OGH 14Os170/95

OGH14Os170/955.3.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 5.März 1996 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer, Dr.Ebner, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Mänhardt als Schriftführer, in der Strafsache gegen Dr.Josef K***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 7.Juni 1995, GZ 30 Vr 1.392/94-61, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Schroll, des Angeklagten und des Verteidigers Dr.Moringer zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Rechtsanwalt Dr.Josef K***** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB als Beitragstäter nach § 12 dritter Fall StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er im Februar 1992 in Traun und New Orleans (USA) dazu beigetragen, daß Othmar P***** einen Bestandteil seines Vermögens, nämlich eine von Peter C***** für die Liegenschaft "Am Wagnerberg Nr 14, 4052 Ansfelden" geleistete Mietzinsvorauszahlung von 660.000 S beiseiteschaffte und sein Vermögen durch den im Mietvertrag vereinbarten Kündigungsverzicht des Vermieters für zwanzig Jahre, welcher die Liegenschaft um 330.000 S entwertete, wirklich verringerte, wodurch er die Befriedigung seiner Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen vereitelte oder schmälerte und durch die Tat einen Schaden von 990.000 S (US 33) herbeiführte, indem Dr.Josef K***** den Mietvertrag verfaßte, den Mieter Peter C***** beriet und ihn zur Vertragsunterzeichnung und Übergabe der Mietzinsvorauszahlung nach New Orleans begleitete.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe der Z 3, 4, 5, 5 a, 9 lit a (der Sache nach auch 9 lit b) und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der aus folgenden Gründen Berechtigung zukommt.

Nach den für die rechtliche Beurteilung in objektiver Hinsicht maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen ist Othmar P***** Schuldner mehrerer Gläubiger und Eigentümer des Hauses "Am Wagnerberg 14" in Ansfelden. Diese Liegenschaft ist mit 3,8 Mio S hypothekarisch belastet. Sie repräsentiert einen Verkehrswert von ca 3 Mio S (US 5) - nach dem Gutachten des Sachverständigen allerdings bloß von 2,159.000 S (ON 50) - und wurde von P***** auf Anraten des Beschwerdeführers an Peter C***** für die Dauer von zwanzig Jahren gegen einen monatlichen, wertgesicherten Bestandzins von 8.000 S vermietet.

Der Mietvertrag wurde am 6.Februar 1992 von P***** - der Österreich am 28.Februar 1991 unter Hinterlassung von Schulden in Millionenhöhe verlassen hatte und in die USA geflohen war, um einem drohenden Strafverfahren zu entgehen - und C***** in New Orleans unterzeichnet. Der Vertrag war vom Beschwerdeführer, der auch diesbezügliche Gespräche mit C***** sowie P***** geführt und C***** in die USA begleitet hatte, verfaßt worden.

Im Mietvertrag wurde eine Mietzinsvorauszahlung in der Höhe von 660.000 S vereinbart, die sich auf die ersten zehn Vertragsjahre bezog und unmittelbar nach Vertragsunterzeichnung in New Orleans von C***** an P***** ausbezahlt wurde. Durch den Mietvertrag wurde der Verkehrswert der Liegenschaft wegen der Angemessenheit des Mietzinses nicht beeinträchtigt. Die Mietzinsvorauszahlung allerdings bewirkte eine Wertminderung der Immobilie um 330.000 S (US 9, 18).

Von diesen im wesentlichen unbestrittenen Feststellungen ausgehend, gelangte das Schöffengericht zu einem deliktsrelevanten Schadensbetrag von 990.000 S, um den der Befriedigungsfonds der Gläubiger P***** unter Mitwirkung des Beschwerdeführers verkürzt worden sei. Die Ermittlung dieses Betrages, der sich aus der (für die Gläubiger verlorenen) Mietzinsvorauszahlung und dem (erst) dadurch eingetretenen Wertverlust ergibt, fußt indes, wie der Beschwerde zuzugeben ist, auf einem Rechtsirrtum.

Nach § 156 Abs 1 StGB macht sich strafbar, wer einen Bestandteil seines Vermögens verheimlicht, beiseiteschafft, veräußert oder beschädigt, eine nicht bestehende Verbindlichkeit vorschützt oder anerkennt oder sonst sein Vermögen wirklich oder zum Schein verringert und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen verteilt oder schmälert. Entscheidend ist, ob durch die inkriminierte Handlung - hier durch den Abschluß eines Mietvertrages unter Vereinbarung einer tatsächlich geleisteten Mietzinsvorauszahlung - das Vermögen des Schuldners (Vermieters) reduziert wurde. Dabei ist auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages abzustellen und der Wert des Vermögens vor und nach diesem Vertragsabschluß zu vergleichen.

