OGH 7Ob549/95

OGH7Ob549/9521.2.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** regGenmbH, ***** vertreten durch Dr.Walter Kossarz, Rechtsanwalt in Krems, wider die beklagte Partei Anton S*****, zuletzt vertreten durch Dr.Richard Steger, Rechtsanwalt in St.Johann im Pongau, wegen S 87.609,14 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 10.Februar 1995, GZ 3 R 236/94-19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 6.Juni 1994, GZ 7 Cg 174/93m-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 5.706,-- (darin S 951,-- USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte übergab seinen bei Holzarbeiten im Gebiet von S***** verwendeten Traktor am 9.12.1991 der Klägerin in Reparatur, weil die Ölkontrollampe ständig aufleuchtete. Wie sich später herausstellte, lag eine Unterbrechung der Ölzufuhr zum Motorbereich sowie ein Pleuellager- und Kurbelwellenschaden vor. Diese Schäden sind auf Verschleißerscheinungen der Druckfeder des Motorreglerventils zurückzuführen. Unter der Voraussetzung, daß die Ölkontrollampe funktionierte, hätte der Benützer des Traktors den Schaden frühzeitig erkennen können. Nach Zerlegen des Motors in der Werkstätte und Hinweis durch Mitarbeiter der Klägerin, daß die Motorreparatur aufwendig sein werde - man müsse mit S 60.000,-- bis S 80.000,-- rechnen -, erteilte der Beklagte den Reparaturauftrag ohne vorherige Einholung eines Kostenvoranschlages. Er wolle das Fahrzeug wieder in einem 100 %igen Zustand hergestellt haben, auch andere reparaturbedürftige Teile sollten ausgewechselt werden. Eine derartige Reparatur dauert zumindestens drei Wochen. Die von der Klägerin dem Beklagten für die Reparatur verrechneten S 81.906,74 incl. USt sind angemessen. Der Zeitwert des Traktors zum Zeitpunkt der Reparatur war jedenfalls höher als die Reparaturrechnung. Dem Beklagten wurde bei der versuchten Abholung des Fahrzeuges am 7.1.1992 erklärt, daß das Fahrzeug nur gegen Barzahlung ausgefolgt werde. Der Beklagte war dazu nicht bereit, er behauptete ein Verschulden der Klägerin am Zustandekommen der Schäden und wollte darüberhinaus einen Einkommensverlust von S 33.000,-- vom Rechnungsbetrag in Abzug bringen. Es wurde vereinbart, daß der Beklagte die Angelegenheit am nächsten Tag mit dem Geschäftsführer der Klägerin persönlich bespreche. Der Beklagte fuhr jedoch am 8.1.1992 gegen den Willen der Klägerin mit dem im Hof abgestellten Traktor weg, ohne die Reparaturrechnung zu begleichen. Über Antrag der Klägerin erließ das Bezirksgericht K***** am 21.1.1992 eine einstweilige Verfügung, womit dem Beklagten verboten wurde, den Traktor mit Pfandrechten zu belasten oder ihn zu veräußern, weiters ihm aufgetragen wurde, den Traktor einem vom Gericht zu bestimmenden Verwahrer zu übergeben, ... und letztlich die Hemmung der Vollziehung angeordnet wurde, wenn der Beklagte einen Geldbetrag von S 87.700,-- hinterlegt. Die Verwahrung des Traktors wurde am 24.1.1992 vollzogen. Der Beklagte überwies S 87.700,-- am 18.2.1992. Der Vollzug der einstweiligen Verfügung wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes K***** vom 25.2.1992 aufgehoben und mit Beschluß vom 5.3.1992 dem Verwahrer die Ausfolgung des Traktors an den Beklagten aufgetragen.

Über Rekurs des Beklagten hat das Kreisgericht K***** mit Beschluß vom 23.11.1992 den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung mit der Begründung abgewiesen, daß das von der Klägerin geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht nur zur Herausgabeverweigerung berechtige; erlange dagegen der Eigentümer die Sache wieder, gehe das Zurückbehaltungsrecht an der Sache verloren. Der Zurückbehaltungsberechtigte genieße zwar possessorischen, nicht aber petitorischen Schutz. Der gegen diese Entscheidung von der Klägerin erhobene außerordentliche Revisionsrekurrs wurde vom erkennenden Senat mit Beschluß vom 31.3.1993 zurückgewiesen. Die Klage selbst wurde in der Folge wegen örtlicher Unzuständigkeit zurückgewiesen.

