Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 6.447,84 (darin S 744,64 Umsatzsteuer und S 1.980,- Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist seit 1967 Alleineigentümer des Hauses A*****straße 42, 1090 Wien (EZ ***** KG A*****). Seit dem Tode ihres Ehegatten Josef W***** im Jahr 1972 war die am 10.Jänner 1994 verstorbene Maria W***** Hauptmieterin der in diesem Haus gelegenen Wohnung Nr.13. Ihr Sohn Rudolf W***** hatte bis zu seiner Verehelichung im Jahr 1954 im gemeinsamen Haushalt mit seinen Eltern gelebt. Danach war er in die "P*****gasse" ausgezogen und hatte dort gemeinsam mit seiner Gattin und seinen Kindern bis zum Jahr 1980 gelebt. Nach dem Tod seiner Gattin heiratete Rudolf W***** erneut, verzog zunächst nach O***** und schließlich nach "Alt-Erlaa", wo er bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz wohnhaft war. Rudolf W***** pflegte in all den Jahren zumindest einmal monatlich seine Eltern und nach dem Tod seines Vaters seine Mutter alleine zu besuchen, wobei es vorkam, daß er auch in der elterlichen Mietwohnung nächtigte. Maria W***** war in den letzten Jahren ihres Lebens bereits pflegebedürftig. Aus diesem Grund half ihr Sohn Rudolf W***** mehrmals in der Woche, Sachen in die Wohnung hinaufzutragen, weil dies der Mutter schwer gefallen war. Nach dem Tode der Maria W***** setzte sich ihr Enkel Wolfgang, der Sohn des Rudolf W*****, mit Herbert D***** von der Hausverwaltung des Klägers in Verbindung und teilte diesem mit, sein Vater Rudolf W***** sei derzeit auf Grund einer Beinamputation zwar nicht in der Lage, wieder in gegenständlicher Wohnung zu wohnen, würde aber nach Gesundung wieder in diese Wohnung einziehen. Seitens der Hausverwaltung wurde daraufhin zugesagt, die Hauptmietereigenschaft im Sinne des Eintritts des Rudolf W***** richtig zu stellen. Anläßlich einer Mieterversammlung im März 1994 erfuhr die Hausverwaltung, vertreten durch Herbert D*****, erstmals, daß Rudolf W***** tatsächlich nicht in der gegenständlichen Wohnung gelebt hat. Auf Grund von Recherchen wurde schließlich festgestellt, daß er in der "Anton B***** Straße" wohnt. Daraufhin widerrief die Hausverwaltung schriftlich ihre Zusage, die Hauptmietereigenschaft des Rudolf W***** infolge Eintritts in das Mietrecht (seiner Mutter) festzustellen.
Im Juni 1994 kündigte die klagende Partei der Verlassenschaft nach Maria W***** die gegenständliche Wohnung gemäß § 30 Abs 2 Z 5 MRG auf, weil sie nach dem Tode der bisherigen Mieterin nicht mehr einem dringenden Wohnbedürfnis eintrittsberechtigter Personen diene, zumal der erbl. Sohn Rudolf W***** bereits vor etlichen Jahren aus der Wohnung ausgezogen sei und über eine eigene Wohnmöglichkeit verfüge.
Die beklagte Partei erhob gegen die Aufkündigung Einwendungen und behauptete, der erbl. Sohn Rudolf W***** habe ständig im gemeinsamen Haushalt mit den Mietern (seinen Eltern) in der aufgekündigten Wohnung gewohnt, sei daher nach dem Tode seines Vaters Josef W***** im Jahr 1972 gemeinsam mit der Erblasserin in die Mietrechte eingetreten und nunmehr seit dem Tod seiner Mutter auf Grund seines Eintrittsrechtes alleiniger Hauptmieter der Wohnung. Die Aufkündigung sei auf Grund ausdrücklicher Vereinbarung (mit der Hausverwaltung) unzulässig. Zudem werde Verzicht auf das Kündigungsrecht und Verschweigung eingewendet.
Das Erstgericht erklärte die Aufkündigung für rechtswirksam und gab dem Klagebegehren statt:
Der erbl. Sohn Rudolf W***** sei nach den Feststellungen weder nach seinem Vater, noch nach seiner Mutter im Sinne des § 14 MRG eintrittsberechtigt gewesen, weil er zu den jeweiligen Todeszeitpunkten mit diesen nicht im gemeinsamen Haushalt gelebt und überdies auch kein dringendes Wohnbedürfnis gehabt habe. Seine wenn auch häufigen Besuche der Eltern (Mutter) sowie gelegentliche Übernachtungen bei diesen oder auch Hilfestellungen bei der Erledigung von Einkäufen erfüllten das Erfordernis eines gemeinsamen Haushaltes nicht. Der Sachverhalt biete auch keine Anhaltspunkte für einen Kündigungsverzicht sowie Verschweigung des Kündigungsrechtes der klagenden Partei. Der bei der Hausverwaltung des Klägers beschäftigte Herbert D***** habe lediglich auf Grund einer "offensichtlich fehlerhaften Information" durch den erbl. Enkel Wolfgang W***** ein Eintrittsrecht des erbl. Sohnes Rudolf W***** anerkannt; unmittelbar nach Kenntnis der wahren Sachlage sei ein Eintrittsrecht bestritten und die Aufkündigung eingebracht worden, sodaß weder ein Kündigungsverzicht noch eine Verschweigung des Kündigungsgrundes anzunehmen sei.
