Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Am 21. Mai 1992 verschuldete die Erstbeklagte als Lenkerin und Halterin des im Unfallszeitpunkt bei der zweitbeklagten Partei haftpflichtversicherten PKW's im Ortsgebiet von N***** einen Verkehrsunfall, bei dem der von der Klägerin gelenkte PKW BMW 316i beschädigt wurde.
Die Klägerin begehrt den Ersatz des Reparaturaufwandes von S 56.707,20 sowie merkantile Wertminderung von S 15.000,--. Das Fahrzeug sei trotz Fremdfinanzierung in ihrem Eigentum gestanden, weshalb sie zur Geltendmachung des Schadens legitimiert sei. Ergänzend wurde vorgebracht, der beim Unfall beschädigte PKW sei von der Leasinggeberin an einen Autohändler verkauft worden. Dieser habe die Forderung der Klägerin zum Inkasso zediert.
Die beklagten Parteien beantragte - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutun - die Abweisung der Klage. Die Klägerin sei nicht klagslegitimiert, weil Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges die M***** AG als Leasinggeberin gewesen sei, der die zweitbeklagte Partei die Reparaturkosten ersetzt habe. Der Wertminderunganspruch stehe ebenfalls nur der Leasinggeberin zu. Eine Abtretung der Ansprüche von der Leasinggeberin an den Autohändler sei nicht erfolgt; dieser habe daher keine Ansprüche der Klägerin zedieren können. Sowohl die Leasinggeberin als auch der Autohändler seien vorsteuerabzugsberechtigt. Die auf die Reparaturkosen entfallende Vorsteuer könne in diesem Verfahren nicht geltend gemacht werden.
Das Erstgericht gab der Klage mit einem Teilbetrag von S 62.007,20 s. A. statt und wies das Mehrbegehren von S 9.700,-- s. A. ab.
Es ging von nachstehenden wesentlichen Feststellungen aus:
Die Klägerin war Zulassungsbesitzerin des beim Unfall beschädigten Fahrzeuges. Sie hatte es am 12.4.1991 von dem BMW-Händler Richard N***** in J***** als Vorführwagen übernommen. Die Erstzulassung des Fahrzeuges war am 26.6.1990. Der Kaufpreis wurde im Leasingwege finanziert. Nach dem Unfall bot Richard N***** der Klägerin an, das Fahrzeug samt den damit gegenüber der Leasinggeberin bestehenden Verpflichtungen und Verbindlichkeiten zu übernehmen, soferne die Klägerin ein Neufahrzeug, ebenfalls im Finanzierungsleasingwege übernimmt. Die Klägerin und die Leasinggeberin stimmten diesem Vorschlag zu. Richard N***** bezahlte S 222.000,-- an die Leasinggeberin und wurde an deren Stelle Eigentümer des beschädigten Fahrzeuges. Der zwischen der Klägerin und der Leasinggeberin geschlossene Leasingvertrag wurde aufgelöst. Die Leasinggeberin machte keine Schadenersatzansprüche gegen Dritte aus dem Schadensereignis geltend, sondern trat ihre Ansprüche an Richard N***** ab. Der Zeitwert des BMW betrug zum Unfallszeitpunkt S 177.000,--. Der zur Wiederherstellung der unfallbedingt eingetretenen Schäden erforderliche Reparaturaufwand betrug S 56.707,20 einschließlich S 9.451,-- USt. Das Fahrzeug wurde jedoch nicht repariert, sondern von Richard N***** in beschädigtem Zustand um einen Betrag von S 150.000,-- an einen Dritten weiterverkauft. Durch den Unfall ist eine merkantile Wertminderung von S 5.300,-- eingetreten. Richard N***** trat die an ihn abgetretenen Schadenersatzansprüche der Klägerin zum Inkasso ab.
Rechtlich erörterte das Erstgericht, daß der Leasingvertrag zwischen der Leasinggeberin und der Klägerin einvernehmlich aufgelöst worden sei. Richard N***** sei durch die Zahlung des für die Auflösung des Leasingvertrages erforderlichen Betrages von S 222.000,-- Forderungsberechtigter im Sinne des § 1422 ABGB und daher berechtigt, die Forderung der Klägerin abzutreten. Ein wirtschaftlicher Totalschaden liege nicht vor. Der Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosen stehe auch dann zu, wenn der Geschädigte die beschädigte Sache in unrepariertem Zustand verkaufe, weil es seine Sache sei, wie er den als Schadensgutmachung zukommenden Betrag verwenden wolle.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Parteien nicht Folge.
