OGH 7Ob607/95

OGH7Ob607/9521.2.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Georg L*****, und 2. Maria L*****, ***** beide vertreten durch Dr.Herbert Pflanzl ua Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Andreas L*****, vertreten durch Dr.Reinhard Bruzek und Dr.Heinz Ager, Rechtsanwälte in Elsbethen, wegen Beseitigung und Wiederherstellung, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht vom 8.Mai 1995, GZ 54 R 30/95-11, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 10.Jänner 1995, GZ 14 C 1207/94-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Kläger sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** mit dem Grundstück ***** Baufläche und dem darauf errichteten Haus *****. Der Beklagte, der Bruder des Erstklägers, war Eigentümer der benachbarten Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** mit dem Grundstück ***** samt dem darauf befindlichen Haus *****. Der Beklagte hat die Liegenschaft im Juni 1993 verkauft. Bei Errichtung der beiden benachbarten Häuser wurden die jeweils zu den Häusern gehörenden Öltanks nebeneinander im Erdreich eingebaut.

Die Kläger begehrten, den Beklagten schuldig zu erkennen, binnen 14 Tagen den auf ihrem Grundstück an der Grundgrenze zum Nachbargrundstück eingegrabenen Öltank samt Zuleitungen, mit welchem das Nachbargrundstück versorgt wird, auf seine Kosten zu entfernen und den früheren Zustand wiederherzustellen, indem der Beklagte die Fläche, auf der sich der Öltank befindet, auf seine Kosten einebnet und mit Humus versieht. Die Kläger brachten im wesentlichen vor:

Der zum Nachbarhaus gehörende Öltank sei auf Ersuchen des Beklagten aus Kostengründen im Garten der Kläger direkt an der Grundgrenze vergraben worden. Die Kläger hätten hiezu nur unter der Bedingung zugestimmt, daß Sicherheit dafür gegeben sei, daß der Tank entfernt werde, wenn der Beklagte sein Haus einmal nicht mehr haben, das heißt an dritte Personen verkaufen sollte. Der Beklagte habe immer wieder versichert, daß er sein Haus nicht verkaufen werde, worauf die Kläger geantwortet hätten, daß eben der Tank auf ihrem Grundstück solange bleiben könne, solange der Beklagte das Haus selbst besitze bzw das Haus in seinem Eigentum stehe. Der Beklagte sei ausdrücklich damit einverstanden gewesen, daß das Recht auf Nutzung des Grundstückes der Kläger nur solange bestehe, solange er selbst Eigentümer des Nachbarhauses sei. Damit sei konkludent auch vereinbart worden, daß der Beklagte den Öltank im Falle eines Verkaufes des Hauses entfernen werde. Das Recht zur Nutzung ihres Grundstückes (Dienstbarkeit, Servitut) sei durch den Eintritt der auflösenden Bedingung aufgehoben worden, daß der Beklagte die Liegenschaft verkauft habe. Die Kläger würden in ihrem Eigentum gestört, weil der Eigentümer des Nachbargrundstückes gezwungen sei, ihr Grundstück zwecks Nachfüllung, Wartung und Reinigung des Öltanks zu betreten. Der Beklagte habe den Käufer über die zeitliche Befristung des Nutzungsrechtes nicht aufgeklärt.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete im wesentlichen ein:

