OGH 9ObA197/95

OGH9ObA197/9517.1.1996

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Petrag sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Theodor Zeh und Walter Darmstädter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Ernst R*****, Gastwirt, ***** vertreten durch Dr.Gerhard Hiebler, Rechtsanwalt in Leoben, wider die beklagte Partei Stadtgemeinde M*****, vertreten durch Dr.Robert Obermann, Rechtsanwalt in Kapfenberg, wegen 407.857,99 S brutto sA, infolge Revision des Klägers und Rekurses beider Parteien gegen das Teilurteil und den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 13. September 1995, GZ 8 Ra 46/95-23, womit infolge Berufung des Klägers das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 13.Februar 1995, GZ 23 Cga 133/93p-18, teils bestätigt, teils aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

1. Der Antrag des Klägers auf Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens gemäß Art 177 EGV wird zurückgewiesen.

2. Der Revision des Klägers wird nicht Folge gegeben.

Dem Rekurs beider Parteien wird Folge gegeben und im Umfang der Aufhebung des Ersturteils hinsichtlich einer Abweisung des Klagebegehrens von 101.964,48 S brutto samt 4 % Zinsen seit 1. Dezember 1992 und der Kostenentscheidung in der Sache selbst dahin zu Recht erkannt, daß das Urteil des Erstgerichtes auch diesbezüglich wiederhergestellt wird.

Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit 35.603,40 S bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin 5.933,90 S Umsatzsteuer) sowie die mit 39.170 S bestimmten Kosten des Verfahrens dritter Instanz (darin 13.250 S Barauslagen und 4.320 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war bei der beklagten Partei seit dem Jahre 1959 mit kaufmännischen Arbeiten beschäftigt. Am 15.Dezember 1977 schlossen die Parteien mit Wirksamkeit vom 1.Jänner 1978 einen "Sondervertrag aufgrund des § 39 des Steiermärkischen Gemeindevertragsbedienstetengesetzes (im folgenden: StGVBG) LGBl 1960/1962", nach dem die Bestimmungen dieses Gesetzes in der jeweiligen Fassung auf das Dienstverhältnis anzuwenden sein sollten. Der Kläger wurde sodann von der beklagten Partei als Dienstgeberin zur Dienstleistung im Ein- und Verkauf bei den von einer der beklagten Partei gehörigen GmbH betriebenen Stadtwerken beschäftigt. Im Jahre 1989 erbte die Ehefrau des Klägers nach dem Tod ihres Vaters dessen Gasthaus und führte es vorerst alleine weiter. Im Jahre 1990 erwartete sie ihr zweites Kind. Da der Kläger davon ausging, daß sie nach der Geburt des zweiten Kindes das Gasthaus nicht mehr führen werde können, strebte er die Auflösung des Dienstverhältnisses mit der beklagten Partei an, um die Gastwirtschaft zu führen. Mit an die Geschäftsführer der Stadtwerke gerichtetem Schreiben vom 21.Juni 1990 ersuchte der Kläger schriftlich um einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses. Die Geschäftsführer der Stadtwerke waren aber an einer Weiterarbeit des Klägers interessiert, weil er ein qualifizierter Mitarbeiter war, über den alle Geschäfte mit Kunden und Lieferanten abgewickelt wurden. Da für die beiden Geschäftsführer eine einvernehmliche Lösung mit Auszahlung einer Abfertigung nicht in Frage kam, leiteten sie dieses Ersuchen nicht an die beklagte Partei weiter. In einem Gespräch am 5.Juli 1990 teilte der Geschäftsführer Johann S***** dies auch dem Kläger mit und erklärte ihm gleichzeitig, daß er keine Bewilligung für die Ausübung einer Nebenbeschäftigung erteilen werde. Da eine einvernehmliche Lösung des Dienstverhältnisses nicht möglich war, entschloß sich der Kläger, einen Karenzurlaub in Anspruch zu nehmen. Die beklagte Partei teilte dem Geschäftsführer Johann S***** mit, daß dem Kläger ein Karenzurlaub zu gewähren sei. Im September 1990 kam es zu einer Besprechung, während der dieser Geschäftsführer den Kläger auf seinen Wunsch, Karenzurlaub in Anspruch zu nehmen, ansprach. Er fragte den Kläger vor anderen Mitarbeitern, ob er beabsichtige, nach Ablauf der Karenzzeit wieder für die beklagte Partei zu arbeiten. Der Kläger besuchte ohne vorherige Rücksprache mit den Geschäftsführern der Stadtwerke während seiner Dienstzeit einen Vorbereitungskurs für die Gastgewerbekonzessionsprüfung. Als ihn am 24.September 1990 der Geschäftsführer Johann S***** zur Rede stellte, erklärte der Kläger, er werde den Vorbereitungslehrgang auch ohne entsprechende Genehmigung weiter besuchen. Ergebnis dieses Gespräches war, daß der Kläger erklärte, sein Dienstverhältnis vorzeitig aufzulösen; im Gegenzug wurde dem Kläger die Bewilligung zum Besuch des Vorbereitungskurses während der Dienstzeit erteilt. Im einzelnen wurde folgendes vereinbart und schriftlich festgehalten:

"a) Herr R***** erklärt, nach Ablauf des Karenzurlaubes das Vertragsdienstverhältnis zur Stadtgemeinde M***** nicht mehr antreten zu wollen und mit diesem Stichtag aus dem Unternehmen auszuscheiden.

b) Die Geschäftsleitung ermöglicht Herrn R***** in der Folge vom 17.9.1990 bis 20.10.1990 den Besuch des Vorbereitungskurses für die Gastgewerbekonzessionsprüfung. Die dafür aufgewendete Dienstzeit wird zu einem späteren Zeitpunkt eingearbeitet."

Der Geschäftsführer Johann S***** teilte dem Kläger auch mit, daß ihm eine Abfertigung aufgrund der geltenden Gesetzeslage auch bei einem Austritt vor Ablauf des Karenzurlaubes nicht zustehe. Nach diesem Gespräch ersuchte der Kläger den anderen Geschäftsführer der Stadtwerke um Gewährung wenigstens eines Teiles der Abfertigung unter Hinweis auf seine langjährige und gute Mitarbeit. Nach Geburt seines Sohnes am 5.November 1990 nahm der Kläger vom 1.Jänner 1991 bis 4. November 1992 den gewährten Karenzurlaub in Anspruch. Bei der beklagten Partei war es üblich, weiblichen Vertragsbediensteten einen Karenzurlaub bis zum dritten Lebensjahr des Kindes zu gewähren. Im Interesse der Gleichbehandlung wurde daher auch das Ansuchen des Klägers um Karenzurlaub genehmigt. Seit Beendigung des Dienstverhältnisses führt der Kläger gemeinsam mit seiner Gattin deren Gastgewerbebetrieb, wobei er als gewerberechtlicher Geschäftsführer angestellt ist. Die Kinder werden vom Kläger und seiner Gattin gemeinsam betreut. Im Rahmen der Ausführungen zur rechtlichen Beurteilung traf das Erstgericht die - durch die Aussage des Zeugen Johann S***** AS 62 "....und sagte mir, daß er nicht mehr kommen wolle, weil er sein Wirtshaus führen will" - gedeckte, unbekämpft gebliebene ergänzende Feststellung, daß der Kläger in erster Linie zum Zweck der Weiterführung des schwiegerväterlichen Gastgewerbebetriebes sein Dienstverhältnis auflöste.

