpflichtet sei; er bejahte zwar die Gleichartigkeit, hielt die Aufrechnung aber wegen der besonderen Art, in der der Schuldner seine Leistung zu erbringen versprochen habe, als vertragsmäßig ausgeschlossen.

Dieser Ansicht scheint auch Spielbüchler (Der Dritte im Schuldverhältnis, 95) - wenngleich in anderem Zusammenhang (Anweisung) - zu sein.

Mayrhofer (in Ehrenzweig, Schuldrecht3 AT 594 und FN 3) meint zwar, bei einem unechten Vertrag zugunsten Dritter könne der Schuldner mit Gegenforderungen gegen den Versprechensempfänger aufrechnen, schränkt diese Aussage aber dahin ein, anders lägen die Dinge, wenn in der Zusage, an den Dritten zu leisten, ein Aufrechnungsverzicht zu erblicken sei.

Auch Apathy (in Schwimann, ABGB § 882 Rz 4) vertritt die Auffassung, wohl könne der Schuldner gegen den Versprechensempfänger beim unechten Vertrag zugunsten Dritter in der Regel aufrechnen, die Auslegung des Vertrags könne jedoch einen Aufrechnungsverzicht ergeben.

Stärker pointiert Dullinger (Handbuch der Aufrechnung, 69; dieselbe, Zur Aufrechnung beim Vertrag zugunsten Dritter, in JBl 1988, 151, 156) ihre Meinung, eine Aufrechnung mit anderen als den im Vertrag zugunsten Dritter begründeten Forderungen des Schuldners gegen den Versprechensempfänger - und damit die gegenteilige herrschende Auffassung - sei abzulehnen, weil der spezielle Schuldinhalt des Vertrags auf Leistung an einen Dritten ignoriert und die Aufrechnung unter bloßer Berufung auf die Gegenseitigkeit generell für zulässig erachtet würden.

Auch Rummel (aaO § 882 Rz 3, der noch in der ersten Auflage der - noch darzustellenden - Rechtsprechung gefolgt war) ist nun der Auffassung, gegen den Willen des Versprechensempfängers sei in der Regel nur die Einwendung von Gegenforderungen aus dem Vertrag selbst zulässig, wogegen die Kompensation mit anderen Forderungen typischerweise dem Vertrag widerspreche; möglicherweise mangle es auch an der Gleichartigkeit.

In der Rechtsprechung finden sich - abgesehen von der schon erwähnten Entscheidung SZ 7/199 - zu diesem Thema noch die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs JBl 1967, 523, und EvBl 1984/21. In beiden Entscheidungen wird die Aufrechnung mit vertragsfremden Forderungen - lediglich unter Hinweis auf Ehrenzweig (aaO), Rummel (aaO, erste Auflage) und Gschnitzer (in Klang 2 IV/1, 244, dessen Ausführungen sich diese Auffassung indes nicht entnehmen läßt) sowie auf die Vorjudikatur, jedoch ohne eigenständige Begründung - gebilligt, ohne darzulegen, weshalb in dieser Hinsicht zwischen echtem und unechtem Vertrag zugunsten Dritter zu differenzieren sei und ohne auf den besonderen Schuldinhalt einer solchen Abrede einzugehen.

Bei neuerlicher Prüfung der dabei anstehenden Fragen gelangt der erkennende Senat demgegenüber in Übereinstimmung mit Hellwig (aaO), Mayrhofer (aaO), Dullinger (aaO) und Rummel (aaO, 2.Auflage) zum Ergebnis, daß der Schuldner in der Regel mit einer zwar gegen den Versprechensempfänger gerichteten, aber nicht im (auch unechten) Vertrag zugunsten des Dritten begründeten Forderung nicht gegen dessen Forderung auf Leistung an den Dritten aufrechnen kann, weil dem gerade die (besondere) Abmachung über die Verpflichtung zur Leistung an diesen entgegensteht und darin regelmäßig ein Aufrechnungsverzicht zu erblicken ist. Wie schon das Gericht zweiter Instanz zutreffend ausführte, konnte der Zweck der im Nachtrag vom 8.Oktober 1973 festgeschriebenen Erfüllungsübernahme vom Übernehmer bei redlicher Beurteilung der von ihm damit übernommenen Verpflichtungen nur dahin verstanden werden, daß die mit der vorzeitigen Übergabe des Substitutionsvermögens an den Nacherben verbundene Beeinträchtigung des Klägers als Vermächtnisnehmers, der auf das Zulangen des Nachlasses (vgl § 692 ABGB) angewiesen war, durch Begründung einer dem Testierwillen der Übergeberin entsprechenden vertraglichen Zahlungspflicht ausgeglichen werden sollte: Wäre der Übergeberin an der Erfüllung des Vermächtnisses nichts gelegen gewesen, hätte sie gewiß nicht auf einer solchen Abmachung bestanden, weil sie selbst von den Lasten des ausgesetzten Vermächtnisses zu ihren Lebzeiten nicht getroffen war. Zweck der Erfüllungsübernahme war deshalb ohne jeden Zweifel, daß dem Kläger die dem Vermächtnis entsprechende Leistung jedenfalls und trotz der vorweggenommenen Erbfolge zukommen sollte. Dazu kommt, daß die vom Nebenintervenienten behaupteten Gegenforderungen den Vertragsteilen bei Abschluß des Vertrags vom 8.Oktober 1973 („Nachtrag“) längst bekannt waren. Hat sich der Nebenintervenient dessen ungeachtet verpflichtet, die „zur Gänze offene Forderung .....zur alleinigen Zahlung“ zu übernehmen, ohne sich die Aufrechnung seiner Gegenforderungen gegen die Vertragspartnerin vorzubehalten, obwohl der Zweck der Erfüllungsübernahme auf der Hand lag, so muß dieser Abmachung redlicherweise ein Aufrechnungsverzicht zugunsten des begünstigten Klägers unterstellt werden, so daß sich der Nebenintervenient nun seiner vertraglich gegenüber der Erblasserin bzw der beklagten Verlassenschaft übernommenen Zahlungspflicht nicht dadurch entziehen kann, daß er jetzt doch mit früheren Gegenforderungen aufrechnet. Ob dem Schuldner beim unechten Vertrag zugunsten Dritter und deshalb auch bei der Erfüllungsübernahme ganz allgemein die Aufrechnung mit vertragsfremden Gegenforderungen verwehrt bleibt, muß deshalb nicht näher geprüft werden. Ist die beklagte Verlassenschaft die Erfüllung der - wie noch bei Erledigung der Revision des Klägers näher auszuführen sein wird - gesamten Vermächtnisforderung vom Nebenintervenienten zu erzwingen berechtigt, kann von einer Unmöglichkeit der Leistung auch aus diesem Grund keine Rede sein.

