OGH 12Os160/95(12Os176/95)

OGH12Os160/95(12Os176/95)29.2.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 29.Februar 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Schindler, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Rauer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mustafa Y***** und Tarik A***** wegen des Verbrechens nach §§ 15 StGB, 12 Abs 1, 2, 1.Fall und Abs 3 Z 3 SGG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 19.Juli 1995, GZ 35 Vr 369/95-109, sowie über die Beschwerde des Angeklagten Tarik A***** gegen den zugleich gefaßten Widerrufsbeschluß (§§ 494 a Abs 4, 498 Abs 3 StPO) nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Schroll, der Angeklagten Mustafa Y***** und Tarik A*****, des Dolmetschers für die türkische Sprache Mag.Aytekin und der Verteidiger Mag.Pircher und Dr.Berta Mühl zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Mustafa Y***** wird verworfen, jener des Angeklagten Tarik A***** wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, teilweise in dem zu A/III/4 erfaßten Schuldspruch nach § 12 Abs 1 und Abs 2 erster Fall SGG, soweit er den Verkauf von 22 Gramm Heroin (US 31) an "einen weiteren, namentlich nicht näher ausforschbaren Drogenabnehmer mit dem Vornamen Dietmar" zum Gegenstand hat, sowie im Tarik A***** betreffenden Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Für die ihm nach den unberührt gebliebenen Schuldsprüchen weiterhin zur Last liegenden strafbaren Handlungen wird Tarik A***** nach § 28 StGB; § 12 Abs 2 SGG zu 2 (zwei) Jahren und 4 (vier) Monaten Freiheitsstrafe und gemäß § 13 Abs 2 SGG zu einer Wertersatzstrafe von 150.000 S (einhundertfünfzigtausend Schilling), im Fall der Uneinbringlichkeit zu 2 (zwei) Monaten Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt.

Der Ausspruch über die Vorhaftanrechnung wird aus dem Ersturteil übernommen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Tarik A***** verworfen.

Der Berufung des Angeklagten Mustafa Y***** wird nicht Folge gegeben.

Der Angeklagte Tarik A***** wird mit seiner Berufung auf die ihn betreffende Strafneubemessung verwiesen. Seiner Beschwerde gegen den Widerrufsbeschluß wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten Mustafa Y***** und Tarik A***** die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mustafa Y***** wurde (A/I) des Verbrechens nach § 12 Abs 1, 2 erster Fall und Abs 3 Z 3 SGG in der Entwicklungsstufe des Versuchs nach § 15 StGB, (A/II) des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und 2 erster Fall SGG, sowie der Vergehen (B) nach § 14 a SGG, (C/I) nach § 16 Abs 1 SGG und (D/1 und 2) nach § 36 Abs 1 Z 1 und Z 2 WaffG, Tarik A***** der Verbrechen (A/III) nach § 12 Abs 1 und 2 erster Fall SGG und (E/1) der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB, sowie der Vergehen (C/II) nach § 16 Abs 1 SGG, (E/2) der (schweren) Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB und (E/3) der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Demnach haben sie in Pettnau, Innsbruck, Hall in Tirol und an anderen Orten (A) den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte in einer großen Menge in Verkehr gesetzt bzw dies versucht, indem (I) Mustafa Y***** am 7.Februar 1995 im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem (rechtskräftig mitverurteilten) Erdal B***** als Mittäter 467 Gramm Heroin mit ca 100 Gramm Reingehalt, sohin eine das Fünfundzwanzigfache der in § 12 Abs 1 SGG angeführten (wesentlich) übersteigende Suchtgiftmenge an zwei verdeckte Fahnder des Bundesministeriums für Inneres gewerbsmäßig zu verkaufen trachtete; (II) Mustafa Y***** allein jeweils gewerbsmäßig (1) Ende November/Anfang Dezember 1994 40 Gramm Heroin kommissionsweise zum Weiterverkauf an Tarik A***** übergab, (2) zwischen Dezember 1994 und Anfang Februar 1995 insgesamt 10 Gramm Heroin an die gesondert verfolgte Maria W***** verkaufte und (3) in der Zeit von Anfang 1994 bis Februar 1995 zumindest 100 Gramm Heroin an mehrere, namentlich nicht mehr ausforschbare Abnehmer verkaufte; (III) Tarik A***** allein jeweils gewerbsmäßig (1) im Winter 1993/1994 25 Gramm Heroin kommissionsweise zum Weiterverkauf an den gesondert verfolgten Andreas S***** übergab, ferner in nachangeführten Fällen Suchtgift verkaufte, nämlich (2) von Mitte August 1994 bis 22.November 1994 ca. 60 Gramm Kokain an den gesondert verfolgten Ralph L*****, (3) im Zeitraum März/April 1994 insgesamt 10 Gramm Heroin an namentlich nicht mehr exakt ausforschbare Abnehmer und (4) im Zeitraum Frühjahr 1994 bis Anfang Februar 1995 eine insgesamt jedenfalls große Heroinmenge, nämlich (US 31) jeweils 3 Gramm Heroin an Peter H***** und Georg H***** sowie 22 Gramm Heroin an einen Abnehmer mit dem Vornamen "Dietmar"; (B) Mustafa Y***** Anfang Februar 1995 10 Gramm Heroin (Reingehalt 2,2 Gramm) von einem Unbekannten mit dem Vorsatz erworben, daß das Suchtgift in Verkehr gesetzt werde; (C) außer den Fällen der §§ 12 und 14 a SGG den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte erworben, besessen bzw in Verkehr gesetzt, nämlich (1) Mustafa Y***** im Jänner/Februar 1995 durch Erwerb einer geringen Heroinmenge von einem Unbekannten und Weitergabe derselben an einen verdeckten Fahnder des Bundesministeriums für Inneres; (II) Tarik A***** in der Zeit von März 1994 bis Anfang Februar 1995 (1) durch Ankauf von 20 Gramm Heroin von dem gesondert verfolgten Murat A*****,