Durch den zwischen Othmar P***** und Peter C***** - über Vermittlung des Angeklagten - abgeschlossenen Mietvertrag wäre unter Außerachtlassung der damit auch vereinbarten Mietzinsvorauszahlung der Wert der Liegenschaft trotz des langfristigen Kündigungsverzichtes noch nicht beeinträchtigt worden, war doch der vereinbarte Mietzins nicht unangemessen. Erst die Mietzinsvorauszahlung führte zu einer Wertbeeinträchtigung der Liegenschaft selbst (US 17 iVm S 131-135/II). Entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichtes wirkt die Zinsvorauszahlung nämlich auch gegenüber potentiellen Erwerbern der Liegenschaft. Denn der Rechtsnachfolger des Vermieters ist an Nebenabreden ungewöhnlichen Inhalts jedenfalls dann gebunden, wenn er sie kannte oder kennen mußte (§ 2 Abs 1 Satz 3 MRG). Dies gilt auch für den Ersteher in Zwangsversteigerungsverfahren (WoBl 1995, 133; Würth in Rummel ABGB2 § 1121 Rz 4). Mit der Vorlage des Mietvertrages in dem diese Liegenschaft betreffenden Zwangsvollstreckungsverfahren (US 10) war diese Kenntnis offenkundig und führte zu der vom Schöffengericht auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens angenommenen Wertminderung im Ausmaß von 330.000 S.

Die Gläubiger hätten, wäre eine Mietzinsvorauszahlung nicht ausbedungen gewesen, nur aus der Zwangsverwaltung der Mietzinse oder aus der Versteigerung des erwähnten Hauses Befriedigung finden, nicht aber beides gleichzeitig beanspruchen können. Im Falle des Verkaufes oder der Verwertung im Zwangsversteigerungsverfahren hätten die Gläubiger auf die dem Rechtsnachfolger P***** zustehenden Mietzinse überhaupt keine Zugriffsmöglichkeit gehabt. Durch die Vertragskonstruktion (Vermietung plus Mietzinsvorauszahlung) wurde das Vermögen des Vermieters und damit der Befriedigungsfonds nicht verringert, liegt doch eine Vermögensverminderung immer dann nicht vor, wenn der Verlust durch den Eintritt eines anderen Vermögensstückes wettgemacht wird (Liebscher im WK § 156 Rz 15). Das Vermögen des Vermieters erfuhr insgesamt - trotz des Wertverlustes der Liegenschaft - sogar eine Erhöhung (um 330.000 S). Diese Erhöhung resultiert aus dem Bargeldbetrag, soweit dieser (nach Ausgleich des Wertverlustes) den ursprünglichen Liegenschaftswert übersteigt. Wird dieser Bargeldbetrag dem exekutiven Zugriff entzogen, dann wird der Befriedigungsfonds in diesem - und nur in diesem - Umfang, hier also um 660.000 S, geschmälert.

Der vom Angeklagten als Beitragstäter allenfalls mitzuverantwortende Verlust der Gläubiger beträgt daher mindestens 330.000 S, höchstens aber 660.000 S. Er kann nicht höher sein als der höchstmögliche Befriedigungsfonds, abzüglich des für diesen Fall geltenden Immobilienwertes. Die Rechtsansicht des Erstgerichtes, wonach bei Ermittlung der Schadenshöhe Mietzinsvorauszahlung und Wertverlust zusammenzuzählen seien, ist daher verfehlt.

Unrichtig ist allerdings die Beschwerdeauffassung, daß durch die am Ort der Vertragsunterzeichnung (in den USA) und gleichzeitig mit dieser erfolgte Aushändigung der Mietzinsvorauszahlung der Befriedigungsfonds der Gläubiger deshalb nicht geschmälert worden sei, weil der Geldbetrag vor Vertragsunterzeichnung nicht Bestandteil des Schuldnervermögens war, weshalb begrifflich ein Beiseiteschaffen (durch Verbringung ins Ausland) ausscheide und der Schaden daher nur in der Liegenschaftsentwertung gelegen sein könne:

Tatobjekt im Sinne des § 156 StGB ist grundsätzlich jegliches Vermögen, das der Zwangsvollstreckung durch Gläubiger des Schuldners zugänglich ist (JBl 1989, 329 ua). Dazu zählt jedenfalls bei einem in Österreich gelegenen Bestandobjekt nicht nur die Sachsubstanz und der laufende, sondern auch der im voraus bezogene Bestandzins, mag dieser allenfalls auch erst anläßlich eines im Ausland abgeschlossenen Mietvertrages fällig geworden sein. Unter Beachtung der im Strafrecht gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise kommt es bei der Tatmodalität des Beiseiteschaffens des Vermögensbestandteils allein darauf an, ob ein in Österreich gelegenes oder auch im Ausland befindliches, aber den Gläubigern an sich zugängliches Vermögen durch in Österreich erfolgsrelevante Verfügungen gläubigerschädigend verringert wird, mag auch zur Verschleierung des fraudulosen Vorgehens eine Vertragskonstruktion mit Anknüpfungspunkten im Ausland gewählt worden sein. Aus dem Umstand, daß im vorliegenden Fall die Vertragsunterzeichnung wie auch die Übergabe der Mietzinsvorauszahlung in den Vereinigten Staaten stattfanden, ist daher weder eine Beeinträchtigung der Inlandswirksamkeit des deliktischen Handelns (§ 67 Abs 2 StGB), noch die in der Beschwerde behauptete fehlende Beeinträchtigung des Befriedigungsfonds ableitbar. Dadurch, daß Teile des Tatobjektes, nämlich die Mietzinsvorauszahlung, Othmar P***** als Schuldner mehrerer andrängender Gläubiger im Ausland ausgehändigt wurden, wurde der Geldbetrag von 660.000 S nicht zu einem an sich der Zwangsvollstreckung entzogenen Vermögen, hinsichtlich dessen ein Beiseiteschaffen im Sinne des § 156 StGB nicht möglich wäre.

