OGH 15Os6/96

OGH15Os6/9615.2.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.Februar 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Mayrhofer und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Mänhardt als Schriftführer, in der Strafsache gegen Wolfgang Erwin H***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der Geldfälschung nach § 232 Abs 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Dokica C***** und Predrag N***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 7.März 1995, GZ 41 Vr 921/94-205, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen beiden Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch andere Entscheidungen enthält, wurden Dokica C***** und Predrag N***** des Verbrechens der Geldfälschung nach § 232 Abs 2 StGB (A/I); Dokica C***** auch des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (C) schuldig erkannt.

Danach haben

A/I. Dokica C***** und Predrag N***** nachgemachtes Geld mit dem Vorsatz übernommen, es als echt und unverfälscht in Verkehr zu bringen, indem sie im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit Dejan S***** im März 1994 in Salzburg oder andernorts von unbekannt gebliebenen Mittelsmännern oder an der Fälschung Beteiligten im Einverständnis mit ihnen mindestens 128 Stück 100 DM-Falsifikate übernommen und in Verwirklichung dieses Vorsatzes einen Teil dieses Falschgeldes an Dusko M*****, Rade J*****, Bojan E***** und Wolfgang H***** weitergegeben haben;

C. Dokica C***** (und Dejan S*****) Ende März 1994 den Rade J*****, den Dusko M***** und den Wolfgang H***** durch die Äußerung, daß "ein jeder von ihnen um einen Kopf kürzer gemacht werden würde, falls er nur ein Wort über diese Falschgeldgeschäfte sagen sollte", wobei sie hinzufügten, daß "sie sich diesbezüglich die Finger nicht schmutzig machen würden, sondern daß dies andere für sie besorgen würden", also durch Drohung zumindest mit einer Körperverletzung, zu einer Handlung, nämlich zur Abstandnahme von wahrheitsgemäßen Angaben in diesem Strafverfahren zu nötigen versucht.

Rechtliche Beurteilung

Beide Angeklagte bekämpfen diese Schuldsprüche mit getrennt ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden, die der Angeklagte Dokica C***** auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO stützt, während Predrag N***** die Gründe der Z 5, 5 a, 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO releviert; beide indes zu Unrecht.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten

Dokica C*****:

Der in der Mängelrüge (Z 5) erhobene Vorwurf, die erstgerichtlichen Feststellungen zum Schuldspruch wegen Geldwäscherei (A/I) seien unzureichend begründet, weil das Erstgericht die leugnende Verantwortung des Angeklagten C***** lediglich unter Verweis auf belastende Angaben der Mitangeklagten Dusko M*****, Rade J***** und Wolfgang H***** für widerlegt erachtet habe, geht fehl. Der Beschwerdeargumentation ist zu erwidern, daß keine oder eine offenbar unzureichende Begründung nur dann vorliegt, wenn für den Ausspruch über entscheidende Tatsachen entweder überhaupt keine oder nur solche Gründe (Scheingründe) angegeben sind, aus denen sich nach den Denkgesetzen und der Lebenserfahrung ein Schluß auf die zu begründende Tatsache entweder überhaupt nicht ziehen läßt oder der logische Zusammenhang kaum noch erkennbar ist. Das Erstgericht hat aber in der Urteilsbegründung (US 18 f) nicht nur unreflektiert auf die Aussagen des Dusko M*****, des Rade J*****, des Wolfgang H***** und des Dejan S***** verwiesen, sondern auch unter Hinweis auf die massive Belastung der Angeklagten C***** und N***** durch die Genannten und Erörterung von Ergebnissen der Gegenüberstellungen dargelegt, warum es die belastenden Angaben der Mitangeklagten als glaubwürdig beurteilte und ist damit seiner Begründungspflicht ausreichend nachgekommen, wobei es im Interesse einer gedrängten Darstellung (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht gehalten war, gleichartige Erwägungen in Ansehung mehrerer Aussagen jeweils zu wiederholen.

