OGH 3Ob511/96

OGH3Ob511/9624.1.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F*****, vertreten durch Dr.Wilfried Raffaseder und Mag.Michael Raffaseder, Rechtsanwälte in Freistadt, wider die beklagten Parteien 1.) Hermann W*****, vertreten durch Dr.Johannes Riedl und Dr.Gerold Ludwig, Rechtsanwälte in Stadt Haag, 2.) Gerhard W*****, vertreten durch Dr.Josef Lechner und Dr.Ewald Wirleitner, Rechtsanwälte in Steyr, 3.) Brigitte P*****, vertreten durch Dr.Franz Berndorfer, Rechtsanwalt in Linz, 4.) Franz A*****, 5.) Huberta R*****, beide vertreten durch DDr.Gunter Peyrl, Rechtsanwalt in Freistadt, wegen S 500.000,-- sA, infolge außerordentlicher Revisionen der beklagten Parteien gegen das Zwischenurteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 14.Juli 1994, GZ 6 R 239/92-60, womit das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 31.August 1992, GZ 8 Cg 224/90-44, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

I. den

Beschluß

gefaßt:

Die Revision der drittbeklagten Partei wegen Nichtigkeit wird verworfen.

II. zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Im übrigen wird den Revisionen der beklagten Parteien Folge gegeben; das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Ersturteil wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die Kosten der Rechtsmittelverfahren binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen, und zwar der erstbeklagten Partei Kosten von S 215.746,80 (darin enthalten S 35.957,80 USt, keine Barauslagen), der zweitbeklagten Partei Kosten von S 230.326,80 (darin enthalten S 35.957,80 USt und S 14.580,-- Barauslagen), der drittbeklagten Partei Kosten von S 171.127,80 (darin enthalten S 28.521,30 USt, keine Barauslagen) und den viert- und fünftbeklagten Parteien Kosten von S 249.321,48 (darin enthalten S 39.553,58 USt und S 12.000,-- Barauslagen).

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagten waren Eigentümer der Liegenschaft EZ *****, und zwar die Erst- bis Drittbeklagten zu je einem Neuntel, die Viert- und Fünftbeklagten zu je einem Drittel.

