OGH 13Ns16/95

OGH13Ns16/956.3.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.März 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Archan als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Dr.Georg K***** wegen §§ 15, 12, 302 Abs 1; 107 Abs 1 StGB, AZ 27 a Vr 8625/94 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, über den Antrag des Beschuldigten auf Ablehnung sämtlicher Richter aller österreichischen Gerichte nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Antrag wird, soweit davon die Oberlandesgerichte Graz, Linz und Innsbruck sowie die diesen Gerichtshöfen zweiter Instanz untergeordneten Gerichtshöfe erster Instanz betroffen sind, als unzulässig zurückgewiesen.

In bezug auf das Oberlandesgericht Wien wird dem Antrag nicht Folge gegeben.

Zur Entscheidung über den Antrag, insoweit davon die dem Oberlandesgericht Wien untergeordneten Gerichtshöfe erster Instanz, insbesondere das Landesgericht für Strafsachen Wien betroffen sind, werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Gegen Dr.Georg K***** werden vom Landesgericht für Strafsachen Wien zum AZ 27 a Vr 8625/94 wegen §§ 15, 12, 302 Abs 1; 107 Abs 1 StGB über Antrag der Staatsanwaltschaft Vorerhebungen geführt. Mit schriftlicher Eingabe vom 2.August 1995 (ON 34) zu diesem Verfahren lehnte der Genannte "sämtliche Richter dieses Gerichtes sowie des diesem übergeordneten Gerichtshofes und des Obersten Gerichtshofes und jedes anderen österreichischen Gerichtes wegen Befangenheit ab", wobei er im wesentlichen darauf hinwies, daß ein in der Zeitschrift "P*****" am 13.März 1995 erschienener Artikel mit dem Titel "Wie braun ist das Graue Haus ?" offenlege, "daß in Österreich die angebliche richterliche Unabhängigkeit bloß eine formale ist, die durch Entscheidungen von Personalsenaten unterlaufen werden kann".

Nachdem der Oberste Gerichtshof (in seinem nach der Geschäftsordnung zuständigen Senat) mit Beschluß vom 30.Jänner 1996, 4 N 501/96, den Ablehnungsantrag insoweit zurückgewiesen hat, als dieser die eigenen Strafsenate betrifft, hat er noch über die Zulässigkeit der Ablehnung der Gerichtshöfe zweiter Instanz in ihrer Gesamtheit zu entscheiden und (§ 74 Abs 2 letzter Halbsatz StPO) zugleich über die Zulässigkeit der Ablehnung der den Oberlandesgerichten Graz, Linz und Innsbruck untergeordneten Gerichtshöfen erster Instanz, da mangels jeglicher örtlicher Kompetenz der genannten Gerichtshöfe zweiter Instanz in dieser Strafsache auch ihre Entscheidungsbefugnis im Sinn des § 74 Abs 2 zweiter Fall zweiter Halbsatz StPO nicht begründet ist (vgl 10 Ns 22/86).

Der Antrag auf Ablehnung der Oberlandesgerichte Graz, Linz und Innsbruck sowie der diesen untergeordneten Gerichtshöfe erster Instanz ist unzulässig, weil in Ansehung dieser Gerichtshöfe eine konkret aktuelle Kompetenz zu einer Entscheidung in dieser Strafsache derzeit überhaupt nicht besteht, logische Voraussetzung für eine Ablehnung oder Ausschließung jedoch die Wirksamkeit des (der) betreffenden Organwalter(s) als Richter in dieser Sache ist (§ 68 StPO; vgl 10 Ns 22/86 wie oben).

In Ansehung des Oberlandesgerichtes Wien, dessen Zuständigkeit zur Entscheidung über die Zulässigkeit der Ablehnung der untergeordneten Gerichtshöfe erster Instanz, insbesondere des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, derzeit aktuell ist (§ 74 Abs 2 zweiter Halbsatz StPO), hätte eine erfolgreiche Ablehnung zur Voraussetzung, daß der Beschuldigte außer den in den §§ 67 bis 69 StPO bezeichneten Fällen (der Ausschließung) andere Gründe anzugeben und darzutun vermag, die geeignet sind, die volle Unbefangenheit sämtlicher Mitglieder dieses Gerichtshofes in Zweifel zu setzen (§ 72 Abs 1 StPO). Die Ablehnung eines Richters ist nur dann gerechtfertigt, wenn Umstände vorliegen, die - objektiv - die volle Unvoreingenommenheit des Betreffenden in Zweifel ziehen und zur Befürchtung Anlaß geben, der Abgelehnte könnte sich bei der Entscheidung von anderen als sachlichen Gründen leiten lassen (EvBl 1973/326).

Eine solche Eignung kommt den vom Beschuldigten vorgebrachten Gründen nicht zu, weil es sich hiebei um unsubstantiierte Pauschalvorwürfe gegen die Richterschaft handelt, die jeder realen Grundlage entbehren. Deshalb ist auch die Einholung von Äußerungen der Richter des Oberlandesgerichtes Wien (§ 183 Abs 3 GeO) seitens des Präsidenten dieses Gerichtshofes mit Recht unterblieben, weil schon nach dem Parteienvorbringen von solchen Stellungnahmen keine sachdienlichen Aufklärungen zu erwarten waren (vgl 10 Ns 22/86 wie oben).

Dem Ablehnungsantrag war daher insoweit nicht Folge zu geben.

Über den die dem Oberlandesgericht Wien untergeordneten Gerichtshöfe erster Instanz (insbesondere des Landesgerichtes für Strafsachen Wien) betreffenden Ablehnungsantrag wird das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden haben (§ 74 Abs 2 zweiter Halbsatz StPO).

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