Die Klägerin begehrte vom Beklagten die Bezahlung von S 87.906,14 an Reparaturkosten.

Der Beklagte beantragte die Klagsabweisung und wendete ein, daß die an seinem Traktor eingetretenen Schäden auf eine unsachgemäße Vorgangsweise der Mechaniker der Klägerin zurückzuführen seien. Zufolgedessen sei ihm der Traktor in der Zeit vom 9. bis 24.12.1991 nicht für seine Holzarbeiten zur Verfügung gestanden, wodurch er eine Einkommenseinbuße von S 33.000,-- erlitten habe. Durch die rechtswidrig von der Klägerin bewirkte einstweilige Verfügung seien ihm Aufträge verlorengegangen, sodaß ihm ein Verdienstentgang von S 142.500,-- entstanden sei; er mache diese Beträge gegenüber der Klagsforderung aufrechnungsweise geltend.

Hierauf erwiderte die Klägerin, daß diese Ansprüche gemäß § 394 EO gesondert bei dem Gericht, das die einstweilige Verfügung erlassen habe, geltend zu machen seien.

Das Erstgericht stellte das Zurechtbestehen der Klagsforderung mit S 81.906,74 sA und das Nichtzurechtbestehen der eingewendeten Gegenforderungen fest; es gab dem Klagebegehren mit S 81.906,74 statt und wies das darüber hinausgehende Mehrbegehren von S 5.701,40 sA (rechtskräftig) ab. Es folgerte rechtlich, daß der Beklagte zur Bezahlung der angemessenen Reparaturkosten aufgrund des von ihm erteilten Auftrages verpflichtet sei. Der vom Beklagten behauptete Verdienstentgang während der Reparaturdauer sei von der Klägerin, die die Reparatur in angemessener Zeit durchgeführt habe, nicht verschuldet worden. Soweit der Beklagte Ansprüche aus Verdienstentgang für die Zeit geltend mache, in welcher ihm der Traktor aufgrund der einstweiligen Verfügung entzogen gewesen sei, sei hiefür der Rechtsweg ausgeschlossen und somit auch eine Aufrechnung im gegenständlichen Verfahren nicht möglich. Vielmehr sei gemäß § 394 EO die Entscheidung von dem Gericht zu treffen, das die einstweilige Verfügung erlassen habe.

Das Berufungsgericht bestätigte mit der angefochtenen Entscheidung dieses Urteil mit der Maßgabe, daß es aussprach, daß neben der zu Recht bestehenden Klagsforderung die eingewendete Gegenforderung von

S 33.000,-- nicht zu Recht bestehe und daß die Aufrechnungseinrede hinsichtlich weiterer Gegenforderungen über insgesamt S 142.500,-- zurückgewiesen werde. Es erklärte die Revision für zulässig. Der Ersatzanspruch des Beklagten gegen die Klägerin nach § 394 Abs.1

2. Fall EO wegen der ungerechtfertigt erlassenen einstweiligen Verfügung könne nur von dem Gericht, das die einstweilige Verfügung erlassen habe, bestimmt und auferlegt werden. Da sohin für diesen Anspruch der streitige Rechtsweg ausgeschlossen sei, komme eine Aufrechnung mit der klagsgegenständlichen Reparaturforderung nicht in Frage.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung vom Beklagten erhobene Revision ist nicht berechtigt.

Im Revisionsverfahren ist nur mehr die Frage des Bestandes der einredeweise geltend gemachten (weiteren) Gegenforderung über S 142.500,-- aus dem Titel des Schadenersatzes, weil dem Beklagten durch eine von der Klägerin erwirkte einstweilige Verfügung ein Verdienstentgang in dieser Höhe erwachsen sei, relevant.

Die Aufrechnungseinrede ist der Sachantrag der beklagten Partei, mit dem die Entscheidung durch Urteil begehrt wird, daß die Klagsforderung durch Aufrechnung mit einer Gegenforderung ganz oder teilweise erloschen und das Klagebegehren deshalb abzuweisen ist (vgl. SZ 63/201 sowie Kodek in Rechberger ZPO § 391 Rz 10 ff).

