Spruch:
Der Antrag der klagenden Partei auf Delegierung der Sozialrechtssache an das Arbeits- und Sozialgericht Wien wird abgewiesen.
Text
Begründung
Der Kläger begründete seinen Delegierungsantrag damit, daß bereits im Jahr 1990 beim Arbeits- und Sozialgericht Wien ein Verfahren über seine auf Invaliditätspension gerichtete Klage anhängig gewesen sei und daß es zweckmäßig wäre, im vorliegenden Verfahren durch jene Sachverständige, die ihn 1990 untersucht hätten, Aktengutachten erstellen zu lassen.
Die beklagte Partei trat dem Delegierungsantrag entgegen; das im Jahr 1990 abgeschlossene Gerichtsverfahren sei für das vorliegende Verfahren ohne Belang.
Das angerufene, nach § 7 Abs 2 Z 4 ASGG zuständige Gericht erachtete die beantragte Delegierung dann nicht für sinnvoll, wenn eine Untersuchung des Klägers in Österreich durchzuführen sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.
Nach herrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung soll eine Delegierung nur den Ausnahmefall darstellen, und keinesfalls durch eine großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeiten eine faktische Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden. Wenn sich daher die Frage der Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zugunsten beider Parteien lösen läßt und eine Partei der Delegation widersprochen hat, ist die Delegation abzulehnen (Mayr in Rechberger ZPO Rz 4 zu § 31 JN mwN).
Im vorliegenden Fall sind keine ausreichenden Gründe gegeben, die für die Zweckmäßigkeit der beantragten Delegierung sprechen. Sollte eine persönliche Untersuchung des Klägers durch inländische Sachverständige erfolgen, würden die Zureisekosten des Klägers nach Wien höher sein als nach Graz. Sollte hingegen tatsächlich mit Aktengutachten das Auslangen gefunden werden, könnten solche Gutachten auch von Sachverständigen erstellt werden, die nicht im Vorverfahren tätig geworden sind. Der Zweck der durch die ASGGNov 1994 (BGBl 1994/624) geschaffenen Zuständigkeitsregelung des § 7 Abs 2 Z 4 ASGG war, vor allem im Interesse des Versicherten die Zufahrtswege und damit auch die Zureisekosten zu verkürzen bzw zu senken (1654 BlgNR 18 GP, 13). Da Delegierungen nur in Ausnahmefällen verfügt werden sollen, ist eine Delegierung nicht zweckmäßig, wenn nicht unbeeinflußbare Umstände, wie Wohnort der Parteien und Zeugen oder die Lage der Augenscheinsgegenstände, sondern der vom Auswahlwillen der Partei abhängige Kanzleisitz ihres Rechtsvertreters als Delegierungsgrund in einem Verfahren geltend gemacht wird, in dem nicht einmal die Notwendigkeit einer qualifizierten Vertretung besteht. Für die Zweckmäßigkeit einer Delegierung ist der Kanzleisitz des Parteienvertreters nach der Rechtsprechung daher grundsätzlich ohne Bedeutung (10 Nds 1/95).
Soweit der Kläger seinen Delegierungsantrag ergänzend auch auf § 31 a Abs 1 JN stützt, scheitert dieser Versuch schon an der mangelnden Zustimmung der beklagten Partei.
Der Antrag war daher abzuweisen.
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