OGH 9ObA15/96

OGH9ObA15/9627.3.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Steinbauer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Manfred Dafert und Dr.Gerhard Dengscherz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Parteien

1) Wohnungseigentümergemeinschaft der Liegenschaft EZ *****, 2)

Wohnungseigentümergemeinschaft der Liegenschaft EZ *****, 3)

Wohnungseigentümergemeinschaft der Liegenschaft EZ *****, 4)

Wohnungseigentümergemeinschaft der Liegenschaft EZ *****, alle vertreten durch Univ.Prof.Dr.Friedrich Harrer und Dr.Iris Harrer-Hörzinger, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagten Parteien 1) Josef O*****, Hausbesorger, *****, 2) Dora O*****, Hausbesorgerin, ebendort, beide vertreten durch Mag.Cornelia Schmidjell-Esterbauer, Kammer für Arbeiter und Angestellte für Salzburg, Auerspergstraße 11, 5020 Salzburg, diese vertreten durch Dr.Peter Cardona, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Feststellung, infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 14.November 1995, GZ 12 Ra 97/95-17, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 7.Juni 1995, GZ 16 Cga 42-45/95-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahingehend abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, den beklagten Parteien die mit S 25.981 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 3.778,50 Umsatzsteuer und S 3.310 Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Jede klagende Partei bildet in bezug auf die ihr gehörige Liegenschaft eine Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß § 13 c WEG. Die Wohnungseigentumsobjekte wurden auf den Liegenschaften EZ 69, EZ 157, EZ 139, EZ 158 KG Hinterwaldberg, BG Mittersill von der M***** GesmbH & Co KG errichtet und zunächst auch verwaltet. Die Beklagten sind als Hausbesorger in den Objekten der Kläger tätig. Der Erstbeklagte begann seine Tätigkeit 1972. Damals bestanden zwei Objekte. Nach Errichtung weiterer wurde im Jahr 1978 auch die Zweitbeklagte als Hausbesorgerin eingesetzt. Die Beklagten schlossen ihre Vereinbarungen über die Hausbesorgertätigkeit mit der M***** als Hausverwalterin. Sie waren und sind bei ihr sozialversicherungsrechtlich angemeldet und beziehen von ihr die Löhne. Ihre Hausbesorgertätigkeit üben sie in gleicher Weise in allen Objekten aus. Mit 1.1.1992 übernahm Dipl.Ing.Helmut B***** die Hausverwaltung der vier im Wohnungseigentum der Kläger stehenden Objekte. Die Verwaltung der übrigen drei Objekte übt die M***** weiterhin aus. Anläßlich der Verwaltungsübernahme teilte der Geschäftsführer der M***** Dipl.Ing.B***** mit, daß die Beklagten bei der M***** angestellt seien. Später wurde wieder die Ansicht vertreten, daß kein Dienstverhältnis zwischen den Beklagten und der M***** bestehe. In einem Rechtsstreit zwischen den Beklagten und den einzelnen Wohnungseigentümern der von den Beklagten betreuten Liegenschaften auf Zahlung von Hausbesorgerentgeltdifferenzen zwischen der Hausbesorgerentgeltverordnung und dem Hausbesorgermindestlohntarif und dem tatsächlich von der M***** ausbezahlten Entgelt vertraten die Wohnungseigentümer den Standpunkt, daß M***** Dienstgeber der Beklagten sei. Eine Klärung der strittigen Frage erfolgte in diesem Verfahren nicht. Die anteiligen Hausbesorgerkosten werden von M***** Dipl.Ing.B***** mittels Rechnungen, in denen auch die Mehrwertsteuer ausgewiesen ist, vorgeschrieben. Ansprechpartner und Weisungsgeber für die Tätigkeiten der Beklagten ist Dipl.Ing.B*****.

Die Kläger begehren die Feststellung, daß zwischen ihnen und den Beklagten kein Dienstverhältnis bestehe und die Kläger nicht Dienstgeber der beklagten Parteien seien.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Rechtsansicht, daß Vertragspartner des Hausbesorgerdienstverhältnisses grundsätzlich die Hauseigentümer bzw die Miteigentümer der Hausbesorger seien. Der Verwalter sei direkter Stellvertreter der Wohnungseigentümer und schließe daher auch Hausbesorgerdienstverträge als Hausverwalter im Namen der Miteigentümer ab. Der Sonderfall eines Dienstverhältnisses zwischen einem Hausbesorger und einem Dritten liege nicht vor. Für die zivilrechtliche Beurteilung des Dienstverhältnisses seien sozialversicherungsrechtliche Meldungen bei der Krankenkasse bedeutungslos wie auch die subjektive Meinung der M***** oder interne Abrechnungsmodalitäten über das Hausbesorgerentgelt.