Auch die vom Nebenintervenienten eingewendete Legatsreduktion gemäß § 692 ABGB kann deshalb zu keinem der beklagten Verlassenschaft günstigeren Ergebnis führen: Nach dieser auch analog auf den ruhenden Nachlaß anzuwendenden (EvBl 1990/109 ua; Kralik aaO 241) Vorschrift haben die Legatare unter anderem dann einen verhältnismäßigen Abzug zu leiden, wenn die Verlassenschaft zur Zahlung der Schulden und anderen pflichtgemäßen Auslagen nicht zureicht. Diese Bestimmung kann aber gewiß gerade dann nicht erfolgreich ins Treffen geführt werden, wenn der Nachlaß - wie dargelegt - gegen einen Dritten, selbst wenn dieser der Erbe ist, einen vertraglichen Anspruch auf Erfüllung eben dieser Vermächtnisforderung hat, so daß sich schon deshalb die § 692 ABGB zugrundeliegende Frage nach dem Zulangen der Verlassenschaft von vornherein nicht stellt, kann doch die Erfüllung des dem Nachlaß zustehenden Anspruchs selbstredend nur dem Vermächtnisnehmer zugute kommen.

Da die beklagte Verlassenschaft nun selbst nicht mehr in Zweifel zieht, daß der Kläger bei Entgegennahme des Nominalbetrages auf die Wertsicherung nicht verzichtet habe, ist ihrer Revision mangels Berechtigung der Einwendungen der beklagten Seite ein Erfolg zu versagen.

2. Zur Revision des Klägers:

Entgegen der Ansicht des Gerichts zweiter Instanz ist der Gegenstand der Wertsicherung mit dem Tag der Bezahlung der pfandrechtlich sichergestellten Forderung von S 100.000,-- (am 11.Dezember 1981) nicht weggefallen. Der Aufwertungsbetrag ist Teil der Schuld und in jeder Hinsicht als Gegenstand der wertgesicherten Forderung und nicht als deren Nebenforderung zu beurteilen. Die Zahlung des Grundbetrags wirkt bloß als Teilzahlung (§ 1415 ABGB), der bei Zahlung des Nominalkapitals noch offene Aufwertungsbetrag erhöht sich bis zu dessen Zahlung entsprechend dem Wertsicherungsmaßstab weiter (ÖBA 1988, 163; RdW 1983, 105 ua; Ertl, Inflation, Privatrecht und Wertsicherung, 116; Schubert in Rummel aaO §§ 988, 989 Rz 12). Demnach ist der im Dezember 1981 - nach Zahlung des Grundbetrags - noch offen gebliebene Aufwertungsbetrag nach dem vereinbarten Maßstab weiter aufzuwerten. Der Klage legte der Kläger noch einen zum März 1982 offenen Wertsicherungsbetrag von S 157.448,60 zugrunde, wogegen er in der Revision - ebenso wie das Berufungsgericht - einen zum Dezember 1981 offengebliebenen Betrag von S 151.198,63 seinen Berechnungen unterstellt. Bei der Berechnung der Klagsforderung ist demnach vom dem vom Kläger zugrundelegten Betrag auszugehen:

Im Dezember 1981 betrug der Index der Verbraucherpreise durchschnittlicher Arbeitnehmerhaushalte Index I) laut amtlicher Veröffentlichung des Österreichischen Statistischen Zentralamts 293,4, im Jänner 1994 hingegen 430,0. Daraus errechnet sich eine Wertdifferenz von 136,6, so daß der zum Dezember 1981 aushaftende Betrag von S 151.198,63 um 46,5576 % aufzuwerten und der berechtigte Aufwertungsbetrag insgesamt mit S 221.593,08 (Summe aus S 151.198,63 und S 70.394,45) zu errechnen ist.

Der von der beklagten Partei monierte Vorteil des Klägers infolge vorzeitiger Auszahlung des Grundbetrags ist nicht zu berücksichtigen: Nicht der Kläger hat die vorzeitige Teilzahlung gefordert, sondern der Nebenintervenient hat diese ohne einen entsprechenden Vorbehalt dahin, daß sich der Kläger die Zahlung vor Fälligkeit als Vorteil anrechnen lassen müsse, von sich aus veranlaßt.

Der Revision des Klägers ist demnach überwiegend Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 43 Abs 2 und § 50 ZPO, weil der Kläger nur mit einem verhältnismäßig geringfügigen Teil seines Anspruchs, dessen Geltendmachung besondere Kosten nicht veranlaßte, unterlegen ist. Dem Nebenintervenienten gebührt angesichts des Streitausgangs kein Kostenersatzanspruch.

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