OGH 13Os32/96

OGH13Os32/9610.4.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.April 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Petschnigg als Schrift- führerin, in der Strafsache gegen Friedrich O***** wegen des Vergehens der Begehung einer strafbaren Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 12.Dezember 1995, GZ 37 Vr 571/95-25, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Friedrich O***** wurde mit dem angefochtenen Urteil des Vergehens der Begehung einer strafbaren Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs 1 (§§ 127, 131) StGB schuldig erkannt, weil er sich am 1. März 1995 fahrlässig (durch Genuß von Alkohol und Rohypnol) in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand versetzte und darin eine Handlung beging, die ihm außer diesem Zustand als Verbrechen des räuberischen Diebstahls (Versuch des Losreissens und Umsichschlagen mit Händen und Füßen, um sich aus einem Selbstbedienungsgeschäft gestohlene Kosmetikartikel und Lebensmittel im Wert von 1.828,60 S zu erhalten) zugerechnet würde.

Die Staatsanwaltschaft hatte in der Hauptverhandlung die Anwendung des § 22 StGB beantragt (S 127), welchen Antrag das Schöffengericht, zwar nicht spruchmäßig, jedoch mit ausdrücklich darauf bezogener ausführlicher Begründung (US 15 ff; vgl Mayerhofer/Rieder, StPO3 § 281 Z 7 E 8 f), abwies.

Die dagegen von der Anklagebehörde aus § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Das Schöffengericht hat sich, ohne die Eignung der Anlaßtat als Grundlage für die beantragte Vorgangsweise in Zweifel zu ziehen, zwar auch im Rahmen der Prognosebeurteilung (§ 22 Abs 1 letzter Halbsatz StGB) mit dieser auseinandergesetzt, dabei jedoch ausdrücklich auf die konkrete Fallgestaltung abgestellt (US 16) und sie in weiterer Folge auch in Beziehung zur bisherigen strafrechtlichen Vorbelastung des Angeklagten gesetzt (US 17). Bei Erstellung der Gefährlichkeitsprognose war auch die Frage der nicht bloß leichten Folgen strafbarer Handlungen relevant. Sie ist jedoch nur ein Aspekt und somit untrennbarer Bestandteil der insgesamt allein im pflichtgemäßen richter- lichen Ermessen liegenden Prognosestellung. Erst auf Grundlage dieser Gesamtschau gelangten die Tatrichter zum Schluß, es könne nicht festgestellt werden, beim Angeklagten bestünde die Gefahr, er würde im Zusammenhang mit seiner Gewöhnung an berauschende Mittel mehrere mit Strafe bedrohte Handlungen mit nicht bloß leichten Folgen begehen (nochmals US 17).

Dies ist jedoch eine der Bekämpfung mit Nichtigkeitsbeschwerde entzogene Frage, weil nur die gesetzlich beschriebenen (zwingenden) materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 22 StGB nach der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO überprüfbar sind. Hingegen ist die Ermessensentscheidung betreffend die Gefährlichkeit des Täters (§ 22 Abs 1 letzter Halbsatz StGB) wie jede Entscheidung des Gerichtes auf dem Sanktionengebiet, die sich im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens bewegt, nur mit Berufung bekämpfbar (SSt 47/32, 54/37; Mayerhofer/Rieder, aaO, Z 11 E 37 u 40). Auch der in der Beschwerde gestellte Antrag, der auf die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in eine Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher durch den Obersten Gerichtshof abzielt, läßt dies erkennen. In diesem Fall ist nämlich an die Stelle des diesbezüglichen Ermessens des Erstgerichtes jenes des Rechtsmittelgerichtes zu setzen.

Auch das Vorbringen der Nichtigkeitsbeschwerde ist daher inhaltlich als Ausführung der Berufung anzusehen, über die, nachdem die Beschwerde in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO) war, der zuständige Gerichtshof zweiter Instanz zu entscheiden hat (§ 285 i StPO).

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