OGH 12Os1/96

OGH12Os1/9621.3.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.März 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Schindler, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Rauer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Janez E* und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Bandendiebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 zweiter Satz StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft sowie über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Janez E* und Srecko S* gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 17.August 1995, GZ 13 Vr 875/94‑169, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Dr.Jerabek, und der Verteidiger Mag.Seebacher und Dr.Charlotte Bauer‑Nusko, jedoch in Abwesenheit der beiden Angeklagten zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1996:0120OS00001.9600000.0321.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, soweit damit nicht auch über die Fakten 2 und 3 der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Leoben vom 12.Juli 1995 (Janez E* und Srecko S* angelastete Diebstähle von drei Personenkraftwagen im Gesamtwert von 824.000 S in der Nacht zum 29.Juli 1994 in Bruck an der Mur‑Oberaich und von zwei weiteren Personenkraftwagen im Gesamtwert von 490.000 S in der Nacht zum 15.September 1994 in Gleinstätten) entschieden wurde, und demgemäß auch in den Strafaussprüchen (jeweils samt Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung, sohin auch über die Anklagefakten 2 und 3, an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Janez E* und Srecko S* werden verworfen.

Mit ihren Berufungen werden beide Angeklagten auf den kassatorischen Teil dieser Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten Janez E* und Srecko S* die jeweils auf ihre Urteilsanfechtung entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

 

Gründe:

 

Die slowenischen Staatsbürger Janez E* und Srecko S* wurden des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Bandendiebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 (gemeint:) zweiter Satz StGB schuldig erkannt. Demnach haben sie "gemeinsam" mit dem gesondert verfolgten Asim C* als Mitglieder einer Bande in der Nacht zum 3.März 1994 in Langenwang fremde bewegliche Sachen in einem 25.000 S übersteigenden Wert Verfügungsberechtigten der Firma Autohaus K* gewerbsmäßig (auch in bezug auf schweren Diebstahl durch Einbruch) mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung weggenommen, indem sie (1) auf dem Verkaufsplatz des Autohauses K* bei drei Personenkraftwagen der Marken Opel Astra, VW Passat und VW Golf Diesel im Gesamtwert von 470.000 S jeweils mit einem Schraubenzieher die Schlüsseltresore aufbrachen und die Fahrzeuge mit den dort verwahrten, sohin widerrechtlich erlangten Originalschlüsseln in Betrieb nahmen; (2) an der Eingangstür zur firmeneigenen Lackiererei das Zylinderschloß abdrehten und aus der Werkstättenhalle einen Handwinkelschleifer und einen Winkelschleifer im Gesamtwert von 2.000 S entzogen.

Diesem Schuldspruch liegt der Faktenkomplex 1 (Teilfakten 1.1 und 1.2) der Anklageschrift ON 156 vom 12.Juli 1995 zugrunde. Hinsichtlich der weiteren gegen Janez E* und Srecko S* erhobenen Anklagevorwürfe, in der Nacht zum 29.Juli 1994 in Bruck an der Mur‑Oberaich drei Personenkraftwagen der Marken BMW 318, BMW 316 und Mercedes 190 E im Gesamtwert von 824.000 S zum Nachteil des Autohauses H* sowie in der Nacht zum 15.September 1994 in Gleinstätten zwei Personenkraftwagen der Marken VW Golf Rabbit TDI und VW Vento CL TDI im Gesamtwert von 490.000 S gestohlen zu haben, wurde in der Hauptverhandlung vom 17.August 1995 mit Faktenausscheidung gemäß § 57 StPO und Rückleitung gemäß § 276 StPO an den Untersuchungsrichter zur Durchführung von der Staatsanwaltschaft beantragter ergänzender Erhebungen vorgegangen (120/IV).

Rechtliche Beurteilung

Von den gegen dieses Urteil - seitens der Staatsanwaltschaft aus Z 4, von beiden Angeklagten aus Z 5 und 10, von Janez E* überdies aus Z 4, 5 a und 11 des § 281 StPO - erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden kommt nur jener der Staatsanwaltschaft Berechtigung zu.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:

Da die von der Staatsanwaltschaft allein bekämpfte Faktenausscheidung vom Schöffensenat im Zusammenhang mit der Beratung über Beweisanträge der Anklagebehörde beschlossen und in Verbindung mit dem diese Beweisanträge betreffenden Beschluß ohne entsprechende Anhörung der Staatsanwaltschaft verkündet wurde, der die Hauptverhandlung verrichtende Anklagevertreter dem Ausscheidungsbeschluß jedoch unmittelbar nach dessen Verkündung unter Hinweis auf die Nichterledigung seiner vorausgegangenen Anträge unter ausdrücklichem Vorbehalt der Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes nach § 281 Abs 1 Z 4 StPO widersprach, erweisen sich zunächst die gesetzlichen Formalvoraussetzungen der staatsanwaltschaftlichen Verfahrensrüge als erfüllt.