Das Berufungsgericht gab in Stattgebung der Berufung der Kläger dem Feststellungsbegehren Folge. Für die rechtliche Beurteilung sei maßgeblich, wie die rechtsgeschäftlichen Erklärungen der M***** zu verstehen waren. M***** habe sich selbst als Dienstgeber betrachtet und entsprechende Erklärungen nicht nur gegenüber dem späteren Verwalter der Objekte der Kläger, sondern auch gegenüber den Wohnungseigentümern abgegeben. Die Absicht selbst Dienstgeber zu sein, sei offensichtlich auch den Beklagten gegenüber geäußert worden, was die Reaktion des Erstbeklagten beim Verwalterwechsel, jetzt allenfalls eine zweite Lohnsteuerkarte zu benötigen, zeige. Die Anmeldung zur Sozialversicherung, die Zuordnung der Lohnsteuerkarte, die Auszahlung des Entgelts seien aus der Sicht des Dienstnehmers ein eindeutiger Konnex mit der Dienstgebereigenschaft, sodaß M***** als Vertragspartner der Beklagten anzusehen sei.

Gegen dieses Urteil der zweiten Instanz richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache und dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Klageabweisung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagenden Parteien stellen den Antrag, der Revision der Beklagten nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist gemäß § 46 Abs 3 Z 1 ASGG zulässig, weil der Bestand eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien strittig ist. Sie aber auch berechtigt.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung, daß Arbeitgeber eines Hausbesorgers im Sinne des Hausbesorgergesetzes grundsätzlich nur der Eigentümer des Hauses ist (ZAS 1975/19 [Wilhelm]; MietSlg XXXI/5; EvBl 1975/133; Arb 10.307, 10.565; DRdA 1995/35 [Kürner]; 9 ObA 139/93). Zutreffend führt das Berufungsgericht aber auch aus, daß aus der aus dem Hausbesorgergesetz abzuleitenden grundsätzlichen Arbeitgebereigenschaft des Hauseigentümers nicht zwingend folgt, daß die einzelnen hier unstrittigen Hausbesorgervertragsverhältnisse nicht einen anderen Vertragspartner des Hausbesorgers als den Hauseigentümer aufweisen können, zumal doch auch eine analoge Anwendung der Bestimmungen des HBG in Fällen, in denen eine andere Person als der Hauseigentümer Vertragspartner des Hausbesorgers ist, nicht ausgeschlossen ist (ZAS 1975/19 [Wilhelm]; DRdA 1995/35 [Kürner]; Arb 10.565; 9 ObA 139/93).

Der Begriff des Arbeitgebers kann im Bereich des Arbeitsrechts nicht einheitlich beurteilt werden, sondern hängt von unterschiedlichen Kriterien ab (DRdA 1993/25 [Resch]; DRdA 1995/37 [Kürner]). Aber auch davon, wer nach vertragsrechtlicher Beurteilung des gesamten Sachverhaltes als Arbeitgeber anzusehen ist. Weder einzelne Rechte oder Pflichten begründen die Arbeitgebereigenschaft, noch müssen alle diese Rechte und Pflichten, wohl aber mehrere im Sinne eines beweglichen Systems bei einer Person vereinigt sein, um diese als Arbeitgeber zu qualifizieren. Es kommt bei der Beurteilung des Verhaltens der Vertragspartner des Hausbesorgers im Sinne der Vertrauenstheorie im maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsabschlusses darauf an, ob der Arbeitnehmer aus der Sicht eines redlichen Erklärungsempfängers objektiv gesehen darauf vertrauen durfte, daß der Erklärende im eigenen Namen als Arbeitgeber bzw als Vertreter für einen bestimmten Arbeitgeber aufgetreten ist (Resch aaO, 231; DRdA 1994/37 [Kürner]; WBl 1994, 408). Darauf, ob dem Arbeitgeber das Unternehmen gehört, kommt es ebensowenig an, wie darauf, wer letztlich das Arbeitsentgelt entrichtet (DRdA 1994/37 [Kürner]). Es ist auch nicht von Bedeutung, welche Äußerungen dritten Personen gegenüber über die Hausbesorgervertragspartner, wie beispielsweise bei Eigentümerversammlungen etc, abgegeben wurden oder wem der Hausverwalter Dienstgebereigenschaften zumaß oder welche Rechtsstandpunkte im Nachhinein irgendwo eingenommen wurden.

