OGH 3Ob7/96

OGH3Ob7/9624.1.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei mj. Rene O*****, geboren *****1985, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung, Bahnhofgürtel 85/III, 8021 Graz, als besonderen Sachwalter, wider die verpflichtete Partei Herbert M*****, Tischler, ***** wegen S 50.300 an rückständigem und monatlich S 1.200 an laufendem Unterhalt, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Masseverwalters im Konkurs über das Vermögen der verpflichteten Partei (AZ 25 S15/94 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz), Dr.Candidus Cortolezis, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 18.Oktober 1995, GZ 4 R 278/95-6, womit der Rekurs des Masseverwalters gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 7.Juli 1995, GZ 48 E 4320/95z-1, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben und dem Gericht zweiter Instanz die neuerliche Entscheidung über den Rekurs gegen die Entscheidung des Erstgerichtes aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsrekurses sind weitere Kosten des Rekursverfahrens.

Text

Begründung

Mit dem Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 14. Februar 1994 wurde zu AZ 25 S15/94 über das Vermögen des Verpflichteten der Konkurs eröffnet und Rechtsanwalt Dr.Candidus Cortolezis zum Masseverwalter bestellt. Der Konkurs ist noch anhängig.

Die betreibende Partei beantragte, ihr auf Grund des vor der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung geschlossenen Unterhaltsvergleichs vom 22.10.1985 und des Beschlusses des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 12.9.1994, AZ 18 P 275/88, zur Hereinbringung der vollstreckbaren Unterhaltsforderung von S 50.300 an rückständigem Unterhalt für die Zeit vom 1.1.1992 bis 31.5.1995 und von monatlich von S 1.200 an laufendem Unterhalt ab 1.6.1995 Gehaltsexekution gegen den Verpflichteten zu bewilligen.

Das Erstgericht bewilligte die Exekution antragsgemäß und verfügte die Zustellung des Beschlusses an den Verpflichteten. Zufolge der Exekutionssperre im Konkursverfahren wurde der Beschluß jedoch dem Masseverwalter zugestellt. Der Masseverwalter erhob unter Hinweis auf die Exekutionssperre Rekurs und beantragte die Abweisung des Exekutionsantrages.

Das Gericht zweiter Instanz wies mit dem angefochtenen Beschluß den Rekurs des Masseverwalters zurück und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs gegen seine Entscheidung nicht zulässig sei. Der Masseverwalter sei nicht rechtsmittelbefugt. Wohl könne gemäß § 10 Abs 1 KO nach der Konkurseröffnung an den zur Konkursmasse gehörigen Sachen kein richterliches Pfand- oder Befriedigungsrecht erworben werden, vielmehr müsse ein Gläubiger, um die Exekution gegen den Gemeinschuldner dessenungeachtet als zulässig erscheinen zu lassen, schon im Exekutionsantrag dartun, aus welchen Gründen eine Exekutionsführung zulässig sei. Diese Voraussetzungen seien hier gegeben, weil schon im Exekutionsantrag auf die nach der Konkurseröffnung in Kenntnis derselben geschaffenen Exekutionstitel hingewiesen worden sei. Daraus folge, daß die Exekutionsführung nicht auf die Konkursmasse, sondern nur auf die nicht zu dieser gehörenden Differenzbeträge zwischen den Freibeträgen nach § 291 b EO und jenen nach § 291 a EO sowie auf allenfalls dem Verpflichteten (als Gemeinschuldner) nach § 5 KO überlassene, die Freibeträge nach § 291 a EO übersteigenden Beträge richten könne. Die Vorgangsweise des Drittschuldners hinsichtlich der Überweisung von Abzügen vom Arbeitslohn des Verpflichteten hänge daher davon ab, ob eine Überlassung nach § 5 KO erfolgt sei. Diese Beträge gehörten nicht zu dem der Exekution unterworfenen Vermögen des Verpflichteten und daher auch nicht zur Konkursmasse. Da sich die Exekutionsführung gar nicht auf die Konkursmasse, sondern nur auf das konkursfreie Vermögen des Verpflichteten beziehe, stehe dem Masseverwalter auch kein Rechtsmittel zu.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen die zweitinstanzliche Entscheidung erhobene außerordentliche Revisionsrekurs des Masseverwalters ist zulässig und berechtigt.