Der Zuspruch der fiktiven Reparaturkosten sei nicht zu beanstanden. Zu berücksichtigen sei, daß der Zeitwert des beschädigten Fahrzeuges S 177.000,--, die Reparaturkosten S 56.707,20 und die Wertminderung S 5.300,-- betragen habe. Richard N***** habe den PKW in einem fiktiv unbeschädigten Zustand um S 222.000,-- von der Leasinggeberin gekauft und um einen Betrag von S 150.000,-- weiterverkauft. In dieser Differenz zwischen Zeit- und Restwert sei der Gesamtschadensbetrag von S 62.007,20 jedenfalls enthalten.
Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zuzulassen sei.
Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der beklagten Parteien wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidung der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß der Klage nur mit einem Teilbetrag von S 27.000,-- stattgegeben werde.
Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die außerordentliche Revision zurückzuweisen, bzw ihr nicht Folge zu geben. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die außerordentliche Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist.
Rechtliche Beurteilung
Nach dieser verbietet sich ein Zuspruch fiktiver Reparaturkosen in voller Höhe dann, wenn die Reparaturkosten höher als die objektive Wertminderung sind. Jede andere Beurteilung überschreitet die Grenzen des Schadenersatzrechtes, weil dem Geschädigten nicht nur der ihm gebührende Ausgleich für den erlittenen Schaden zuerkannt würde. Der Geschädigte würde vielmehr auf Kosten des Schädigers bereichert werden (ZVR 1995/7, SZ 55/28; JBl 985,41 mit Anm Apathy; JBl 1988, 249 = ZVR 1988/129, JBl 1990,718, SZ 63/46; vgl Apathy, EKHG § 16 Rz 15; Reischauer in Rummel**2 § 1323 ABGB Rz 12). Danach stellt die Differenz zwischen dem gemeinen Wert der Sache im unbeschädigten und dem im beschädigten Zustand das Höchstausmaß des zuzusprechenden Ersatzes dar. Steht daher fest, daß die Reparatur nicht durchgeführt wird, ist ein über die objektive Wertminderung hinausgehendes Begehren abzuweisen.
Eine ungerechtfertigte Bereicherung des Geschädigten tritt auch dann ein, wenn - wie im vorliegenden Fall - das beschädigte Fahrzeug in unrepariertem Zustand verkauft wird und der Geschädigte neben dem dafür erzielten Erlös noch Reparaturkosten in voller Höhe und den Ersatz merkantiler Wertminderung erhielte (ZVR 1984/344).
Nach den Feststellungen betrug der Zeitwert des unbeschädigten Fahrzeuges S 177.000,--. Der PKW wurde um S 150.000,-- an einen Dritten verkauft. Unter Anwendung der oben dargelegten Grundsätze wäre daher lediglich ein konkreter Schaden in der Höhe von S 27.000,-- eingetreten. Auf die Höhe des Betrages, den Richard N***** zur Auflösung des Leasingvertrages der Leasinggeberin bezahlt hat, kommt es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes nicht an, weil darin auch nicht zu ersetzende Finanzierungskosten enthalten sein können, die für die Bestimmung des Sachwertes unbeachtlich sind (ZVR 1994/39).
Das Verfahren ist allerdings noch nicht im Sinne einer endgültigen Entscheidung spruchreif, weil die im Verfahren erster Instanz obsiegende Klägerin in ihrer Berufungsbeantwortung ausdrücklich die Feststellung begehrte, der Zeitwert des unbeschädigten Fahrzeuges habe unter Berücksichtigung der Sonderausstattung S 222.000,-- betragen. Zu den Ausführungen in der Revisionsbeantwortung, wenn man von einem Zeitwert von S 177.000,-- ausgehe, dürfe man nicht den Verkaufserlös von S 150.000,-- berücksichtigen, sondern müsse von dem vom Sachverständigen (ohne Sonderausstattung) ermittelten Restwert von S 115.000,-- ausgehen, ist zu bemerken, daß sowohl beim Zeitwert als auch beim Restwert auf die Sonderausstattung Bedacht zu nehmen ist. Daß der Restwert unter Bedachtnahme auf die Sonderausstattung geringer war als der Verkaufserlös, behauptet die Klägerin nicht.
Da sich das Berufungsgericht mit der zulässigen Tatsachenrüge aufgrund einer vom Obersten Gerichtshof nicht gebilligten Rechtsansicht nicht auseinandergesetzt hat, mußte die angefochtene Entscheidung aufgehoben und dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung aufgetragen werden.
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