Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Günther P***** des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (Punkt A und B 3) sowie der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB (B 1) und der gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Personen unter achtzehn Jahren nach § 209 StGB (B 2) verurteilt.
Darnach hat er
(A) am 24. April 1995 in Hörmsdorf Stefan H***** durch Verstellen der Küchentüre, mithin durch Gewalt, zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme von der Anzeigeerstattung beim Gendarmerieposten Eibiswald mit Hilfe des im Vorraum zur Küche befindlichen Telefonapparates genötigt,
(B) am 3. Mai 1995 in Deutschlandsberg
1. eine Person mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben zur Vornahme einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt, indem er Horst A***** aufforderte, an seinem Penis zu lutschen, widrigenfalls er ihn blutig schlagen werde, und danach Horst A***** mit beiden Händen am Kopf erfaßte, zu seinen Genitalien drückte und ihn zwang, seinen erigierten Penis in den Mund zu nehmen, wobei er mit dem Kopf des Horst A***** Vor- und Rückwärtsbewegungen durchführte,
2. durch diese Tathandlungen als eine Person männlichen Geschlechts nach Vollendung des 19. Lebensjahres mit dem am 1. Februar 1980 geborenen Horst A*****, sohin mit einer Person, die das 14., aber noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet hat, gleichgeschlechtliche Unzucht getrieben und
3. Horst A***** durch die Äußerung, er dürfe niemandem vom Vorgefallenen erzählen, widrigenfalls er ihn schlagen werde, sohin durch gefährliche Drohung, zu einer Unterlassung, nämlich zum Schweigen genötigt.
Rechtliche Beurteilung
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 5 a 9 lit a, 9 lit c und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der Berechtigung nicht zukommt.
Seiner Mängelrüge (Z 5), es bestehe eine - unerörtert gebliebene - Diskrepanz zwischen den den Tatort und -zeitpunkt betreffenden Angaben des Zeugen A***** vor dem Gendarmeriepostenkommando Deutschlandsberg (23 ff) und vor Gericht (203 ff), ist zunächst entgegenzuhalten, daß sich das Gericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung (US 12 f) hinreichend ausführlich mit der Glaubwürdigkeit des Zeugen - ua auch mit dessen divergierenden Aussagen bezüglich der Tatzeit - auseinandergesetzt hat (s insbes US 13) und - logisch unbedenklich - zu den aus dem Urteilstenor und der Begründung ersichtlichen Feststellungen gelangt ist. Eine eingehende Erörterung der fehlenden Übereinstimmung zwischen den Angaben des Zeugen (25 f und 205 f) über jene Stelle des Entlastungskanals, an welcher es zur Unzuchtshandlung kam, erübrigte sich angesichts der Aufklärung dieses an sich unerheblichen Widerspruches durch den Zeugen selbst (225). Abgesehen davon zählen weder der Tatzeitpunkt noch der Tatort einer Straftat zu den wesentlichen (individualisierenden) Merkmalen, sofern - wie im vorliegenden Fall - kein Zweifel an der Identität von Anklage- und Urteilstat besteht (vgl Mayerhofer/Rieder, StPO3 ENr 18 zu § 281 Abs 1 Z 5; vgl auch ENr 193).
Entgegen seiner - zum Teil schon als Mängelrüge (Z 5) geltend gemachten - Tatsachenrüge (Z 5 a) ergeben sich auch nicht aus den Akten erhebliche Bedenken - und schon gar nicht solche erheblicher Art - gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen. Denn aus der ersten Einvernahme des Zeugen A***** vor der Gendarmerie am 14. Juni 1995 (AS 23 ff) geht klar hervor, daß seine - durch die Aussicht auf den Erhalt zweier Tenisschläger hervorgerufene Bereitschaft zur Vornahme sexueller Handlungen mit dem Angeklagten sich auf das Berühren bzw Massieren dessen Penis' beschränkte und es zu den - allein inkriminierten - weiteren sexuellen Handlungen (Oralverkehr) erst aufgrund der Drohungen bzw der Gewaltanwendung durch den Angeklagten kam (27, 205 f).
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zu Punkt A des Schuldspruches, derzufolge sich aus diesem Schuldspruch die Erfüllung des objektiven Tatbestandes des § 105 Abs 1 StGB nicht ergäbe, ist nicht prozeßordnungsgemäß - im Sinne eines Vergleiches des Urteilssachverhaltes mit dem angewendeten Strafgesetz - ausgeführt. Sie übergeht nämlich jene Feststellung des Erstgerichtes, wonach das Verstellen der Küchentüre durch den (die Verhinderung eines Telefonanrufes des Stefan H***** bei der Gendarmerie beabsichtigenden) Angeklagten von drohender Gestik begleitet war (US 7 oben). Seine Behauptung, ihm sei ein rein passives Verhalten unterstellt worden, ist somit urteilswidrig, mag auch im Urteilstenor, dessen Inhalt durch die mit ihm eine Einheit bildenden Urteilsgründe erweitert wird, das Tatverhalten nur unvollständig wiedergegeben und von den (rechtlich gleichwertigen) Begehungsmitteln der Nötigung nur jenes der Gewalt angeführt sein.