Der Beschwerdeargumentation ist aber auch beizupflichten, daß die gerügte Verfahrensausscheidung auf eine entscheidende Beeinträchtigung der hier aktuellen Strafverfolgungsrechte hinausläuft. Mag es auch an einer unbedingten gerichtlichen Verpflichtung fehlen, alle gegen einen Angeklagten anhängigen Strafverfahren gemeinsam zu führen, weshalb auch nicht jede Verletzung der in §§ 56 und 57 StPO normierten Vorschriften zwangsläufig Nichtigkeit begründet, scheidet eine gesonderte Verfahrensführung jedenfalls dann zwingend aus, wenn hiedurch (dem Angeklagten oder) der Anklage materiellrechtliche Nachteile erwachsen (SSt 59/16). Gerade diese Voraussetzung trifft im konkreten Fall aber zu, berührt doch die bekämpfte Faktenausscheidung eine Wertgrenze, die sowohl für die Unterstellung unter ein bestimmtes Strafgesetz als auch für den anzuwendenden Strafsatz entscheidende Bedeutung aufweist. Bei der in Rede stehenden Fallkonstellation hätte nämlich ein Schuldspruch auch wegen der unerledigt gebliebenen Anklagefakten die umfassende Tatsubsumtion auch unter die strafsatzerhöhende Qualifikation nach § 128 Abs 2 StGB zur Folge. Davon ausgehend blieb jedoch für die vom Erstgericht zur Fundierung des Ausscheidungsbeschlusses herangezogenen, primär prozeßökonomisch dominierten Erwägungen kein gesetzeskonformer Freiraum.

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft war sohin spruchgemäß mit Teilkassierung des angefochtenen Urteils und Anordnung einer partiellen Verfahrenserneuerung unter Einbeziehung der unerledigt gebliebenen Anklagefakten vorzugehen.

Zu den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Janez E* und Srecko S*:

Beide Angeklagten bekämpfen mit ihren - getrennt ausgeführten - Nichtigkeitsbeschwerden lediglich die ihnen angelasteten Tatqualifikationen der Bandenmitgliedschaft und der Gewerbsmäßigkeit, ohne allerdings damit im Recht zu sein.

Soweit der Angeklagte Janez E* in dem bereits erörterten Ausscheidungsbeschluß eine "klassische Umgehung des § 56 StPO" erblickt (Z 4), genügt der Hinweis auf die für die Stattgebung der von der Staatsanwaltschaft erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde maßgebenden Erwägungen, ganz abgesehen davon, daß den dort einleitend erörterten gesetzlichen Formalvoraussetzungen einer derartigen Verfahrensrüge seitens dieses Beschwerdeführers mangels entsprechender Antragstellung unmittelbar nach Beschlußverkündung nicht wie geboten Rechnung getragen wurde.

Die Mängelrüge (Z 5) erweist sich als einer sachbezogenen Erörterung nicht zugänglich, weil sie sich in dem nicht weiter substantiierten Vorwurf erschöpft, daß den erstgerichtlichen Feststellungen zur gewerbsmäßigen Tatbegehung als Mitglied einer Bande das Versäumnis zugrunde liege, die subjektiven Tatkomponenten "zu hinterfragen" und dementsprechend zureichend zu begründen.

Auch was im Rahmen der Tatsachenrüge (Z 5 a) gegen das vom Erstgericht zu den bekämpften Tatqualifikationen als erwiesen angenommene Sachverhaltssubstrat vorgebracht wird, beschränkt sich insgesamt auf eine nach Art einer - hier gesetzlich verwehrten - Schuldberufung ausgerichtete Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung, deren Ergebnis vor dem Hintergrund sämtlicher Verfahrensergebnisse entgegen der Beschwerdeintention zu keinem der relevierten Qualifikationskriterien Anlaß zu Bedenken gibt.

Mit dem Einwand "fehlender hinreichender Anhaltspunkte für die Gewerbs- und Bandenmäßigkeit" weicht die Subsumtionsrüge (Z 10) von den ausdrücklichen - mängelfrei begründeten - Feststellungen zu den entsprechenden Qualifikationskriterien ab und bringt den geltend gemachten materiellen Nichtigkeitsgrund solcherart nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Wenngleich sich im Hinblick auf die - auch den Strafausspruch erfassende - Teilkassierung des angefochtenen Urteils ein Eingehen auf die zur Z 11 vorgebrachte Beschwerdeargumentation erübrigt, bleibt - unbeschadet jedweden sachlichen Bezuges zu dem geltend gemachten Nichtigkeitsgrund - vollständigkeitshalber festzuhalten, daß die Zeit einer allenfalls in Slowenien erlittenen (bisher unberücksichtigt gebliebenen) Untersuchungshaft (nach Klärung der entsprechenden Haftdauer) gemäß § 38 StGB im Inland auf die Strafe anzurechnen wäre.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Srecko S* erweist sich überhaupt als durchwegs nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt. Soweit in der Mängelrüge (Z 5) einzelnen nach tatrichterlicher Überzeugung für die Bejahung gewerbs- bzw bandenmäßiger Tatbegehung maßgebenden Indizien die Tragfähigkeit für die dazu entscheidenden Tatsachenfeststellungen abgesprochen wird, liegt auch hier nur eine im aktuellen Zusammenhang gesetzlich nicht vorgesehene Bekämpfung der erstgerichtlichen Beweiswürdigung vor. Die Subsumtionsrüge (Z 10) hinwieder orientiert sich mit der Reklamation, "bei zutreffender rechtlicher Beurteilung des Sachverhaltes" hätte sich der Schuldspruch auf §§ 127, 128 Abs 1 Z 4129 Z 1 und 2 StGB beschränken müssen, nicht an sämtlichen qualifikationsspezifischen erstgerichtlichen Feststellungen.

Die insgesamt nicht berechtigten Nichtigkeitsbeschwerden beider Angeklagten waren demnach zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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