(2) durch Ankauf von 5 Gramm Heroin bei Mustafa Y***** und (3) durch Ankauf von 25 Gramm Kokain von einem Unbekannten mit dem Vornamen "Billy"; (D) Mustafa Y***** zumindest am 7.Februar 1995, wenn auch nur fahrlässig, unbefugt (1) eine Faustfeuerwaffe, nämlich eine Pistole der Marke Llama und (2) eine verbotene Waffe, nämlich eine Tränengasspraydose CS besessen; (E) Tarik A***** (1) am 8.Februar 1995 Dietmar H***** der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, indem er ihn durch die gegenüber Beamten des Landesgendarmeriekommandos für Tirol geäußerte wahrheitswidrige Behauptung, H***** zum Zweck des Weiterverkaufs 22 Gramm Heroin übergeben zu haben, einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit Strafe bedrohten Handlung wissentlich falsch verdächtigte; (2) am 5.Oktober 1994 Andreas S***** vorsätzlich einen Einriß des linken Trommelfells und eine Abschürfung mit Prellung des Nasenrückens, sohin eine Gesundheitsschädigung von mehr als 24 Tagen zugefügt, indem er ihm einen Faustschlag gegen die Ohrregion und einen Kopfstoß in das Gesicht versetzte; (3) am 12.Oktober 1994 Andreas S***** durch die Drohung, sein Lokal "mit 10 Leuten zusammenzuschlagen", zum Verzicht auf Schmerzensgeld zu nötigen versucht.

Das angefochtene Urteil enthält weiters mehrere Teilfreisprüche, unter anderem jenen des Angeklagten A***** von dem Anklagevorwurf (A/III/2 in ON 67), er habe im Frühjahr/Frühsommer 1994 durch Übergabe von 22 Gramm Heroin an Dietmar H***** zum Weiterverkauf den bestehenden Vorschriften zuwider gewerbsmäßig Suchtgift in Verkehr gesetzt.

