OGH 6Ob517/96

OGH6Ob517/9614.3.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schwarz, Dr.Schiemer und Dr.Prückner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl.Ing.DDr.Rudolf K*****, Wirtschaftskonsulent, ***** vertreten durch Dr.Hans Nemetz und Dr.Hans Christian Nemetz, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Mehmet P*****, Arbeitnehmer, ***** und ***** vertreten durch Dr.Lennart Binder, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 12.September 1995, GZ 41 R 486/95-10, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluß des Bezirksgerichtes Hernals vom 11.Juli 1995, GZ 4 C 255/95m-8, ersatzlos aufgehoben und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens und die Entscheidung über den Unterbrechungsantrag der beklagten Partei (ON 4) aufgetragen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Kläger kündigte dem Beklagten mit der am 27.3.1995 beim Erstgericht eingelangten gerichtlichen Aufkündigung, gestützt auf die Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 Z 4 und 6 MRG das Mietverhältnis auf und begehrt die Räumung des Bestandobjektes. Der Beklagte habe den Bestandgegenstand zur Gänze weitergegeben, und zwar gegen eine unverhältnismäßig hohe Gegenleistung, und benötige ihn nicht zur Deckung seines Wohnbedürfnisses. Er wohne nicht in der gemieteten Wohnung. Diese werde zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Mieters oder etwaiger eintrittsberechtigter Personen nicht regelmäßig verwendet.

Der Beklagte erhob inhaltsleere Einwendungen (ON 2) und stellte am 18.4.1995 unter Hinweis auf einige anhängige Räumungs- und Aufkündigungsverfahren einen Antrag auf Unterbrechung des gegenständlichen Verfahrens (ON 4).

Das Erstgericht unterbrach das Verfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung eines beim Magistratischen Bezirksamt für den 17.Bezirk bezüglich der vom Kläger dem Beklagten vermieteten Wohnung anhängigen Schlichtungsstellenverfahrens. Die Fortsetzung des Verfahrens erfolge nur über Parteienantrag. Für den auf § 30 Abs 2 Z 4 MRG gestützten Kündigungsanspruch sei die Entscheidung im außerstreitigen Verfahren präjudiziell, weil es von der zulässigen Höhe des Hauptmietzinses abhänge, ob eine allfällige teilweise Untervermietung gegen unverhältnismäßig hohes Entgelt erfolgt sei (ON 8).

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers Folge, hob den angefochtenen Beschluß ersatzlos auf und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens und die Entscheidung über den Unterbrechungsantrag des Beklagten (ON 4) auf. Gemäß § 41 MRG seien Verfahren über einen Rechtsstreit von Amts wegen zu unterbrechen, wenn die Entscheidung von einer Vorfrage abhänge, über die ein Verfahren nach § 37 MRG bei Gericht oder bei der Gemeinde anhängig sei und die dort mit Rechtskraftwirkung zu entscheidenden Fragen für den Zivilprozeß präjudziell seien. Der Kläger habe mit einer Aufkündigung das Bestandverhältnis aufgekündigt und erhebe ein einheitliches Räumungsbegehren, das er auf verschiedene Anspruchsgrundlagen (gänzliche Weitergabe des Mietgegenstandes, Weitergabe gegen unverhältnismäßig hohe Gegenleistung und Nichtbenützung der Wohnung) gründe. Die Frage der Angemessenheit des vereinbarten Untermietzinses im Sinne des § 26 MRG wäre aber nur dann präjudiziell, wenn die Aufkündigung des Mietvertrages nur auf die Weitergabe des Mietgegenstandes gegen unverhältnismäßig hohe Gegenleistung gestützt worden wäre. Zwar vertrete der Oberste Gerichtshof die Rechtsansicht, daß das Verfahren über ein- und dasselbe Begehren bei einer Häufung von Anspruchsgrundlagen formell für jede Anspruchsgrundlage gesondert unterbrochen oder entschieden werden könne. Das Rekursgericht halte jedoch an seiner Rechtsprechung fest, wonach die Geltendmachung eines im außerstreitigen Verfahren gemäß § 37 MRG nicht berührten Kündigungsgrundes die Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 41 MRG hindere. Im Verfahren über die Aufkündigung sei über ein unteilbares Räumungsbegehren zu entscheiden. Ein Teilurteil über einzelne Anspruchsgrundlagen eines unteilbaren Begehrens sei im § 391 ZPO nicht vorgesehen. Die Zulassung eines Teilurteils würde zu mehrfachen (und mitunter auch zu gegensätzlichen) Entscheidungen über dieselbe Aufkündigung und dasselbe Räumungsbegehren führen. Im vorliegenden Fall sei das außerstreitige Verfahren nur dann präjudiziell, wenn die neben § 30 Abs 2 Z 4 zweiter Fall MRG geltend gemachten anderen Kündigungsgründe (§ 30 Abs 2 Z 4 erster Fall und Z 6 MRG) nicht verwirklicht seien. Das Verfahren könne erst dann gemäß § 41 MRG unterbrochen werden, wenn nur noch jene Vorfrage zu lösen sei, für die ein präjudizielles außerstreitiges Verfahren bei der Gemeinde oder bei Gericht anhängig sei. Es sei zunächst über die anderen Kündigungsgründe zu verhandeln. Das Erstgericht werde im fortzusetzenden Verfahren über den noch unerledigten Unterbrechungsantrag des Beklagten gemäß § 190 ZPO in einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden haben.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000,-- S übersteige und daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Das Rekursgericht sei zur Frage der Möglichkeit einer partiellen Verfahrensunterbrechung von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen.