Der Kläger begehrt 407.857,99 S, in eventu 335.244 S brutto sA an Abfertigung. Die nur für Arbeitnehmerinnen eine Abfertigung aus Anlaß der Beendigung des Dienstverhältnisses nach Karenzurlaub vorsehende Regelung des StGVBG sei gleichheitswidrig. Die beklagte Partei verstoße gegen das arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgebot, wenn sie einen diesem Gesetz entsprechenden Dienstvertrag vereinbare. Der Kläger sei daher so zu stellen, wie Vertragsbedienstete der Republik Österreich oder des Landes Steiermark bzw wie die anläßlich der Geburt eines Kindes mit Abfertigungszahlung aus dem Dienst der beklagten Partei geschiedenen Mütter. Der Kläger begehre daher eine Abfertigung von 12 vollen Monatsbezügen inklusive Sonderzahlung, in eventu, den den weiblichen Bediensteten mit gleichem Dienstalter nach § 38 StGVBG zustehenden Abfertigungsanspruch von 12 nur den Grundbezug, die Mehrleistungszulage und die Haushaltszulage enthaltenden Monatsbezügen. Im übrigen stehe dem Kläger nach § 23a Abs 3 AngG zumindest eine Abfertigung von drei Monatsbezügen zu. Bereits im Mai 1990 habe der Kläger dem Geschäftsführer der Stadtwerke, der auch die Personalangelegenheiten für die beklagte Partei wahrgenommen habe, erklärt, daß er sein Dienstverhältnis einvernehmlich mit Jahresende auflösen wolle, weil seine Gattin das zweite Kind erwarte und der Kläger deswegen das Gasthaus seines verstorbenen Schwiegervaters neben dem Dienst nicht führen könne; die beklagte Partei habe vorerst eine Auflösung des Dienstverhältnisses abgelehnt. Daraufhin habe der Kläger erklärt, Karenzurlaub in Anspruch zu nehmen; dieser Karenzurlaub sei ihm gewährt worden. Am 24. September 1990 habe der Geschäftsführer der Stadtwerke dem Kläger einen Aktenvermerk zur Unterfertigung vorgelegt, wonach er nach Beendigung des Karenzurlaubes aus dem Unternehmen ausscheiden werde und erklärt, wenn der Kläger nicht unterschreibe, könne er den Vorbereitungskurs für die Gastgewerbekonzessionsprüfung, für den er dienstfrei gestellt worden sei, nicht weiterbesuchen. Unter diesen Druck habe der Kläger die Urkunde unterschrieben. Das StGVBG sei auf das Dienstverhältnis des Klägers nur ex contractu anzuwenden, weil es nur für die Vertragsbediensteten der Gemeinde gelte, die behördliche Aufgaben zu besorgen hätten. Im Gegensatz zum StGVBG normiere das Steiermärkische Landesvertragsbedienstetengesetz seit 1.Juli 1990 in seinem § 35 Abs 3 einen Abfertigungsanspruch für Väter, welche ihren Austritt aus dem Dienstverhältnis wegen Betreuung des Kindes erklärten; die Schlechterstellung der männlichen Gemeindevertragsbediensteten gegenüber den männlichen Landesvertragsbediensteten sei gleichheitswidrig. Desweiteren habe die beklagte Partei gegen das arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgebot verstoßen, indem sie weiblichen Vertragsbediensteten, nicht aber dem Kläger nach Inkrafttreten der einschlägigen Bestimmungen des Angestelltengesetzes die Abfertigung in dem im StGVBG vorgesehenen Ausmaß gewährt habe.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Mit Schreiben vom 21.Juni 1990 habe der Kläger um einvernehmliche Auflösung seines Dienstverhältnisses zum 30.September 1990 ersucht. Die beklagte Partei habe diesem Ersuchen nicht entsprochen, da der Kläger, der eine langjährige Berufserfahrung gehabt habe, als Leiter des Ein- und Verkaufes der Stadtwerke eine verantwortungsvolle Position bekleidet habe. Der Kläger habe sodann am 5.November 1990 die Geburt seines Sohnes angezeigt und zunächst mündlich und dann auch schriftlich den zweijährigen Karenzurlaub nach dem