Rechtliche Beurteilung

Von den gegen dieses Urteil - von Mustafa Y***** aus § 281 Abs 1 Z 5 a, 9 lit a und 10 StPO, von Tarik A***** aus Z 5, 7 und 8 leg cit - erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden kommt nur jener des Angeklagten A***** teilweise Berechtigung zu.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Mustafa Y*****:

Was zunächst zum Faktum A/I hinsichtlich der dazu praktizierten Modalitäten der sogenannten "verdeckten Fahndung" dem spezifisch auf einzelne Nichtigkeitsgründe ausgerichteten Beschwerdevorbringen vorangestellt wird und auf die Behauptung hinausläuft, die dazu inkriminierte Tathandlung sei von einem Beamten gesetzwidrig nach Art eines Bestimmungstäters initiiert worden, geht einerseits von urteilsfremden Tatsachenprämissen aus und bringt andererseits keinen der gesetzlichen Nichtigkeitsgründe zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung. Dazu genügt der Hinweis auf die mit den Verfahrensergebnissen konformen erstgerichtlichen Ausführungen laut US 21, wonach sich die kritisierte Kontaktanbahnung - durchaus im Einklang mit § 25 StPO - auf die Offenlegung eines (wenn auch) massiven Kaufinteresses beschränkte.

Die zur Tatsachenrüge (Z 5 a) vermißte Fundierung der subjektiven Qualifikationsgrundlagen nach § 12 Abs 3 Z 3 SGG findet sich - von der Beschwerde übergangen - unmittelbar im Anschluß an die entsprechenden Tatsachenfeststellungen (US 20), wo auf die individuelle Vertrautheit des Angeklagten Y***** mit Heroin und das geschäftsbezogene Volumen des Geldeinsatzes verwiesen wird.

Auch der Beschwerdeversuch, die Tatsachengrundlagen der Gewerbsmäßigkeit (§ 12 Abs 2 SGG) zu problematisieren, erweist sich weder aus der Sicht (der Sache nach behaupteter) formeller Begründungsmängel (Z 5) noch aus jener einer angeblich bedenklichen Vernachlässigung vermeintlicher Entlastungsaspekte (Z 5 a) als zielführend. Daß die nach tatrichterlicher Überzeugung für die Bejahung gewerbsmäßiger Tatbegehung primär maßgebende Übereinstimmung der beim Angeklagten Y***** sichergestellten, umfangreichen schriftlichen Aufzeichnungen mit sinnfälligem Bezug zu breit angelegtem Suchtgiftvertrieb mit den Angaben mehrerer Suchtgiftabnehmer (insbesondere der Primärdarstellung der gesondert verfolgten Zeugin Maria W*****) von reklamierten Teilaspekten, wie den angeblich angespannten wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers, seiner bisherigen Unbescholtenheit, der Auffindung einer Digitalwaage zwar beim - schwer vorbestraften - Mitangeklagten B*****, nicht aber bei Mustafa Y*****, im Kern ihrer Beweisbedeutung unberührt bleibt, bedarf keiner näheren Erörterung. Dies umso weniger, als sich schon die Menge des zu A/I tatverfangenen Heroins (470 Gramm) in Verbindung mit den dazu sichergestellten elf weiteren zum Vertrieb vorbereiteten Heroinportionen als durchaus geeignet erweist, die Annahme grundsätzlich gewerbsmäßiger Tatausrichtung mängelfrei zu tragen.

Dem Beschwerdestandpunkt zuwider wird aber auch die dem Schuldspruchkomplex A/II zugrundeliegende Quantifizierung der jeweils tatverfangenen Suchtgifte durch den Inhalt der in Rede stehenden schriftlichen Notizen nicht in Frage gestellt, weil die teils auf die Anführung von Vornamen beschränkte Bezeichnung einzelner Suchtgiftabnehmer einer zuverlässigen Identifizierung derselben abträglich ist und die Verneinung von Suchtgiftbezug durch im Rahmen sicherheitsbehördlicher Erhebungen dazu kontaktierte Personen (zB Ramazan A*****, der allerdings anderweitige Suchtgiftaktivitäten des Beschwerdeführers bekundete - 299 ff/I) solcherart im Sinn der erstgerichtlichen Erwägungen (US 25 f) vorweg keine nachhaltig entlastende Beweiskraft entwickeln können.