Mit seinem Revisionsrekurs beantragt der Beklagte erkennbar die Abänderung dahin, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

§ 41 MRG ordnet zwingend die amtswegige Unterbrechung eines Rechtsstreites an, wenn die Entscheidung von einer Vorfrage abhängt, über die ein Verfahren nach § 37 MRG bei Gericht oder der Gemeinde bereits anhängig ist. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach in Fällen, in denen der Kläger - wie hier - sein einheitliches Kündigungsbegehren auf verschiedene Sachverhaltsbehauptungen (Kündigungsgründe) stützte, die Ansicht vertreten, daß die zwingend vorgeschriebene Verfahrensunterbrechung hinsichtlich des Kündigungsgrundes auszusprechen ist, in Ansehung dessen der Unterbrechungsgrund vorliegt. Die Unterbrechung des gesamten Verfahrens komme allerdings nicht in Frage (MietSlg 45.518; EvBl 1993/123). Auf die gegen die Zulässigkeit und Notwendigkeit einer partiellen Verfahrensunterbrechung bei Geltendmachung mehrerer Kündigungsgründe vom Rekursgericht ins Treffen geführten Argumente braucht hier aber nicht eingegangen werden, weil der Kläger seine Kündigung nicht auf den Kündigungstatbestand des § 30 Abs 2 Z 4 zweiter Fall MRG gestützt hat. In der Klage wird die Weitergabe des Bestandgegenstandes durch den Mieter "zur Gänze" behauptet, nicht aber eine nur teilweise Weitergabe. Zwar wurde auch eine vom Beklagten verlangte unverhältnismäßig hohe Gegenleistung (Untermietzins), also ein Tatbestandsmerkmal des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 4 zweiter Fall MRG behauptet, damit war aber die Geltendmachung dieses Kündigungsgrundes (mangels Behauptung einer teilweisen Weitergabe des Mietobjektes) noch nicht klargestellt. Die Zweifel hierüber hätten in einem Verbesserungsverfahren klargestellt werden können. Ein solches erübrigte sich jedoch angesichts der Ausführungen des Klägers in seinem Rekurs (ON 9), wonach er seine Aufkündigung nur auf die Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 Z 6 und Z 4 erster Fall MRG stütze. Damit kommt es aber auf die im außerstreitigen Verfahren zu fällende Entscheidung über die zulässige Höhe des Mietzinses nicht mehr an. Es liegt kein nach § 41 MRG wahrzunehmender Unterbrechungsgrund vor. Daraus ergibt sich aber die absolute Unzulässigkeit des Revisionsrekurses. Gemäß § 192 Abs 2 ZPO kann die Verweigerung der Verfahrensunterbrechung nicht angefochten werden, es sei denn, die Unterbrechung wäre im Gesetz zwingend angeordnet (MietSlg 38.577 ua). Diser Fall liegt hier nicht vor.

Stichworte