Die klagende Stadtgemeinde brachte vor, der Erstbeklagte habe ihr im eigenen Namen und im Namen der Miteigentümer mit Schreiben vom 4.1.1990 diese Liegenschaft zum Kauf angeboten. Die klagende Partei habe mit Schreiben vom 9.1.1989 erwidert, sie habe Kaufinteresse, es sollten ihr nähere Angaben zum Kaufpreis gemacht werden. Mit Schreiben vom 27.2.1990 habe der Erstbeklagte die Liegenschaft - nach Rücksprache mit den Miteigentümern - um einen Pauschalpreis von S 1,000.000,-- angeboten. Dieses Kaufanbot sei in der Gemeinderatssitzung vom 26.3.1990 behandelt worden; der Grundkauf um diesen Kaufpreis sei genehmigt worden. Mit Schreiben vom 27.3.1990 sei dem Erstbeklagten mitgeteilt worden, daß das Rechtsgeschäft perfekt sei und volle Übereinstimmung über Kaufobjekt und Kaufpreis bestehe. Der Erstbeklagte habe mit Schreiben vom 7.4.1990 unter Hinweis auf eine neuerliche Rücksprache mit den Miteigentümern bestätigt, daß der Kaufvertrag perfekt sei und jederzeit eine grundbuchsfähige Urkunde errichtet werden könne. Die klagende Partei habe den Erstbeklagten mit Schreiben vom 9.5.1990 um Bekanntgabe der Namen, Anschriften und Geburtsdaten aller Vertragspartner ersucht und einen Vorschlag über die in den schriftlichen Kaufvertrag aufzunehmenden Zahlungsmodalitäten gemacht. Nachdem mit Schreiben vom 17.5.1990 diese Daten bekanntgegeben seien, habe Notar Dr.Helge F***** aufgrund der verbindlichen Kaufvereinbarung den grundbuchsfähigen Kaufvertrag verfaßt, der in der Gemeinderatssitzung vom 30.5.1990 von den zeichnungsberechtigten Organen der klagenden Partei unterfertigt und notariell beglaubigt worden sei. Dieser Vertrag sei dem Erstbeklagten mit Schreiben vom 8.6.1990 mit dem Ersuchen übermittelt worden, die Gegenzeichnung vorzunehmen und die Mitfertigung durch die von ihm bei den Verkaufsverhandlungen vertretenen Miteigentümer in beglaubigter Form zu veranlassen. Am 6.6.1990 habe der Erstbeklagte dem Stadtamtsleiter der klagenden Partei Alois P***** mitgeteilt, nunmehr habe eine dritte Person, deren Namen er nicht genannt habe, den Verkäufern ein günstigeres Kaufpreisanbot unterbreitet, das jedoch nicht ernstlich in Erwägung gezogen werden könne, weil bereits der Kaufabschluß laut eigenem Anbot aller Miteigentümer rechtsverbindlich zustandegekommen sei. Im Schreiben vom 6.6.1990 stellten sich die Beklagten auf den unrichtigen Standpunkt, es sei nur zu unverbindlichen Verkaufsverhandlungen mit dem Erstbeklagten gekommen; sie seien daher nicht bereit, einen Kaufvertrag mit der klagenden Partei abzuschließen. Die klagende Partei habe hierauf den Erstbeklagten mit Schreiben vom 11.6.1990 aufmerksam gemacht, daß sie auf Einhaltung des bereits durch Korrespondenzvertrag zustandegekommenen Kaufvertrags bestehe und die Unterfertigung der grundbuchsfähigen Urkunde durch die Beklagten kurzfristig bei sonstiger Klage auf Vertragszuhaltung verlange. Der Erstbeklagte habe der klagenden Partei den Kaufvertrag mit Schreiben vom 13.6.1990 unerledigt retourniert und mitgeteilt, daß er und alle Miteigentümer die Unterfertigung der Vertragsurkunde ablehnten. Es sei zwischenzeitig ein besserer Käufer aufgetreten, dem nun alle Miteigentümer die Liegenschaft verkauft hätten. Die Beklagten hätten somit ohne Rücksicht auf die bestehenden Rechtsansprüche der klagenden Partei in rechtswidriger Weise einen zweiten Kaufvertrag abgeschlossen. Zwischen den Streitteilen sei ein verbindlicher Korrespondenzvertrag insbesondere durch die beiden Schreiben der beklagten Parteien vom 4.1.1990 und 27.2.1990 einerseits und das Annahmeschreiben der klagenden Partei vom 27.3.1990 andererseits zustandegekommen. Die klagende Partei begehrte daher mit der am 28.6.1990 eingebrachten Klage das Urteil, die Beklagten seien schuldig, als Verkäufer der zur EZ ***** gehörigen Grundstücke im Ausmaß von 26.358 m2 um den beiderseits vereinbarten Kaufpreis von S 1,000.000,-- die Gegenzeichnung der im Notariat F***** zur grundbücherlichen Durchführung verfaßten Kaufvertragsurkunde vom 31.5.1990 durchzuführen.

Zu den Vertretungsverhältnissen auf Seite der Beklagten brachte die klagende Partei weiters vor, es sei unstrittig, daß die Zweit- bis Fünftbeklagten nicht persönlich mit der klagenden Partei in Verbindung getreten seien. Vielmehr habe der Erstbeklagte im eigenen Namen und im Namen der "Mitbesitzer der Liegenschaft" mit der klagenden Partei verhandelt und diese Liegenschaft zum Kauf angeboten. Unrichtig sei, daß die Zweit- bis Fünfbeklagten den Erstbeklagten zum Liegenschaftsverkauf nicht bevollmächtigt hätten.

Mit dem am 23.3.1992 eingebrachten und in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 30.3.1992 verlesenen Schriftsatz ON 39 brachte die klagende Partei vor, der Zweiterwerber habe die Liegenschaft mit Kaufvertrag vom 27.9.1991 um den vereinbarten Kaufpreis von S 1,500.000,-- an Dr.Helmut C*****, Gemeindearzt in L***** weiterverkauft, der nunmehr grundbücherlicher Alleineigentümer sei. Gemäß § 235 Abs 4 ZPO werde das Klagebegehren auf das positive Vertragsinteresse von S 500.000,-- umgestellt, das sich aus der Differenz zwischen dem nunmehr erzielten Kaufpreis von S 1,500.000,-- und dem zwischen den Streitteilen vereinbarten Kaufpreis von S 1,000.000,-- errechne.