Im übrigen verkennt der Beschwerdeführer mit seinem weiteren Vorbringen zum genannten Nichtigkeitsgrund das Wesen der freien Beweiswürdigung im Sinn des § 258 Abs 2 StPO, welche die Tatrichter nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, Beweisergebnisse im Zusammenhang zu würdigen, durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen zu ergänzen und ihre Überzeugung frei von jeder Beweisregel auf denkrichtige Schlüsse zu stützen (Mayerhofer-Rieder StPO3 § 258 E 26 und 30). Somit liegt der relevierte Nichtigkeitsgrund nur dann vor, wenn aus den vom Gericht ermittelten Prämissen nach den Denkgesetzen die von ihm gezogenen Schlußfolgerungen überhaupt nicht abgeleitet werden können, das Urteil sohin mit logischen Fehlern behaftet ist. Wenn demnach auch andere als die vom Gericht abgeleiteten, für den Angeklagten günstigere Schlußfolgerungen möglich waren und sich das Gericht für die dem Angeklagten ungünstigeren entschied, hat es einen Akt der freien Beweiswürdigung gesetzt, der mit Mängelrüge nicht bekämpft werden kann, sofern die Annahme des Gerichtes keine willkürliche ist (Mayerhofer-Rieder aaO § 281 Z 5 E 147).

Eine unzureichende Begründung in diesem Sinn vermag der Beschwerdeführer jedoch in keinem Fall aufzuzeigen. Soweit die Beschwerde Urteilsunvollständigkeit zum Schuldspruch wegen des Vergehens der versuchten Nötigung (C) behauptet, weil sich das Erstgericht nicht mit Widersprüchen in der Aussage des Mitangeklagten Rade J***** in der Hauptverhandlung, er sei "um einen Kopf kürzer gemacht worden", auseinandergesetzt worden, vermag sie einen Begründungsmangel in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes ebenfalls nicht aufzuzeigen. Die vermeintlichen Widersprüche in der Aussage des Rade J***** liegen nämlich nicht vor. Denn seine (in serbokroatischer Sprache gemachte) Aussage über die drohende Äußerung wurde einmal mit "dann geht es um eure Köpfe", sodann mit "um einen Kopf kürzer gemacht" (65/III) und danach mit sodann mit "euer Kopf weg" (67/III) übersetzt und J***** gab über Vorhalt des behaupteten unterschiedlichen Aussageinhaltes an, "für mich ist das das gleiche" (65/III); hiezu erklärte die Dolmetscherin, daß sie die (wörtliche) Äußerung "geht euer Kopf weg" einmal mit dem der deutschen Sprache adäquateren Ausdruck "mache euch um einen Kopf kürzer" übersetzt habe. Daraus geht hervor, daß überhaupt kein Widerspruch vorlag, wie denn auch ohnedies erkennbar ist, daß sich am drohenden Bedeutungsinhalt der Äußerung durch die Übersetzungsvarianten nicht das geringste ändert.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten

Predrag N*****:

Mit der in der Mängelrüge (Z 5) unter dem Gesichtspunkt der Unvollständigkeit bzw unzureichenden Begründung erhobenen Behauptung, das Erstgericht habe einzelne Aussagen der Mitangeklagten Dusko M*****, Rade J***** und Wolfgang H***** in der Hauptverhandlung, insbesondere aber deren Angaben zur Größe des Angeklagten und der Farbe des von ihm gefahrenen PKWs nicht gewürdigt, wird ebenfalls ein formaler Begründungsmangel in Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes dargetan, sondern - unter isolierter Betrachtung einzelner Aussagepassagen und im Bestreben, durch deren Umdeutung für den Angeklagten eine günstigere Lösung der Beweisfrage herbeizuführen - (unzulässig) versucht, die tatrichterliche Beweiswürdigung zu bekämpfen. Im übrigen genügt hier hiezu der neuerliche Verweis auf die Verpflichtung des Erstgericht zur gedrängten Darstellung der Urteilsgründe nach § 270 Abs 2 Z 5 StPO, wonach die Tatrichter nicht zur Erörterung von Details (der Verantwortung der Mitangeklagten) verhalten waren, die nicht die erstrichterliche Entscheidungsgrundlage in ihrer Gesamtheit zum Gegenstand haben. Unter diesem Aspekt versagt auch letztlich der Einwand des Beschwerdeführers, der "wesentliche Umstand der Kontakte zu einem Geldfälscher oder zu dessen Mittelsmännern sei begründungsmäßig unerörtert geblieben", hat doch das Erstgericht diese Feststellung mängelfrei aus den Angaben der bereits erwähnten Mitangeklagten abgeleitet (US 18 ff). Weiters haben nach dem Wortlaut des § 281 Abs 1 Z 5 StPO - dem Gesetz entsprechend - die Beschwerdeausführungen zum eben bezeichneten Nichtigkeitsgrund lediglich auf entscheidende Tatsachen abzustellen, wobei entscheidende Tatsachen jene sind, die entweder auf die Unterstellung der Tat unter das Strafgesetz oder die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes Einfluß haben (EvBl 1992/17; EvBl 1980/57 uva). Die Frage aber, ob über einen von Italien aus agierenden Geldfälscherring bislang nähere Erkenntnisse vorliegen, stellt sich im Hinblick auf die in organisierter und in arbeitsteiliger Weise abgewickelten Falschgeldgeschäfte des Beschwerdeführers als nicht entscheidungswesentlich im oben genannten Sinn dar, wobei insbesondere nicht entscheidend ist, von wo aus der Geldfälscherring agierte; daß ein solcher agierte, ergibt sich aus den sicherheitsbehördlichen Erhebungen, wonach an verschiedenen Orten Österreichs völlig gleichartige Falsifikate (Indikativ 11 A 241) sichergestellt wurden (83 ff/II, 159 ff/II). Eine Nichtigkeit im Sinn des oben Gesagten liegt somit nicht vor.