Dem - inhaltlich als Subsumtionsrüge (Z 10) aufzufassenden und in deren Rahmen auch wiederholten - Beschwerdevorbringen der Rechtsrüge (Z 9 lit a) zuwider, wonach der Nichtigkeitswerber infolge Konsumtion der nach § 209 StGB zu beurteilenden Tathandlungen durch die Strafbestimmung des § 201 Abs 2 StGB nur wegen des Verbrechens der Vergewaltigung, nicht aber auch wegen des der gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Personen unter achtzehn Jahren und nur nach dem Strafsatz des § 201 Abs 2 StGB zu verurteilen gewesen wäre, ist um den Unrechtsgehalt der Tat voll zu erfassen) echte Idealkonkurrenz zwischen diesen strafbaren Handlungen anzunehmen (Leukauf/Steininger Komm3, § 209 RN 12 mwN, Mayerhofer/Rieder, StGB4 § 209 Anm 2), sodaß der Angeklagte zu Recht beider Straftaten schuldig gesprochen wurde.
Fehl geht auch der weitere Einwand, wonach die Nötigung laut Schuldspruch B/3 lediglich eine straflose Deckungshandung sei, weil damit nur das Bekanntwerden der Straftaten Schuldspruch B/1 und 2 verhindert werden sollte. Der Nichtigkeitswerber übergeht nämlich, daß eine solche (straflose) Deckungshandlung nur vorliegt, wenn sie der Täter der Vortat (zu deren Verschleierung) setzt, ohne dadurch ein anderes Rechtsgut zu verletzen. Richten sich jedoch die Angriffshandlungen der Nachtat gegen verschiedene Rechtsgüter, so ist die Nachtat selbständig strafbar (Leukauf/Steininger aaO § 28 RN 52 mwN). Da das Sexualdelikt und die zur Deckung desselben angewandte Nötigung verschiedene Rechtsgüter verletzen, stellt letztere keine straflose Nachtat dar (vgl Mayerhofer/Rieder, aaO § 105 ENr 19 iVm § 28 ENr 98).
In seiner formell auf § 281 Abs 1 Z 9 lit c StPO gestützten Rechtsrüge, in welcher der Widerspruch zwischen dem in der Anklageschrift genannten Deliktszeitraum (23. bis 29. April 1995) und dem vom Gericht festgestellten Tatzeitpunkt (3. Mai 1995) beim Schuldspruch B aufgzeigt wird, verkennt der Angeklagte die Voraussetzungen des von ihm herangezogenen Nichtigkeitsgrundes:
Dieser betrifft nur das Verhältnis der öffentlichen zur privaten Anklage und setzt voraus, daß das Gericht infolge unrichtiger Beurteilung der unter Anklage gestellten Tat zu deren Verfolgung und Unrecht eine öffentliche oder eine Privatanklage als notwendig oder überflüssig erklärt hat (Mayerhofer/Rieder, StPO3 § 281 Abs 1 Z 9 lit c ENr 1 und 2). Aber auch unter dem Gesichtspunkt der Anklageüberschreitung (§ 281 Abs 1 Z 8 StPO) geht das Beschwerdevorbringen ins Leere, weil ungeachtet der Korrektur der Begehungszeit auf Grund der Ergebnisse der Hauptverhandlung (215, 217) an der Identität der Anklagetaten (ON 14) mit den Schuldspruchfakten B 1 bis B 3 kein Zweifel besteht.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen. Der am Gerichtstag vom Verteidiger mündlich beantragten Berücksichtigung einer in der Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht nicht verlesenen Arbeitsbestätigung für die Tatzeit steht das im Nichtigkeitsverfahren geltende Neuerungsverbot entgegen, mit seinem auf Verlesung dieser Bestätigung gerichteten Antrag übersieht der Beschwerdeführer, daß der Oberste Gerichtshof nicht als Tatsacheninstanz tätig werden kann.
Auch die Berufung ist nicht begründet.
Der Schöffensenat wertete bei der Strafbemessung als mildernd das reumütige Geständnis des Angeklagten zum Schuldspruch A und als erschwerend das Zusammentreffen zweier Verbrechen mit zwei Vergehen, die "einschlägigen beziehungsweise auf derselben schädlichen Neigung beruhenden" Vorstrafen, den "äußerst raschen Rückfall" und die verstärkte Tatbestandsmäßigkeit beim Verbrechen der Vergewaltigung. Davon ausgehend hielt er eine Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren für tat- und schuldangemessen.
Die Strafzumessungsgründe wurden - den Berufungseinwänden zuwider - im wesentlichen richtig festgestellt. Zum Einwand gegen das vom Erstgericht zutreffend berücksichtigte Zusammentreffen zweier Verbrechen mit zwei Vergehen genügt es, auf die obigen Ausführungen zur Nichtigkeitsbeschwerde und den rechtskräftigen Schuldspruch zu verweisen. Mit Recht berücksichtigte der Schöffensenat ferner als erschwerend über die einzige Vorstrafe des Angeklagten wegen Sexualdelinquenz hinaus auch die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Vorverurteilungen wegen Gewalt- und Aggressionsdelikten. In gleicher Weise zutreffend wurde auch die überaus rasche Straffälligkeit des Angeklagten nach seiner Verurteilung am 19. April 1995 (Position 08 der Strafregisterauskunft, 19 f) gewertet. Die vom Erstgericht mit dem Hinweis auf eine "verstärkte Tatbestandsmäßigkeit" ins Auge gefaßte Tatbegehung beim Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB (Schuldspruch B 1) sowohl durch die festgestellte Gewaltanwendung als auch durch Drohung kommt im Gegensatz zur Auffassung der Berufung ebenfalls belastende Wirkung zu.
Insgesamt besteht nach Überprüfung der Strafbemessungsvoraussetzungen für die vom Angeklagten begehrte Herabsetzung der über ihn verhängten Freiheitsstrafe ebensowenig Anlaß wie für die von der Berufung auch angestrebte teilweise bedingte Strafnachsicht, die sich im vorliegenden Fall aufgrund der nach § 43 a Abs 4 StGB erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit künftig straffreien Lebenswandels verbietet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.
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