Der erkennende Senat sieht sich nicht veranlaßt, von der Rechtsansicht der Entscheidung 1 Ob 500/56 (= JBl 1957, 564) abzugehen. Gemäß § 394 EO ist zur Entscheidung über Ersatzleistungen aufgrund einer ungerechtfertigten einstweiligen Verfügung gegen die gefährdete Partei zugunsten des Gegners der gefährdeten Partei das Sicherungsgericht zuständig. Dieses Gericht hat in einem formlosen Verfahren mit Beschluß über den Ersatz der durch die einstweilige Verfügung verursachten Vermögensnachteile zu entscheiden. Der Rechtsweg vor dem ordentlichen Prozeßgericht ist ausgeschlossen. Schon vom Standpunkt der Prozeßökonomie ist es nicht vertretbar, voneinander verschiedene Gerichte mit derselben Sache zu befassen. § 394 EO sieht auch die Verweisung einer Partei auf den Rechtsweg wegen streitiger Tatumstände wie etwa in den §§ 128 Abs.2, 231 Abs.1 EO nicht vor. Das Sicherungsgericht vermag vielmehr in seinem selbständigen Verfahren eigener Art ohneweiteres den Sachverhalt festzustellen (vgl. EvBl 1951/425 mwN). Ist die einstweilige Verfügung die Ursache eines Schadens, dann ist dieser Schaden dem Sicherungsgegner zu ersetzen, wenn er ohne die einstweilige Verfügung nicht entstanden wäre. Die Ersatzpflicht des § 394 EO ist gänzlich unabhängig von der Frage, ob den Sicherungswerber hinsichtlich der Erwirkung der Sicherung irgendeine Schuld trifft. Der Vollzug ist auf Gefahr der gefährdeten Partei vorzunehmen; sie trägt die Erfolgshaftung für die Vermögensnachteile ihres Gegners aus dem Vollzug der einstweiligen Verfügung, wenn diese sich nachträglich als ungerechtfertigt verlangt erweist, oder wenn sie zwar mit Recht verlangt, aber nicht gerechtfertigt wird. Das Vollzugsgericht hat, sobald dieser Mißerfolg der gefährdeten Partei feststeht, auf Antrag ihres Gegners den Ersatz und seine Höhe ohne Zulassung eines Erkenntnisverfahrens mit einem, nach Rechtskraft vollstreckbaren Beschluß zu bestimmen.

Die Revisionsbehauptung, die über Antrag der Klägerin erlassene einstweilige Verfügung sei letztlich wegen Zurückweisung der Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit des angerufenen Bezirksgerichtes K***** aufgehoben worden, entspricht nicht der Aktenlage, weil vor dem Klagszurückweisungsbeschluß das Rechtsmittelgericht zutreffend erkannt hat, daß der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch nicht mit EV besicherbar ist. Für die vom Beklagten wegen der zu Unrecht erlassenen EV geltend gemachten Ersatzansprüche wäre ihm daher nur der Verfahrensweg nach § 394 EO offen gestanden.

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes liegt Unzulässigkeit des (streitigen) Rechtsweges vor, wenn ein Anspruch mit Klage geltend gemacht wird, der im Verfahren nach der Exekutionsordnung durchzuführen ist. Auf Feststellung der Gegenforderung bis zur Höhe der Klagsforderung geht die Einrede nur, wenn für die Gegenforderung sonst der Rechtsweg offenstünde und wenn über diese Gegenforderung nicht schon rechtskräftig entschieden ist (JBl 1957, 564).

Von dieser Rechtsansicht ist der Oberste Gerichtshof entgegen der Auffassung des Revisionswerbers auch nicht in den ganz andere Fallkonstellationen behandelnden Entscheidungen SZ 55/55 = EvBl 1982/152 und SZ 63/201 abgegangen. Der Revisionswerber kann sich auch für seine Rechtsmeinung nicht auf die Lehrmeinungen Holzhammers, Erkenntnisverfahren2, 222, Reiterer, Aufrechnung, 78 ff und Rummel in Rummel ABGB2 § 1438 Rz 26 ff berufen, die seinen Standpunkt in der von ihm gewünschten Form ebenfalls nicht teilen.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Stichworte