OGH 14Os8/96(14Os12/96)

OGH14Os8/96(14Os12/96)30.1.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 30.Jänner 1996 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer, Dr.Ebner, Dr.E.Adamovic und Dr.Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Eichinger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Horst E***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG und des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 23.November 1995, GZ 8 Vr 2.458/95-7, ferner über eine Beschwerde des Angeklagten (§ 494 a Abs 4 StPO) nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben und es werden

1. das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG (I) sowie demgemäß auch im Strafausspruch;

2. der Beschluß auf Widerruf der bedingten Strafnachsicht zu AZ 4 U 208/94 des Bezirksgerichtes Voitsberg

aufgehoben und im Umfang der Aufhebung (1.) eine neue Hauptverhandlung angeordnet.

Mit seiner Berufung und seiner Beschwerde wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Horst E***** des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG (I) und des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG (II) schuldig erkannt und zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Zugleich wurde die zum AZ 4 U 208/94 des Bezirksgerichtes Voitsberg gewährte bedingte Strafnachsicht widerrufen (§ 494 a Abs 1 Z 4 StPO). Die sichergestellten 97,2 Gramm Marihuana wurden eingezogen (§ 13 Abs 1 SGG).

Der Sache nach nur den Schuldspruch wegen des Suchtgiftverbrechens (I) bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den Gründen der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO; den Strafausspruch ficht er mit Berufung an, in der er sich - damit inhaltlich eine Beschwerde (§ 494 a Abs 4 StPO) ausführend - auch gegen den Widerrufsbeschluß wendet.

Rechtliche Beurteilung

Nach dem angefochtenen Teil des Schuldspruchs (I) hat Horst E***** in Stallhofen den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge erzeugt, indem er aus dem Anbau von Hanfpflanzen eine nicht näher bekannte Menge, jedoch mindestens 97,2 Gramm Marihuana, erntete und 64 Stück Hanfpflanzen bis annähernd zur Erntereife aufzog.

Den Urteilsfeststellungen zufolge hätten aus den 64 Stück Hanfpflanzen bis Herbst 1995 ca 2 bis 2,5 Kilogramm Trockenmasse Marihuana gewonnen werden können.

Bei der Berechnung, ob in der schuldspruchgegenständlichen Menge Marihuana (97,2 Gramm plus 2 - 2,5 Kilogramm Trockenmasse = 2097,2 - 2597,2 Gramm) die nach dem Gutachten des beim Bundesministerium für Gesundheit eingerichteten Beirates zur Bekämpfung des Mißbrauchs von Alkohol und anderen Suchtmitteln vom 10.Mai 1985, JABl 1985/28 (dem die Rechtsprechung mit einer hier nicht aktuellen Ausnahme gefolgt ist) mit 20 Gramm anzunehmende große Menge (§ 12 Abs 1 SGG) des Wirkstoffes Tetrahydrocannabinol (THC) enthalten ist, ging der Schöffensenat davon aus, daß "bei Marihuana der Mindestwert 250 Gramm beträgt, aus dem 20 Gramm Reinsubstanz THC hergestellt werden können" (US 5).

Dies trifft aber nur dann zu, wenn das betreffende Marihuana den Höchstwert an Wirkstoff, nämlich 8 % enthält, während bei einer geringeren Konzentration, die bis zu 0,25 % herabreichen kann (siehe die bei Kodek, Juridica-Kommentar zum Suchtgiftgesetz, S 50 und bei Foregger-Litzka SGG, S 30 angeführte Brandbreite des THC-Gehalts von Marihuana), die Rohstoffmenge, aus der 20 Gramm THC gewonnen werden können, erst mit 8000 Gramm erreicht wird.

Die Annahme eines THC-Gehalts von 8 % ist - wie der Beschwerde (Z 5) zuzugeben ist - im Urteil unbegründet geblieben, zumal nach der Aktenlage (siehe S 69 ff und S 106) die THC-Konzentration bei der Analyse des sichergestellten Marihuana durch die kriminaltechnische Untersuchungsstelle der Bundespolizeidirektion Graz nicht festgestellt worden ist.

Schon aus diesem Grunde waren das angefochtene Urteil und der zugleich gefaßte Widerrufsbeschluß - ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen gewesen wäre - in dem aus dem Spruch ersichtlichen Umfang aufzuheben und insoweit ein zweiter Rechtsgang anzuordnen (§ 285 e StPO).

Auf die in Ansehung der noch nicht abgeernteten Hanfpflanzen aktuelle Problematik der Abgrenzung von strafloser Vorbereitung, Versuch und Vollendung (siehe dazu den Erlaß des Bundesministeriums für Justiz vom 4.Jänner 1996, Zl. 703.012/25 - II 2/1996 und die dort zitierte Judikatur sowie 13 Os 152/95, ergangen zu AZ 8 Vr 976/95 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz) wird hingewiesen.

Der Ausspruch über die Kostenersatzpflicht des Angeklagten gründet sich auf § 390 a StPO (siehe Mayerhofer-Rieder StPO3 E 11 zu § 390 a).

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