Die das Faktum C/I betreffende Rechtsrüge (Z 9 lit a), der dazu inkriminierte Erwerb und die nachfolgende Weitergabe einer geringen Menge Heroin an einen verdeckten Ermittler stelle sich im Sachzusammenhang mit der Anbahnung des zu A/I erfaßten Versuchs des Verbrechens nach § 12 Abs 1, 2 und 3 Z 3 SGG als straflose Vorbereitungshandlung dar, trifft nicht zu. Eine typische Begleittat als Fall scheinbarer Idealkonkurrenz kommt hier schon deswegen nicht in Betracht, weil sich die Weitergabe einer Probemenge und die erst nach der Überlassung der geringen Heroindosis für den nächsten Tag vereinbarte Heroinlieferung einer großen Suchtgiftmenge schon wegen des dazwischen gelegenen Zeitintervalls nicht als einheitliches Tatgeschehen darstellen, ganz abgesehen davon, daß die - an sich pönalisierte - Überlassung einer Demonstrationsdosis an potentielle Großabnehmer unter den hier aktuellen Modalitäten zeitlicher Trennung vorweg keine typische geschäftsessentielle Bedeutung aufweisen kann, weil ein vom Kaufobjekt isoliertes Probenangebot keinen zuverlässig objektsbezogenen Qualitätsaufschluß ermöglicht. Von einer regelmäßig mit der Abwicklung kapitaler Suchtgiftgeschäfte typisch verbundenen und damit straflosen Begleittat kann demnach keine Rede sein (ua Leukauf-Steininger StGB3 § 28 RN 46).

Da mit der Weitergabe der vom Schuldspruch A/I (versuchter Vertrieb einer übergroßen Heroinmenge) nicht erfaßten Weitergabe der Heroinprobemenge - mag sie auch der Vorbereitung der für nächsten Tag vereinbarten Kaufabwicklung gedient haben - eine zusätzliche (wenn auch geringe) Menge Suchtgift in Verkehr gesetzt und solcherart eine zusätzliche Rechtsgutbeeinträchtigung im Sinne eines weitergehenden Schadens herbeigeführt wurde, scheidet auch die Annahme einer straflosen Vortat aus.

Der zur Subsumtionsrüge (Z 10) wiederholte Einwand zum Schuldspruchfaktum A/I, gewerbsmäßige Tatbegehung sei insoweit "unrichtig festgestellt" worden, setzt sich über die - bereits erörterten - entsprechenden Urteilspassagen hinweg und bringt den geltend gemachten materiellen Nichtigkeitsgrund nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Tarik A*****:

Dem die Mängelrüge (Z 5) einleitenden Einwand, die dem Schuldspruch E/3 (versuchte Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB) zugrunde liegende Drohung habe mangels jedweder Inangriffnahme des angekündigten Gewaltaktes als vermeintlicher deliktsspezifischer Ausführungsbeginn das Stadium strafbaren Versuchs nicht erreicht (sachlich Z 9 lit a), ist der Wortlaut der gesetzlichen Determinierung des in Rede stehenden Tatbestandes entgegenzuhalten, wonach strafbare Nötigung nicht nur durch Gewaltanwendung, sondern auch - wie hier - durch gefährliche Drohung verwirklicht werden kann, welche Begehungsvariante (spätestens) mit der Ankündigung des zur Druckausübung in Aussicht gestellten Übels in das Ausführungsstadium eintritt.

Daß das Tatopfer durch die vom Nötigungsvorsatz geleitete gefährliche Drohung auch tatsächlich nachhaltig beunruhigt wird, stellt kein gesetzliches Tatbestandserfordernis dar. Zu dem darauf abzielenden Beschwerdeeinwand sei lediglich vollständigkeitshalber festgehalten, daß das Tatopfer im konkreten Fall bereits vor dem Nötigungsversuch mit Verletzungen verbundenen Täterangriffen ausgesetzt gewesen war, weshalb sich auch die deliktsspezifische Eignung der inkriminierten Ankündigung nach ihren Begleitumständen als unproblematisch erweist.

