OGH 4Ob2012/96b

OGH4Ob2012/96b26.3.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Langer und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gert N*****, vertreten durch Dr.Reinhold Nachbaur, Rechtsanwalt in Feldkirch, wider die beklagte Partei T*****gesellschaft mbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr.Patrick Ruth, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Zahlung, Unterlassung, Rechnungslegung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 300.000), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 12.Jänner 1996, GZ 2 R 1071/95g-16, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 30.Juni 1995, GZ 15 Cg 124/94q-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit S 13.725 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin S 2.287,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Mit Verlagsvertrag vom 21.Jänner 1993 übertrug Christine N***** (- die Gattin des Klägers -) der Beklagten das ausschließliche Verlags-, Vervielfältigungs- und Vertriebsrecht an dem von ihr geschaffenen Lied "An a Wunder hob i glaubt" für alle Länder für die Dauer der jeweils geltenden urheberrechtlichen Schutzfrist unter Einbeziehung aller einschlägigen Rechte.

Zwischen den Streitteilen wurde vereinbart, daß der Kläger das Masterband für den Titel "An a Wunder hob i glaubt" übernehmen sollte. Schon vorher waren zwischen den Parteien solche Aufträge abgewickelt worden. Dabei war es Aufgabe der Beklagten, die Studiomusiker, das Arrangement und die Chorsänger zu bezahlen. Der Zweck solcher Aufträge war es, daß der Beklagten fertige Musikaufnahmen zur Vervielfältigung und zum Vertrieb zur Verfügung standen. Der Kläger stellte das Masterband fürr das Lied "An a Wunder hob i glaubt" und "Mit einem Truck bin ich auf der Achse" her und legte der Beklagten Rechnung über S 61.200. Hierauf zahlte die Beklagte nur S 30.000, weil ihres Erachtens nach der Vereinbarung die Studiozeit nicht zu bezahlen war.

Mit Schreiben vom 23.Februar 1994 wandte sich der Klagevertreter an die Beklagte. Dem Kläger, der die Komposition seiner Gattin "An a Wunder hob i glaubt" produziert habe, stünden alle urheberrechtlichen Verwertungsrechte ausschließlich zu. "Mit seinem geduldeten Einverständnis" hätte die Beklagte begonnen, die Produktion des Klägers zu vertreiben. Das Lied sei ein sehr großer Erfolg geworden. Bisher habe die Beklagte dem Kläger nur einen "Anteil der reinen Produktionskosten" gezahlt, aber keine wie immer gearteten Leistungen auf Grund des ausschließlichen Verwertungsrechtes des Klägers erbracht. Im Namen des Klägers räume er der Beklagten eine letzte Frist bis 7.März 1994 zur Bereinigung aller offenen Fragen ein.