Durch die Eröffnung des Konkurses wird das gesamte der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Gemeinschuldner zu dieser Zeit gehört oder das er während des Konkurses erlangt (Konkursmasse) dessen freier Verfügung entzogen (§ 1 Abs 1 KO). Die Konkursmasse ist zur gemeinschaftlichen Befriedigung der Konkursgläubiger zu verwenden (§ 1 Abs 2 KO). Aus dem Gesetz gebührende Unterhaltsansprüche können für die Zeit nach der Konkurseröffnung im Konkurs nur geltend gemacht werden, soweit der Gemeinschuldner als Erbe des Unterhaltspflichtigen haftet (§ 1 Abs 3 KO). Damit sind ab Konkurseröffnung die gesetzlichen Unterhaltsforderungen des betreibenden Kindes gegen den Verpflichteten, seinen außerehelichen Vater, von der Geltendmachung im Konkurs ausgeschlossen (SZ 66/171 mwN). Diese Unterhaltsforderungen sind auch während des Konkurses gegen den Gemeinschuldner zu verfolgen, können gegen ihn gerichtlich geltend gemacht werden und Gegenstand eines gerichtlichen Vergleichs sein (SZ 66/171 mwN). Der exekutive Zugriff zur Durchsetzung dieser gesetzlichen Unterhaltsansprüche ist allerdings gemäß § 10 Abs 1 KO auf das konkursfreie Vermögen des Gemeinschuldners beschränkt. Der betreibende Gläubiger hat schon im Exekutionsantrag darzutun, daß die Exekutionsführung trotz des nach § 10 Abs 1 KO eingetretenen Vollstreckungsschutzes zulässig ist, weil zur Befriedigung der gesetzlichen Unterhaltsansprüche ausschließlich an konkursfreien Sachen des Gemeinschuldners Befriedigungsrechte begründet werden sollen (SZ 66/171 mwN).

In dieser, mehrfach genannten Entscheidung wurde auch ausgesprochen, daß ein betreibender Gläubiger, der im Exekutionsantrag behauptet, dem Verpflichteten stünden Arbeitseinkommen oder sonstige wiederkehrende Bezüge nach § 290 a EO zu, sich damit zugleich darauf berufe, daß der Verpflichtete (und zugleich Gemeinschuldner) ein nicht in die Konkursmasse fallendes Einkommen bezieht, das bis zum unpfändbaren Freibetrag nach § 291 a EO der Exekution zugunsten nicht privilegierter Gläubiger entzogen ist, nach Maßgabe des § 291 b EO jedoch wegen eines gesetzlichen Unterhaltsanspruches bis auf den geringeren Freibetrag des § 291 b Abs 2 EO, der dem Verpflichteten zu verbleiben hat, der Pfändung unterliegt. In der Sache wurde in dieser Entscheidung auch in Abänderung der den Exekutionsantrag gänzlich abweisenden zweitinstanzlichen Entscheidung die Exekution (zur Hereinbringung rückständigen und laufenden Unterhaltes aus der Zeit nach der Konkureröffnung) nur eingeschränkt auf den Differenzbetrag zwischen den Freibeträgen nach den §§ 291 a und 291 b EO bewilligt und ausgeführt, daß Verpflichteter des Exekutionsverfahrens nicht der Masseverwalter, sondern der Gemeinschuldner ist.

Bei Anwendung der Grundsätze dieser Entscheidung auf den vorliegenden Sachverhalt, bei welchem weder im Exekutionsantrag noch im erstinstanzlichen Exekutionsbewilligungsbeschluß eine im dargestellten Sinn eingeschränkte Exekutionsführung bzw -bewilligung zum Ausdruck kommen und überdies auch Unterhaltsrückstände in der Zeit vor der Konkurseröffnung - insoweit betraglich nicht festgelegt - Antragsgegenstand sind, also auch auf die Konkursmasse gegriffen wird, kann dem Masseverwalter im Konkurs des Verpflichteten ein Rechtsmittelrecht gegen den erstinstanzlichen Beschluß nicht abgesprochen werden. Gerade der Masseverwalter hat alle rechtlichen Möglichkeiten zur Bewahrung und Erhaltung der Konkursmasse auszuschöpfen und gegen unzulässige Exekutions- (oder auch Prozeß-)führungen vorzugehen (§ 81 Abs 1 KO).

Diese Erwägungen führen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung mit dem Auftrag, über den Rekurs des Masseverwalters gegen die erstinstanzliche Entscheidung in der Sache zu entscheiden.

Der Kostenvorbehalt beruht auf den §§ 78 EO, 52 ZPO.

Stichworte