Das Gericht zweiter Instanz hob infolge Berufung der beklagten Partei die Aufkündigung auf, wies das Klagebegehren ab und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Zwar sei der klagenden Partei zuzugestehen, daß die Mitteilung des erbl. Enkels, sein Vater werde nach seiner Gesundung wieder in die erbl. Wohnung einziehen, zumindest mißverständlich und vom Hausverwalter dahin zu verstehen gewesen sei, daß Rudolf W***** nur vorübergehend wegen der an ihm vorgenommenen Beinamputation diese Wohnung verlassen habe. Dies ändere aber daran nichts, daß der (für den) Hausverwalter (handelnde Herbert D*****) an seine ausdrücklich abgegebene Erklärung, die Hauptmietereigenschaft im Sinne des Eintritts des Rudolf W***** richtigzustellen, gebunden gewesen sei. Nicht einmal eine auf Grund bewußt irreführender Angaben abgegebene derartige Erklärung sei unwirksam, solange nicht eine erfolgreiche Irrtumsanfechtung gemäß § 871 ABGB durchgeführt sei. Anders als bei konkludenten Willenserklärungen komme es nämlich bei ausdrücklichen Erklärungen nicht darauf an, ob dem Erklärungsempfänger ein Erklärungsirrtum oder auch mangelndes Erklärungsbewußtsein des Erklärenden offenbar auffallen mußte, in welchem Falle kein schutzwürdiger Vertrauenstatbestand vorläge. Die - nicht unter der Bedingung des Vorliegens der Voraussetzungen des Eintrittsrechtes - abgegebene Zusage, den erbl. Sohn Rudolf W***** als Hauptmieter anzuerkennen, habe nicht einseitig widerrufen werden können. Sie stehe der Geltendmachung des angezogenen Kündigungsgrundes auch entgegen, weil die Anerkennung eines Eintrittsrechtes den Verzicht auf den Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 5 MRG impliziere.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen das zweitinstanzliche Urteil erhobene außerordentliche Revision des Klägers ist zulässig und berechtigt.
Gemäß § 14 Abs 2 MRG treten nach dem Tode des Hauptmieters der Wohnung in den Mietvertrag mit Ausschluß anderer zur Erbfolge berufenen Personen die im Abs 3 genannten eintrittsberechtigten Personen ein, sofern sie nicht binnen 14 Tagen nach dem Tode des Hauptmieters dem Vermieter bekanntgeben, daß sie das Mietverhältnis nicht fortsetzen wollen. Gemäß § 14 Abs 3 MRG sind eintrittsberechtigt nach Abs 2 ua Verwandte in gerader Linie, sofern sie ein dringendes Wohnbedürfnis haben und schon bisher im gemeinsamen Haushalt mit dem Mieter in der Wohnung gewohnt haben.
Diese Bestimmungen regeln - wie schon jene des § 19 Abs 2 Z 11 MG - eine ex lege, also auch ohne den Willen der Begünstigten, unter Ausschluß der allgemeinen Erbfolge eintretende Sonderrechtsnachfolge in das Hauptmietverhältnis über eine Wohnung von Todes wegen, auflösend bedingt durch eine binnen 14 Tagen nach dem Tode des Hauptmieters abzugebende Erklärung der zum Eintritt Berufenen, das Mietverhältnis nicht fortsetzen (nicht eintreten) zu wollen. Es bedarf also nicht zum Eintritt, sondern zu dessen Ausschluß einer Willenserklärung der Berufenen (SZ 58/126; Würth in Rummel2 Rz 3 zu § 14 MRG mwN). Eine Anerkennung des Eintritts (durch den Vermieter) ist regelmäßig weder erforderlich noch erzwingbar (vgl zu § 19 MG: MietSlg 31.396). Die Rechtsfolge des Eintritts in den Mietvertrag vollzieht sich kraft Gesetzes bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen. Ist ein Eintrittsrecht zwischen dem Vermieter und einem vorgeblich Eintrittsberechtigten strittig, so kann sie durchaus Gegenstand einer vertraglichen Regelung (etwa durch Anerkenntnis) sein.