Die Öltanks befänden sich unter der gemeinsamen Grenze der Grundstücke und damit etwa je zur Hälfte auf den beiden Grundstücken. Die behauptete Vereinbarung, daß der Öltank nur solange dort bleiben dürfe, als der Beklagte Eigentümer des Nachbargrundstückes der Kläger sei, sei nicht getroffen worden. Damit wäre der Beklagte nicht einverstanden gewesen. Der Öltank stelle ein Zubehör zum verkauften Haus dar. Es sei eine Dienstbarkeit begründet worden. Da der Beklagte nicht mehr Eigentümer des Grundstückes sei, würde er sich durch die Entfernung der Versorgungseinrichtung des Hauses einer Besitzstörung schuldig machen und in fremdes Eigentum eingreifen. Der Beklagte sei daher nicht passiv legitimiert. Es liege Unmöglichkeit der begehrten Leistung vor.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ohne Beweisaufnahme ab. Es ergebe sich bereits aus dem Vorbringen der klagenden Partei, daß der Beseitigungsanspruch nicht mehr gegen den Beklagten, sondern nur gegen den nunmehrigen Eigentümer der Nachbarliegenschaft und damit des zu dieser Liegenschaft gehörenden Öltanks geltend gemacht werden könne, selbst wenn die Berechtigung zur Belassung des Öltanks mit der Veräußerung der Nachbarliegenschaft erloschen sei.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Es teilte die Auffassung des Erstgerichtes, daß mit der Eigentumsübertragung an der Liegenschaft auch die Verfügungsberechtigung des Beklagten am Öltank als Zubehör der Liegenschaft auf den neuen Eigentümer übergegangen sei und der Beklagte nun nicht mehr legitimiert sei, den von ihm verlangten Eingriff vorzunehmen. Die ursprünglich den Klägern zugesicherte Leistung des Beklagten sei daher nachträglich rechtlich unmöglich bzw unerlaubt geworden. Zu einer unerlaubten Leistung dürfe jedoch nicht verurteilt werden. Bei dem Recht, einen Öltank auf fremdem Grund zu belassen, handle es sich um eine Grunddienstbarkeit nach § 479 ABGB, die hier nach den Klagsbehauptungen zeitlich beschränkt sei. Auch bei Beurteilung der Klage als actio negatoria wäre nur derjenige passiv legitimiert, der im Zeitpunkt der Klagseinbringung Eigentümer der herrschenden Liegenschaft sei. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil das Klagebegehren sowohl auf eine behauptete Dienstbarkeit als auch auf eine obligatorische Verpflichtung abstelle und zu einer derartigen Problematik keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege. Es gebe auch keine aktuelle Rechtsprechung zur Frage der zeitlich beschränkten Dienstbarkeit.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil die Entscheidungen der Vorinstanzen von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweichen. Sie ist auch im Sinn einer Aufhebung dieser Entscheidungen berechtigt.

Nach den Klagsbehauptungen hat sich der Beklagte zur Entfernung des Öltanks vom Grundstück der Kläger im Fall des Verkaufes seines Hauses verpflichtet. Allein der Umstand, daß er nun nicht mehr Eigentümer des Öltanks ist - wie in der Revision zugestanden wird - , rechtfertigt nicht die Abweisung des Klagebegehrens. Nach nunmehr überwiegender Lehre und Rechtsprechung kann eine Verurteilung zur Leistung selbst im Fall der nachträglichen selbstverschuldeten subjektiven Leistungsunmöglichkeit nicht mehr erfolgen, wenn sich der Dritte endgültig weigert, die für die ordnungsgemäße Erfüllung erforderlichen Mitwirkungshandlungen vorzunehmen. Eine Verurteilung zur Leistung setzt eine ernstzunehmende, irgendwie ins Gewicht fallende Chance voraus, daß die Leistung erbracht werden kann. Steht nach der Beurteilung des Verkehrs praktisch mit Sicherheit fest, daß die geschuldete Leistung auch in Zukunft nicht wird erbracht werden können, so kann der Gläubiger nicht auf dem Erfüllungsanspruch bestehen. Besteht jedoch kein Grund zur Annahme, daß es dem Beklagten unmöglich wäre, die Mitwirkung des Dritten an der geschuldeten Leistung zu erreichen, steht einem stattgebenden Urteil nichts entgegen (EvBl 1989/17 mwN; Reischauer in Rummel2 I Rz 10 zu § 920

ABGB).