EKUG in Anspruch genommen. Bereits nach dem mündlich gestellten Ersuchen sei es am 24.September 1990 zu einer Aussprache gekommen, bei der Kläger erklärt habe, nach Ablauf des Karenzurlaubes das Dienstverhältnis mit der beklagten Partei nicht mehr fortsetzen zu wollen; aufgrund dieser Erklärung habe die beklagte Partei dem Kläger in der Zeit vom 17. September bis 20.Oktober 1990 den Besuch des Vorbereitungskurses für die Gastgewerbekonzessionsprüfung ermöglicht. Der Kläger habe in der Folge, wie er dies am 24.September 1990 erklärt habe, sein Dienstverhältnis mit 4.November 1992 beendet. Der Kläger sei nicht zu einer Beendigung des Dienstverhältnisses nach Ablauf des Karenzurlaubes gedrängt worden. Gemäß § 38 Abs 3 des StGVBG gebühre weiblichen Vertragsbediensteten auch dann eine Abfertigung, wenn sie binnen sechs Monaten nach Verehelichung oder Geburt eines Kindes das Dienstverhältnis kündigten. Insgesamt hätten aufgrund dieser Bestimmung fünf im einzelnen genannte Dienstnehmerinnen aus Anlaß der Auflösung ihres Dienstverhältnisses im Zusammenhang mit der Mutterschaft von der beklagten Partei Abfertigungsleistungen erhalten. Die Regelung des StGVBG sei nicht diskriminierend, weil Mütter aus Anlaß der Mutterschaft schon aus biologischen Gründen höheren Belastungen ausgesetzt seien als Väter. Soweit sich der Kläger auf das Angestelltengesetz berufe, gehe es nicht an, einerseits die in einer Reihe von Bestimmungen günstigeren Regelungen des StGVBG in Anspruch zu nehmen und dort, wo das Angestelltengesetz günstiger sei, dieses heranzuziehen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Auf das Dienstverhältnis des Klägers sei das keine Vaterschaftsabfertigung vorsehende StGVBG als Vertragsschablone anzuwenden. Das Gleichbehandlungsgebot sei nicht verletzt, weil die Anwendung des StGVBG insgesamt für den Kläger günstiger sei als das Angestelltengesetz und der Arbeitnehmer nicht dem jeweiligen Gesetz die vielen gerade vorteilhafteren Bestimmungen entnehmen könne.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil hinsichtlich der Abweisung eines Betrages von 305.893,51 S brutto sA als Teilurteil, hob es im übrigen - in seinem ein weiteres Begehren von 101.964,48 S brutto sA abweisenden Teil und im Kostenpunkt - auf und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Den Ländern stehe es frei, die Bediensteten verschiedener Dienstgeber (Land, Gemeinden) verschieden zu behandeln, ebenso wie es den einzelnen Ländern freistehe, voneinander abweichende Dienstrechtsregelungen vorzunehmen. Dem Kläger stehe daher ein Abfertigungsanspruch wegen Schlechterbehandlung gegenüber den Vertragsbediensteten des Landes Steiermark, denen mit LGBl 99/1993 der Vaterschaftsabfertigungsanspruch zugebilligt worden sei, nicht zu. Die für die Vertragsbediensteten des Bundes mit BGBl 408/1990 getroffene Regelung führe auch nicht im Wege des Homogenitätsgebotes des Art 21 Abs 1 Satz 2 B-VG dazu, dem Kläger einen gleichartigen Abfertigungsanspruch zuzuerkennen, weil bezüglich der Regelung des Arbeitnehmerschutzes - in den auch der Mutterschutz falle - alleinige Bundeskompetenz gegeben sei. Aus einer Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes gegenüber den bei der beklagten Partei beschäftigten weiblichen Bediensteten könne der Kläger seinen Anspruch nicht ableiten, weil die Differenzierung infolge der starken Belastung der Frau durch die Mutterschaft und durch die Erziehung des Kindes in den ersten Lebensjahren sachlich gerechtfertigt sei. Der Kläger habe daher keinen Anspruch auf die volle Abfertigung in Höhe von 12 Monatsbezügen.