Auch die Tatsachenrüge (Z 5 a) versagt. Der Angeklagte N***** unternimmt nämlich darin - teilweise unter Wiederholung der Argumentation der Mängelrüge - nichts anderes, als nach Art einer unzulässigen Schuldberufung den die Tathandlungen des Angeklagten mit Bestimmtheit darstellenden Angaben der Mitangeklagten M*****, J***** und H***** die Glaubwürdigkeit abzusprechen und damit seiner leugnenden Verantwortung zum Durchbruch zu verhelfen, wobei er zusätzlich die weiteren plausiblen Erwägungen des Schöffengerichtes übergeht (US 20), aus welchen Gründen es das - den Angeklagten N***** massiv belastende - Geständnis des Mitangeklagten Rade J***** in der Hauptverhandlung (440/II, 55/III) für glaubwürdig beurteilt hat. Auch mit dem Hinweis auf die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers im Gegensatz zum getrübten Vorleben der ihn belastenden Mitangeklagten unternimmt er erneut nur den im schöffengerichtlichen Rechtsmittelverfahren auch im Rahmen der Tatsachenrüge unzulässigen Versuch (Mayerhofer-Rieder aaO § 281 Z 5 a E 4) die Beweiswürdigung der Tatrichter in Zweifel zu ziehen, ohne schwerwiegende, unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung zustandegekommene Mängel in der Sachverhaltsermittlung aufzuzeigen oder auf aktenkundige Beweisergebnisse hinzuweisen, die gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der Beweiswürdigung in entscheidungswesentlichen Punkten aufkommen lassen.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) gelangt nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung, weil sie sich nicht - wie bei Rechtsrügen geboten - am gesamten Urteilssachverhalt orientiert. Soweit sie Feststellungen über ein Einverständnis mit den Fälschern oder Mittelsmännern als fehlend rügt, übergeht sie die Urteilskonstatierung des Anknüpfens von Kontakten zu dem Geldfälscherring und der (einverständlichen) Übernahme von Falsifikaten (US 13). Gleiches gilt für das Vorbringen, die "zumindest erforderliche" Vorsatzform des dolus eventuals bedürfte sowohl hinsichtlich der Wissens- als auch der Willenskomponente entsprechender Feststellungen im Urteil, denn insoweit übergeht sie die Konstatierungen des Erstgerichtes auf US 13 ("da Dejan S*****, Dokica C***** und Predrag N***** zuletzt ohne Einkommen waren und S***** und N***** erhebliche Bankschulden hatten, beschlossen sie, durch Falschgeldgeschäfte Geld zu verdienen, ... die Angeklagten S*****, C***** und N***** wollten also in organisierter und arbeitsteiliger Weise diese Falschgeldgeschäfte abwickeln, um damit ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. In Umsetzung ihres Vorhabens bauten sie auch ein entsprechendes Verteilernetz auf ...), aus denen sich das Wissen und das Wollen um die Verwirklichung des Deliktes in bezug auf den verpönten Erfolg eindeutig ergibt.

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher nach § 285 d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Über die Berufungen wird der hiefür gemäß § 285 i StPO zuständige Gerichtshof zweiter Instanz zu befinden haben.

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