Der Erstbeklagte wendete ein, zwischen der klagenden Partei und den Beklagten sei es zu keinem Kaufabschluß gekommen. Die Beklagten wollten keinesfalls vor Unterfertigung eines Kaufvertrags eine Bindung eingehen, sondern hätten sich vorbehalten, den Vertragsabschluß erst nach Vorliegen eines Vertragsentwurfes zu tätigen. Ein Kaufvertragsentwurf sei von den Beklagten niemals unterfertigt worden.

Der Zweitbeklagte wendete ein, die klagende Partei habe mit ihm weder schriftlich noch mündlich wegen des Kaufes seines Miteigentumsanteils verhandelt. Er habe auch den Erstbeklagten auch nicht bevollmächtigt, in seiner Vertretung und in seinem Namen Verkaufsverhandlungen mit der klagenden Partei zu führen. Zum Verkauf seines Liegenschaftsanteils hätte es einer Spezialvollmacht im Sinn des § 1008 ABGB bedurft. Die klagende Partei könne sich daher nicht auf die Rechtsverbindlichkeit von Zusagen oder Äußerungen des Erstbeklagten berufen.

Die Drittbeklagte wendete ein, eine Einigung über Kaufpreis und Kaufgegenstand sei zwischen der klagenden Partei und der Drittbeklagten nicht zustandegekommen. Die Drittbeklagte sei mit der klagenden Partei weder direkt noch indirekt über einen bevollmächtigten Vertreter in Verbindung gestanden.

Die Viert- und Fünftbeklagten wendeten ein, zwischen ihnen und der klagenden Partei sei ein Kaufvertrag weder mündlich noch schriftlich als Korrespondenzvertrag zustandegekommen. Der Erstbeklagte sei von ihnen bestenfalls ermächtigt gewesen, Kaufverhandlungen anzubahnen; er habe jedoch keine wie immer geartete mündliche oder schriftliche Vollmacht gehabt, einen Vertragsabschluß über ihre Miteigentumsanteile herbeizuführen. Der Erstbeklagte habe keine Vollmacht im Sinn des § 1008 ABGB zur stellvertretenden Veräußerung der Miteigentumsanteile gehabt. Die Viert- und Fünftbeklagten hätten sich vorbehalten, den Vertragsabschluß nach Vorliegen eines Vertragsentwurfs selbst zu tätigen. Ein solcher Vertragsentwurf sei den Viert- und Fünftbeklagten erst mit Schreiben vom 8.6.1990 übermittelt worden. Die klagende Partei könne sich auch nicht auf das Vertrauen im Hinblick auf den äußeren Tatbestand stützen, weil sie selbst nie geprüft habe, ob der Erstbeklagte tatsächlich eine Vollmacht im Sinn des § 1008 ABGB zum Vertragsabschluß besitzt. Die klagende Partei habe es trotz Fehlens einer solchen Vollmacht nicht für nötig befunden, mit den Miteigentümern der Liegenschaft Kontakt aufzunehmen.