Auf das Dienstverhältnis des Klägers, der nicht mit der Besorgung behördlicher Aufgaben betraut gewesen sei, sei mangels Wahrnehmung der durch die B-VG-Novelle 1974 den Ländern auch für nicht behördliche Aufgaben besorgende Gemeindebedienstete eingeräumten Gesetzgebungskompetenz durch das Land Steiermark nach der Übergangsbestimmung des Art XI Abs 2 dieser Novelle weiterhin Bundesrecht und damit das Angestelltengesetz anzuwenden. Gemäß § 23a Abs 4 AngG gebühre der weiblichen Angestellten in Abs 3 dieser Bestimmung für den Fall des Austrittes im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme des Karenzurlaubes zugebilligte Abfertigungsanspruch auch männlichen Angestellten, die den Karenzurlaub nach dem EKUG in Anspruch nehmen und spätestens drei Monate vor dessen Ende des Austritt erklärten. Es sei daher zu prüfen, ob der Kläger den Karenzurlaub aufgrund des EKUG in Anspruch genommen habe. Dem Vater gebühre der Karenzurlaub aber nur, wenn er mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt lebe und das Kind überwiegend selbst betreue; dabei komme es nur auf die Situation zu Beginn des Karenzurlaubes an. Dies ergebe ein Umkehrschluß aus § 23a Abs 5 AngG, wonach der Abfertigungsanspruch nur dann nicht gebühre, wenn der männliche Arbeitnehmer seinen Austritt erst erkläre, nachdem der gemeinsame Haushalt mit dem Kind oder die überwiegende Betreuung des Kindes aufgehoben worden sei. Die Frage des gemeinsamen Haushaltes und der überwiegenden Kindesbetreuung sei vor dem Erstgericht, welches nur die gemeinsame Betreuung des Kindes durch Mutter und Vater festgestellt habe, offengeblieben. Es könne daher auch nicht gesagt werden, ob der vom Kläger absolvierte Karenzurlaub ein bezüglich der Abfertigung anspruchsbegründender nach dem EKUG gewesen sei oder von der beklagten Partei nur freiwillig gewährt worden sei.

Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richten sich die Revision und der Rekurs des Klägers sowie der Rekurs der beklagten Partei. Der Kläger bekämpft sowohl das Teilurteil als auch den Aufhebungsbeschluß, macht als Rechtsmittelgründe Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und beantragt die Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichtes im Sinne der vollen Stattgebung des Klagebegehrens; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Ferner beantragt der Kläger, die Rechtssache dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen und regt ein Normenkontrollverfahren gemäß Art 89 Abs 2 B-VG an. Die beklagte Partei bekämpft den Aufhebungsbeschluß, macht als Rekursgrund unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und beantragt Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichtes im Sinne der Wiederherstellung des Ersturteils.

Beide Parteien beantragen, jeweils den Rechtsmitteln der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Nur der Rekurs der beklagten Partei ist berechtigt.

Der Kläger führt zunächst ins Treffen, daß die Differenzierung zwischen männlichen und weiblichen Vertragsbediensteten mit dem Urteil des EuGH vom 17.10.1995, RsC-450/93 , über die Europarechtswidrigkeit einer Frauenquotenregelung (RdW 1995, 432 [Eichinger aaO 471 ff]; NJW 1995, 3109) nicht vereinbar sei. Art 119 EWG-Vertrag verpflichtet die Mitgliedstaaten, den Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher Arbeit anzuwenden. Zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen wurden vom Rat insbesondere folgende Richtlinien erlassen: die Richtlinie vom 10.2.1975 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen (75/117/EWG); die Richtlinie vom 9.2.1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zuganges zur Beschäftigung, zur Berufsausbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen (76/207/EWG), die Richtlinie vom 19.12.1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit (79/7/EWG), die Richtlinie vom 24.7.1986 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit (86/378/EWG) und die Richtlinie vom 11.12.1986 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit - auch in der Landwirtschaft - ausüben, sowie über den Mutterschutz (86/613/EWG). Im vorliegenden Fall - Gewährung von Karenzurlaub an unselbständig Erwerbstätige aus Anlaß der Mutterschaft (oder Vaterschaft) und damit im Zusammenhang stehende finanzielle Ansprüche - sind vor allem die Richtlinien 76/207/EWG, 79/7/EWG und 86/378/EWG heranzuziehen, die in Art 2 Abs 3, Art 4 Abs 2 bzw Art 5 Abs 2 jeweils vorsehen, daß der Grundsatz der Gleichbehandlung den Bestimmungen zum Schutz der Frau bei Schwangerschaft und Mutterschaft bzw wegen Mutterschaft nicht entgegensteht. Folgerichtig hat der EuGH in den Urteilen vom 26.10.1983, Slg 1983,3273 und vom 12.7.1984, Slg 1984,3047, ausgesprochen, daß die unterschiedliche Behandlung des Atoptivvaters und der Adoptivmutter hinsichtlich des Mutterschaftsurlaubes bzw die Gewährung eines zusätzlichen Mutterschaftsurlaubes nach Ablauf der Schutzfrist nur an die Mutter keine gegen die Richtlinie 76/207/EWG verstoßende Diskriminierung ist. Ob der EuGH nach Art 177 EGV anzurufen ist, hat allein das Gericht von Amts wegen zu entscheiden. Die Parteien können ein entsprechendes Ersuchen nur anregen (Krück in Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EWG-Vertrag, Art 177 Rz 52). Der nicht näher präzisierte Antrag des Klägers "diese Rechtssache zur Vorabentscheidung dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen" war daher zurückzuweisen (so schon 4 Ob 37/95 sowie 4 Ob 1043/95).

Daß mangels Wahrnehmung der durch Art 21 Abs 1 und 2 B-VG idF der B-VG-Novelle 1974 dem Landesgesetzgeber eingeräumten Kompetenz auf die Dienstverhältnisse der nichtbehördliche Aufgaben wahrnehmenden Steiermärkischen Gemeindevertragsbediensteten weiterhin Bundesrecht, und zwar im Falle des Klägers das Angestelltengesetz, anzuwenden ist, hat das Berufungsgericht zutreffend dargelegt (§ 48 ASGG).

Das Berufungsgericht hat weiters zutreffend erkannt, daß die gemäß § 40 AngG zwingende Regelung des § 23a Abs 4 AngG durch die dienstvertraglich vereinbarte Anwendung des StGVBG weder aufgehoben noch beschränkt werden kann. Wie der Verfassungsgerichtshof in der Entscheidung VfSlg 11.159/1986 zu einer Abfertigungsregelung für weibliche Beamte ausgesprochen hat, kann der Gesetzgeber ohne Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes von der Obsorge für das Kind durch seine Mutter als dem tatsächlich gegebenen Regelfall ausgehen, müßte aber die Möglichkeit, daß bei einem männlichen Beamten die Lage vollkommen gleich sein kann, mit in Betracht ziehen; dies etwa in der Weise, daß für einen solchen - seltenen - Fall der Abfertigungsanspruch zwar an sich vorgesehen, aber an besondere - für weibliche Beamte nicht bestehende - Nachweispflichten bezüglich des Vorliegens der tatsächlichen Verhältnisse geknüpft wird. Da § 23a Abs 4 AngG im Sinne dieses VfGH-Erkenntnisses die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Gleichbehandlung von Männern und Frauen bezüglich der Abfertigung aus Anlaß der Elternschaft normiert, wäre allerdings die beklagte Partei bei Zutreffen dieser Voraussetzungen auf den Kläger aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes verpflichtet, auch dem Kläger - die aufgrund der wohl von der beklagten Partei ganz allgemein mit nicht mit hoheitlichen Aufgaben beschäftigten Vertragsbediensteten vertraglich vereinbarten Anwendung des StGVBG - einer weiblichen Vertragsbediensteten gleichen Dienstalters im Falle des Mutterschaftsaustritts zustehende Abfertigung zu gewähren. Da mit der hier anzuwendenden Regelung nach § 23a Abs 4 AngG ohnehin dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz Rechnung getragen wurde und dem Kläger bei Anwendung dieser Bestimmung schon aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes die vergleichbaren weiblichen Vertragsbediensteten zugebilligte Abfertigung zustünde, tritt der Oberste Gerichtshof, der im übrigen schon mangels unmittelbarer Anwendbarkeit des StGVBG nicht zielführenden und bezüglich der anzufechtenden Bestimmung nicht präzisierten Anregung des Klägers, ein Gesetzesprüfungsverfahren beim VfGH zu beantragen, nicht näher.