Die Frage, wann und wo die genannte Mietzinsvorauszahlung dem Vermögen des Kridatars Othmar P***** zugeführt worden ist, kann daher dahingestellt bleiben. Lag ein mündlicher Vertragsabschluß des verfahrensgegenständlichen Mietvertrages in Österreich vor - wofür es Anhaltspunkte gibt (vgl Handakt 4259 iVm US 6 f), war bereits im Inland eine exekutiv verwertbare Forderung entstanden, auf welche die Gläubiger in der Folge durch das inkriminierte deliktische Verhalten nicht mehr greifen konnten. Trat aber der durch Bezahlung der Mietzinsvorauszahlung eingetretene Vermögenszuwachs erst im Ausland ein, dann läge eine vom Anklagevorwurf umfaßte Kridahandlung in der Verheimlichung des entsprechenden Geldbetrages gegenüber den Gläubigern, weil diesen wegen des unbekannten Aufenthaltes des Kridatars jeder Zugriff auf diesen Vermögensbestandteil verwehrt gewesen wäre.

Eine endgültige rechtliche Einordnung der Verhaltensweisen des allfälligen Haupttäters Othmar P***** bzw des Beschwerdeführers als Beitragstäter ist derzeit noch nicht möglich. Im Sinne der Mängelrüge (Z 5) trifft es nämlich zu, daß widerspruchsfreie Feststellungen zu der Frage fehlen, ob und inwieweit Othmar P***** mit dem ausgehändigten Geldbetrag allenfalls Gläubiger befriedigte, sodaß im Ergebnis keine oder nur eine geringfügigere Vermögensverringerung eintrat. Eine Verringerung des Vermögens liegt nur dann vor, wenn der Täter seine Aktiven ohne entsprechenden Gegenwert verkürzt oder die Passiven ohne angemessene Aufstockung der Aktiven erhöht. Eine Verminderung der Aktiven des Vermögens bei gleichzeitiger Verminderung auch der Passiven ist keine Vermögensverringerung. Die Begleichung einer zu Recht bestehenden Forderung durch den Schuldner vermindert nicht sein Vermögen, sondern befreit ihn von einer Last (vgl Foregger-Serini StGB MKK5 Erl II).

Das Erstgericht geht zwar primär davon aus, daß der als Haupttäter der betrügerischen Krida angesehene Othmar P***** mit der Mietzinsvorauszahlung von 660.000 S seinen aufwendigen Lebenswandel finanzieren wollte. Es schließt jedoch - ohne sich allerdings im Rahmen der Beweiswürdigung mit der von P***** ausgestellten eidesstattlichen Erklärung vom 5.Juni 1994 (S 301/III) auseinanderzusetzen - auch nicht aus, "daß P***** das Geld in Amerika zur Schuldenzahlung verwendet" haben mag (s US 34), welcher Umstand im Falle der Entstehung der entsprechenden Verbindlichkeiten vor der inkriminierten kridaträchtigen Handlung eine allfällige teilweise oder gänzliche Haftung nur wegen Gläubigerbegünstigung (§ 158 StGB) begründen könnte (Leukauf-Steininger Komm3 § 156 RN 12). Der aufgezeigte Mangel schlägt in objektiver und subjektiver Richtung auch auf die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Beitragstat durch.

Eine Neudurchführung des Verfahrens in erster Instanz erweist sich sohin als unumgänglich.

Für den Fall eines solcherart zu ermittelnden, dem Angeklagten auch subjektiv zurechenbaren Kridaschadens von nicht mehr als 300.000 S (entsprechend der Entwertung der Liegenschaft) wäre in Ansehung des Anklagevorwurfes nach § 156 StGB im Hinblick auf die behauptete spätere Rückgängigmachung der Wertminderung das allfällige Vorliegen des Strafaufhebungsgrundes der tätigen Reue nach § 167 StGB neuerlich zu prüfen.

Es war sohin spruchgemäß zu erkennen.

Damit ist die Berufung des Angeklagten gegenstandslos.

Stichworte