Nach der Umstellung des Klagebegehrens auf Zahlung von S 500.000,-- brachten die Viert- und Fünftbeklagten vor, der Erwerber der Liegenschaft Ing.Manfred R***** habe nicht S 1,500.000,--, sondern nur S 1,300.000,-- bezahlt. Dies sei ein Preis der besonderen Vorliebe. Es handle sich um rein landwirtschaftliche Gründe, bei denen nicht einmal ein Umwidmungsverfahren vorgesehen gewesen oder im Gange gewesen sei. Der gemeine Wert liege unter S 1,000.000,--, sodaß es für die klagende Partei sogar von Vorteil gewesen sei, den Kaufpreis für diese Liegenschaft nicht auslegen zu müssen. Im übrigen habe die klagende Partei keine wie immer gearteten Kaufabsichten gehabt; sie habe sich die Liegenschaft nur als Grundstücksreserve wahren wollen. Gemäß § 65 Oö Gemeindeordnung bestehe eine Formvorschrift, wonach ein Kaufvertrag betreffend Liegenschaften erst nach Genehmigung des Gemeinderates und Unterfertigung durch den Bürgermeister und zwei weitere Gemeinderatsmitglieder wirksam werde. Diese Unterfertigung habe frühestens am 30. bzw 31.5.1990 stattgefunden, sodaß alle vorangehenden Gespräche und Verhandlungen als rein vorvertragliche Verhandlungen aufzufassen seien.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung der klagenden Partei Folge; es änderte das Ersturteil insoweit ab, daß mit Zwischenurteil ausgesprochen wurde, das Begehren, die Beklagten seien zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei S 500.000,-- sA zu bezahlen, bestehe dem Grunde nach zu Recht; im übrigen (zur Anspruchshöhe) wurde das Ersturteil aufgehoben und insoweit die Rechtssache zur Ergänzung der Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision nicht zu, weil es bei der Lösung der Frage der Bevollmächtigung des Erstbeklagten durch die weiteren Beklagten und bei der Frage des Zustandekommens des Vertragsabschlusses zwischen den Streitteilen von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ausgegangen sei; darüberhinaus sei die Lösung dieser Rechtsfragen über den Einzelfall hinaus nicht von Bedeutung und seien Beweis- und Tatfragen im Vordergrund der Entscheidung gestanden.

Das Berufungsgericht stellte nach Beweiswiederholung fest, daß der Erstbeklagte von den übrigen Beklagten eine Abschlußvollmacht erteilt erhalten hatte und daß zwischen ihm und der klagenden Partei nicht nur eine Einigung über den Kaufgegenstand und den Kaufpreis von S 1 Mio erzielt worden sei, sondern daß beide Teile ihren Abschlußwillen einander erklärt hatten. Der Kaufvertrag wurde vom Gemeinderat der Stadtgemeinde F***** in der Sitzung vom 30.Mai 1990 genehmigt und beschlossen; diese Kaufvertragsurkunde wurde vom Bürgermeister, einem Stadtrat und zwei Gemeinderäten gefertigt, deren Unterschriften am 31.5.1990 beglaubigt wurden.

Rechtlich ging das Berufungsgericht davon aus, daß ein Kaufvertrag durch Einigung über Ware und Preis zustandekomme; eine weitere Einigung über den Inhalt sei nicht erforderlich, weil ihn das dispositive Recht ohnedies regle. Voraussetzung sei aber weiters, daß die Parteien bereits einen Abschlußwillen geäußert haben; die bloße Festlegung der Vertragspunkte reiche nicht aus. Daß Nebenpunkte nicht besprochen worden seien, stehe also der Annahme des Zustandekommens eines Kaufvertrags nicht entgegen; Voraussetzung hiefür sei aber, daß die Nebenpunkte nicht erörtert, also nicht zum Gegenstand von Vertragsverhandlungen gemacht wurden. Sei hingegen eine Vereinbarung über offengebliebene Punkte vorbehalten gewesen, komme der Kaufvertrag erst dann zustande, wenn sich die Parteien auch darüber geeinigt haben. Im vorliegenden Fall hätten die Beklagten der klagenden Partei die Liegenschaft zum Preis von S 1,000.000,-- zum Kauf angeboten. Die klagende Partei habe dem Erstbeklagten die Zustimmung des Gemeinderates in der Sitzung vom 26.3.1990 mit Schreiben vom 27.3.1990 mitgeteilt. Allerdings habe die klagende Partei die Bezahlung des Kaufpreises in zwei Raten gewünscht. Der Erstbeklagte habe auf dieses Schreiben namens aller Miteigentümer geantwortet, daß der Kaufvertrag über dieses Rechtsgeschäft jederzeit errichtet werden könne, allerdings ersuche er um eine Wertsicherung. Die Klägerin habe diesem Ansinnen auch zugestimmt. Spätestens das Schreiben vom 7.4.1990 gebe den Abschlußwillen der Beklagten klar und deutlich wieder. Mit diesem korrespondiere das Schreiben der klagenden Partei vom 9.5.1990. Es sei also davon auszugehen, daß Einigung über Kaufgegenstand und Kaufpreis - bei nicht sofortiger Bezahlung mit Wertsicherung - erzielt und von beiden Parteien der Abschlußwille geäußert wurde.