Der Kläger, welcher ua begehrt, daß die Beklagte mit Urteil schuldig erkannt werde, jede Vervielfältigung des von ihm mit den "Jungen Klostertalern" produzierten Titels "An a Wunder hob i glaubt" zu unterlassen, begehrt, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es zu unterlassen, diesen von ihm produzierten Titel zu vervielfältigen und Geschäfte aus den bisherigen Vervielfältigungen zu machen. Er sei Hersteller im Sinn des § 76 UrhG. Er habe der Beklagten das in ihrem Auftrag hergestellte Masterband übergeben, ohne eine separate Vereinbarung über das Verbreitungs- und Vervielfältigungsrecht zu treffen. Durch die Übertragung des Eigentumsrechtes am Masterband sei das ausschließliche Vervielfältigungsrecht des Klägers unberührt geblieben. Branchenüblich sei es, eine gesonderte Vereinbarung über die Verwertungsrechte zu schließen. Die Beklagte habe aber eine CD verbreitet und vervielfältigt und damit große Geschäfte gemacht, ohne vorher mit dem Kläger eine vertragliche Regelung zu treffen oder ihm Beträge zukommen zu lassen.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Sie sei nicht passiv legitimiert, weil nicht sie, sondern die T***** AG in Liechtenstein den Tonträger produziere und vervielfältige. Der Kläger sei mit einem Werkvertrag beauftragt worden, Tonaufnahmen herzustellen, damit diese von der Beklagten vervielfältigt und verbreitet werden könnten. Mit der Ablieferung des Werkes seien auch die Werknutzungsrechte übergegangen. Es sei nicht branchenüblich, daß über das Recht, das Masterband zu verwerten, insbesondere zu verbreiten und zu vervielfältigen, eine gesonderte Vereinbarung mit dem Produzenten getroffen werde. Der Kläger und seine Gattin hätten seit 1992 für die Beklagte gearbeitet und dabei nie eine eigene Vereinbarung dieser Art getroffen. Selbst wenn der Kläger oder seine Gattin als Hersteller im Sinn des § 76 UrhG anzusehen wären, hätte die Beklagte das vertraglich eingeräumte Recht, das Masterband zu verwenden, insbesondere zu vervielfältigen und zu verbreiten, sei das doch der Zweck des Werkvertrages gewesen. In Wahrheit habe aber der Kläger die Tonaufnahmen nur in Lohnauftrag hergestellt und sei daher nicht Tonträgerhersteller nach § 76 Abs 1 UrhG. Soweit das Sicherungsbegehren auch darauf gerichtet sei, der Beklagten zu untersagen, Geschäfte aus den bisherigen Vervielfältigungen zu machen, sei es unschlüssig.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Tonträgerhersteller sei die Beklagte und nicht der Kläger. Daß die Beklagte nicht den gesamten in Rechnung gestellten Betrag von S 61.200 gezahlt habe, ändere daran nichts.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Einstweilige Verfügungen könnten nur im Rahmen des Hauptanspruches erlassen werden. Soweit der Sicherungsantrag auch auf die Unterlassung des Geschäftemachens mit den bisherigen Vervielfältigungen gerichtet sei, überschreite er das zu sichernde Unterlassungsbegehren und sei daher insoweit jedenfalls mit Recht abgewiesen worden. Im übrigen fasse das Rekursgericht den vom Kläger geltend gemachten Unterlassungsanspruch dahin auf, daß dieser aus dem Leistungsschutz nach § 76 UrhG abgeleitet werde. Mit der Herstellung des Masterbandes sei der Kläger vorerst zum Hersteller im Sinn des § 76 Abs 1 UrhG geworden. Auf ihn treffe die Vermutung nach § 12 Abs 1 UrhG zu, weil er in Booklet zur Schallplatte als Produzent der Titel 1 und 7 angeführt werde. Die Beklagte scheide hingegen als originär Leistungsschutzberechtigte nach § 76 UrhG schon deshalb aus, weil dafür nur eine physische Person in Betracht komme.

Eine (ausdrückliche) Vereinbarung über die Werknutzungsrechte - neben dem Werkvertrag - sei nicht behauptet worden. Da aber Zweck der Herstellung einer Tonaufnahme auf dem Masterband - selbst nach dem Vorbringen des Klägers - die Aufnahme auf CDs und damit die Vervielfältigung ist, seien schon durch den zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Werkvertrag die Rechte und Befugnisse zur Ausübung der Herstellerrechte auf die Beklagte als Bestellerin übertragen worden, ohne daß es noch einer besonderen Vereinbarung oder eines besonderen Übertragungsaktes durch den Kläger bedurft hätte. Selbst wenn daher die Beklagte die Tonaufnahme auf dem Masterband vervielfältigt hätte, hätte sie nicht in Herstellerrechte des Klägers eingegriffen, weil solche dem Kläger zum Zeitpunkt der Vervielfältigung nicht mehr zugestanden seien. Es sei aber auch nicht bescheinigt, daß die Beklagte selbst und nicht die T***** AG die Tonaufnahme vervielfältig habe. Auf dem Booklet zur CD sei die T***** AG angeführt. Eindeutige Hinweise darauf, daß die Beklagte und nicht die T***** AG die Tonaufnahme vervielfältigt habe, lägen nicht vor.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluß erhobene Revisionsrekurs des Klägers ist nicht berechtigt.

Die Parteien haben übereinstimmend vorgebracht, daß eine ausdrückliche Vereinbarung über die Werknutzungsrechte an dem Masterband nicht getroffen wurde. Der Kläger hat seine - von der Beklagten ausdrücklich bestrittene - Behauptung, daß eine "separate Vereinbarung" neben der Vereinbarung über die Kosten der Produktion des Masterbandes branchenüblich sei, nicht bescheinigt. Mit Recht ist das Rekursgericht davon ausgegangen, daß der Auftrag der Beklagten an den Kläger zur Erstellung des Masterbandes als Werkvertrag zu werten ist, kann doch kein Zweifel daran bestehen, daß das Masterband ein Werk im Sinne des § 1165 ABGB ist (vgl Krejci in Rummel, ABGB2, Rz 9 zu §§ 1165, 1166).

Bildet den Gegenstand des Werkvertrages die Herstellung eines Werkes, an dem ein Immaterialgüterrecht - wie etwa ein Urheberrecht oder auch ein Leistungsschutzrecht - bestehen kann, so ist die Frage zu entscheiden, ob dieses Recht nach Vollendung des Werkes dem Besteller oder dem Unternehmer zusteht. Das hängt von der - ausdrücklichen oder stillschweigenden - Vereinbarung ab (Adler/Höller in Klang2, V 390); diese Frage ist nicht Gegenstand der Regeln über den Werkvertrag (Krejci aaO Rz 134).