Zum Schuldspruch A/III (§ 12 Abs 1 und 2 erster Fall SGG) liegt - dem weiteren Vorbringen zur Mängelrüge zuwider - zwischen der tatrichterlichen Feststellungen, daß Tarik A***** nach eigener Darstellung und dem toxikologischen Untersuchungsbefund im Umgang mit Heroin und Kokain erfahren, er dem Suchtgift (jedoch) "nicht ergeben ist", kein unvereinbarer Widerspruch vor, weil der Konsum von Heroin und Kokain nicht zwangsläufig mit einer nach § 12 Abs 2 SGG privilegierenden Suchtgiftergebenheit verbunden sein muß. Persönlicher Eindruck und Selbstdarstellung eigener Gepflogenheiten im Umfang mit Suchtgift (US 32 iVm AS 413 ff/III und 5/IV) stellen im Sinn der Urteilserwägungen eine tragfähige Grundlage für die zu Unrecht als mangelhaft kritisierte erstgerichtliche Unterscheidung dar.

Daß eine sinnfällige Anhäufung wirtschaftlicher Werte kein unabdingbares Kriterium gewerbsmäßigen Suchtgifthandels darstellt, bedarf keiner näheren Erörterung.

Schließlich trifft es auch nicht zu, daß in den Urteilsgründen zum Schuldspruch E/2 (Vergehen der schweren Körperverletzung) wesentliche Verfahrensergebnisse übergangen worden seien. Auf den objektiven Beweiswert des Verletzungsbefundes sowie den Angaben des Zeugen Andreas S***** aufbauend sprach das Erstgericht dazu weiters vernommenen Auskunftspersonen ausdrücklich jedweden Beitrag zur Wahrheitsfindung ab (US 35), was hinsichtlich der relevierten Zeugin Y*****, die keine sachdienliche Erinnerung bekundete, keiner näheren Konkretisierung bedurfte.

Als rein spekulativ unbeachtlich erweist sich letztlich die Beschwerdeüberlegung, die partielle Aussageverweigerung des Zeugen Andreas S***** zur Frage von Suchtgiftkontakten (423/III) sei ein faßbarer Anhaltspunkt für verleumderische Belastungstendenzen im Zusammenhang mit den zur Körperverletzung erhobenen Anschuldigungen.

Zu Recht hingegen wird eine Anklageüberschreitung (Z 8) geltend gemacht, soweit der Schuldspruch A/III/4 die Weitergabe von 22 Gramm Heroin (US 31) an "einen weiteren, namentlich nicht näher ausforschbaren Drogenabnehmer mit dem Vornamen Dietmar" miteinschließt. Dazu hatte ursprünglich die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Innsbruck vom 26.April 1995, 10 St 696/95 - insoweit unter Zugrundelegung der Primäreinlassung des Tarik A***** - als Teilfaktum A/III/2 den in Richtung § 12 Abs 1, 2 erster Fall und 3 Z 3 SGG, § 15 StGB erhobenen Vorwurf zum Gegenstand, Tarik A***** habe zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt im Frühjahr/Frühsommer 1994 22 Gramm Heroin an den abgesondert verfolgten Dietmar H***** kommissionsweise zum Zwecke des Weiterverkaufes übergeben (203, 223/III). Mit dem Vermerk "Dietmar 22 Gramm" in den sichergestellten schriftlichen Aufzeichnungen lag dazu ein weiterer korrespondierender beweismäßiger Anhaltspunkt vor. Nachdem Tarik A***** seine Verantwortung in der Hauptverhandlung dahin modifiziert hatte, Dietmar H***** wahrheitswidrig belastet zu haben, sich demgemäß des Verbrechens der Verleumdung schuldig zu bekennen, erklärte der Staatsanwalt in der Hauptverhandlung am 3.Juli 1995, "zu Faktum A/III/2 der Anklageschrift den Eventualantrag wegen des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB zu stellen". Auf dessen Grundlage erging in der Folge der entsprechende Schuldspruch E/1, während Tarik A***** gleichzeitig (entbehrlich) vom vorerwähnten Anklagevorwurf A/III/2 (Übergabe von 22 Gramm Heroin an Dietmar H*****) gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen wurde (US 13, 33). Daß Tarik A***** darüber hinaus - wie erwähnt zu A/III/4 - gleichzeitig unter anderem auch deswegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und 2 erster Fall SGG schuldig erkannt wurde, weil er 22 Gramm an einen namentlich nicht näher ausforschbaren Drogenabnehmer mit dem Vornamen "Dietmar" übergab, findet - entgegen der von der Generalprokuratur vertretenen Auffassung - bei der hier aktuell gewesenen Konstellation im verfahrensgegenständlichen Anklagevorwurf keine Deckung. Dieser umfaßte alternativ (einander ausschließend) einerseits die Übergabe von Heroin an Dietmar H***** (Anklageschrift), andererseits die in den entsprechenden Angaben des Angeklagten gelegene Verleumdung (Alternativvariante). Ein auch im Fall der Alternativvariante des Anklagevorwurfs (Verleumdung) aufrechter Verfolgungswille in bezug auf die Weitergabe von 22 Gramm Heroin an einen (diesfalls von Dietmar H***** verschiedenen) Drogenabnehmer mit dem Vornamen "Dietmar" hätte einer ausdrücklichen Ausdehnung der Alternativanklage in diese Richtung bedurft. Die tatrichterliche Verifizierung der Tatsachengrundlagen der Alternativanklage wegen Verleumdung und der dementsprechende Schuldspruch stehen der gleichzeitigen Ahndung einer von der Alternativanklage nicht gedeckten Modifikation des ursprünglichen Anklagesachverhalts infolge der wechselseitigen Ausschließlichkeit der beiden erklärten Verfolgungsvarianten zwingend entgegen. Dem erst durch die Bejahung strafbarer Verleumdung aktualisierten Aspekt einer allfälligen Heroinweitergabe an einen mit Dietmar H***** nicht identen Abnehmer wäre durch eine entsprechende Erweiterung der Alternativanklage Rechnung zu tragen gewesen. Der - von der Generalprokuratur (mit dem isolierten Hinweis auf an sich zutreffende, hier aber nicht vordergründig entscheidende Aspekte der Tatindividualisiserung bzw -konkretisierung nur auf unvollständiger Grundlage) gebilligte - Rückgriff auf die durch den Schuldspruch wegen Verleumdung vollständig und endgültig erledigte schriftliche Anklagealternative findet im Gesetz demnach keine Deckung.

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A***** war daher der in Rede stehende Teilschuldspruch ersatzlos aufzuheben.

Zu den Sanktionsaussprüchen:

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten Mustafa Y***** nach § 12 Abs 3 SGG unter Anwendung des § 28 StGB vier Jahre Freiheitsstrafe sowie gemäß § 13 Abs 2 SGG eine Wertersatzstrafe von 250.000 S, im Fall der Uneinbringlichkeit drei Monate Ersatzfreiheitsstrafe. Dabei wertete es das Zusammentreffen eines Verbrechens mit drei Vergehen, die Tatwiederholungen beim Verbrechen nach dem Suchtgiftgesetz und beim Vergehen nach dem Waffengesetz, den (wenn auch teils nur versuchten) Vertrieb erheblicher Heroinmengen als Nichtsüchtiger, die das Ausmaß der sogenannten "übergroßen" weit übersteigende Menge des tatverfangenen Suchtgiftes sowie die doppelte Verbrechensqualifikation nach dem Suchtgiftgesetz als erschwerend, als mildernd hingegen das Teilgeständnis, den teilweisen Versuch (und die damit verbundene Sicherstellung des dazu tatgegenständlichen Heroins) sowie die Unbescholtenheit.

Mit seiner dagegen erhobenen Berufung strebt der Angeklagte Y***** eine Herabsetzung und teilweise bedingte Nachsicht der ausgesprochenen Freiheitsstrafe sowie eine "Nachsicht" der Wertersatzstrafe im wesentlichen mit der Begründung an, er sei in verhältnismäßig jungem Lebensalter erstmals straffällig geworden und stünde der Suchtgiftszene weniger nahe, als die vergleichweise nach Berufungsauffassung wesentlich milder bestraften Mitangeklagten.

Auch der Berufung des Angeklagten Y***** kommt keine Berechtigung zu.

Unbestritten ist, daß der Drogenhandel (auch im Inland) besorgniserregende Wachstumsraten aufweist und zunehmend zu einem gesellschaftlichen Destabilisierungsfaktor ausufert, dessen wirksame Bekämpfung auf immer größere Schwierigkeiten stößt. Die notorischen gesundheitlichen und wirtschaftlichen Belastungen und Risken, die mit Suchtgiftmißbrauch regelmäßig verbunden sind, legen eine konsequenten Wahrnehmung sämtlicher verfügbarer Abwehrmöglichkeiten nahe. Daß dabei die präventive Wirksamkeit strafrechtlicher Sanktionen vom Gewicht ihrer Täterbelastung und ihrem Bekanntheitsgrad in potentiellen Täterkreisen abhängig ist, bedarf keiner weiteren Erörterung. Vor dem Hintergrund der für die in Rede stehende Kriminalitätssparte richtungweisenden Strafzumessungssicht und unter Berücksichtigung der bereits bis zu gleichsam buchhalterischer Erfassung seiner Einzelakte fortgeschrittenen Einbindung des Angeklagten Y***** in den illegalen Suchtgiftvertrieb erweisen sich die vom Erstgericht verhängten Sanktionen als keiner der angestrebten Korrekturen zugänglich.

Hinsichtlich des Angeklagten Tarik A*****, über den vom Erstgericht zweieinhalb Jahre Freiheitsstrafe bzw eine wie beim Angeklagten Y***** bemessene Wertersatzstrafe verhängt worden waren, machte die - auch den Strafausspruch erfassende - Teilkassierung die spruchgemäße Strafneubemessung erforderlich. Dabei waren - in Übereinstimmung mit den schon vom Erstgericht zutreffend beachteten Strafzumessungsgründen - die einschlägigen Vorstrafen, das Zusammentreffen zweier Verbrechen mit drei Vergehen, die teilweise Tatwiederholung, die Tatverfangenheit großer Mengen sowohl Heroins als auch Kokains, die Tatbegehung ohne eigene Suchtabhängigkeit und der Heroin betreffende Tatbezug auf ein Mehrfaches der sogenannten großen Menge nach § 12 Abs 1 SGG erschwerend, mildernd hingegen das Teilgeständnis und der bloße Versuch der Nötigung. Davon ausgehend erweist sich das hier ausgesprochene Strafausmaß - auch im Verhältnis zu der über Mustafa Y***** verhängten, dort nach § 12 Abs 3 SGG bemessenen Freiheitsstrafe - als sachgerecht.

Die Wertersatzstrafe beruht auf den entsprechenden - mängelfrei erwiesenen - Tatsachengrundlagen des angefochtenen Urteils (insbesondere US 29, 30 und 32).

Mit seiner Berufung war der Angeklagte A***** auf die Strafneubemessung zu verweisen.

Wegen des Gewichtes der dem Angeklagten Tarik A***** hier zur Last fallenden Straftaten und der dadurch zur Täterpersönlichkeit eröffneten Beurteilungsgrundlagen hat das Erstgericht schließlich auch zu Recht gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO auf Widerruf der zu AZ U 336/90 des Bezirksgerichtes Hall in Tirol gewährten bedingten Nachsicht der (wegen Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB ausgesprochenen) Geldstrafe erkannt (die dazu bestimmte Probezeit von drei Jahren war zu AZ 9 U 359/92 des Bezirksgerichtes Innsbruck auf fünf Jahre verlängert worden). Mangels Vorliegens der Voraussetzungen für ein Absehen vom Widerruf war daher auch der auf § 494 a Abs 4 StPO gestützten Beschwerde des Angeklagten A***** nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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