Der Beklagte hat bislang nicht einmal behauptet, daß der nunmehrige Eigentümer des Öltanks einer Entfernung durch den Beklagten nicht zustimmen werde. Mit einer Verweigerung der Zustimmung ist auch nicht von vorneherein zu rechnen. Ausgehend vom Klagsvorbringen liegt vielmehr das Interesse des neuen Eigentümers auf der Hand, daß der Beklagte auf seine Kosten für die Entfernung des Öltanks vom fremden Grund sorgt, weil ansonsten dem neuen Eigentümer diese Verpflichtung droht. Denn es kann - im Gegensatz zu der vom Beklagten in der Revisionsbeantwortung vertretenen Ansicht - nach dem bisherigen Prozeßvorbringen der Kläger keine Rede davon sein, daß zugunsten der ehemaligen Liegenschaft des Beklagten eine unbefristete und unbedingte Grunddienstbarkeit begründet worden sei, die aufgrund ihrer Offenkundigkeit (auch ohne Verbücherung) auf den Rechtsnachfolger des Beklagten übergegangen sei. Selbst wenn die Absicht der Parteien auf die Begründung einer Dienstbarkeit gerichtet gewesen sein sollte, war diese nach dem Vorbringen der Kläger doch der Person des Beklagten allein eingeräumt (unregelmäßige Dienstbarkeit - § 479 ABGB), die vereinbarungsgemäß durch die Veräußerung der herrschenden Liegenschaft (nicht erst mit dem Tod des Berechtigten - vgl Petrasch in Rummel2 I Rz 1 zu § 529 ABGB) zum Erlöschen kam. Die Kläger könnten daher gegen den nunmehrigen Eigentümer mit einer Klage nach § 523 ABGB vorgehen, sollte sich dieser eine entsprechende Servitut anmaßen.

Da nach den Klagsbehauptungen das Recht des Beklagten, den Öltank auf der Liegenschaft der Kläger zu belassen, mit dem Wechsel des Eigentums am Nachbarhaus erloschen ist, wäre das gegen den Beklagten gerichtete Entfernungs- und Wiederherstellungsbegehren auch dann schlüssig, wenn sich der Beklagte nicht zur persönlichen Entfernung des Öltanks verpflichtet hätte. Gemäß § 523 zweiter Fall ABGB kann sich der Eigentümer einer Liegenschaft gegen die Anmaßung einer Servitut beschweren und muß diesfalls die Anmaßung der Servitut behaupten. Nach herrschender Auffassung ist die Klage nach § 523 ABGB ein Anwendungsfall der Eigentumsklage, die sich trotz des engen Wortlautes des Gesetzes gegen jeden unberechtigten Eingriff in das Eigentum richtet, mag der Eingreifende irgendein Recht hiezu behaupten oder nicht. Das Begehren geht je nach der Art und den Folgen des Eingriffes auf Wiederherstellung des vorigen Zustandes und/oder Unterlassung künftiger gleichartiger Eingriffe. Die Eigentumsfreiheitsklage steht grundsätzlich gegen den zu, der unbefugt in das Eigentum eingegriffen hat, also gegen den Störer oder gegen den, der die Störung zu verantworten hat, etwa weil er es unterläßt, die von seinem Grund ausgehende Störung zu verhindern, obwohl er Einfluß nehmen könnte. Dies gilt nicht nur für das Begehren auf Unterlassung, sondern grundsätzlich auch für das Wiederherstellungsbegehren. Wird die Eigentumsfreiheitsklage auf Wiederherstellung des vorherigen Zustandes gerichtet, weil der Eingriff zu einer dauernden Störung führte, so kann der Eigentümer für die von seinem Grund ausgehende Störung verantwortlich gemacht werden, wenn er die von einem anderen errichteten störenden Anlagen aufrecht erhält. Der Störer bleibt aber daneben jedenfalls dann verantwortlich, wenn er nicht darzutun vermag, daß er (hier: infolge des eingetretenen Eigentümerwechsels) auf die Wiederherstellung des früheren Zustandes weder durch mögliche eigene Vorkehrungen noch durch Einwirkung auf die Willensbildung des Eigentümers, der die störenden Anlagen kraft eigenen Willensentschlusses aufrechterhält, Einfluß nehmen kann, vom Störer also Abhilfe nicht (mehr) zu erwarten ist. Diesbezügliche Zweifel gehen zu Lasten des Störers (4 Ob 529/83 = MietSlg 35.153 mwN). Daß vom Beklagten keine Abhilfe zu erwarten wäre, wurde, wie bereits ausgeführt, hier weder behauptet, noch ist dies nach den Umständen anzunehmen.

Es werden daher im fortgesetzten Verfahren die wesentlichen Prozeßbehauptungen der Parteien, soweit sie strittig sind, durch ein entsprechendes Beweisverfahren zu überprüfen und insbesondere Feststellungen zu treffen sein, ob die von den Klägern behauptete Vereinbarung bezüglich der Situierung und Belassung des das (ehemalige) Haus des Beklagten versorgenden Öltanks getroffen wurde.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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