Im Sinne dieser Ausführungen kann der vom Erstgericht festgestellten Erklärung des für den Hausverwalter des Klägers handelnden Herbert D*****, auf Grund der Erzählungen des erblasserischen Enkels über den Gesundheitszustand und die Absichten seines Vaters, nach seiner Gesundung wieder in die strittige Wohnung einzuziehen, die Hauptmietereigenschaft im Sinne des Eintritts des Rudolf W***** richtigzustellen, nicht die Qualität einer ein vormals strittiges Eintrittsrecht des Rudolf W***** anerkennenden oder ein vormals unbekanntes oder nicht bestehendes Eintrittsrecht begründenden Willenserklärung des Vermieters zukommen.
Ob ein bestimmtes willentliches Verhalten als Willenserklärung zu beurteilen ist, ist ein Ergebnis der Auslegung (Rummel in Rummel2, Rz 4 zu § 863 ABGB; Apathy in Schwimann, Rz 5 zu § 863 ABGB; Mayer-Maly in MünchKomm3, Rz 39 zu § 133 BGB; Heinrichs in Palandt54, 106 mwN). Bei der Mitteilung rechtlich relevanter Tatsachen kommt es darauf an, ob der Erklärende eine bestimmte Rechtslage als gegeben ansieht und bloß (wenn auch irrtümlich) bestätigt bzw bekanntgibt, oder ob er die entsprechende Rechtslage durch seine Erklärung erst schaffen will (Rummel aaO) F.Bydlinski, Privatautonomie 41). Maßgeblich ist, ob nach dem objektiven Erklärungswert des Verhaltens eine die Rechtslage gestaltende Erklärung mit Bindungswirkung vorliegt (Larenz, Die Methode der Auslegung des Rechtsgeschäftes 45, 54, 58). Im Zweifel ist aber der bloße Hinweis auf die Rechtsfolgen eines angenommenen Sachverhaltes für den, der die Erklärung entgegennimmt, erkennbar nicht auf eine Änderung von Rechtslage und Rechtsfolgen gerichtet; derartige Erklärungen wollen die Rechtslage nur erläutern, nicht aber ändern, sie sind somit keine Willenserklärungen (P.Bydlinski in ÖBA 1989, 1025; Tomandl in ZAS 1989, 93; F.Bydlinski aaO; vgl JBl 1989, 782; ZAS 1989/14). Nach dem vorliegenden Sachverhalt hat der Sohn des angeblich Eintrittsberechtigten einem Angestellten der Hausverwaltung gegenüber erklärt, sein Vater würde nach "Gesundung wieder" in diese Wohnung einziehen, wohlweislich verschweigend, daß sein Vater bereits im Jahr 1954 den gemeinsamen Haushalt mit seinen Eltern aufgegeben hatte. Die Erklärung des Angestellten der Hausverwaltung - ohne daß geprüft werden müßte, ob dies überhaupt dem Hauseigentümer zuzurechnen wäre - die Hauptmieterschaft im Sinne des Eintrittes des Sohnes der Verstorbenen richtigzustellen, kann daher keineswegs dahin aufgefaßt werden, daß ein nicht bestehendes Eintrittsrecht konstitutiv anerkannt werden sollte. Die Unrichtigkeit einer solchen Erklärung bedarf zu ihrer Beseitigung keiner Irrtumsanfechtung im Sinne des § 871 ABGB, sondern bloß ihrer Klarstellung (Ertl in Rummel2 Rz 7 zu § 1380 mwN).
Daß die gesetzlichen Voraussetzungen eines Eintrittsrechts des erbl. Sohnes Rudolf W***** weder im Todeszeitpunkt seines Vaters im Jahr 1972 noch in jenem seiner Mutter nach den maßgeblichen Feststellungen des Erstgerichtes vorlagen, hat schon das Erstgericht zutreffend dargelegt. In beiden Zeitpunkten lagen weder ein dringendes Wohnbedürfnis des erbl. Sohnes an der vorliegenden Mietwohnung, noch eine gemeinsame Haushaltsführung mit dem Mieter vor. Gelegentliche Übernachtungen oder selbst häufigere Besuche der Eltern (Mutter) oder auch Hilfeleistungen bei Einkäufen durch den Sohn, der mit seiner Familie in einer anderen Wohnung lebt, begründen kein "gemeinsames Wohnen mit dem Mieter in einem gemeinsamen Haushalt" (Würth aaO Rz 8 mwN).
Im übrigen hat sich die beklagte Partei weder in der Berufung gegen das Ersturteil, noch in der Revisionsbeantwortung auf das gesetzliche Eintrittsrecht des erbl.Sohnes berufen, sondern allein auf dessen Anerkenntnis durch die Hausverwaltung des Klägers.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50, 41 ZPO.
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