Da der Gemeinderat in der Sitzung vom 26.3.1990 den Kauf der Liegenschaft um S 1,000.000,-- beschlossen und dem Bürgermeister ein Verhandlungsmandat über die Modalitäten der Kaufpreiszahlung erteilt habe, finde auch sein weiteres Vorgehen im Gemeinderatsbeschluß Deckung.

Das Vorbringen der klagenden Partei zur Höhe des geltendgemachten Anspruchs sei zwar nicht unschlüssig, jedoch unvollständig und erörterungsbedürftig. Der Schaden der klagenden Partei in Höhe von S 500.000,-- könne etwa darin liegen, daß die Liegenschaft einen objektiven Wert von S 1,500.000,-- zum Zeitpunkt des Kaufes durch die klagende Partei repräsentiert habe, diese jedoch die Liegenschaft um S 1,000.000,-- erworben habe, ihr durch die Nichterfüllung des Vertrags somit ein Schaden von S 500.000,-- erwachse, oder aber darin, daß sie selbst beabsichtigt habe und in der Lage gewesen wäre, die Liegenschaft an Dr.Czekal zum Kaufpreis von S 1,500.000,-- zu verkaufen. Diesbezüglich werde der Erstrichter die klagende Partei zu einem zweckdienlichen Vorbringen anleiten müsse. Ein Zuspruch des Schadenersatzbetrages im Sinn des § 273 ZPO könne nicht erfolgen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionen der Beklagten sind zulässig und berechtigt.

Die von der Drittbeklagten geltend gemachte Nichtigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor; vielmehr versucht die Drittbeklagte in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung des Berufungsgerichtes (auf Seite 28 f des Berufungsurteils) zu bekämpfen.

Auch die von der Drittbeklagten geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

Wohl aber fehlt die Schlüssigkeit der Klage als (materielle) Vorfrage ihrer Begründetheit (Rechberger in Rechberger, ZPO Rz 13 vor § 226).

Die klagende Partei legt ihrem zuletzt klagsweise erhobenen Begehren auf Zahlung von S 500.000,-- zugrunde, daß mit den Beklagten ein Vertrag zustande gekommen sei, mit dem die Beklagten eine in ihrem Miteigentum stehende Liegenschaft der klagenden Partei verkauft hätten; die Beklagten hätten diesen Kaufvertrag nicht zugehalten und die Liegenschaft an einen Dritten veräußert, dessen Eigentum im Grundbuch einverleibt worden sei und der nunmehr seinerseits die Liegenschaft weiterveräußert habe.

Die klagende Gemeinde begehrte vorerst die Erfüllung des Kaufvertrages, dessen rechtwirksamen gültigen Abschluß sie behauptete. Nachdem der Dritterwerber der Liegenschaft diese weiterveräußert hatte, begehrte sie das positive Vertragsinteresse von S 500.000,-- als Differenz zwischen dem behaupteten erzielten Kaufpreis von S 1,500.000,-- und dem vereinbarten Kaufpreis von S 1,000.000,--. Das Begehren, Schadenersatz zu verlangen, schließt die (konkludente) Erklärung des Rücktrittes in sich; eine Nachfristsetzung war entbehrlich, weil der Schuldner seine Leistungsverpflichtung selbst noch während des Verfahrens bestritt und die Erfüllung somit ernstlich verweigerte (JBl 1992, 318; JBl 1985, 746; SZ 55/67 mwN ua; Roth in JBl 1992, 309).