Wie der Oberste Gerichtshof schon ausgesprochen hat, ist für den Umfang der vertraglich gewährten Werknutzung die Frage nach dem Zweck des Vertrages entscheidend. Dabei ist das Ausmaß der Befugnisse, die der Besteller erhält, im Zweifel nicht weiter auszulegen, als für den praktischen Zweck der ins Auge gefaßten Werknutzung erforderlich erscheint (ÖBl 1982, 52 - Hiob; ÖBl 1993, 184 - Kostümentwürfe; MR 1993, 111 [Walter] = WBl 1993, 301 - CI-Programm ua). Im vorliegenden Fall war es eindeutiger Zweck des Vertrages zwischen den Streitteilen, daß die Beklagte das Masterband zur Produktion von Tonträgern verwendet und diese vervielfältigt und vertreibt. Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag kann daher nur dahin verstanden werden, daß der Kläger das Masterband für die Beklagte herzustellen hat, damit es diese zur Produktion von Schallträgern und damit ua zur Vervielfältigung benützen kann (vgl MR 1993, 111 [Walter] = WBl 1993, 301 - CI-Programm; MR 1995, 185 - Bundeshymne [Walter]. Dazu kommt im vorliegenden Fall ja noch, daß nach den Feststellungen gleichartige Aufträge zwischen den Streitteilen schon öfter im gleichen Sinne abgewickelt worden waren. Der Beklagten standen die Verwertungsrechte ab Vollendung des Masterbandes zu, ohne daß es dazu noch einer besonderen rechtsbegründenden Handlung - etwa der Übergabe des Werkstücks - bedurft hätte (SZ 51/134 = ÖBl 1978, 161 - Festliches Innsbruck; MR 1993, 111 [Walter] = WBl 1993, 301 - CI-Programm).

Was der Kläger dagegen ins Treffen führt, ist nicht stichhältig:

Ob auf den Kläger gemäß § 12 Abs 1, § 76 Abs 6 UrhG die Vermutung, daß er der leistungsschutzberechtigte Tonträgerhersteller sei, zutrifft, ist für das Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen ohne Bedeutung.

Aus SZ 61/135 = ÖBl 1989, 118 - Gloria, ist für den Standpunkt des Klägers nichts zu gewinnen. Damals war es darum gegangen, daß die beklagte Partei ein vom Kläger hergestelltes Lichtbild veröffentlicht hatte. Irgendwelche vertragliche Beziehungen zwischen den Streitteilen gab es nicht. Daraus, daß der Oberste Gerichtshof dort darauf hingewiesen hat, daß das ausschließliche Vervielfältigungsrecht des Urhebers (Lichtbildherstellers) durch die Übertragung des Eigentumsrechtes an dem Lichtbild unberührt bleibe, läßt sich im vorliegenden Fall nichts ableiten.

Der Kläger übersieht auch, daß im Falle der Entscheidung SZ 65/89 = ÖBl 1992, 281 - Übungsprogramm auf Grund des dort festgestellten Sachverhaltes eben keine (schlüssige) Übertragung der Verwertungsrechte des Beklagten an die klagende Partei angenommen wurde. Der beklagte Dienstnehmer hatte nämlich außerhalb des betrieblichen Organismus seines Dienstgebers aus eigenem Antrieb ein Werk geschaffen. Im hier zu beurteilenden Fall hat aber der Kläger im Auftrag der Beklagten gehandelt, die das Masterband zum Zwecke ihrer Verwertung bestellte.

Dem Kläger kann auch nicht darin gefolgt werden, daß die Nutzung des Masterbandes für die Beklagte nur in der Form der Verbreitung, nicht aber in der Form der Vervielfältigung vorgesehen gewesen sei. Ganz abgesehen davon, daß dies der Feststellung der Vorinstanzen widerspricht, liegt es auf der Hand, daß die Beklagte das Masterband nicht für ihre geschäftlichen Zwecke verwerten könnte, ohne es zu vervielfältigen. Das Festhalten der Aufführung eines Werkes auf einem Schallträger, wie einer CD, ist ja eine Vervielfältigung (§ 15 Abs 2, § 76 Abs 1 UrhG). Jeder Verbreitung einer Schallplatte oder CD geht daher eine entsprechende Vervielfältigung voraus.

Da schon aus diesem Grund die Abweisung des Sicherungsantrages zu bestätigen war, braucht auf die Frage der Passivlegitimation nicht mehr eingegangen zu werden.

Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Beschlusses.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 4 EO, §§ 41, 50 Abs 1, § 52 ZPO.

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