Es bleibt daher zu prüfen, ob der Kläger die im § 23a Abs 4 AngG normierten Voraussetzungen für die Gewährung der Abfertigung an den Vater erfüllt. Hiebei ist die Regelung des § 23a Abs 4 AngG nicht isoliert zu betrachten, sondern auch auf die in Abs 5 dieser Bestimmungen getroffenen Regelungen Bedacht zu nehmen. Nach den Materialien zu dem mit dem EKUG neu gefaßten § 23a AngG liegt der Zweck der mit Abs 4 geschaffenen Austrittsregelung darin, dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zu eröffnen, das Arbeitsverhältnis zugunsten der Kinderbetreuung aufzuheben, ohne auf die Abfertigung völlig verzichten zu müssen. Folgerichtig gebührt gemäß Abs 5 dieser Bestimmung ein Abfertigungsanspruch nicht, wenn der männliche Arbeitnehmer seinen Austritt im Sinne des Abs 4 erklärt, nachdem der gemeinsame Haushalt mit dem Kind aufgehoben oder die überwiegende Betreuung des Kindes beendet wurde. Daraus ergibt sich aber, daß nicht nur auf die tatsächliche überwiegende Kinderbetreuung während eines Teiles des vom Vater in Anspruch genommenen Karenzurlaubes, sondern auch darauf abgestellt wird, daß Motiv für die Austrittserklärung die überwiegende Betreuung des Kindes durch den Vater ist und zwar auch dann, wenn der Vater den Karenzurlaub zu Recht, das heißt in der Absicht, das Kind überwiegend zu betreuen, in Anspruch genommen und es dann auch längere Zeit hindurch überwiegend betreut hat. Dem Kläger, der seinen Austritt bereits vor Beginn des Karenzurlaubes erklärt hatte, wäre daher nur dann ein Abfertigungsanspruch nach § 23a Abs 4 AngG zuzubilligen, wenn er das Arbeitsverhältnis in der Absicht aufgegeben hätte, das Kind überwiegend zu betreuen. Dazu hat aber das Erstgericht die unbekämpft gebliebene ergänzende Feststellung getroffen, daß der Kläger in erster Linie zum Zweck der Weiterführung des schwiegerväterlichen Gastgewerbebetriebes sein Dienstverhältnis auflöste.

Entgegen der vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, das nur darauf abstellte, ob der Kläger das Kind zu Beginn des Karenzurlaubes überwiegend betreute, ist die Sache daher im Sinne der Abweisung auch des Abfertigungsbegehrens in dem lediglich § 23a Abs 3 AngG entsprechenden Ausmaß des dreifachen Monatsentgeltes spruchreif.

Der Revision des Klägers war daher ein Erfolg zu versagen, hingegen den Rekursen beider Parteien im Sinne der Wiederherstellung des Ersturteiles auch in dem vom Berufungsgericht aufgehobenen Teil Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO.

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