Der Zurücktretende hat nach § 921 ABGB Anspruch auf Ersatz des durch die verschuldete Nichterfüllung - mangelndes Verschulden wurde von den Beklagten nicht behauptet (§ 1298 ABGB) - verursachten Schadens. Die Ermittlung der Höhe des Schadens und ob überhaupt ein solcher eintrat hat in Verwirklichung des Ausgleichsgedankens als tragendem Grundprinzips des Schadenersatzrechtes so zu erfolgen, daß der (angeblich) Geschädigte so gestellt wird wie er stünde, wäre der Vertrag von der anderen Seite ordnungsgemäß erfüllt worden (SZ 55/185; EvBl 1977/228 uva, zuletzt 1 Ob 694/87; Reischauer in Rummel2 Rz 13 zu § 1293; Koziol ÖHR2 I 34; vgl Heinrichs in Palandt54 254, 408 f; Hansjörg Otto in Staudinger13 Rz 70 zu § 325 BGB; Soergel-Wiedemann12 Rz 50 zu § 325 BGB). Die klagende Partei legt ihrer Schadensberechnung die konkreten Verhältnisse, also die wirklich erlittenen Einbußen zugrunde; sie behauptet nicht etwa, daß sie die Liegenschaft der Beklagten unter dem Verkehrswert gekauft hätte oder dieser in der Zwischenzeit gestiegen wäre und sie dadurch eine Vermögenseinbuße erlitten hätte; sie stellt ihre Schadensberechnung vielmehr darauf ab, daß der Dritterwerber die Liegenschaft an einen weiteren Käufer um S 1,500.000,-- veräußert habe, woraus sie offensichtlich schließen will, daß ihr Schaden S 500.000,-- beträgt. Gewiß kann - jedenfalls bei der hier vorliegenden groben Fahrlässigkeit wenn nicht Absicht der Beklagten an der Vereitlung des Kaufvertrages - auch der konkrete entgangene Gewinn aus einer Weiterveräußerung als Einzelposition der gegenseitigen Abrechnung zur Ermittlung des Differenzschadens herangezogen werden (vgl SZ 57/173; Gschnitzer in Klang2 IV/1, 494). Ein über die hier nicht behauptete Verkehrswertdifferenz hinausgehender entgangener Gewinn kann aber nur dann vorliegen, wenn die Weiterveräußerung geplant war (Koziol aaO 35; Heinrichs aaO 409). Die Beklagten haben nun ausdrücklich vorgebracht, daß die klagende Partei keine "Kaufabsicht" (richtig wohl: Verkaufsabsicht) gehabt habe, sie habe sich die Liegenschaft als Grundstücksreserve behalten wollen. Dem trat die klagende Partei nicht entgegen, sie behauptete weder, daß sie den Weiterverkauf der Liegenschaft geplant hätte, noch daß die Liegenschaft in der Zwischenzeit - maßgeblich für die Schadensberechnung durch Steigerung des Verkehrswertes wäre der Schluß der Verhandlung erster Instanz (vgl Emmerich in MünchKomm2 Rz 128 zu § 325 BGB; Soergel-Wiedemann aaO Rz 50 zu § 325 BGB) - eine Steigerung des Verkehrswertes in der Höhe der zweiten Weiterveräußerung erfahren hätte. Auch hier hatten die Beklagten unwidersprochen vorgebracht, der erzielte Kaufpreis wäre geringer gewesen und entspräche nicht dem Verkehrswert.

Soweit die klagende Partei in der Revisionsbeantworung vorbringt, der Betrag von S 300.000,-- stehe ihr als stellvertretendes commodum jedenfalls zu, handelt es sich hiebei um eine unzulässige Neuerung im Revisionsverfahren. Die klagende Partei hat sich nämlich im Verfahren erster Instanz ausschließlich auf den in § 921 ABGB normierten Anspruch auf das positive Interesse beschränkt, zu dessen Begründung sie jedoch kein schlüssiges Vorbringen erstattet hat. Nie hat die klagende Partei von den Beklagten die Herausgabe des stellvertretenden commodums, also hier der Summe, die der zweite Käufer den untreuen Verkäufern bezahlt hat (vgl Koziol/Welser10 I 236), begehrt.

Schon aus diesem Grund muß der unschlüssigen Klage ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Ein Streitgenossenzuschlag (§ 15 RATG) gebührt nur den Viert- und Fünftbeklagten - und zwar in Höhe von 10 % -, weil nur diese von einem Rechtsanwalt vertreten werden. Die von einem Rechtsanwalt mit dem Kanzleisitz in Linz vertretene Drittbeklagte hat für die Berufungsverhandlungen unrichtig den doppelten Einheitssatz (§ 23 Abs 5 RATG) verzeichnet.

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