Hinsichtlich der Arbeitgebereigenschaft stehen bei einem Hausbesorgerarbeitsverhältnis die Verpflichtungen des Hausbesorgers hinsichtlich der betreuten Liegenschaft arbeitsrechtlich im Vordergrund, sodaß dafür der Grad der Verfügungsmacht über die Liegenschaft eine wesentliche Rolle spielt. Der Hausbesitz wird als Unternehmen angesehen und daraus geschlossen, daß das Arbeitsverhältnis mit dem Hausbesorger auf den Erwerber des Hauses übergehe (9 ObA 139/93 mwN).

Das festgestellte Zustandekommen eines Hausbesorgerdienstvertrages mit der M***** als Hausverwalter einer Liegenschaft über Hausbesorgertätigkeiten auf dieser Liegenschaft spricht, weil im Vordergrund der arbeitsrechtlichen Betrachtung die Verfügungsgewalt über die Liegenschaft im Zusammenhang mit der Hausverwaltereigenschaft der M***** steht, dafür, daß der Hausbesorgerdienstvertrag für den Arbeitnehmer erkennbar vom Hausverwalter einer fremden Liegenschaft abgeschlossen wurde. Da der Hausverwalter gemäß § 1029 ABGB zu allen Handlungen bevollmächtigt ist, die die übertragene Verwaltung selbst erfordert und gewöhnlich damit verbunden sind (Koziol/Welser, Grundriß10 I, 168; MietSlg 38.094), wie unter anderem auch der Abschluß von Hausbesorgerdienstverträgen (Strasser in Rummel ABGB2 Rz 9 zu §§ 1027 bis 1033 mwN), durfte der Erklärungsempfänger den Hausbesorgerdienstvertragsabschluß als Maßnahme der ordentlichen Verwaltung für die Eigentümer der Liegenschaft verstehen (DRdA 1981/2 [Welser/Czermak]). Aufgrund dieses äußeren den Dritten zum Nachteil des Vertretenen schützenden Anscheines war eine Beweisführung für das Handeln des Hausverwalters im Vollmachtsnamen der Liegenschaftseigentümer wie auch die sonst geforderte Offenlegung des Handelns als Vertreter überflüssig. Hätte der Hausverwalter im eigenen Namen kontrahieren wollen, hätte er dies den Beklagten gegenüber ausdrücklich erwähnen und in diesem Verfahren behaupten und beweisen müssen, weil die Beklagten mangels eines solchen Vorbehaltes auf den äußeren Tatbestand, nämlich den Vertragsabschluß im Rahmen der Hausverwaltervollmacht des § 1029 ABGB vertrauen konnten.

Den Indizien für ein Handeln im eigenen Namen wie die sozialversicherungsrechtliche Anmeldung und die Lohnzahlung durch die M***** kommt im Verhältnis zu den für die Vertretereigenschaft sprechenden Indizien kein Gewicht zu. Die Krankenkassenanmeldung für sich ist indifferent. Die Lohnzahlung tritt deshalb in den Hintergrund, weil im Hinblick auf die seinerzeitige Eigenschaft der M***** als Hausverwalter für die Beklagten daraus nicht erkennbar war, ob die Lohnkosten im eigenen Namen oder für die Hauseigentümer getragen werden. Da nur das Verhalten der M***** als Abschlußpartner des Hausbesorgerdienstvertrages gegenüber den Beklagten zu beurteilen ist, ist es nicht entscheidend, wie diese den Vertrag gegenüber Dritten qualifizierte oder wie sie die Lohnkosten in Rechnung stellte. Daraus allein kann auch kein Anhaltspunkt für einen allenfalls nach Abschluß des Hausbesorgerdienstvertrages erfolgten Änderungswillen im Hinblick auf die Eigenschaft als Arbeitgeber abgeleitet werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte