OGH 16Ok4/95

OGH16Ok4/9526.2.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Kartellrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Birgit Langer als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Kommerzialräte Dr.Fidelis Bauer, Dkfm.Joachim Lamel, Hon.Prof.Dr.Walter Fremuth und Dr.Thomas Lachs in der Kartellrechtssache der Antragstellerin Ferdinand M***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Wolfgang Taussig und Dr.Arno Brauneis, Rechtsanwälte in Wien, wider die Antragsgegnerin H***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Heller, Löber, Bahn & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Festsetzung einer Rahmengebühr in einem Verfahren auf Feststellung gemäß § 8a KartG und Untersagung gemäß §§ 25 bzw 30 c KartG infolge des Rekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Stellvertreters des Vorsitzenden des Kartellgerichtes beim Oberlandesgericht Wien vom 28.Februar 1995, GZ 3 Kt 245/94-18, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und die Kartellrechtssache an das Oberlandesgericht Wien als Kartellgericht zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Beschlußfassung zurückverwiesen.

Text

Begründung

Die Antragstellerin brachte vor, die Antragsgegnerin untersage einem ihrer Vertragshändler, von dem sie, die Antragstellerin, mit Ersatzteilen beliefert wurde, die Weiterbelieferung. Deshalb begehrte sie einerseits die Feststellung nach § 8 a KartG, ob und inwiefern das von ihr behauptete Verhalten der Antragsgegnerin dem Kartellgesetz unterliege, und stellte andererseits Untersagungsanträge, und zwar betreffend die Durchführung eines Kartelles (§ 25 KartG), hilfsweise einer vertikalen Vertriebsbindung (§ 30 c KartG).

Mit Schriftsatz ON 14 zog die Antragstellerin all diese Anträge zurück.

Das Kartellgericht setzte hierauf die Rahmengebühr mit S 60.000 fest. Im Hinblick auf die Zurückziehung der Anträge sei von einem vollen Verfahrenserfolg der Antragsgegnerin auszugehen und demnach gemäß § 82 Z 3 (2. Fall) KartG der Antragstellerin die festzusetzende Rahmengebühr zur Gänze aufzuerlegen. Die Höhe der Rahmengebühr für ein Verfahren über einen Antrag gemäß § 8 a KartG sei zwischen S 5.000 und S 200.000 (§ 80 Z 10 b KartG) und für ein solches über einen Untersagungsantrag nach § 25 KartG zwischen S 10.000 und S 200.000 (§ 80 Z 3 KartG) festzusetzen. Unter Berücksichtigung der wirtschaftspolitischen Bedeutung des Verfahrens (die Antragsgegnerin sei Generalimporteur für Kraftfahrzeuge und Motorräder der Marke H***** mit ca. 50 Vertragshändlern, deren Vertriebsbindung den Gegenstand des Verfahrens bildete), des mit der Amtshandlung verbundenen Aufwandes (es sei letztlich auch der Paritätische Ausschuß für Kartellangelegenheiten mit der Erstattung eines Gutachtens betraut worden) und des Umstandes, daß der Antrag von der Zahlungspflichtigen ausgegangen sei, während andererseits Umstände nicht hervorgekommen seien, welche auf eine bedrängte wirtschaftliche Situation der Antragstellerin schließen ließen (§ 84 KartG), sei die Rahmengebühr in Höhe des Vierfachen der jeweiligen Untergrenze des gesetzlichen Gebührenrahmens, also mit S 20.000 für den Feststellungsantrag und mit S 40.000 für den Untersagungsantrag, insgesamt somit mit S 60.000 festzusetzen gewesen.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahingehend abzuändern, daß ihr keine, in eventu, nur eine Rahmengebühr von S 10.000 auferlegt werde; hilfsweise stellt sie auch einen Aufhebungsantrag.

Der Rekurs ist im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Soweit die Antragstellerin meint, ihr dürfte überhaupt keine Rahmengebühr auferlegt werden, weil ungeachtet ihrer Antragsrückziehung das Verfahren noch nicht abgeschlossen sei, da die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte in ihrem am 12.9.1994 eingelangten Schriftsatz auch beantragt habe, der H***** Gesellschaft mbH die Durchführung der vertikalen Vertriebsbindung zu untersagen, ist ihr zu entgegnen, daß das von ihr eingeleitete Verfahren, unabhängig, ob auf Antrag der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte über einen Teilbereich ein gleichartiges oder ähnliches Verfahren abzuführen ist, beendet, und daher die Rahmengebühr nach den §§ 80 ff KartG zu bestimmen ist.

Die Rahmengebühr fällt an, gleich auf welche Weise das Verfahren erledigt wird (Okt 1 bis 4/94), also auch bei Antragsrückziehung. Da die Antragstellerin infolge Antragsrückziehung als völlig unterlegen anzusehen ist, ist ihr gemäß § 82 Z 3 2. Fall KartG die Rahmengebühr zur Gänze aufzuerlegen; sie hatte keinerlei Verfahrenserfolg.

Bei der Berücksichtigung der Rahmengebühr sind gemäß § 84 KartG insbesondere die wirtschaftspolitische Bedeutung des Verfahrens, der mit der Amtshandlung verbundene Aufwand, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Zahlungspflichtigen und die Tatsache zu berücksichtigen, inwieweit der Zahlungspflichtige Anlaß für die Amtshandlung gegeben hat.

Diese Kriterien hat das Kartellgericht teilweise unzutreffend gewürdigt bzw die für die Beurteilung notwendigen Umstände nicht erhoben: Zwar hat die Antragstellerin unzweifelhaft Anlaß für die Amtshandlung gegeben, doch war der damit verbundene Aufwand gering. Es kam nur zu einer Stellungnahme der Antragsgegnerin und zwei Stellungnahmen der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte. Das Kartellgericht selbst traf nur verfahrensrechtliche Verfügungen; der Antrag wurde von der Antragstellerin, bereits bevor es zu Sitzungen des Paritätischen Ausschusses oder gar zur Erstattung eines Gutachtens kam, zurückgezogen, sodaß auch dieser Aufwand als noch sehr gering zu werten ist.

Die wirtschaftspolitische Bedeutung ist, was den Antrag der Antragstellerin anlangt, ebenfalls nicht als hoch anzusehen:

Schließlich wandte sich die Antragstellerin gegen die Vertriebsbindung der Antragsgegnerin mit ihren Vertragshändlern nicht allgemein, sondern nur im Zusammenhang mit dem angeblichen Verbot der Antragsgegnerin gegenüber einem einzigen Händler, die Antragstellerin weiterhin mit Ersatzteilen zu beliefern, sodaß auch der Antrag der Antragstellerin nur unter diesem eingeschränkten Gesichtspunkt zu überprüfen gewesen wäre, wenn sie ihn nicht zurückgezogen hättte.

Hinsichtlich der wirtschaftlichen Verhältnisse der zahlungspflichtigen Antragstellerin fehlen jegliche Erhebungen und Feststellungen; das Kartellgericht begnügte sich mit dem unzureichenden Hinweis, daß Umstände nicht hervorgekommen seien, welche auf eine bedrängte wirtschaftliche Situation der Antragstellerin schließen ließen. Dieser Hinweis ist insbesondere deshalb als nicht ausreichend anzusehen, weil aus dem Antrag der Antragstellerin doch deutlich zu entnehmen ist, daß sie selbst sich infolge des Lieferboykotts von Ersatzteilen und der damit für sie verbundenen eingeschränkten Reparaturmöglichkeit als in ihrer Erwerbstätigkeit eingeschränkt betrachtet.

Der angefochtene Beschluß ist daher aufzuheben und dem Kartellgericht aufzutragen, nach entsprechenden Erhebungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin unter Berücksichtigung der oben aufgezeigtenGesichtspunkte neuerlich zu entscheiden.

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