OGH 14Os3/96

OGH14Os3/9616.1.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 16.Jänner 1996 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer und Dr.Ebner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Bartholner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Robert M***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB, AZ 8 Vr 1.201/95 des Landesgerichtes Wels, über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 13. Dezember 1995, AZ 7 Bs 423/95 (= ON 37), nach Anhörung des Generalprokurators in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Robert M***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Oberlandesgericht Linz der Haftbeschwerde des (seit 23.November 1995 in Untersuchungshaft angehaltenen) Beschuldigten Robert M***** nicht Folge gegeben und die Fortsetzung der Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Verabredungs- und Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 2 und 3 lit b StPO angeordnet. M***** wird darin - weitgehend unter Verweisung auf den die Einleitung der Voruntersuchung bestätigenden (§§ 92 Abs 3, 114 StPO) und die Gesetzmäßigkeit der Haftverhängung feststellenden (§ 179 Abs 6 zweiter Halbsatz StPO) Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 7.Dezember 1995, AZ 7 Bs 399,400/95 (= ON 35) - als dringend verdächtig bezeichnet, ab April 1994 bis Mai 1995 gewerbsmäßig in mehreren Fällen unter der Vortäuschung einer binnen vier Monaten zu erzielenden Rendite von 300 % jeweils meist mehr als 25.000 S und insgesamt mehr als 500.000 S (nämlich ca 1 Mio S) betrügerisch herausgelockt und dadurch das Verbrechen des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB begangen zu haben.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Grundrechtsbeschwerde ist unbegründet.

1. Gemäß § 179 Abs 3 StPO ist zwar die Zustellung eines auf Verhängung der Untersuchungshaft lautenden Beschlusses an den Beschuldigten binnen 24 Stunden zu veranlassen, doch ist diese Vorschrift keineswegs mit der Sanktion verknüpft, daß der Beschuldigte bei Überschreitung dieser Frist zu enthaften wäre. Sollte der Haftbeschluß vom 23.November 1995 (ON 15) tatsächlich am 24. November 1995 erst mit der behaupteten (aber nicht aktenkundigen) Verspätung von 40 Minuten zugestellt worden sein, wäre dies kein rechtliches Hindernis für die mit dem in der Haftverhandlung vom 5. Dezember 1995 vom Untersuchungsrichter beschlossene (ON 24) und mit dem nunmehr angefochtenen Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz (ON 37) bestätigte Fortsetzung der Untersuchungshaft gewesen, weil dadurch die in § 180 Abs 1 StPO normierten Voraussetzungen der Verhängung oder Fortsetzung der Untersuchungshaft nicht tangiert sein könnten.

2. Gemäß § 182 Abs 4 StPO steht dem Beschuldigten gegen einen in der Haftverhandlung gefaßten Beschluß des Untersuchungsrichters auf Fortsetzung der Untersuchungshaft die binnen drei Tagen nach Eröffnung des Beschlusses einzubringende Beschwerde an den Gerichtshof zweiter Instanz zu. Eine gesonderte Anmeldung der Haftbeschwerde ist (anders als in den Fällen des § 498 StPO) gesetzlich nicht vorgesehen. Eine zugunsten des Beschuldigten erhobene Haftbeschwerde bedarf auch keiner näheren Ausführung, weil der Gerichtshof zweiter Instanz in diesem Fall ohnedies zu einer umfassenden amtswegigen Überprüfung des angefochtenen Beschlusses verpflichtet ist und die Beseitigung wahrgenommener Gebrechen des Verfahrens auch dann anzuordnen hat, wenn eine Beschwerde gegen diese nicht ergriffen werden konnte oder nicht ergriffen worden ist (§ 114 Abs 4 StPO).

Dem Untersuchungsrichter ist daher kein Vorwurf zu machen, daß er die Akten dem Oberlandesgericht Linz zur Entscheidung über die in der Haftverhandlung vom 5.Dezember 1995 ohne nähere Begründung erhobene Beschwerde des Beschuldigten (S 266) sogleich vorgelegt hat, ohne vorerst den Ablauf der dreitägigen Beschwerdefrist abzuwarten. Freilich wäre es zweckmäßig gewesen, die rechtzeitig (am Donnerstag, dem 7.Dezember 1995) zur Post gegebene Beschwerdeschrift sofort nach deren Einlangen (am Montag, dem 11.Dezember 1995) auf schnellstem Wege (etwa per Telefax) dem Oberlandesgericht Linz zu übermitteln oder eine solche Übermittlung zumindest fernmündlich anzukündigen, damit das Beschwerdevorbringen bei der Entscheidung (die am 13. Dezember 1995 erfolgte) noch hätte berücksichtigt werden können.

Aus diesem Vorgang läßt sich jedoch eine Grundrechtsverletzung durch das Oberlandesgericht Linz nicht ableiten, weil das Beschwerdegericht die Haftvoraussetzungen ohnedies geprüft und zutreffend bejaht hat.

3. Mit Recht hat nämlich das Oberlandesgericht Linz den Beschuldigten als des ihm angelasteten Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB dringend verdächtig bezeichnet. Nach den bisher vorliegenden Verfahrensergebnissen ist mit qualifizierter Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß sich die Geschädigten nur durch Täuschung über Tatsachen, insbesondere über die außergewöhnlichen Gewinnchancen zur Hingabe der Darlehensbeträge bereit gefunden haben, daß der Beschuldigte mit dem Vorsatz handelte, seine unrealistischen Zusagen nicht einzuhalten und er überdies die Absicht hatte, sich durch die wiederkehrende Begehung schwerer Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Ob seine Vorgangsweise als "kettenähnliches Spiel" zu bezeichnen ist oder es sich dabei nur um "unglücklich formulierte Darlehensverträge" gehandelt hat, ist ohne Bedeutung, denn nach der Aktenlage liegt derzeit kein ernst zu nehmender Anhaltspunkt dafür vor, daß der Beschuldigte auf Grund von ihm behaupteter Investitionen tatsächlich in der Lage gewesen wäre, die den Anlegern zugesagte hohe Verzinsung innerhalb kürzester Zeit zu erwirtschaften. Auch die eingewendete Rückzahlungswilligkeit und Rückzahlungsfähigkeit für den Fall der "Fälligstellung" der Darlehen erscheint nach den Verfahrensergebnissen als eine unbelegte Ausflucht.

4. Das Beschwerdegericht hat schließlich auch den Haftgrund der Tatbegehungsgefahr zutreffend angenommen, weil dem Beschuldigten nunmehr angelastet wird, trotz des gegen ihn zum AZ 18 Vr 52/94 des Landesgerichtes Wels geführten Strafverfahrens (dem laut der seit 10. November 1995 rechtskräftigen Anklageschrift der dringende Verdacht zugrunde liegt, der Beschuldigte habe im Jahre 1993 zahlreiche Betrügeien mit einem Gesamtschaden von mehr als zwanzig Millionen Schilling begangen) gleichartige strafbare Handlungen auch in den Jahren 1994 und 1995 fortgesetzt zu haben.

Auf die Frage der gesetzmäßigen Annahme des (weiteren) Haftgrundes der Verdunkelungsgefahr war darnach nicht mehr einzugehen (NRsp 1993/51).

Da eine Verletzung des Grundrechtes auf persönliche Freiheit somit nicht festgestellt werden konnte, war die Grundrechtsbeschwerde ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.

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